Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 3.56

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3.56  Auszug aus dem ersten Brief, gegeben den 7. April 1671 in Obersültzen.

Was das Ersuchen der Freunde wegen des Zustandes unserer schweizerischen Brüder im Berner Gebiet betrifft, so verhält es sich so, daß dieselben in einem betrübten Zustande sind, wie wir aus dem Mund der Flüchtlinge, die bei uns angekommen sind, deren einige noch gegenwärtig in meinem Haus sind, vernommen haben, denn dieselben sagen, daß man sie täglich mit Profossen aufsuche und daß sie alle, die sie erwischen können, gefänglich nach der Stadt Bern führen, sodass vor ungefähr vier Wochen schon an vierzig Personen, sowohl Männer als Weiber, in Verhaft gewesen seien. Sie haben auch einige gegeißelt und des Landes verwiesen, von welchen einer bei uns hier angekommen ist. Auch haben sie einen Diener des Wortes gegeißelt und ihn sodann zum Lande hinausgeführt bis nach Burgund; dort haben sie ihn erst gebrandmarkt und ihn dann unter die Franzosen laufen lassen. Weil er aber mit niemandem reden konnte, so hat er wohl drei Tage mit dem verbrannten Leib umhergehen müssen, ehe er verbunden werden und einige Erquickung genießen konnte, sodass, als man ihn entkleidete, um ihn zu verbinden, ihm der Eiter über den Rücken lief, wie mir ein Bruder, der bei dem Verband geholfen, selbst erzählt hat. Dieser Freund ist mit zwei Frauenspersonen und einem Mann im Elsaß angekommen, welche auch ausgepeitscht und des Landes verwiesen worden sind. Sie handeln demnach sehr streng und werden auch, wie es scheint, von ihrem Vorhaben nicht ablassen, bis sie dieses unschuldige Volk aus ihrem Land ganz vertrieben und ausgerottet haben.

Es scheint auch, daß man hierin nichts mehr tun könne, um den unterdrückten Brüdern nützlich zu werden, denn es haben nicht allein die Freunde zu Amsterdam und an andern Orten schon vor einigen Jahren in dieser Sache gearbeitet, sodass einige günstige Fürbitten von den Herren Staaten von Holland, wie auch insbesondere von der Stadt Amsterdam und anderen angesehenen Personen dahin an die Obrigkeit gesandt worden sind, sondern es ist auch noch überdies im Jahre 1660 ein Expresser, Adolph de Breede genannt, dahin abgefertigt worden; aber er hat dort nicht viel Gutes zum Nutzen unserer Freunde ausgerichtet. Daher kann ich nicht einsehen, daß jetzt die Freunde in der Sache zum Vorteil unserer unterdrückten Brüder dort etwas tun können sollten. Man wird in Geduld erwarten müssen, was der Herr, unser Gott, ihnen für ein Auskommen verleihen wird.