Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.528

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2.528  Wolfgang Pinder, 1571.

In diesem Jahre 1571 ist der Bruder Wolfgang Pinder zu Scharding, in Bayern, durch Verräterei in Verhaft genommen worden. Der Kanzler von Burkhausen, welcher um diese Zeit zu Scharding war, kam selbst, nahm ihn gefangen, band ihn, und führte ihn von da nach Burkharden, wo er vielem Anlaufe und vielen Versuchungen von dem Haufen der falschen Propheten, als Pfaffen und andern hat widerstehen müssen, denn dieselben setzten ihm heftig zu, daß er von seinem Glauben abstehen und sich von ihnen unterrichten lassen sollte; hierin wandten sie großen Fleiß an und gebrauchten allerlei List, ob sie ihn mit schönen, süßen Worten, mit falscher Lehre, oder Trotzen und Bedrohungen zum Abfalle bringen konnten; aber er ließ sich keineswegs von dem erkannten Wege der Wahrheit abziehen, auf welchen ihm Gott geholfen hatte. Als aber die Pfaffen nichts ausrichten konnten, so war der Scharfrichter die nächste Nacht gegenwärtig; derselbe musste ihn angreifen; er wurde aber so entsetzlich gepeinigt, gespannt und gezogen, daß es zu bejammern war, und daß auch seine Hände sehr aufgelaufen und geschwollen waren; auch war er nicht im Stande, auf seinen Füßen zu stehen, so grausam und unbarmherzig sind die Kinder des Satans mit ihm verfahren, nach ihres Vaters Art, der gegen das menschliche Geschlecht in Zorn entbrannt ist, und, wo er nur kann, durch seine Kinder alle Werke der Bosheit wirkt. Einmal kamen zwei Pfaffen zu dem gemeldeten Bruder; der ein redete mit ihm und ermahnte ihn, daß er von seinem Irrtume ablassen und sich bekehren sollte, aber der Bruder Wolfgang (wiewohl er damals von dem Peinigen und noch großen Schmerz litt) hat mit männlichem Gemüte zu ihm gesagt: O du Pfaff! Tue du Buße und bekehre dich von deinem sündhaften Leben und deiner falschen Lehre, denn du bist ein falscher Prophet und einer von den Buben, die in Schafskleidern umhergehen, und die Falschheit und Büberei mit den langen Röcken zudecken; inwendig aber seid ihr reißende Wölfe, über welche der Herr oft das Wehe ausgerufen hat. Darüber wurde der Pfaffe sehr zornig und auch schamrot, wie auch der andere, denn sie konnten, nach ihrem Willen, mit ihm nichts ausrichten. Zuletzt haben sie ihn abermals von Burkhausen nach Scharding gesandt, wo er zuerst gefangen gesessen. Sie versuchten es an beiden Orten mit ihm auf jede Weise, konnten aber zu ihrem Zwecke nicht gelangen. Als er sich nun nicht bewegen ließ, und ihrer falschen Lehre nicht folgen wollte, musste er sein Leben lassen. Sie setzten unvermutet einen Tag an, auf welchen man ihn des Morgens früh zum Gerichte hinausführte, ohne das Urteil über ihn gefällt zu haben, welches der Bruder Wolfgang forderte; aber man darf sich über eine solche Handlungsweise nicht verwundern, denn sie konnten auf den Frommen nichts bringen, und deshalb keine Ursache zum Tode an ihm finden. Der Scharfrichter nahm ihm den Halskragen ab und griff ihn an, wiewohl mit Furcht und Zittern. Darauf ist der Bruder Wolfgang niedergekniet, und hat seinen Geist in die Hände seines Herrn und Gottes befohlen. Der Scharfrichter ging sehr übel mit ihm um; er konnte ihn nicht treffen, oder nach der Vorschrift hinrichten; er musste ihm endlich, als er auf der Erde lag, das Haupt abhauen und abschneiden, so gut es gehen wollte; er geriet hierüber in so große Angst und durch das umstehende Volk in solche Lebensgefahr, daß er sich entschlossen hat, seine Leben lang keinen Bruder mehr zu richten. Es war viel Volk gegenwärtig, welches zugesehen, wie tapfer und ritterlich er sich gehalten hat. Dieses ist kurz nach Lichtmess, im Jahre 157l, geschehen, nachdem er fast ein halbes Jahr gefangen gelegen. Auf die angegebene Weise musste er um des Glaubens an Jesum Christum willen sein Blut vergießen, und ist so zu des Herrn Haufen übergefahren, welche das Freudenreich im Glauben durch geduldiges Leiden einnehmen müssen. Dem Verräter, der ihn angegeben, ging es nachher sehr übel, desgleichen auch dem Kanzler, der ihn gefangen genommen hatte; ihre guten Tage haben bald ein Ende genommen, gleichwie es mit solchen Judasgesellen gewöhnlich der Fall gewesen, die sich an den frommen, unschuldigen Schafen des Herrn vergriffen, und nach ihrem Blute dürsteten; das Unglück trifft sie durch den Zorn Gottes, und lässt sie nicht lange in Ruhe bleiben.