Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.555

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2.555  Des Jan Wouterß erster Brief an seinen Schwager und seine Schwester, worin er berichtet, wie er verhört und gepeinigt worden sei.

Die überschwängliche Gnade Gottes, die Liebe Christi und die Mitwirkung des Heiligen Geistes vermehre sich allezeit bei eurer Liebe, mein geliebter Schwager und Bruder in dem Herrn und deinem sehr geliebten Weibe, unserer lieben Schwester, samt allen frommen Heiligen, die nach der Gerechtigkeit eifern, damit durch solchen Eifer Gottes Name verherrlicht werden möge. Diejenigen, die so eifern, sind ein Licht in der Welt; sie sind ihrem Nächsten eine Freude und ein Vorbild, denn sie suchen allezeit ihrem Nächsten zu gefallen, in dem Guten zur Besserung, damit sie unter allen Gottesfürchtigen und ernstlichen Nachfolgern Christi erfunden werden mögen; ich hoffe zu Gott, daß, wenn wir demgemäß handeln, wir alle dahin kommen werden, wo unser Herr Christus ist. Er ist es, der uns stärkt und das Feld erhalten hilft, wie man nachher lesen kann, Amen.

Nebst diesem herzlichen Gruße aus reinem Herzen, kann ich Unwürdiger der ich das geringste Glied an Christo bin, nicht unterlassen, ein wenig zu schreiben, euch allen zum Andenken, zum Troste und zur Stärkung, denn ich kann diese unaussprechliche Freude des Heiligen Geistes nicht allein bei mir behalten, sondern muss eurer Liebe etwas mitteilen; aber wie kann Freude ein besonderes Zeichen sein, wenn man die Angst nicht geschmeckt hat, welche ich Unwürdiger geschmeckt habe? Der Herr müsse dafür verherrlicht werden, Amen.

Als ich um des Gehorsams Christi willen gefangen war, wurde ich über meinen Glauben verhört, welchen ich geradeheraus bekannte; sodann fragten sie mich nach einigen Namen, nämlich nach meinem Weibe, meiner Mutter und meinem Meister, desgleichen, wer mich getauft und getrauet hätte, und nach mehreren andern Dingen. Darauf antwortete ich, ich hätte in meinem Herzen beschlossen, niemanden zu nennen, denn ich wollte mich selbst verantworten und kein Verräter sein. Der Schultheiß drohte mir, er wollte es mich wohl sagen machen.

Als ich diese Zeit hindurch während des kalten Wetters dort gelegen hatte, wurde ich den Samstag nach Peterstag an den Ort, wo man folterte, gebracht; hier standen die Gerätschaften bereit. Der Schultheiß fragte mich zunächst nach meinem Meister, nachher auch nach andern, und sagte, ich müsste dasjenige noch sagen, was er mich fragen würde. Man bat mich, man drohte mir und sagte: Wiewohl wir fast alles wissen, und vielleicht dein Meister schon fort ist, so will ich es doch aus deinem Munde hören; darum laß dir nicht die Glieder brechen, sondern sage es gutwillig, sonst wollen wir dich dem Scharfrichter überantworten; dann wirst du es wohl tun müssen. Als sie nun von mir nichts erlangen konnten, wurde in der strengen Kälte mein Oberleib entblößt, die Hände wurden mir auf den Rücken gebunden; darauf wurde ich mit verbundenen Augen an meinen Händen aufgewunden. Man warnte mich, ich sollte mein schönes Handwerk berücksichtigen, auch sagte er, ich sollte doch mein Leben und meine Glieder schonen, die mir Gott gegeben hätte, denn ich hätte keine Gewalt über mein Haar auf meinem Haupte.

Als ich nun ganz still schwieg, geißelte man mich mit Ruten und die Schläge kamen größtenteils auf meinen Bauch; sie ließen mich nieder, als sie mich so traktiert hatten, und fragten mich wieder, aber sie erlangten nichts von mir (der Herr sei gelobt), obgleich ich diesen bittern Trank geschmeckt hatte. Dann wurde ich abermals aufgewunden und gegeißelt, wie zuvor. O Fleisch, dachte ich, nun musst du leiden; als ich nun so in dem Leiden hing, kam ein Hellebardierer von dem Söller und sagte: Ich würde fast lieber sterben, als der Mann; denn er stand in der Nähe und sah der Sache zu.

