Ein Testament, gemacht von Jan Gerritß, als er in Grafenhaag um des Zeugnisses Christi willen gefangen lag, im Dezember 1564.
Gnade und Friede von Gott, dem himmlischen Vater, und seinem Sohne Jesu Christo sei mit euch, Amen.
Meine herzlich und sehr geliebten Brüder und Schwestern in dem Herrn, ich lasse euch wissen, daß ich euer Schreiben empfangen und mit großer Freude durchgelesen habe, denn euer Schreiben dient erstlich zur Standhaftigkeit des Glaubens und zu einem vollkommenen Ende, und das durch Jesum Christum, weshalb ich auch von ganzem Herzen und Gemüt bei dem himmlischen Vater anhalte, daß nicht allein ich, sondern alle Gottesfürchtigen das rechte Ziel nach dem Willen Gottes erlangen möchten, denn Schläge und große Schmerzen habe ich erlitten, und das, nach den Worten Johannes, um der Brüder willen; das begehre nicht allein ich, sondern es ist auch Gottes Wille, daß man um seines Namens, Wortes und seiner Wahrheit willen sterbe, es sei auch, welches Todes es wolle; aber ich hätte nicht gedacht, daß es so lange währen sollte; da mir aber ohne des Herrn Willen nicht ein Haar gekrümmt werden kann, so will ich mit ihm, wie einem Christen gebührt, das Ende in Geduld und Ausdauer erwarten.
Darum, meine sehr geliebten Brüder und Schwestern, ist meine herzliche Bitte an euch und alle Gottesfürchtigen, daß ihr doch den Herrn für mich, euren schwachen Bruder, bitten wollt, daß ich das Ende meines Glaubens erreichen möge, denn das Gebet der Gerechten vermag viel und ist kräftig; sie wenden auch alle List an, um mich um den schönen Schatz zu bringen, welchen ich von Gott empfangen habe, aber ich habe das Vertrauen zu dem Herrn, er werde mich wohl bewahren.
Zweitens, liebe Brüder, freue ich mich sehr im Herrn, weil ich höre, daß der Weinberg des Herrn zunimmt und daß seine Reben sich zu rechtschaffenen Früchten des höchsten Gottes ausbreiten, wonach mich so lange verlangt hat; darum danke ich meinem und eurem Gott, daß ich solches aus eurem Schreiben vernommen und freue mich auch, daß das Licht in allen Orten und Winkeln aufgeht, und über alle Berge scheint, wie ich von vielen Freunden höre, die zu mir kommen, um mich in meinen Banden zu trösten. Darum, meine lieben Freunde, seid emsig, ein jeder nach seiner Gabe, die er von Gott empfangen hat, und legt doch fleißig auf Wucher, damit ihr viel gewinnen und das Wort hören mögt, das der Herr sagt: »Du guter und getreuer Knecht, über wenig bist du getreu gewesen, ich will dich über viel setzen; gehe ein zu des Herrn Hochzeit.«
Darum baue ein jeder an dem Hause mit lebendigen Steinen, damit es ein herrliches Priestertum werde, wo man Gott geistige Opfer opfern möge, die Gott angenehm sind durch Jesum Christum. Darum sollen wir allezeit getrost sein im Herrn, denn seine Kraft ist so groß bei denen, die den Herrn fürchten, daß doch alles, Tod, Teufel, Hölle, Feuer und Schwert, vor Ihm weichen muss; solches alles kann diejenigen nicht hindern, die auf Christum gegründet sind, denn wir vermögen alles durch den, der uns tüchtig macht, und durch seine Liebe wird alles überwunden; dieselbe treibt die Furcht aus, wie ich wohl sagen kann, denn, als ich in des Königs Saal gebracht wurde und daselbst fast eine Stunde stand, ehe die Herren kamen, und alle Dinge vorbereitet sah, um mich zu peinigen, da dachte ich oft in meinem Gemüt: O Herr! Wenn du mir nicht beistehst, so ist es um mich geschehen, bat Ihn auch, er wolle mir den Mund öffnen, zu seinem Lobe und Preise zu reden, und denselben in allem zu schließen, was zur Lästerung seines heiligen Namens und des Nächsten gereichen möchte. Als ich so sprach, und sie im Begriffe waren, mich zu peinigen, war weder Furcht noch Nachdenken in mir, aber sie setzten mir scharf und grausam zu, sodass der Präsident sprach: Warum willst du die Wahrheit nicht sagen? Antwort: Weil Christus nichts anders redete, als was die Ehre seines Vaters und seine Gottheit betraf; sonst aber hat er geschwiegen. Solches will ich auch tun, denn was seine Ehre und die Lehre seiner Gebote betrifft, so begehre ich nicht zu schweigen, weder vor Kaiser noch König, weder vor Herzog noch Grafen. Da hieß es sofort: Greift ihn ohne Scheu an, ein ertrunkenes Kalb ist gut zu wagen. Seht, meine lieben Brüder und Schwestern, wie ungnädig sie mit mir umgingen, dennoch war der Herr mit mir; er müsse gesegnet sein. Ich war nicht meiner selbst, sondern der Herr regierte meinen Mund, sodass sie nach ihrem Willen nichts von mir erhalten konnten. Seht, meine lieben Freunde, wie getreu der Herr ist; er lässt den nicht zu Schanden werden, der auf Ihn hofft.
