Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.145

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2.145  Jakobus Dosie zu Leeuwaarden.

Auch ist es geschehen, dass zu einer gewissen Zeit, von welcher wir keine bestimmte Nachricht haben finden können, ein Jüngling, namens Jakobus Dosie, von welchem berichtet wird, dass er ungefähr 15 Jahre alt gewesen, zu Leeuwaarden in Friesland um der Wahrheit des heiligen Evangeliums willen in Verhaft genommen worden sei; der wundertätige Gott aber hat durch den Heiligen Geist seine Kraft an diesem Jünglinge bewiesen, und aus dem Munde dieses jungen Kindes sich sein Lob zubereitet; denn als zu einer gewissen Zeit der Herr und die Frau von Friesland mit vielen Herren und Edelfrauen zu Leeuwaarden versammelt waren, so haben sie diesen gemeldeten Jakobus vor sich rufen lassen, haben mit ihm geredet und ihn untersucht, ob er mit irgendeiner Ketzerei besudelt wäre; aber der getreue Gott hat ihm nach seiner Verheißung solche Sprache und Weisheit gegeben, welcher sie nicht widerstehen, noch sie dämpfen konnten. Nach wenigen Worten ist der Herr von Friesland seines Wegs gegangen (weil das Volk auf ihn wartete), die Frau von Friesland aber ist durch ihn, wie es scheint, bewegt worden, hat mit ihm geredet, und ihn gefragt, warum er in seinen jungen Jahren so hart gefangen und gebunden sei. Jakobus antwortete: Dieses ist allein darum geschehen, weil ich an Christum glaube, Ihm allein anhange und Ihn nicht verleugne. Die Frau fragte ihn: Gehörst du nicht zu dem Volke, welches sich wiedertaufen lässt und in unserm Lande so viel Übels tut, Aufruhr erweckt, zusammenläuft und sagt, dass es um des Glaubens willen vertrieben sei, welches sich selbst rühmt, die Gemeinde Gottes zu sein, und doch ein arger Haufe ist, der unter dem Volke großen Aufruhr macht? Jakobus: Meine Frau, ich kenne keinen von diesem aufrührischen Volke, auch gehöre ich solchem nicht zu, sondern wir wollen vielmehr, nach Unterweisung der Schrift, unsern Feinden behilflich sein und dieselben, wenn sie hungrig und durstig sind, mit Speise und Trank sättigen, auch dieselben keineswegs mit Rache oder Gewalt beleidigen. Eine andere sprach: Hättet ihr nur die Gewalt, man würde es wohl sehen. Jakobus sprach: Ach nein, meine Frau, glaube mir, wäre es unter uns erlaubt, den Bösen mit dem Schwerte zu widerstehen, so sollst du wissen, dass mich keine sieben Männer hätten hierher bringen mögen, und dass ihr mich nicht in eure Hände gebracht haben solltet; denn hierzu sollte sich noch wohl Gewalt gefunden haben. Die Frau: Ich weiß, dass dergleichen Sekten sind, welche sehr boshaft sind, das Volk verführen, auch ihre Güter und ihre Weiber gemeinschaftlich haben. Jakobus: Ach nein, meine Frau, solche böse Dinge werden uns ohne unsere Schuld beigelegt, und daraus sucht man Veranlassung zu nehmen, uns zu verfolgen; aber wir müssen solches alles leiden und mit Geduld ertragen. Die Frau: Waren es nicht eure Leute, welche zu Amsterdam und Münster, zur großen Schande und Unehre, das Schwert gegen die Obrigkeit ergriffen haben? Jakobus: Ach nein, meine Frau, denn jene haben sehr geirrt, wir aber halten solches für eine teuflische Lehre, wenn man sich der Obrigkeit mit dem äußerlichen Schwerte und mit Gewalt zu