Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.271

Zum Inhaltsverzeichnis

2.271  Der zweite Brief von Joris Wippe, geschrieben an sein Weib, als die von Dortrecht ihn im Haag gefangen gelegt hatten.

Die ewige Freude, Gnade und Friede von Gott, unserem himmlischen Vater, durch Jesum Christum, unsern Herrn und Seligmacher, und die Freude des Heiligen Geistes wünsche ich dir in dein Herz und Gewissen, mein herzlich geliebtes und gutes Weib und Schwester in dem Herrn, zum herzlichen Gruße in dem Herrn, samt allen deinen lieben Kindern, die uns Gott gegeben hat; demselben sei Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Meine herzliebes und sehr geliebtes Weib und Schwester in dem Herrn, ich grüße dich mit solchem Liebesherzen in dem Herrn mit dem Gruße Christi, auch alle meine lieben, gehorsamen Kinder, welche uns der heilige Herr miteinander gegeben hat, zum Lob und Preis seines Vaters; mein herzliches, eheliches, liebes Weib im Herrn, ich berichte dir abermals mit Freuden, daß mein Gemüt, mein Herz und meine Seele noch auf den lebendigen Gott und Vater gerichtet sei durch Jesum Christum, seinen werten und geliebten Sohn, unsern Seligmacher; ich hoffe durch seine väterliche Liebe, die er an mir armem, unnützen Knechte beweist, und durch seine große Barmherzigkeit, von ihm und seinem heiligen Worte mich nicht zu scheiden, denn sein Wort ist die Wahrheit und sein Gebot das ewige Leben. Er ist uns vorgegangen in so vielem Drange und Jammer, wir müssen seinen Fußstapfen nachfolgen, denn der Knecht ist nicht über seinem Herrn; er hat uns ja so liebreich ermahnt: Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen; haben sie mich in den Bann getan, so werden sie euch auch in den Bann tun; und und das alles werden sie euch tun, weil sie weder mich noch meinen Vater erkannt haben.

Darum, mein herzliebes und in Gott geliebtes Weib, gib dich zufrieden, und setze dein Herz und deine Hoffnung ganz auf den lebendigen Gott; er wird dich mit allen deinen Waisen keine bedrängte Witwe sein lassen, denn seine Augen sehen auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Gebet, und er wird der Witwen und Waisen Sache wohl aufhelfen.

So halte nun, mein herzliebes Weib, den allmächtigen Gott für deinen Schutz, und fasse in dein Herz ein männliches Gemüt, wie die makkabäische Mutter mit ihren sieben Söhnen; und bitte den heiligen Herrn um Weisheit und Verstand; halte auch an in all deinem Anliegen bei Gott mit Bitten und Flehen im Geiste, daß du alle unsere Ölzweige zu seiner Ehre und Verherrlichung seines heiligen Namens auferziehen mögest, damit es nicht von deinen Händen gefordert werde. Bisher hast du dein Bestes getan mit Ermahnen und Züchtigen; erhalte sie darin durch des Herrn Hilfe und sei allezeit den Ältesten der Gemeinde untertan; denn sie wachen über eure Seele, damit sie dies mit Freuden tun mögen, und wenn du einen Rat oder Hilfe in irgendeiner Sache nötig hast, so halte mit den Ältesten Rat, wie wir bisher getan haben; sei gastfrei und vergiss das Mitteilen nicht, denke oft an die arme bedrängte Witwe, die nur zwei Scherflein in den Schatzkasten legte; wahrlich, sagte Christus, sie hat mehr eingelegt, als sie alle; damit du als eine rechte Witwe vor dem Herrn erfunden werden mögest, die der Heiligen Füße gewaschen und den Trübseligen Handreichung getan hat, die da Kinder in der Furcht Gottes aufgezogen hat und allen guten Werken in der Furcht Gottes nachgekommen ist; bitte den Herrn fleißig, daß er dich mit seinem göttlichen Geiste regieren wolle, denn er ist der wahrhafte Tröster aller Kinder Gottes; damit du deinen Witwenstand, solange es ihm gefällt, zu seinem Preis und seiner Ehre führen mögest. Ich danke dir sehr herzlich für deine Liebe, die du durch deine angenehme Ermahnung, die du mir zugesandt, an mir erwiesen hast; ich habe zu dem heiligen Herrn auch ernstlich für dich gebetet, und hoffe es für dich zu tun, solange ich in diesem zeitlichen Leben bin; sei meiner auch eingedenk in deinem Gebete, bis ich diesen sterblichen Rock abgelegt haben werde.

Hiermit befehle ich euch dem allmächtigen Gott und dem Worte seiner Gnade und mache nun den ewigen Abschied bis in die Auferstehung der Gerechten; dann werden wir, hoffe ich, in einen Schafstall versammelt werden, dann werden wir die erfreuliche Stimme unseres Bräutigams hören: Kommt, ihr Gesegneten meines Vaters und besitzt das Reich, das euch vom Anfang der Welt her bereitet worden ist. Selig und heilig ist derjenige, der Teil hat an der ersten Auferstehung, denn über denselben soll der zweite Tod keine Gewalt haben, sondern wir werden Priester Gottes und Christi sein, und mit ihm tausend Jahre regieren, denn Christus ist die Auferstehung und das Leben, und sollen wir die Stimme hören, so müssen wir seiner teilhaftig sein.

Grüße mir die Freunde sehr im Herrn, insbesondere die von Meene und Claes Moykaert und Janneken, sein Weib; grüße mir auch Victor Maertens, ich habe ihn in Dortrecht wohl gesehen, als ich in der Löwengrube lag. Grüße mir alle, die den Herrn fürchten, und ermahne sie, daß sie fleißig seien, damit wir im neuen Jerusalem alle zusammenkommen mögen. Der Herr des Friedens sei mit dir. Grüße deine Schwester sehr von mir und alle diejenigen, die bei ihr sind.

Geschrieben von mir, Joris Wippe, deinem Manne und Bruder in dem Herrn, der im Haag in Holland in Banden liegt.