Darum schreibe ich noch einmal, damit ihr allezeit in dem Herrn wohlgemut sein mögt und euch untereinander stets ermahnt, denn Petrus hält es für förderlich und nützlich, daß einer des andern Last tragen helfe und das in der Liebe, denn, wenn ein Glied leidet, so leiden sie alle, und wenn ein Glied herrlich ist, so freuen sich alle anderen Glieder.
Drittens lasse ich euch wissen, daß mein Weib hier bei mir gewesen ist und mir euren freundlichen Gruß überbracht hat, was mir sehr lieb zu hören war, und auch, daß sie dem Besten, nach ihrem schwachen Vermögen, nachkommen wolle; sie bekennt, daß das Leben, welches sie bisher geführt hat, böse sei, wie wir denn wohl alle bekennen mögen, daß wir in den früheren Zeiten auch nichts taugten; darum gelangt meine Bitte an euch, meine lieben Brüder, daß ihr doch eine Aufsicht über sie führen wollt; ermahnt sie zu einem besseren Leben, und das in der Liebe, und wenn ihr einen Nutzen an ihr schaffen könntet, so wäre mir das eine große Freude, wenn ihr mir solches schreiben wolltet, und wenn ihr mir etwas schreibt, ehe ich mein Opfer Gott darbringe, so schickt dasselbe an meine alte Mutter, oder an N., dann werde ich es wohl erlangen. Überdies habe ich derselben etwas Gewürz gesandt, nämlich eine Muskatnuss und drei oder vier Ingwerzehen und etwas Gewürznelken, daß sie solches I. C. oder einem andern gebe, damit man es in Stücke zerschneide und zu einem ewigen Gruße ordentlich austeile, und das in dem Herrn, als hier auf Erden zu einem ewigen Abschiede, Adieu und Frieden in Christo, bis wir bei Christo zusammenkommen und daselbst in seiner Herrlichkeit einander sehen werden, Amen.
Meine sehr geliebten Brüder! Ich habe bei euch gewohnt und freue mich auch, daß ihr so klug seid in Auferbauung der Stadt und des Tempels zu Jerusalem, welche so viele Jahre verdarben und verfallen gewesen ist; darum Brüder, lasst den Mut nicht sinken, werdet ihr auch verspottet und beschimpft, wie Israel; denn merkt, als sie die Mauern wieder aufbauten, nahm ihre Stärke und Kraft in der Arbeit zu, obwohl die Feinde murrten, damit das Werk nicht vorschreiten möchte; doch haben sie solches nicht unterlassen, sondern haben desto fleißiger Wache gehalten; sie hielten in der einen Hand die Spieße oder das Schwert, und in der andern die Maurerkelle, und waren wohlgemut, denn Gott war mit ihnen und stritt für sie. Seht, meine lieben Freunde, lasst uns ein Exempel an diesen Helden nehmen, wie tapfer und unverzagt sie vor ihren Feinden waren; lasst uns ein Gleiches tun, wie sehr sie auch rufen oder schreien, ja, schmähen und sagen: Seht, dieses Volk kommt und will einen neuen Grund an der Stadt legen, und sie können nicht ein A von einem B unterscheiden; woher haben sie dieses? Wo haben sie das gelernt? Wir sind auf hohen Schulen gewesen und haben unser Geld darüber verzehrt, sollten nun diese Esel kommen und uns lehren? Der eine ist ein Schuhflicker, der andere ein Weber oder Kürschner, und diese wollen die Schrift auslegen! Lasst sie bei ihrem Handwerke bleiben; solches kommt uns zu; wir wollen es auch nicht zugeben, man muss sich mit Feuer, Wasser und Schwert dagegen setzen. Wir aber wollen uns weder fürchten, noch erschrecken, wie sehr auch die Hunde bellen und die Löwen brüllen; denn Gott, der mit uns ist, ist ein starker Gott; er wird die Seinen wohl bewahren und das Feld erhalten helfen. Sie können und dürfen nichts weiter tun, als was ihnen der Herr zulässt. Meine lieben Brüder! Haltet mir dieses einfältige Schreiben zugut, ich habe es den folgenden Tag, nach dem Empfange eures Briefes, größtenteils in Eile aufgesetzt. Hiermit will ich euch nochmals dem Herrn und dem Worte seiner Gnade anbefehlen. Entbietet den Freunden in Flieland, daß ich sie mit dem Frieden des Herrn herzlich grüße, und daß sie für das Gesetz des Herrn tapfer streiten wollen. Bittet den Herrn für mich; ich begehre, daß ihr meiner wieder eingedenk sein wollet; vergesst meiner nicht in eurem Gebete; denkt, als ob ihr auch mit gefangen wärt. Lebt wohl. Die Furcht des Herrn bewahre euch alle, Amen.
Ich sende euch hierbei noch ein Schreiben in der Voraussetzung, daß dasselbe euch etwa ein wenig erquicken möchte in eurer Anfechtung von den Widersprechern der Taufe, welche ich von einem lutherischen Prediger zu erdulden hatte. Das Nachfolgende ist die Antwort auf sein Schreiben, welches er an mich gesandt hat, nachdem wir oft miteinander geredet hatten. Der Herr sei mit eurem Geiste, Amen.