widersetzen sucht, und wollen lieber von derselben Verfolgung und den Tod, mit allem, was uns auferlegt wird, ertragen. Die Frau: Gleichwohl wird solches euch zugeschrieben, und diejenigen, welche Aufruhr erwecken, tun sehr übel; wiewohl ich das, was du hierüber sagst, gern glaube. Jakobus: Meine Frau, findet man nicht viele dergleichen Nachrichten, wie die bösen Menschen selbst von den Aposteln und der ganzen Christenschar übel geredet und die Obrigkeit mit vielen bösen Dingen zur Rache gegen sie zu bewegen gesucht haben, und gleichwohl nur alles erlogen. Die Frau: Glaubst du denn nicht, dass sie alle verdammt sind, welche nicht auf eure Weise getauft sind? Jakobus: Ach nein, meine Frau; denn es kommt Gott allein zu, sie zu richten; Er wird auch einem jeden nach seinen Werken lohnen, wie solches in vielen Stellen der Schrift deutlich zu ersehen ist; auch ist das Wasser nicht kräftig genug, uns von Sünden zu reinigen, gleichwie Petrus sagt, sondern es ist allein ein Zeichen allen Gehorsams. Die Frau: Sage mir, könnt ihr auch noch sündigen, nachdem ihr getauft seid? Jakobus: Ja, meine Frau, denn solches ist deutlich aus Paulus Worten zu ersehen, indem wir noch mit einem schwachen, sündhaften Leibe umgeben sind und auf mancherlei Weise sündigen; aber wir müssen denselben beständig kreuzigen und töten, und die Werke des Fleisches nicht ausüben oder vollbringen, sonst verdammt uns die Gerechtigkeit Gottes zum ewige Tode. Die Frau: Worin bist du denn nicht einig mit dem Ketzermeister? Laß es mich einmal hören. Jakobus: Meine Frau, weil ich seiner Lehre nicht beistimmen will, es sei denn, dass er mir deutlich beweise, dass dieselbe mit Gottes Wort in allen Stücken wohl übereinstimme, sonst wird seine Arbeit verloren sein, denn mein Glaube ist allein auf das reine Wort Gottes gegründet; was aber den Gebrauch der Kindertaufe betrifft, so widersprechen wir derselben mit Grund, weil es kein Befehl des allmächtigen Gottes, sondern nur eine menschliche Erfindung ist, indem die jungen Kinder von den Umständen der Taufe, und was darin erfordert wird, keine Erkenntnis haben, noch den Unterschied wissen, sondern Christus, welcher diesen Unschuldigen günstig gewesen ist, hat ihnen, ohne dass sie es selbst begehrten, das Reich Gottes aus Gnaden zugesagt. Meine Frau, ich finde, dass außerdem das Papsttum mit vielen Irrtümern behaftet ist, denn ihre Meinung ist auch, dass Christus in das Brot komme, oder dass Er dasselbe in sein Fleisch und Blut verwandele, was wir keineswegs glauben, sondern für einen groben Irrtum und Unverstand halten. Wir glauben dagegen, dass Christus wahrhaftig gen Himmel aufgefahren sei und zur Rechten seines Vaters sitze, also glauben wir nicht, halten auch nicht dafür, dass irgendeine Seligkeit in ihrem Mehle, in ihrer Messe, in dem Fegfeuer oder allem ihrem Totendienste, und was dergleichen Menschengedichte mehr sind, enthalten sei, deren es sehr viele gibt, die alle in der Heiligen Schrift nicht bekannt sind, sondern von derselben ausgeschlossen werden. Im Gegenteile rufen wir Gott allein an und suchen unsere Seligkeit in Ihm und nicht in irgendeiner Kreatur, damit wir Gott diese Ehre, die ihm gebührt, nicht rauben, und dieselbe irgendeiner seiner Kreaturen oder Geschöpfe geben.

