Im Jahre 1549 ungefähr drei Wochen vor Ostern sind in Boon in Westfriesland zwei liebe Männer, namens Fye und Gelken, gefangen genommen worden. Diese wurden vor die Herren gebracht, wo sie ihren Glauben ohne Furcht bekannt haben. Zuerst fragten sie Gelken: Wer hat dir erlaubt, das Volk zu versammeln und zu lehren? Antwort: Gott hat es mir erlaubt. Frage: Was hast du denn gelehrt? Antwort: Frage diejenigen, die es gehört haben, was wir untereinander gelehrt haben, denn ihr habt ja eine Frau gefangen, die solches gehört hat. Hierauf haben sie die Frau gefragt, was sie von Gelken gehört hätte? Antwort: Er hat die vier Evangelien gelesen, Paulus, Petrus, Johannes Sendbriefe und die Geschichte der Apostel. Hierauf wurde Gelken abermals gefragt: Was hältst du von dem Sakramente? Antwort: Ich weiß nichts von eurem gebackenen Gott. Frage: Freund, sieh dich wohl vor, was du redest, denn solche Worte kosten den Hals. Was hältst du von der Mutter Gottes? Antwort: Vieles. Frage: Was sagst du, hat der Sohn Gottes kein Fleisch und Blut von Maria empfangen? Antwort: Nein, ich glaube das, was der Sohn Gottes hiervon selbst bezeugt. Frage: Was hältst du von unserer heiligen römischen Kirche? Antwort: Ich weiß nichts von deiner heiligen Kirche, auch kenne ich sie nicht, ich bin, solange ich lebe, noch in keiner heiligen Kirche gewesen. Frage: Du redest sehr trotzig. Ich habe Mitleiden mit dir, sagte ein Ratsherr, und fürchte, es möchte dich den Hals kosten. Bist du getauft? Antwort: Ich bin nicht getauft, aber es verlangt mich sehr nach der Taufe. Frage: Was hältst du von den falschen Lehrern, die also umherlaufen und das Volk taufen? Antwort: Von den falschen Lehrern halte ich nichts, aber mich hat sehr verlangt, einen Lehrer zu hören, welcher von Gott gesandt ist. Sie sagten: Wir haben aber doch gehört, dass du ein Lehrer gewesen seiest. Gelken sagte: Wer hat mich zum Lehrer gesetzt? Sie sagten: Wir wissen es nicht. Gelken sagte: Fragt ihr mich, was ihr nicht wisst, wie sollte ich es wissen? Ich weiß niemand, der mich zum Lehrer verordnet hat. Gott aber hat mir alles gegeben, worum ich Ihn gebeten habe. Sie sagten: Nun haben wir alle Artikel aufgeschrieben, worüber wir dich für dieses Mal haben verhören wollen. Wenn nun etwas darin ist, was dich gereut, so wollen wir solches gerne auslöschen. Antwort: Meint ihr, dass ich Gott verleugnen werde? Darauf haben beide Gelken und Fye ihr Urteil empfangen, und sind zusammengebracht worden, wo sie sich umarmt, ja einander mit großer Liebe Hände und Füße geküsst, so dass alle Menschen, die solches sahen und hörten, sich darüber verwunderten; die Büttel und Knechte liefen und sagten zu den Herren, es haben noch niemals Menschen einander so lieb gehabt als diese. Gelken sagte zu Fye: Lieber Bruder! Nimm es mir nicht übel, dass du durch mich in dieses Leiden gekommen bist. Fye antwortete, lieber Bruder, denke daran nicht, denn es ist eine Kraft Gottes.
Nach dem Urteile wurden sie noch bis an den dritten Tag verspart und hiernächst ist Gelken zuerst mit dem Schwerte hingerichtet worden. Als dem Fye das Urteil vorgelesen wurde, hat er vor Freuden nicht darauf Achtung gegeben, wiewohl er dessen unkundig war, was mit Gelken geschehen war oder noch geschehen sollte, sondern er sang und sprang, lobte Gott, dankte ihm und sprach: Dies ist der einzige Weg. Darauf haben sie Fye in das Schiff geführt, in welchem Gelken enthauptet lag und in welchem sich auch das Rad befand, worauf man Gelken setzen sollte, sowie auch der Pfahl, woran Fye stehen sollte, um verbrannt zu werden; auch wurden dem Fye im Schiffe die Hände losgebunden, gleichwohl saß er still. Da sagten die Mönche: Bindet ihn wieder. Der Scharfrichter sagte: Bindet ihr ihn; aber der Schlossvogt gebot, dass er Fye wieder binden sollte. Einige Weiber, die solches ansahen, weinten sehr; da sprach Fye: Weinet nicht über mich, sondern über eure Sünden.
Ferner sagte er zum Scharfrichter: Was willst du mir tun? Antwort: Das wirst du wohl sehen. Ja, ja, sprach Fye, tue was du willst, ich habe mich in meines Herrn Hände übergeben. Die Brüder und das gemeine Volk gingen neben ihm. Als nun Fye unter denselben einige seiner Bekannten sah, rief er: Freunde, freuet euch mit mir, über solche Hochzeit, die mir bereitet ist. Als er auf den Galgenberg kam, redeten ihn einige Brüder an, die sich mit ihm sehr freuten und sagten: Dies ist der enge Weg; dies ist des Herrn Weinkelter, hieran hängt die Krone. Als der Schlossvogt das Rufen hörte, rief er: Niemand lege Hand an diesen bei Verlust seines Lebens und seiner Güter. Der Scharfrichter hatte sein Werkzeug vergessen und lief in die Stadt, solches zu holen. Unterdessen hatten der Schlossvogt und die beiden Mönche den Fye im Beichthäuslein und quälten ihn sehr mit Brot und Wein; aber sie gewannen ihm nichts ab, denn Fye tat nichts anders, als dass er sang, redete, lobte Gott und Ihm dankte. Als sie ihm nichts abgewinnen konnten und der Scharfrichter wiederkam, sagten sie zu Fye: Wie bist du so hartnäckig, während du doch sagst, dass du ein Mitglied Jesu Christi seiest? Warum willst du denn nicht die Werke der Barmherzigkeit tun und dieses Brot und diesen Wein um unseretwillen für Brot und Wein annehmen? Antwort: Mir verlangt nicht nach eurem Wein, denn mir ist eine Speise im Himmel zubereitet. Als sie ihm nichts abgewinnen konnten, sprachen sie: Fort mit dir, du Ketzer. Der Landvogt sagt: Ich habe zwar manchen Ketzer gesehen, aber mein lebelang keinen härteren als diesen. Als nun Fye zum Tode fertig stand, sprach er zum Scharfrichter: Meister, hast du dein Werk verrichtet? Er antwortete: Noch nicht. Fey sprach: Ja, hier ist das Schaf, womit ihr umgeht. Hierauf ging der Scharfrichter zu ihm, riss ihm das Hemd auf, nahm die Kappe von seinem Haupte und füllte sie mit Schießpulver. Als nun Fye an dem Pfahle stand, woran er erwürgt werden sollte, rief er: O Herr, nimm deinen Knecht auf! Darauf ist er erwürgt und verbrannt worden, und ist also im Herrn entschlafen. Das gemeine Volk rief: Dieser war ein frommer Mann; ist er kein Christ, so gibt es keinen in der ganzen Welt.