Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.273

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2.273  Gotthardt von Nonnenberg und Peter Kramer, 1558.

Gotthard von Nonnenberg und Peter Kramer waren beide treue Männer, welche unter den Brüdern im Bergischen Lande einen erbaulichen Wandel führten, wo damals die Wahrheit des Evangeliums wieder zu leuchten anfing, und sehr viele Menschen dem Glauben und der Erkenntnis der Wahrheit zufielen. Darum sind diese beiden Männer zu Dienern der Gemeinde und Armenpflegern berufen und erwählt worden, welches Amt sie eine Zeitlang verwaltet und treulich bedient haben, und weil sie in Christo Jesu gottselig zu leben suchten, so ist auch darauf erfolgt, daß sie haben Verfolgung leiden müssen, wie sich solches erwiesen hat, denn sie sind beide in einer Nacht gefangen genommen und nach Winnck gebracht worden. Hier hat sie der Rentmeister aufgenommen, um seinen Mutwillen an ihnen auszuüben und ihnen Schmach anzutun; sie aber (die Männer) nahmen sich fest vor, bei der Wahrheit zu bleiben.

Sie lagen daselbst eine lange Zeit gefangen und haben viele Anfechtungen und manchen Streit ertragen und leiden müssen, damit sie die Wahrheit verlassen sollten; für diesen Fall sollte ihnen das Leben geschenkt sein, und sie sollten wieder zu ihren Kindern und Weibern gehen. Aber das konnten sie aus Liebe zu ihrem Herrn nicht tun, daß sie von der Wahrheit abfallen und sich zu der Menschen Lehre wenden sollten, sondern sie haben viel lieber ihre Weiber, Kinder und ihre zeitlichen Güter verlassen, ja, auch zuletzt ihr Leben, Fleisch und Blut gaben sie lieber dahin zum Raube, damit sie die Krone besitzen und ihre Namen im Buche des Lebens gefunden werden möchten. Als nun die Zeit da war, daß man sie verhören sollte, so hat man sie vor die Gelehrten gebracht, welche viele listige Anschläge an ihnen ausübten; aber diese Männer trieben, durch die Hilfe Gottes, ihre klugen, listigen Anschläge zurück, ohne daß sie verzagt oder davor erschrocken waren; sie suchten auch keinen andern Rat oder Weg, sondern wie Christus vorgegangen ist, so suchten sie ihm sein Kreuz nachzutragen, worauf man sie auch verurteilt hat, mit dem Schwerte hingerichtet zu werden.

Als man sie nun aus dem Gefängnisse dahin führte, wo sie getötet werden sollten, waren und blieben diese Männer mutig, fest und standhaft, wie eine Mauer, um bei der Wahrheit auszuharren und von dem Glauben nicht abzufallen. Da nun alle Menschen ihre Freimütigkeit ansahen und erkannten, daß es aufrichtige und fromme Leute wären, auch nun sahen, daß sie um ihres Glaubens willen sterben mussten, so hat fast jedermann geweint, der Rentmeister sowohl als die Ratsherren, der Landesbote und Scharfrichter, wie auch das gemeine Volk, aber das Herz dieser Männer war voller Freuden, sie sangen auch vor Freuden mit fröhlichem Gemüte. Da fing man abermals an, durch mancherlei List mit dem Troste des Lebens ihnen nachzustellen, um sie kleinmütig zu machen. Solches hat sehr lange angehalten, bis nachmittags um zwei Uhr, denn so lange hat es der Rentmeister verschoben, weil er meinte, ihnen durch Schrecken bange zu machen und hoffte, sie würden umkehren. Darum hat er sich so große Mühe gegeben, ob er sie etwa auf seine Meinung bringen möchte, daß sie in die Kirche gegangen wären und der Pfaffen Lehre gehört hätten. Als aber der Rentmeister bei diesen Männern nichts ausrichten konnte, sie auf seine Meinung zu bringen, so hat er den Scharfrichter gerufen und demselben die Gefangenen eingehändigt. Der Scharfrichter tat solches nicht gerne, sondern nahm sie auf mit Weinen, denn es war ihm von Herzen bange, aber Gotthard sagte zu ihm: Wie hat mich nach diesem Tage verlangt! Warum zögerst du doch so lange? Als nun der Scharfrichter anfing, diese Gefangenen zu binden, sagte er zu ihnen: Liebe Männer, erschreckt nicht, denn Christus ist auch unschuldig gebunden worden. Als aber der Rentmeister diese Worte hörte, sagte er zum Scharfrichter: So musst du nicht sprechen. Da sagte Peter: Wir bleiben fest beim Bunde des Herrn, solches hoffen wir nicht zu brechen. Darauf fing Gotthardt an zu reden und sagte: Hier muss man Trübsal leiden; wer endlich will gekrönt werden, muss hier ritterlich streiten; die Braut muss ebenso, wie ihr der Bräutigam vorging, durch viel Leiden und Trübsal zur ewigen Freude eingehen. Dieses lehren uns die Reden Christi, daß der Herr zwischen zwei Mördern gekreuzigt sei, solches macht uns das Kreuz und Leiden leicht; darum fürchten wir auch weder Würgen noch Morden; denn haben sie das am grünen Holze getan, was wird mit dem dürren geschehen? Die Diener Gottes müssen den sauren Wein hier auf Erden trinken; wenn wir aber zu Christo kommen, so werden wir mit ihm neuen und süßen Wein trinken. Zuerst müssen wir das Leiden ertragen. Damit streckten sie ihre Hände aus und ließen sich gutwillig binden, worüber sich viele Menschen verwunderten, ja, das gemeine Volk erstaunte und sagte: Welche wunderbaren Dinge sieht man hier! Diese Männer gehen so gutwillig zum Tode und konnten doch so leicht frei werden. Gotthard sprach: Wir sterben nicht, sondern wir gehen durch den Tod zum ewigen Leben, zu Gott und allen seinen lieben Kindern ein, dessen haben wir eine gewisse Hoffnung; darum nehmen wir diesen Tod mit Freuden auf und haben das Vertrauen, daß wir Gott gefallen werden. Als nun der Augenblick herannahte, daß sie sterben sollten, so standen sie in aufrechter Stellung, riefen Gott im Himmel an und küssten einander als Brüder Christi (zum Zeichen der brüderlichen Liebe und Einigkeit) mit dem angenehmen Kusse des Friedens, als solche, die mit Gott verbunden sind. Also sind sie, aufrechtstehend, enthauptet worden. Weil sie aber unrechtmäßig gerichtet wurden, so sagte der Scharfrichter mit großer Angst und Bangigkeit, er wolle dergleichen Männer nicht mehr richten.

Als nun die Häupter abgeschlagen waren, wollte das gemeine Volk nach Hause gehen, aber der Rentmeister rief dem Volke zu, eilt doch nicht so davon, sondern helft erst diese frommen Männer begraben; sie sind um keiner Übeltat willen gestorben, sie sind weder Diebe noch Mörder, sie waren fromm in ihrem Leben und Wandel; sie haben einen Glauben angenommen, welchen die Herren und Fürsten nicht verstehen konnten; darum mussten sie leiden. Also sind diese frommen Zeugen Gottes begraben worden, ihr ausgesätes Blut aber ist an diesem Orte nicht unfruchtbar geblieben. Gott sei Ehre für alles, Amen. Geschehen ungefähr im Jahre 1558.