Als er zu dem Vorsteher der Klöster kam, hat dieser ihm gesagt: Willst du denn nicht an das Sakrament glauben, welches doch Christus selbst eingesetzt hat? Jakobus: Paulus sagt, dass das Brot zu seinem Gedächtnisse gebrochen werde, und der gesegnete Kelch die Gemeinschaft des Blutes Christi sei. Damit hat er seine Reden geendigt.

Die Frau: Das halte ich an dir für das Ärgste, dass du nicht zugestehen willst, dass man die Kinder taufen soll, denn ganz Deutschland und alle Königreiche halten euer Tun für Ketzerei. Jakobus: Meine Frau! Solches ist ja die Wahrheit, dass wir überall verachtet sind und uns (gleichwie der apostolischen Schar) von aller Welt widersprochen wird, aber denket nicht, dass um deswillen alle solche am jüngsten Tage verdammt werden. Die Frau: Mein liebes Kind, ich bitte dich, tritt doch auf unsere Seite und bekehre dich, so wirst du dieser Last entledigt, und ich verheiße dir, dich wieder auf freien Fuß zu stellen. Jakobus: Meine Frau, ich bin sehr dankbar, dass du solche Gunst und Gewogenheit für mich hegst, aber ich will meinen Glauben nicht mit der Gunst eines sterblichen Menschen vertauschen, oder man müsste mir mit der Schrift beweisen, dass ich irrte, denn ich habe mich Gott (um sein Freund zu sein) ganz übergeben, worin ich zu leben und zu sterben hoffe. Die Frau: Mein Sohn, sieh einmal alle diese Menschen an, es jammert mich deiner und ich bitte dich sehr, laß dich doch deine Taufe gereuen und verharre nicht in deiner Verstocktheit. Solltest du (als ein so junges Kind) um deswillen sterben, so würde solches mir in meinem Heizen ein schweres Kreuz sein; darum sorge, dass du wieder frei werdest und nach Hause ziehest. Jakobus: Meine Frau, ich kann nicht finden, dass in meiner Taufe eine Missetat liege, denn ich bin hierin nicht meiner eigenen, sondern der heiligen Einsetzung Jesu Christo nachgefolgt, und hätte ich einen andern und bessern Weg zum Reiche Gottes finden können, so wäre solches nicht geschehen, denn ich war von ganzem Herzen geneigt, den Herrn, meinen Gott, zu suchen. Die Frau: Sollten sie denn alle irren, so viel gelehrte Männer, die vor dir gewesen sind, solltest du wohl so vermessen sein dürfen? Jakobus: Meine Frau, in Israel waren 400 Propheten gegen den einzigen Micha, welcher allein die Wahrheit geredet hat, und bei Wasser und Brot gefangen gesetzt war, aber solches hat der König Ahab, wiewohl zu spät, in seiner Not erfahren. Die Frau hat endlich gesprochen: Ich finde zwar bei dir viele gute Dinge, aber ich halte dafür, dass dein Hauptirrtum in der Taufe bestehe, und solches ist meiner Meinung nach nicht von Gott.

Auf solche Weise hat sie ihn oft zu sich kommen lassen; weil aber derselbe, der zwar jung an Jahren aber alt in der Bekenntnis Jesu Christi war, seinen Bau auf den Stein Jesum Christum gegründet hatte, so hat er alle listigen Anschläge des Satans (welche ihm von dem Reiche dieser Welt durch Strafe, Bedrohungen oder schöne Verheißungen widerfahren sind) mit dem Schwerte des Geistes, welches Gottes Wort ist, tapfer abgewiesen. Als er nun Christus keineswegs verleugnen wollte, so ist er von den Herren der Finsternis vom Leben zum Tode verurteilt worden, und hat also den ungefärbten Glauben an die Wahrheit mit seinem Tode und Blute bezeugt und versiegelt, und also die Krone der ewigen Herrlichkeit aus Gnaden erlangt.

Siehe hiervon ein Liedlein in der goldenen Harfe, welches anfängt: Zu Leeuwaarden auf einen Tag.