Als ich nun auf keine Frage antwortete, sagte der Scharfrichter: Wie, gibst du meinem Herrn keine Antwort? Antworte meinem Herrn, oder hast du einen stummen Teufel?

Man fragte mich, ob ich mich bedenken und ihnen den Montag in allem die Wahrheit sagen wollte, wie sie es nennen; ich schwieg still und dachte, was soll ich mich bedenken, ich will es euch doch nicht sagen; ich bat in einem stillen Gebete, daß mich doch der Herr nicht über mein Vermögen versucht werden lassen wolle; auch rief ich den Herrn laut an und bat ihn, daß er es ihnen vergeben wolle. Der Stockmeister meinte einmal, ich sei ohne Besinnung; aber ich weiß nichts davon. Der Scharfrichter meinte, er wolle es mich wohl sagen machen, er hätte so viel von unsern Leuten unter den Händen gehabt, die es zuletzt doch alle hätten sagen müssen, aber der getreue Nothelfer bewahrte meinen Mund. Darauf ließen sie mich los, und gaben mir Zeit, daß ich mich bis Montag bedenken sollte; wollte ich es aber dann nicht tun, sagten sie, so wolle man mit mir wunderlich umgehen; sie drohten mir sehr, daß es jämmerlich anzuhören war; sie sagten, das wäre noch das Geringste, was ich bis jetzt erlitten hätte; es wäre nur ein Kinderspiel gegen die zukünftigen Tormente gewesen. Als ich mich selbst betrachtete, sah ich, daß mein Leib ganz blutig war vom Geißeln, denn dies hatte mir unter allem die größten Schmerzen gemacht; ich dachte, ist dieses noch Kinderspiel? Der Stockmeister ging hinab, und sagte zu seinem Weibe: Sie peinigen den Mann noch zu Tode. Summa, ich war so zugerichtet, daß man mich aus- und anziehen musste. Das war für das arge Fleisch, welches mich so oft betrübt hatte, und allezeit den krummen Weg einschlagen wollte, um seine Lüste zu büßen; es hätte wohl noch mehr verdient. Als nun dieses des Nachmittags geschehen war, konnte ich des Nachts nicht gut schlafen, sondern ich zählte die ganze Nacht hindurch die Glockenschläge und seufzte jämmerlich, nachher aber wurde mir eine große, friedsame Wonne und Freude des Heiligen Geistes gegeben, so groß, daß ich es nicht wohl beschreiben kann, weil der Herr meinen Mund so treulich bewahrt hat, und mich in meinem Vertrauen, welches ich armer, geringer Knecht hatte, ehe ich in Banden kam, nicht hat zu Schanden werden lassen; aber darin hat der Herr mich Unwürdigen geprüft; er müsse gelobt sein in Ewigkeit.

Als nun mein Leiden in der Stadt bekannt wurde, fanden sich weltliche Leute, die sich freuten, daß ich meinen Mund bewahrt hatte; wenn sich nun solche Leute erfreuen können, um wie viel mehr sollen sich die Gottesfürchtigen freuen und Gott loben?

Ferner, als der festgesetzte Tag herankam, machte ich mich dazu fertig, und flehte zu meinem Gott, daß er mich Unwürdigen wegen meiner Sünden doch nicht nach seiner Gerechtigkeit, sondern nach seiner väterlichen Barmherzigkeit züchtigen wolle, daß er meinen Mund bewahren und die Pein erleichtern wolle, wie er es das erste Mal getan hatte.

Als nun die Stunde herannahte, war mein Fleisch furchtsam und meine Seele voller Angst, denn es hatte diese Pein schon versucht, aber ich tröstete mich selbst, so viel ich konnte, und dachte, du wirst auch nachher das Leiden, das ewig währen wird, nicht ertragen können, und dieses währt ja nur kurze Zeit. Als ich nun Dienstag in die Folterkammer kam (denn es fehlte ein Tag), wurde ich gefragt, wie ich mich bedacht hätte; ich erwiderte, mein Gewissen ließe es nicht zu; ich könnte das nicht tun, was sie begehrten.

