Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.224

Zum Inhaltsverzeichnis

2.224  Noch drei kleine Ermahnungsbriefe von Georg Simonß und seinen Mitgefangenen.

1. Brief

Friede, Freude, Trost in aller Trübsal und allen Leiden verleihe Gott allen denen, die um seines Wortes willen leiden, durch seinen geliebten Sohn in Kraft des Heiligen Geistes, Amen.

Unsern sehr geliebten Brüdern und Schwestern in dem Herrn, und allen, die den Herrn von ganzem Herzen zu fürchten suchen, machen wir bekannt und lassen sie wissen, daß wir alle (dem Herrn sei ewig Lob) sehr wohlgemut sind, und bei dem Worte des Herrn zu bleiben und davon nicht abzuweichen hoffen, um etwas Sichtbares willen, ja, nicht um des Lebens oder Todes willen, denn es ist nichts, wie wir hoffen, das uns von der Liebe Gottes scheiden werde; wir werden alles vermögen durch den, der uns kräftig macht; wir hoffen mit unserm Gott über die Mauern zu springen. Liebe Freunde, freut euch mit uns; warum sollten wir uns fürchten, da doch so viele Menschen in der Welt sind, die um eines so kleinen Gewinns willen sich in so große Gefahr setzen an Seele und Leib, zu Wasser und zu Lande, und wenn es ihnen glückt, wissen sie es gleichwohl nicht, ob es ihnen zum Gewinne oder Verluste gereichen werde; aber wir, die wir diese Reise mit des Herrn Hilfe vollendet haben, wissen, daß uns lauter Gewinn bevorsteht, worauf kein Verlust folgt; denn wir laufen nicht aufs Ungewisse; wir fechten nicht wie solche, die in die Luft schlagen, sondern wir sind, durch des Herrn Gnade, versichert, daß wir dasjenige, was uns verheißen ist, wenn wir uns tapfer durchstreiten, wie wir hoffen, erlangen werden; wir gedenken ihr vielfältig wieder einzuschenken; wir werden es ausrufen und nicht schweigen, was uns der Herr verleiht und offenbart. Unsere Schwester, Mariken, ist auch sehr wohlgemut und hat auch ihren Glauben aufrichtig bekannt, wo sie zu bleiben gedenkt, so lange ein Atem in ihr ist; sie ist so tapfer und wohlgemut, daß sie uns alle erlustigt und erfreut. Wir ermahnen einander mit dem Worte des Herrn, so viel Gott einem jeden zu reden gibt, es sei mit Worten oder Gesängen, ja, es gehen viele Stunden vorbei, wo ich nicht einmal daran denke, daß ich gefangen sei, eine solche Freude gibt uns der Herr. Ich danke euch von Herzen, daß ihr meine Bitte erfüllt habt, auch für eure herzliche Ermahnung; tut das Beste in Ansehen meiner H. F. und seid dem Herrn und dem Worte seiner Gnade anbefohlen. Georg Simonß, aus unsern Banden.

2. Brief

Unsern sehr geliebten Brüdern und Schwestern in dem Herrn und allen denen, die den Herrn von Herzen zu fürchten und ihm nachzufolgen begehren, wünschen wir Gebundene in dem Herrn ein tapferes standhaftes Gemüt und Beständigkeit in der Wahrheit bis ans Ende, durch Jesum Christum, unsern Heiland, Seligmacher und Erlöser in Kraft des Heiligen Geistes, Amen.

