Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.471

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2.471  Thys Jeuriaenß und Jan Claes, im Jahre 1569.

Unter dieser dunklen und blutigen Regierung des Antichristen sind noch zwei fromme Brüder in der Tyrannen Hände gefallen, von welchen der eine ein Diener des Wortes war, Thys Jeuriaenß hieß, und in Nordholland, zu Harop im Wasserlande, wohnhaft war; der andere aber hieß Jan Claes, war bei Wesop geboren und in dieser Stadt wohnhaft; derselbe war noch ein junger Geselle und ungefähr 25 Jahre alt. Als nun der gemeldete Thys Jeuriaenß nach Muyen bei Amsterdam zog, um die Gemeinde Gottes mit dem Worte zu bedienen, so ist gemeldeter Jan Claes nebst einer Gesellschaft auch nach Muyen gezogen, um der Ermahnung mit beizuwohnen. Man hat ihn aber dort nebst Thys Jeuriaenß verhaftet und zu Muyen auf das Schloss gebracht, wo sie ungefähr ein halbes Jahr gefangen saßen. Von da sind sie nach Grafenhaag geschickt worden, wo sie auch ungefähr ein halbes Jahr in Haft waren, bis man sie endlich wieder nach Muyen geschickt hat. An gemeldetem Orte sind sie ungefähr nach drei Monaten verurteilt worden, daß sie an Pfählen erwürgt und verbrannt werden sollten. Solches ist auch geschehen, und nachdem man sie erwürgt und ihnen das Gesicht schwarz gebrannt hatte, hat man sie außerhalb des Dammes bei Muyen den Vögeln preisgegeben. Weil nun diese frommen Zeugen Gottes dieses aller erlitten haben (nicht um irgendeiner begangenen Missetat, als worüber sich die Strafe der weltlichen Macht allein erstreckt), sondern allein um der Wahrheit des Wortes Gottes und des guten Gewissens willen, so stehen sie auch unter der seligen Verheißung Gottes, der gesagt hat: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden, denn das Himmelreich ist ihr. Und gleichwie sie ihre Leiber hier zur Befestigung der Wahrheit um Christi willen übergeben haben bis in den Tod zu einem lebendigen, heiligen und Gott wohlgefälligen Opfer, so werden sie auch diese ihre sterblichen und vergänglichen Leiber in der Auferstehung der Gerechten in einer ewigen herrlichen Unsterblichkeit wieder empfangen und mit Christo, den sie hier bekannt haben, in Ewigkeit leben.

Das obige Zeugnis von dieser Aufopferung haben wir aus Symon Fytß Munde empfangen, der ein Lehrer der Gemeinde Gottes auf dem Texel war, und der, als dieser Gemeldete verhaftet wurde, in einer Nebenkammer sich befunden, auch im Gefängnisse besucht und mit seinen Augen den standhaften Ausgang aus dieser Welt angesehen hat.

Dieser Thys Jeuriaenß ist ein sehr eifriger Nachfolger Christi gewesen, welcher auch aus dieser seiner langwierigen Gefangenschaft viele schöne Briefe zum Troste der Gottesfürchtigen geschrieben hat, von denen einige in einem besonderen Büchlein vorlängst durch den Druck veröffentlich worden sind. Dieselben handeln unter anderem von der Zukunft Jesu Christi und seiner Menschwerdung und von seinem Ausgange; desgleichen auch vom freien Willen des Menschen. Von diesen Briefen wollen wir dem Leser (um Weitläufigkeiten zu vermeiden) hier zwei mitteilen; sie lauten wie folgt:

Die mannigfaltige Gnade unsers Gottes, und die überfließende, tiefe Liebe seines Sohnes Jesu Christi, samt der unergründlich reichen Barmherzigkeit unsers lieben Herrn Jesu Christi, der uns in das Reich seiner Liebe versetzt und uns von dieser argen, bösen Welt nach dem Willen Gottes, unseres himmlischen Vaters, erlöst hat, die Gemeinschaft, Liebe, Freude, den Trost, samt der starken Kraft seines Heiligen Geistes, wünschen wir allen lieben Brüdern und Schwestern, und allen unsern Glaubensgenossen, sowie viele Weisheit, Geduld, einen tapferen Glauben, unbewegliche Hoffnung, wie auch den Panzer, Helm und Harnisch unseres Gottes, samt dem festen Siege und dem triumphierenden, zweischneidigen Schwerte des Geistes und der Kraft Gottes, durch das Blut des Lammes. Diesem hohen Gott und Herrscher, und seinem gebenedeiten Sohn sei Kraft, Stärke, Gewalt, Preis, Ehre und Herrlichkeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Ich begehre aus reinem Herzen mit dem Propheten Daniel, der in Babel gefangen war, aus reiner Liebe die Fenster meines Herzens gegen Jerusalem, die angenehme Stadt meines Gottes, zu öffnen, um sie einmal liebreich anzuschauen mit fröhlichem Herzen, und ihr ein fröhliches Angesicht aus reiner Liebe zu zeigen, um ihr die Augen der angenehmen Begierden zuzukehren, und ihr, aus reiner Liebe, einen liebreichen, fröhlichen und freudigen Anblick, und einen erfreulichen Schall zu geben; denn Jerusalem heißt so viel als ein Gesicht des Friedens. Diese geschmückte und angenehme Stadt Jerusalem hat der Engel Gottes dem Apostel Johannes gewiesen und gezeigt; im Geiste hat er sie in einem Gesichte gesehen, mit einem fröhlichen Herzen und bekannt, daß Jerusalem ein Angesicht des Friedens sei; darum kann man sie nur durch das Gesicht des Friedens anschauen; Johannes hat sie im Gesichte gesehen und mit dem Geiste der Wahrheit erkannt; darum kann sie auch jetzt niemandem anders als durch das Gesicht des Geistes und durch den Geist der Wahrheit bekannt werden. Diese Stadt hat die Herrlichkeit Gottes, ihre Straßen sind von lauterem Golde; hier ist der Strom des Lebens klar wie ein Kristall. In Summa, hier ist der angenehme Baum, der jeden Monat seine Früchte hervorbringt; seine Blätter dienen zur Gesundheit, denn es sind Früchte des Lebens. Diese Stadt hat hohe Mauern, zwölf Gründe und zwölf Tore, auch hat sie zwölf Wächter, die zwölf Posaunen oder Trompeten haben, deren liebliches Getön und angenehmer Klang meine Seele erfreut; dieses ist das fröhliche, liebliche und süße Getön, das Johannes erfreute, denn es war, als ob man auf Harfen spielte. Der Klang und das Getön von mancherlei, musikalischen Spielen in Babel war eine Veranlassung, daß die Babylonier niederfielen und das hohe Bild anbeteten; aber dieses Getön erfreut meine Seele mit der Freude des heiligen Geistes; diese Stadt ist viel herrlicher als alle Städte; denn Gott ist ihr Schöpfer und Baumeister; diese Stadt fährt vom Himmel herab, zubereitet als eine geschmückte Braut ihrem Manne, und ich hörte eine Stimme sagen: Sieh da, eine Hütte Gottes; denn Gott selbst wird mit ihnen sein und alle Tränen von ihren Augen abwaschen; seht, hier ist der geistige Salomo dieses geistigen Tabernakels oder Tempels; hier ist das geistige Meer, das von zwölf Rindern oder zwölf Ochsen getragen wird. In Summe: Hier ist alles geistig, hier sind, nach Petri Begehren, lauter lebendige Steine an diesem lebendigen oder geistigen Tempel oder Hause. Hier bringt man die goldenen Gefäße voll Rauchwerks zum Altare des Herrn; diese goldenen Rauchfässer voll Rauchwerks schüttet man aus vor dem Herrn, denn es sind die Gebete der Heiligen. Also werden alle Dinge im Geiste und in der Wahrheit erneuert, denn hier ist das geistige Paradies, welches von Gott selbst gepflanzt oder gegründet ist; hier isst man vom Baume des Lebens; hier ist der geistige Adam, von welchem der wirkliche ein Vorbild war, welchem Bilde alle Christen nachjagen, bis sie ihm in der Schwachheit gleich sind; denn sie müssen dem Bilde seines Sohnes gleich weiden; hier ist auch die geistige Eva und die Braut, die von diesem geistigen Manne durch den geistigen Schlaf hergekommen, und also Fleisch von seinem Fleische, und Bein von seinem Beine ist; hier hat auch Johannes die geistige Arche im Geiste und in der Wahrheit besehen; hier geht man geistiger Weise in die Arche Gottes durch die Taufe Jesu Christi ein, sodass man inwendig durch Feuer und den Heiligen Geist dazu angetrieben worden ist, und auswendig sind alle bösen fleischlichen Lüste mit demselben Wasser ertränkt und wir in seinem Tode getauft; denn gleichwie in der Sündflut alles Fleisch unterging, so muss nun auch durch die Taufe alle Lust des Fleisches untergehen, und außer der Arche sterben, was durch das Vorhergehende abgebildet worden ist. Da ist die geistige Taube, die den geistigen Ölzweig in die Arche des Herrn brachte; denn gleich wie die Taube in die Arche Noah einen Ölzweig in ihrem Mund brachte, zum Beweise, daß sich das Wasser der Sündflut verlief, so ist auch der Heilige Geist in Gestalt einer Taube auf Christum herabgefahren, zum Beweise, daß er Gottes Sohn sei, wie zum Johannes dem Täufer gesagt worden ist: Auf welchen du wirst sehen den Geist herabfahren, der ist es, und seiner zum Beweise, daß die Sündflut oder die Strafe gewichen, die Freude aber und fröhliche Botschaft angekommen sei.

Seht, das ist die geistige Taube, wie Esra sagt: Aus allen Vögeln hast du dir eine Taube erwählt; auch sagt Christus zu den Jüngern: Seid unschuldig wie die Tauben. Diese Tauben bringen denen den angenehmen Ölzweig (welcher Christus ist) die ihn mit Noah begehren und im Glauben aufnehmen. Mich verlangt noch einmal mit den Augen der Liebe und dem Angesichte des Friedens mein Herz und Gemüt mit Johannes nach dem herrlichen Weibe zu wenden, nach dem der Herr sie mir durch den Glauben und das Gesicht seines Wortes bewiesen und gezeigt hat; denn ihre Schönheit hat mich angezogen, und ihr Liebreiz hat mich entflammt, ich bin ihr zugeneigt; sie hat mit ihrem süßen Gesang mein Herz überwunden. Sie hat mich mit ihren angenehmen Augen gefangen; sie hat mich mit himmlischen Banden gebunden, denn ihr Band ist der Gürtel der Wahrheit, das Band des Friedens und der Liebe.

Durch sie habe ich meines Vaters Haus vergessen; wie angenehm und lieblich ist dieses Weib, wie herrlich sind ihre Kleider! Dieses Weib hat eine Krone von zwölf Sternen auf ihrem Haupte; sie ist auch mit der Sonne bekleidet, und der Mond ist unter ihren Füßen; auch werden ihr zwei Flügel gegeben, um dem Drachen zu entfliehen; dieses Weib ist geistig, darum müssen wir es auch mit geistigen Augen anschauen; alle Hoffärtigen und Ruhmredigen mögen ihre Schönheit nicht anschauen; sie ist mit der Sonne bekleidet, mit der klaren Sonne des Verstandes und der Wahrheit, sagt die Schrift.

Ich freue mich mit Johannes, denn er sagt: Lasst uns freuen und fröhlich sein, denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen und seine Braut hat sich bereitet. Und es ward ihr gegeben, sich mit glänzender weißer Seide zu kleiden; die Seide aber ist die Gerechtigkeit der Heiligen.

Wer nun dieses Weib hört, der gewinnt sie lieb, und wer seine Augen und sein Angesicht liebreich zu ihr wendet, und ihre Schönheit ansieht, der wird von ihrer Schönheit gefangen, denn sie ist die Königin des Sohnes des allerhöchsten Gottes. Dieses Weib schenkt von dem unverfälschten süßen Weine ein, der aus dem reinen Weinstocke kommt. Über dieses Weib, oder diese Stadt Jerusalem, will ich mich mit David erfreuen und sagen: Ich will lieber der Türe hüten in dem Hause meines Gottes, als lange wohnen in der Gottlosen Hütten. O Jerusalem! Du Stadt Gottes, herrliche Dinge werden in dir gepredigt, denn der Herr liebt die Pforten Zions über alle Wohnungen Jakobs. O Jerusalem! Du schönste, lieblichste und herrlichste Stadt, über alle königlichen Städte! O Jerusalem! Du liebliche Stadt, du Angesicht des Friedens, über dir ist der König des Friedens, der starke Gott; Herr ist sein Name; sieh, das ist das angenehme Gesicht meiner Augen, das ich zu dir kehre; das sind die Fenster der Freuden, daß ich dich anschaue. Noch einmal muss ich durch die Fenster der göttlichen Wahrheit deine Herrlichkeit anschauen; meine Augen und mein Angesicht sind so fest auf dich gerichtet, daß mir die Tränen über die Wangen laufen; ich kann meine Augen und mein Angesicht nicht von dir wenden; obschon die Winde mir ins Gesicht wehen, und die Augen voller Tränen fließen, so will ich gleichwohl mit dem schönen, angenehmen, reinen und weißen Schnupftuche, das mir meine Allerliebste geschenkt hat, meine Augen abtrocknen, damit ich sie mit desto mehr Klarheit anschauen möge. Sieh, so will ich denn nun mit dem lieben Propheten David meine Herzenslust zu dir wenden, und will dir meinen Herzenswunsch mitteilen und sagen: Jerusalem ist gebaut, daß es eine Stadt sei, wo man zusammenkommen soll, um dem Volke Israel zu predigen und dem Namen des Herrn zu danken, denn dort stehen die Stühle, die Gerichtsstühle des Hauses Davids. Wünscht Jerusalem Glück, es müsse denen wohlgehen, die dich lieben; es müsse Friede sein inwendig in dir, in deinen Mauern, und Glück in deinen Palästen. Um meiner Brüder und Freunde willen will ich dir das Beste wünschen. Friede sei mit euch allen. Bewahret euren Fuß, wenn ihr zum Hause des Herrn geht. Von diesem Hause leset Jes 2; Mi 4.

Wir arme Gefangene in dem Herrn und Gebundene Jesu Christi um des Zeugnisses unseres Gottes und der unwidersprechlichen Wahrheit unseres lieben Herrn und Heilandes Jesu Christi willen, auch mit abgesondert und ausgebannt um der Wahrheit und des Zeugnisses willen, welches wir fest halten, wünschen Heil, Freude, Wonne, Liebe, Trost und Kraft, samt der Gemeinschaft, Wirkung und Kraft des Heiligen Geistes allen unsern Brüdern und Schwestern, die um der wahren Erkenntnis Jesu Christi und der Furcht Gottes willen von den Stolzen verstoßen und unterdrückt sind, zum Beweise sowohl ihrer tiefen Blindheit und Vermessenheit, als auch eurer aller Geduld und reinen Furcht Gottes. Summa, zum Beweise, daß ihr durch Kraft unseres Gottes im Glauben bewahrt werdet, und daß das Wort unseres Gottes fest sei, daß euch nämlich die Pforten der höllischen Feinde nicht überwältigen werden. Der starke Gott mit seiner mächtigen Stärke und seinem Worte müsse fernerhin uns alle durch den überschwänglichen Reichtum seiner Gnade bewahren; ihm sei dafür Preis, Ehre, Glorie, Gewalt, Kraft und Stärke in der Herrlichkeit von Ewigkeit, zu Ewigkeit, Amen.

Aus reiner brüderlicher, unverfälschter Liebe und aus dem Innersten unserer Seele und der Tiefe unseres Herzens mit einem reinen Gewissen, an alle gebundenen, unterdrückten, beschwerten und geängstigten Seelen; an euch ist dies mein einfaches und schlechtes Schreiben aus reinem Herzen gerichtet, als ein Tröpflein vom Morgentau, welches herabtrieft zur Labung, Abkühlung, Trost und Erquickung eurer Herzen. Deshalb bitte ich euch alle, aus meinem ganzen Vermögen, ja, aus meinem innersten Herzensgründe, auch durch das Kreuz und Leiden unseres Herrn Jesu Christi, und durch seinen bittern Tod und sein teures Blut, das für uns alle vergossen ist, erkennt doch und begreift mit reinen, sauberen Augen, Ohren und Herzen. Ach, Brüder und Schwestern! Schaut doch fleißig an und seht mit Ernst, wovon euch des Herrn starke Kraft, sein Geist und Wort befreit und erlöst habe; des Herrn Hand hat euch mit Macht freigemacht, damit ihr nicht mit der schweren Finsternis und Blindheit gestraft werdet, worin viele gefallen sind. Auch hat euch Gott vor allen Plagen und Zauberkünsten in Ägypten wohl bewahrt, worüber jetzt so viele ihre erste Geburt verlieren.

Ach, Brüder und Schwestern! Seid darauf bedacht, weil eure Hoffnung auf den lebendigen Gott fest und gewiss ist; darum hat das verzehrende und verschlingende Feuer (das alles verschlingt) euch weder verschlingen, noch verzehren können, und obgleich man in den heißen Ofen zu Babel allen Zorn, alle Klugheit und List angewandt hat, ja, meine Freunde, obgleich die Löwen in Babel mit ihren Zähnen knirschen, so haben sie euch mit Daniel doch nicht verwundet, Gott sei ewig dafür gelobt. Darum, meine geliebten Brüder und Schwestern, die ich von ganzem Herzen liebe, die Kraft des Herrn hat euch vor diesen und andern Dingen bewahrt, denn durch seinen Sieg habt ihr das Feld erhalten, und werdet es fernerhin behalten, sodass ihr das Ende eures Glaubens zu eurer Seligkeit davonbringt, Amen.

Ich bitte euch alle mit ungefärbtem Glauben, tut doch einmal eure Herzen auf; bedenkt und beherzigt im Geiste und in der Wahrheit den Spruch des Propheten: Eure Brüder, die euch hassen und euch um meines Namens willen absondern, sprechen: Lasst sehen, wie herrlich der Herr sei; lasst ihn erscheinen zu eurer Freude; die sollen zu Schanden werden, spricht der Herr.

Feiner, an einem andern Orte, sagt der Prophet: Wir gesellen uns nicht zu den Spöttern, noch freuen wir uns mit ihnen, sondern bleiben allein vor deiner Hand, denn du zürnest sehr mit uns; auch seid mit aufmerksamem Herzen des Wortes des Propheten eingedenk: Ich will in dir (sagt der Herr) ein armes, geringes Volk erhalten, das auf des Herrn Namen trauen wird. Die Übergebliebenen in Israel werden keine Bosheit tun, noch Lügen reden; auch wird man in ihrem Munde keine betrügliche Zunge finden, sondern sie werden ohne alle Furcht weiden und ruhen.

Jauchze, du Tochter Zion, rufe, o Israel! Freue dich, und sei fröhlich von ganzem Herzen, du Tochter Jerusalem, denn der Herr hat deine Strafe hinweggenommen und deine Feinde abgewandt; der Herr, der König Israel, ist bei dir, sodass du dich vor keinem Unglücke fürchten darfst. Alsdann wird man zu Jerusalem sagen: Fürchte dich nicht, und zu Zion: Laß deine Hände nicht träge werden, denn der Herr, dein Gott, ist bei dir, ein starker Helfer; er wird sich über dich erfreuen und dir freundlich sein, und es dir vergeben, und wird über dir mit Schall fröhlich sein.

Diejenigen, die durch Aussätze geplagt waren, will ich hinweg nehmen, daß sie von euch kommen, welche Aussätze ihnen zur Last waren, darüber sie verschmäht wurden: Seht, ich will mit all denselben ein Ende machen zur selben Zeit, die euch plagen.

Auch sagt der Prophet Hesekiel: Darum, daß ihr das Herz der Gerechten fälschlich betrübt, die ich nicht betrübet habe, und die Hände der Gottlosen gestärkt habt, daß sie sich von ihren bösen Wegen nicht bekehren, damit sie lebendig bleiben möchten.

Seht, meine werten und auserwählten Brüder und Schwestern, an solchen und dergleichen Sprüchen habt ihr Trost und Freude, welche Freude und Wonne ihr darin mit den Betrübten in Israel finden könnt; darum kommen euch diese Sprüche zu; es ist in rechter Gottesfurcht geschehen, denn mit einem geängstigten Gewissen haben wir ihr (Gott sei gelobt) abgesagt, nach dem Worte des Propheten und der Lehre des Apostels. Ja, ich bezeuge vor dem Herrn, vor seinen Engeln und Heerscharen, daß mich verlangt, durch des Herrn Hilfe und Gnade, dies mit meinem Fleische, Blute und Tode zu bezeugen, und daß ich von ganzem Herzen dazu bereit stehe. Dieses ist der feste Grund der Wahrheit, fest und unwidersprechlich; ich zweifle nicht daran, daß sie Unrecht, wir aber durch Gottes Gnade Recht haben. Darum warte ich darauf mit Verlangen, ihr Unrecht mit fröhlichem Gemüte bis in den Tod zu bezeugen, und meinen Glauben nebst meiner geringen Gabe zu befestigen. Der Herr wolle mich und meine Mitgefangenen stärken, aber wir müssen zuvor den bittern Kelch mit Furcht und Beten trinken. Möchten wir ihn nur schmecken, denn ich habe mich dem hingegeben, der zuerst für mich dahingegeben worden ist. Deshalb bitte ich noch um die Gemeinschaft und Einigkeit des Geistes willen, daß doch jeder die Bruderschaft liebe. Ach, Brüder und Schwestern in einem reinen Heizen und treuer Liebe, habt doch darauf Achtung, denn wir sind alle mit einem Geiste getränkt und zu einem Leibe getauft; darum befleißige sich jeder, einer dem andern in der Liebe zu dienen; haltet euch fest an den Leib Christi, bleibt bei euren Gliedern; trennt und sondert euch nicht ab von ihnen. Ein jeder achte den andern höher als sich selbst; dann könnt ihr getrost und im Frieden beieinander bleiben, das gebe euch und uns der allmächtige Gott, Amen.

Drittens bitte ich durch die Kraft des Geistes und durch den Überwinder Jesum Christum, ja, ich bitte euch durch die Liebe des Vaters zu uns, denn voll Freude, Geist und Wonne ist das Wort; gleichwie mich mein himmlischer Vater liebt, ebenso liebe ich euch; bleibt in meiner Liebe. Ach, Brüder und Freunde, gebt darauf Achtung, die Liebe soll, nach dem Vorbilde Christi, fest und gewiss sein, denn darin hat sich die Liebe an uns offenbart, bekannt gemacht und erwiesen, ja, darin steht die Liebe fest, welche sein Sohn durch seinen Tod, durch sein Blut und Bekenntnis bezeugt hat. Ach, meine geliebtesten Freunde! Dieses ist, wie Johannes schreibt, die rechte Messschnur. Denkt demselben nach mit Aufmerksamkeit des Herzens.

Viertens bitte ich ferner E. L„ überlegt es mit gründlichem Herzen, prüft und durchforscht euch selbst, auswendig und inwendig, nach dem Worte Gottes mit lebendigen und nüchternen Sinnen, bestraft euch selbst damit, folgt ihm nach, und haltet es fest. Ach, haltet euch fest an das Wort Gottes, dann werdet ihr nimmermehr betrogen!

Fünftens bitte ich meine Brüder und Schwestern, der ich euch von ganzem Herzen liebe; wollt ihr eure Seelen erhalten, so nehmt die Warnung des Heiligen Geistes an, daß in den neuesten Zeiten viele vom Glauben abfallen und den verführerischen Geistern anhängen werden. Ach, Brüder und außerwählte Schwestern! Überlegt es und lernt die Geister kennen, die, die nur Lügenredner sind. Ach, prüft die Geister mit Fleiß durch den Glauben und der Erkenntnis des Wortes Gottes; macht einen Unterschied zwischen den guten und bösen Gewissen der Menschen! Ach, erkennt mit Fleiß, und lernt diejenigen kennen, welche zerrüttete Sinne und einen Schein eines gottseligen Lebens haben, aber die Kraft des Geistes verleugnen. Diese Punkte und mehrere andere haltet nicht verächtlich, und lasst sie niemals aus eurem Herzen weichen, sondern haltet sie fest nach dem Worte Gottes; prüft alle Geister und wägt sie darnach ab, dann werdet ihr erkennen, in welcher Form und Gestalt sie stehen. Ach, Brüder! Hütet euch durch die reine Furcht Gottes, hütet euch allenthalben, daß niemand seinen Verstand oder sein Gewissen zu einem Haupte aufwerfe, und wieder ins Wilde laufe, sondern lasst Herz und Gewissen wachsen und zunehmen, nach dem Worte Gottes. Lasst euren Verstand von der unverfälschten Milch und vom Weine aus dem reinen Weinstocke Christo sein; erquickt eure Herzen mit den quellenden Wassern. Haltet euch fest an die Quelle und den Stein bis in den Tod.

Endlich bitte ich eure Liebe nochmals durch das Schreien Jesu Christi und das Weinen des Apostels Paulus, und die vielen Tränen des Propheten Jeremia, ihr wollet doch mit Fleiß und Ernst darauf bedacht sein, und mit einem lebendig wirkenden Glauben nachdenken, daß ihr euch fest haltet an den festen und unbeweglichen Grund in Zion, und davon nicht abweicht. Meine Brüder, wir erwarten mit Sehnsucht unsern Abschied von hier, darum helft uns für den Glauben streiten und denselben bis in den Tod verteidigen; wir hoffen durch seine Kraft, starke Gnade, Hilfe und Trost euch voranzugehen, wenn es sein göttlicher Wille ist. Unsere Leiber haben wir dem übergeben, der unsere Seelen mit seinem teuren Blute erkauft hat.

So wollen wir denn, meine lieben Brüder und Schwestern, euch hiermit gute Nacht sagen, und für dieses Mal Abschied von euch nehmen; wenn es des Herrn Wille wäre, so wollte ich wohl von Herzen, daß es unser ewiger Abschied bis ins ewige Leben sein möchte; es geschehe an uns sein göttlicher Wille.

Wir lassen alle Brüder und Schwestern, die uns im Glauben lieb haben, insbesondere die Vertriebenen, grüßen, aus reiner brüderlicher und unverfälschter, heilsamer Liebe, durch die starke Kraft, durch das Wort und den Frieden unseres lieben Herrn Jesu Christi bis in seine ewige Glorie und Herrlichkeit, Amen.

Ferner bitte ich, ihr wollet uns arme, elende und schwache Glieder nicht vergessen; haltet unser Schreiben zu gut; es ist aus Liebe geschehen; wir hätten mehr geschrieben, aber es ist jetzt nicht mehr nötig; auch kann es uns bald benommen werden, denn wir sind mit einer Kette wie Pferde aneinander geschlossen; wir erwarten Nachricht von dem Statthalter, wie der Amtmann mit uns verfahren soll.

Der Geist des Friedens, Liebe, Freude, Friede, Trost und Gnade sei über alle Gottesfürchtigen; insbesondere wünschen wir den Vertriebenen viel Gutes, die, um des Zeugnisses der Wahrheit willen, durch ihren Glauben den Gottlosen überwunden haben und noch überwinden in Christo. Der Geist des Friedens sei mit eurem Geiste, Amen.

Geschrieben den 15. Tag unserer Gefangenschaft; ich hoffe, daß wir, durch Gottes Gnade, mit einer starken Kette der Liebe gebunden seien; die Liebe bleibe fest bis in den Tod. Von mir, Thys Jeuriaenß.

Ich bitte euch alle, meine Brüder, Schwestern und dich, als ein Gefangener in dem Herrn, durch die Barmherzigkeit Gottes und die Zukunft unseres Herrn Jesu Christi, und durch unsere Versammlung zu ihm, daß ihr euch nicht erschrecken lasst, weder durch Geist, noch durch Wort, noch durch Brief, als von uns gesandt. Dieses ist des Paulus treue Warnung an seine Freunde.