Sie sagten: Du kannst wohl, wir nehmen das auf uns; ich antwortete: Ein jeder muss für sich selbst stehen. Sie sagten: Wie kann dein Meister oder dein Weib in Ungelegenheit kommen, denn sie sind ja schon fort? Was kann es dem Platze schaden, wo du getauft bist? Ich denke (sagte der Schultheiß), daß es in deines Meisters Hause geschehen sei; doch weiß ich es nicht gewiss (sagte er) und der dich getauft hat und getraut hat, ist fort aus des Königs Lande, denn es ist schon vor langer Zeit geschehen. Des Schreibers Knecht sagte auch zu mir: Was willst du es doch verhehlen, die Pein fällt endlich zu schwer, und zuletzt musst du es doch tun, wie die von Breda getan haben?

Sie beschlossen endlich, sie wollten mir einen Gelehrten zusenden, der es mir mit der Schrift beweisen oder mich unterrichten sollte, daß ich es, ohne eine Sünde zu begehen, wohl tun könnte.

Als sie auf einem andern Platze versammelt waren, fragte der Schultheiß, worin ich den beschwert wäre; darauf sagte der Gardian: Du kannst es recht gut tun und deinen Nächsten angeben, denn wenn ihr das rechte Volk seid, so werden sie mit dir die Marterkrone empfangen; wenn ihr es aber nicht seid, so hasst den Bösen, wie ihn Gott auch hasst.

O ein abscheulicher Ausleger, dessen Auslegung auf ein Zerstören hinausläuft. Ach, Herr Gott, du wollest doch ihre Herzen bekehren, die so nach unschuldigem Blute dürsten. Als wir nun nicht einstimmig werden konnten, schieden wir voneinander.

Den folgenden Tag, das war der Mittwoch, wurde ich abermals vorgeführt und abermals dieselbe Frage an mich gerichtet; ich erwiderte, ich könnte es nicht tun, mein Gewissen wäre hierin zu mächtig; ich glaubte, ich könnte nimmer ruhig im Herzen sein, wenn ich das täte; darum wollte ich lieber mit ruhigem Herzen leben. Die Schrift lehrt uns: Tut dem Menschen, wie ihr wollt, daß euch geschehe; liebe dein Weib, liebe deinen Nächsten, wie dich selbst.

Der Schultheiß sagte: Du hast deinen Nächsten lieber als dich selbst; ich antwortete abermals, daß man das Leben für seine Brüder lassen soll. Als sie nun mit Worten, mit vielen Bitten und Bedrohungen nichts von mir herausbringen konnten, hat mich der Scharfrichter abermals angegriffen; darum fiel ich meinem Gotte abermals zu Füßen, wie ich in dem ersten Streite getan hatte.

Dann wurde ich entkleidet, und es wurden mir die Hände auf den Rücken gebunden; man drang auch mit Bitten in mich, daß ich es noch tun sollte, und als ich mich verweigerte, wurde ich aufgewunden; man hatte mich aber nicht befestigt, und ich dachte, man würde mich auf die Folterbank legen. Als ich nun aufgewunden war, und nicht nach ihrem Willen antworten konnte (denn der Same Gottes blieb in mir), geißelte er mich auf die zerschlagene Haut, was mich sehr schmerzte, wobei er sagte: Ja, wie gefällt dir das? So werde ich dir die alten Wunden wieder öffnen, und brachte seltsame Drohungen vor. Darauf ließ er mich wieder nieder, und stellte mich, mit verbundenen Augen, den Herren als ein Ecce Homo vor; er fragte, ob ich es meinen Herren noch nicht sagen wollte; als ich ihm antwortete, daß ich es nicht tun könnte, wand er mich wieder auf, wodurch ich große Schmerzen hatte; aber es machte mir noch größere Schmerzen, als er mich stieß und das Seil schüttelte. Als sie nun nichts von mir erlangten, ließen sie mich nieder, und gaben mir bis den andern Tag neue Frist. Während ich da hing, sagte der Schultheiß: Dein Angesicht ist so lieblich als das eines Engels, aber dein Herz ist härter, als Pharaos Herz; ich erwiderte: Dem ist nicht so; der Herr wird das noch wohl offenbar machen; ich habe in meiner Einfalt meine Seligkeit gesucht.

Als nun der Scharfrichter mich wieder ankleidete, sagte ich zu ihm: Ach, Freund! wie hast du mich zugerichtet; du hast in langer Zeit keinen Schelm so zugerichtet; da antwortete er: Sie bekennen, aber du willst nicht bekennen; auch ist es kaltes Wetter und kann so geschwind nicht geschehen.