Sehr geliebte Brüder und Schwestern im Herrn! Eurer Liebe sei bekannt, daß wir, durch des Herrn Gnade, alle nach dem Besten streben und darnach von ganzem Herzen trachten, daß wir uns dem Herrn in seine Hände aufzuopfern begehren, es sei im Leben oder Tode; wir streben noch darnach von ganzem Herzen, daß der Herr seinen herrlichen Namen durch uns groß machen und uns den Herzog unseres Glaubens und den Vollender, Jesum, vor Augen stelle; wir wissen, daß der Knecht nicht besser ist als sein Meister. Auch ist es wahr, und ein teures Wort: Wenn wir mit ihm leiden, so werden wir uns auch mit ihm freuen. Hierauf haben alle frommen Zeugen Christi gesehen, und auf seine großen Verheißungen, dir wir im Alten Testamente von den frommen Altvätern haben, welche auf die zukünftige Gnade hofften; darum haben sie für das Gesetz Gottes tapfer gestritten, und haben mit den benachbarten Völkern keine Gemeinschaft machen wollen; darum haben sie auch ihr Leben freiwillig übergeben, weil sie gegossene oder geschnitzte Bilder weder anbeten noch verehren; gleichwie auch der fromme Eleazar, der wider das Gesetz kein Schweinefleisch essen wollte; wir hoffen, durch des Herrn Gnade, seine heilsamen Worte zu unserm Vorbilde zu nehmen, nämlich, daß es das Beste sei, bei dem Herrn zu bleiben; denn, wenn wir durch Verstellung (wovor Gott uns bewahren wolle) das Leben davontragen würden, so könnten wir dennoch der allmächtigen Hand Gottes nicht entlaufen, es sei denn im Leben oder im Tode. Darum wollen wir uns ganz in die Hände des Herrn übergeben, gleichwie die fromme maccabäische Mutter mit ihren sieben Söhnen, und gleichwie alle frommen Zeugen Christi getan, ja, die sich erfreut haben, daß sie würdig erkannt waren, um des Namens Christi willen zu leiden. Also sind wir, geliebte Brüder, in dem Herrn gesinnt, und nicht anders. Wir hoffen den schwachen, milchsaugenden Kindern, durch des Herrn Gnade, ein Beispiel der Frömmigkeit und Standhaftigkeit zu sein.

Dieses ist von mir am Montage geschrieben, nachdem ich zweimal vor den Herren gewesen war, und gefragt wurde, ob ich dabei bleiben wollte.

3. Brief

Unsern sehr geliebten Brüdern und Schwestern in dem Herrn und allen, die den Herrn von ganzem Herzen zu fürchten und ihm nachzufolgen begehren, wünschen wir Gebundene in dem Herrn, daß der gnädige himmlische Vater sie alle vor allem Anstoß von innen und außen bewahren wolle, durch seinen lieben Sohn Jesum Christum, samt dem Heiligen Geiste, Amen.

Herzlich geliebte Brüder in dem Herrn, wollt doch nicht erkalten, obgleich ihr jetzt mit euren Freunden und Verwandten von Haus und Hof wandern müsst, unwissend wohin, denn der Sonnenbrand fängt nun an, überall den aufwachsenden Samen in euch anzutasten. Brüder, fürchtet euch nicht, lasst diesen Samen in euch Feuchtigkeit bekommen und behalten; setzt euch unter den Schatten der Schrift, sie wird euch ein herrlicher Schirm sein. Wir wissen, daß wir durch viel Trübsal in das Himmelreich eingehen müssen; wenn das Haupt so leidet, so leiden auch alle andern Glieder mit; wollen wir nun Glieder des Leibes Christi sein, so müssen wir des Leidens des Hauptes mit teilhaftig werden; wenn wir nun mit ihm leiden, so werden wir uns auch mit ihm freuen.

Darum, liebe Brüder, wenn euch der Herr noch eine Zeitlang unter dem argen Geschlechte wohnen lässt, so erduldet die Zeit eurer Wanderschaft mit Furcht, stellt euch als Lichter unter die böse, arge Welt; lasst euren Glauben in den Werken hervorleuchten, sonst ist er tot. Wendet eure Augen auf den Herzog des Glaubens und Vollender Jesum Christum; er ist der einige Eckstein in Zion, einen andern Grund kann niemand legen, als der gelegt ist, welcher ist Christus Jesus; halte, was du hast, daß dir nicht ein anderer deine Krone nehme. Seid dem Herrn befohlen, er wolle euch in alle Wahrheit führen.

Ich, Georg Simonß, euer lieber Bruder, und meine lieben Mitgefangenen, wünschen euch alles Gute, und wir trachten von ganzem Herzen nach dem Besten.

Weil uns das Todesurteil der beiden vorgenannten Freunde, Georg Simonß und Clemens Dircks, durch den Stadtschreiber von Haarlem in die Hände gekommen ist, so haben wir für gut befunden, dasselbe hier beizufügen, damit ein jeder von dem Vorgemeldeten zur Genüge überzeugt sein möge. Dasselbe lautet, die Überschrift ausgenommen, so: