Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.356

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2.356  Ein Testament der Maeyken Boosers an ihre Kinder.

Ein herzlicher und zugeneigter Gruß sei an euch geschrieben, meine herzlich geliebten Kinder; hört doch eure Mutter, die nun um der rechten Wahrheit willen in Banden ist; denn es hat Gott so gefallen, daß alle, die gottselig leben wollen, Verfolgung leiden müssen. Darum bin ich getrost und wohl zufrieden, daß der Knecht seinem Herrn nachfolgt. Sein gesegneter Wille müsse an mir geschehen; hätte es ihm gefallen, er hätte mich vor diesen Banden wohl bewahren können. Meine lieben Kinder, es ist von Anfang her so gewesen, daß die Gerechten haben leiden müssen, und daß die Ungerechten allezeit die Oberhand gehabt; aber es wird ihr Tag bald kommen, wo sie klagen und vor Elend rufen werden: Ihr Berge, fallt über uns, und ihr Hügel bedeckt uns vor dem Angesichte des Herrn. Ach wehe!, wenn die Gerechten wie die Sonne scheinen werden, dann werden die Gottlosen ins ewige Feuer gehen. Ach, geliebte Kinder, forscht in der Schrift; richtet euch darnach, daß ihr das angenehme Wort vernehmen mögt. Kommt, ihr Gesegneten, ererbt das Reich meines Vaters. Bittet den Herrn um Weisheit, und lernt Gott fürchten, so erlangt ihr rechten Verstand, und stellt euch nicht der Welt gleich, in Hoffart, im Tanzen, im Springen und eitlem Geschwätze, sondern stellt in eurem Wandel ein gottseliges Leben dar; schmückt euch mit den heiligen Weibern, schafft euch die Schrift an und lebt darnach, damit eure Seelen selig werden, und wir nach dieser Zeit zusammenkommen mögen. Der allmächtige Gott, der König aller Könige, verleihe euch seine Gnade nach dem Reichtum seiner Güte, stark zu werden an dem inwendigen Menschen, und gebe euch Christum zu wohnen in euren Herzen, welcher euch in alle Wahrheit leiten wolle. Ich bitte euch, meine lieben Kinder, seid doch untereinander friedsam, das ist eine Frucht des Geistes; helft einander gerne, ohne irgendeinen Widerspruch, und seid allezeit der Armen eingedenk; seid freigebig in allem, was ihr habt; macht euch Freunde mit dem ungerechten Mammon; liebt das, was ewig ist, und nicht was zeitlich ist; sucht, was himmlisch und nicht was irdisch ist, denn alles Fleisch ist wie Gras, und die Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume, welches heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird; die Herrlichkeit des Menschen vergeht, aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Liebt die Welt nicht, noch die Dinge, die darinnen sind, nämlich Augenlust und Hoffart des Lebens, welche nicht von Gott, sondern von der Welt sind, die Welt aber wird vergehen mit allem, was darinnen ist; wer aber den Willen des Vaters tut, bleibt in Ewigkeit.

Meine Kinder, tut nach des Herrn Willen, ich, eure Mutter, hoffe, euch den Weg vorzugehen; merkt aber darauf, worin und wie ich vorgehe; seht doch nicht auf die Ehre der Welt, sondern achtet es für eine Ehre, um des Namens unsers Gottes willen zu leiden; denn er, welcher der oberste König war, hat sich nicht geschämt, seine Herrlichkeit zu verlassen, ist in die Welt gekommen, und hat den allerschmählichsten Tod für uns erlitten, ist auch unschuldig geschlagen und misshandelt worden, daß auch nichts Ganzes an seinem gesegneten Leibe war; so lieb hatte er uns, womit er uns ein Beispiel hinterlassen hat, daß wir seinen Fußstapfen nachfolgen sollten. Er ist das Licht, welches in die Welt gekommen ist, damit alle, die ihm nachfolgen, nicht in der Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben möchten; der Herr gebe, daß euch dasselbe Licht auch umscheinen möge, und daß ihr darin wandeln mögt, Amen.