Als dieses der Schultheiß hörte, sagte er zu mir: Du bist ärger als ein Schelm, denn die Schelme haben gesündigt; aber du bist von Gott abgefallen, und hast ihn verleugnet; darum verlässt er dich nun auch in der Not; ich erwiderte: Ist dem so, dann bin ich ein armer Mensch, aber ich habe eine andere Hoffnung. Ja (sagte er), du bist ein verirrtes Schaf; die Wölfe haben dich geraubt und zerrissen. Er sagte mir auch, daß wir nicht getauft würden, es sei denn, daß wir zuvor zwischen zwei nackten Frauen versucht wären; ich erwiderte, dergleichen wäre bei uns nicht üblich. Man sagte mir auch von David Joris; aber denselben verleugnete ich mit allen seinen Anhängern. Der Scharfrichter sagte, wir glaubten, daß die Kinder, die in ihrer Mutter Leibe sterben, nicht selig werden könnten; dies verneinte ich. Ein anderer sagte, wir müssten zehn holländische Gulden geben, wenn man uns taufe, wir hätten sie, oder hätten sie nicht; ich meine, dieses habe der Schultheiß gesagt, denn er sagte noch mehr, unter anderem, daß man in der Kirche ungefähr drei Stüber gäbe, wenn man ein Kind taufen lässt; ich verneinte dies gleichfalls. Ach, ach, Ärgernis! Was hast du angerichtet; dadurch sind die Unschuldigen ins Leiden gekommen, denn die Bösen nehmen daraus bald eine Veranlassung her, und sollten sie auch falsche Zeugen hören, wie es auch bei unserm Herrn selbst und Stephanus geschehen ist. Summa, dergleichen schändliche Reden sind unzählige gefallen; ja, ich vermute, daß die schändlichen Reden und ihre Bedrohungen einem fast so wehe tun, als die Peinigung selbst; darum ist Geduld insbesondere nötig, um in diesem Streite zu überwinden. Deshalb mag Christus wohl sagen: Lernet von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Jetzt finde ich in der Kraft, die mir Gott verliehen, daß dies eine sichere Lehre sei. Er, der Herr selbst, vom Himmel, der mächtiger ist, als alle Menschen, hat Schande, Schmach und Verachtung erlitten, und so ein eigenes Reich eingenommen; wie sollten wir es denn nicht ertragen, die wir doch nur eine geringe Zeit von unsern Feinden unterdrückt sind.

Darum bitte ich Unwürdiger alle Gottesfürchtigen, daß ihr nicht vergesst, allezeit von Christo zu lernen, daß er sanftmütig und von Herzen demütig sei, und fasst eure Seelen allezeit in Geduld, dann werdet ihr Ruhe finden; denn Geduld ist unsere Stärke; es ist ein köstliches Ding, geduldig zu sein, und auf die Hilfe des Herrn warten; denn in den Sprichwörtern steht, daß ein Geduldiger besser oder mehr sei, als ein Starker. Nehmt Abraham, Jakob, Mose, die drei Jünglinge, Daniel, die sieben Brüder mit ihrer Mutter, Hiob, die Propheten, und das Ende unseres Herrn in Beispielen.

Darum, meine Geliebtesten, vertraut Gott und glaubt an ihn; er wird euch wohl helfen, denn solches hat er verheißen; vertraut ihr ihm aber nicht, so bedenkt, ob ihr auch glaubt, daß Gott allmächtig und wahrhaftig sei, wie ihr glaubt, daß er durch sein Wort Himmel und Erde, das Meer und was darin ist, geschaffen hat? David bezeugt es, daß er ein Gott sei, der gern hilft, worüber er sich freut; er sagt ferner, daß er ein Schild allen denen sei, die auf ihn trauen, ja seine Engel lagern sich um uns, zu unserm Schutze, aber wie soll er uns dann helfen, wenn man es ihm nicht zutraut?

Als ich nun abermals auf die Stunde meiner Prüfung wartete, bat ich (Unwürdiger) den Herrn, meine Zuversicht, daß er mich doch zum dritten Male bewahren wolle, wie er, durch seine Gnade, zwei Mal getan hatte, damit ich nicht zu Schanden werden möchte, und sie mir meinen Ruhm (das ist, den guten Vorsatz meines Herzens im Anfange) nicht nehmen möchten, damit ich den Glauben in einem reinen Gewissen bewahren möge; dadurch hoffe ich deinen heiligen Namen zu loben, zu preisen zu verherrlichen, den frommen Heiligen zur Freude, den Säuglingen aber zum Troste und süßen Geruche des Lebens, damit sie, wenn, sie es riechen, dadurch gelabt, erquickt und gestärkt werden mögen, um desto freimütiger in der Wahrheit zu werden, die doch das Allerstärkste ist, und allezeit den Sieg behalten wird, und nicht achten mögen, was uns auch Menschen tun, die wie Heu vergehen müssen, weil man ja doch öffentlich sieht, daß des Herrn Hände nicht verkürzt sind, sondern den Frommen allezeit beistehen, wie David bezeugt. Denn, lieber Herr, wenn ich mich nicht tapfer halten würde, welche Betrübnis würde dieses unter den jungen Säuglingen erwecken, und welch eine Lästerung würde daraus entstehen? Ich bitte dich, o himmlischer Vater, erbarme dich doch über mich armen sündhaften Menschen, und nimm das übrige des Kelches von mir, wenn es möglich ist; ist es aber nicht möglich, so geschehe allein dein Wille. Herr, hilf mir das Feld erhalten, denn du weißt, wie der Menschen Schläge schmecken; ich übergebe mich in deine Hände, und obgleich sie mir erschrecklich drohen, so haben sie doch keine Gewalt, ein Haar auf unserm Haupte zu verletzen, oder du musst es ihnen zuerst zulassen; darum geschehe dein heiliger Wille zu meiner Seligkeit. O Herr, rechne ihnen diese Missetat nicht zu.

Als ich mich nun so bereit gemacht hatte, hörte ich, daß sie unsere geliebte Schwester, die mit mir gefangen saß, auch peinigten; es kam mir vor, als ob sie auch aufgewunden und wieder niedergelassen würde. Als sie nichts bekennen wollte, wurde sie abermals aufgewunden, und unten an den Füßen befestigt; als sie nun die Angst eine Zeitlang gelitten hatte, wurde sie wieder heruntergelassen und davongetragen. Da dachte ich, nun ist die Reihe mir, nun werden sie mich armes Schlachtschäflein aus dem Stalle holen. Mit diesen Gedanken wartete ich, und tröstete mich selbst, und dachte, wie bald ist ein Mensch zu Grunde gerichtet, denn es kam mir vor, daß sie kaum eine halbe Stunde lang die Pein erlitten hätte.

Indem ich nun so, mit Abraham, meinen einzigen Sohn, das ist mein Fleisch, übergeben hatte, hat der Herr schnelle Fürsorge gehabt, und meinen Druck in große Freude verwandelt, einmal dadurch, daß der Herr diesem schwachen Schäflein auch den Mund bewahrt hat, und ferner, weil es scheint, sie wären durch mein Leiden, welches ich vor meiner Aufopferung bereits erduldet habe, gesättigt worden.

Dieses habe ich euch geschrieben, nicht um euch furchtsam zu machen, sondern daß ihr Heiligen Gottes euch mit mir in dem Heiligen Geiste erfreuen mögt, und mir helft, dem Herrn danken, daß er mir so treulich geholfen hat, und damit ihr die wunderbaren Werke Gottes in seinen Auserwählten erkennen mögt, wie auch ein frommer Zeuge Christi, Karstiaan L„ in seinem Briefe bezeugt hat; desgleichen Joris, der Färber, welcher hier mit mir ein Zeuge der Wahrheit gewesen ist, denn er sagte sich selbst: Kommt der Teufel auf eine Treppe, so steigt er höher. Ach, es dünkt mich, daß man hierdurch seine Kraft verliert, denn ich dachte, wenn sie auch meinen Meister nicht kennen, und ich auch schon weiß, daß er fort ist, ebenso wie mein geliebtes Weib und mehrere andere, so werden sie doch nicht zufrieden sein; sie wollen doch an das Foltern, darum will ich eins mit dem andern verschweigen, man wird es nun sehen, wie der Herr denen hilft, die auf ihn trauen. Ach, welch eine Freude ist der Sieg an Christum, nun ist mein Glaube an Christum geprüft; meine Gottesfurcht, mein Vertrauen, das ich hatte, ehe ich in Bande kam, meine Liebe zu Gott und seiner heiligen Gemeinde, gleichwie das Gold im Ofen und auf dem Prüfsteine. Andere Prüfungen sind zwar leicht zu ertragen, wenn man genug hat, und gehen kann, wohin man will; wenn man aber mit Hiob an der Haut angetastet und dieselbe zerfetzt wird, daß das Blut herausläuft, nach vier Tagen aber eine solche Pein erneuert wird, das trifft die Rippen. O du Tochter Zions, du Braut des Lammes, fürchte dich nicht; das Lamm wird wohl den Streit ausführen; habe doch guten Mut in dem kurzen Streite, den du zu kämpfen hast, denn den Überwindern ist alles verheißen; wer getreu bleibt bis in den Tod, wird die Krone des Lebens empfangen, und wird den ewigen Tod und die ewige Pein nicht schmecken. Ich weiß nicht, ob meine Marter über zwei Stunden in allem gedauert hat; aber das Drohen, Verachten und Quälen hat etwas länger gedauert. Meine Geliebtesten, ist das nicht eine geringe Qual? Sollte man um deswillen die Wahrheit verlassen? Sollte man darum den Herrn verleugnen und durch Anzeigen sein Gewissen beschweren, da man gleichwohl noch oft leiden muss? Ach, nein, der Herr führt selbst den Streit für uns aus; ihm sei allein der Preis in Ewigkeit, Amen.

Darum, ihr Geliebten und Heiligen Gottes, die ihr durch Jesum Christum des himmlischen Rufes teilhaftig geworden seid, seid doch nicht verzagt; fürchtet euch auch nicht vor denen, die den Leib töten, denn der Seele können sie nicht beikommen. Ich Unwürdiger habe euch die Hilfe des Herrn auskundschaftet; darum gebe ich ihm Zeugnis, daß er ein treuer Nothelfer sei, wie von ihm geschrieben steht: Und sollte auch (sagt er durch den Propheten) eine Mutter des Sohnes ihres Leibes vergessen, den sie geboren hat, so will ich doch dich nicht verlassen noch vergessen. So haltet denn stark an alle, die ihr des Herrn Verheißungen glaubt. Ach ziehe sich doch niemand zurück aus Verzagtheit, nach seinem Berufe den Heiligen dienstwillig zu sein nach seinem Vermögen, denn niemand soll sich selbst leben, oder sich dessen weigern, damit das Werk des Herrn allezeit mit Lust vor sich gehen möge, und helft einander die Last tragen. Wenn es so geht, dann ist es eine Freude; dann kann des Herrn Werk ohne Seufzen vor sich gehen; darum wisst, was ein jeder Gutes tut, das wird ihm nachfolgen.

Haltet es mir zu gut, daß ich im Allgemeinen schreibe; ich hoffe, daß hierdurch die Kleinherzigen aus meinen Banden Mut und Vertrauen schöpfen werden, ja, ich hoffe, die Unterdrückten sollen etwas fröhlicher werden, weil man bei dem Herrn so große Hilfe findet, die man gleichwohl nicht sieht. Ich bezeuge euch mit dem Apostel: Obschon unser auswendiger Mensch vergeht, so wird doch der inwendige Mensch von Tag zu Tag erneuert, denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, bringt eine ewige und über die Maßen gewichtige Herrlichkeit uns, die wir nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare sehen. Nun weiß ich hiervon dasselbe auch zu schreiben und zu zeugen, daß das Leiden leicht sei, weil es kurz ist; denn ich weiß nicht, als alle meine Peinigung vorüber war, ob ich nachher so viel Pein hatte, als ich wohl von einem kleinen Geschwüre eine Zeitlang erlitten habe, dessen sich mein liebes Weib wohl erinnern wird, und welches ich ertragen musste, wiewohl mir um des Erduldens willen keine Verheißung getan wurde; wenn wir aber dieses Leiden um des Herrn willen erdulden, so kommen uns alle Hauptverheißungen zu, ja es gibt keine herrlicheren und größeren Verheißungen als diese, nämlich daß denen, die sich zum Leiden Christi begeben, und durch Christum überwinden, die Krone des Lebens verheißen sei; auch tragen wir das Zeugnis in unserm Herzen, daß wir keine Bastarde sind; ja wir werden von Christo selbst geehrt und gekrönt werden; ich selbst erkenne mich unwürdig, zu diesem heiligen Stande; gleichwohl hält mich der barmherzige, gute Gott dazu würdig, diese Schmach um seines Namens willen zu tragen; er müsse gelobt sein, in Ewigkeit, Amen.

Hiermit will ich dieses endigen, und bitte euch, haltet mir mein einfaches Schreiben zu gut; ich will euch sämtlich, insbesondere aber meinen allerliebsten Schwager und meine allerliebste Schwester, dem Herrn anbefehlen, der mächtig ist, in euch allen das gute Werk zu vollbringen, das er in euch angefangen hat, damit ihr bei Jesu Christo, unserm Herrn, vollen Lohn empfangen mögt; ich will voran und euch dort erwarten, damit wir beisammen in der ewigen Freude leben mögen.

Hierzu wolle der gütige Gott seine Gnade geben, damit niemand um dieser geringen Pein willen den Weg des ewigen Lebens verlasse, und so den furchtsamen und verzagten Knechten gleich werde, die nicht mit Gideon in den Streit ausziehen dürfen und nicht an Gott glauben, noch es versiegeln können, daß Gott treu, allmächtig und wahrhaftig ist. Was solchen in der Schrift verheißen sei, ist leicht zu erkennen, nämlich die ewige Pein, wie den Zauberern und Götzendienern. Was wird es dann nutzen, wenn man den Namen eines Christen getragen hat? Wenn man nicht standhaft bleibt, muss man mit Schanden vergehen, wie die zehn ungläubigen Kundschafter. Was nützt es, daß man aus Ägypten erlöst worden ist, wenn man nicht glaubt, denn die Ungläubigen kommen alle um? Was hat es auch Lots Weib genutzt, daß sie aus Sodom ausgegangen war, denn sie sah wieder zurück? Darum, ihr geliebten Heiligen Gottes insgesamt, streitet tapfer für die Wahrheit bis zum Tode; habt doch allezeit einen solchen Sinn in euch, dann wird der Herr euren Streit ausführen, und ihr werdet euch am Ende darüber erfreuen (wenn ihr in Geduld darauf wartet), wie ich jetzt auch tue. Lest die Heilige Schrift zur Bestärkung der Wahrheit; da findet ihr, wie der Herr für Israel, für Daniel, Gideon und Josaphat und für mehrere andere gestritten habe, welche doch wenig Volk hatten; dessen ungeachtet wurde so viel Volk erschlagen, daß sie in drei Tagen den Raub nicht wegbringen konnten.

Ferner ist es auch nötig und sehr nützlich, daß man tröstliche Briefe schreibe, und sie an die elenden Verlassenen schicke, denn dadurch werden sie sehr getröstet; ein jeder wende hierin allen Fleiß an, so viel als möglich ist, und tut euer Bestes, und bittet den Herrn um geeignete Mittel, ohne jemandes Schaden; ferner besucht sie auch, bittet beständig für sie und hebt mit Mose heilige Hände für sie auf, bis sie den Streit ausgeführt und ihr Fleisch, den Stachel der Sünden, und die Herren der Finsternis dieser Welt, in welchen der Satan sein Werk hat, überwunden haben. Darum nehme ein jeder zu Herzen, was der Apostel sagt: Gedenkt der Gefangenen, als die Mitgefangenen; wenn ein Glied leidet, so leiden die andern Glieder mit.

Hiermit gute Nacht, alle Gottesfürchtigen auf dieser Erde; habt doch guten Mut, denn Mut verloren, das Feld verloren. Seid von mir alle in dem Herrn herzlich gegrüßt, insbesondere aber mein geliebtester Schwager und seine geliebte Hausfrau; ich danke euch herzlich für alle eure große Freundschaft.

Angefangen den letzten Donnerstag im Februar, und geendigt den ersten März. Ich Unwürdiger trage die Malzeichen des Herrn an meinen beiden Händen und an meinem Leibe; gelobt müsse der Name des Herrn sein in Ewigkeit.

Von Jan von Kuyk, welcher um des Gehorsams des Evangeliums willen auf der Vuylpforte gefangen sitzt. Ich habe zum Stockmeister gesagt: Wenn ich auch mit meiner Faust das Gefängnis in Stücke zerschlagen könnte, so wollte ich es doch nicht tun, damit er um meinetwillen nicht in Ungelegenheit kommen möchte.