Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 3.25

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3.25  Vier Schwestern, nämlich Barbara Mehlin, Ottilia Müllerin, Barbara Kolbin und Elisabeth Meylin, im Jahre 1639.

Die Verfolgung aber war damit noch nicht zu Ende, sondern man fuhr fort und legte auch die Hände an vier fromme Schwestern, Barbara Meylin, Ottilia Müllerin, Barbara Kolbin und Elisabeth Meylin, die auch mit aus dem bitteren Kelch der ängstlichen Gefangenschaft zu Zürich trinken mussten; aber der Herr hat sie bewahrt, sodass sie, ungekränkt in ihrem Glauben, unvermutet und ohne der Obrigkeit Wissen aus dem Gefängnis und Banden entkommen sind. Siehe das letztgenannte Buch, Blatt 10, A.

Wir haben auf das Jahr 1633 von einem Hans Müller gemeldet, welcher, als er mit zweien seiner Mitbrüder auf dem Rathaus zu Zürich gefangen saß, auf einen Monat mit Bedingung losgelassen, hernach aber nochmals gefangen genommen und mit derselben Bedingung abermals von den Banden befreit wurde.

Dieser wurde nachher – um das Jahr 1639, wie die Umstände ausweisen – abermals grausam verfolgt; wie denn selbst seine Nachbarn und ihre Häuser nicht verschont wurden; denn die Büttel liefen durch dieselben wie rasende Wölfe, die einem Schaf nachspüren, aber als sie an sein eigenes Haus kamen – aus dem er schon entflohen war – brachen sie mit Beißzangen und anderem Werkzeug Kisten und Kasten auf, in der Hoffnung, dass sie der Gemeinde oder der Armen Vorrat daselbst finden würden.

Seinen kleinen Kindern drohten die Büttel in der Nacht mit bloßen Schwertern, daß sie sie umbringen wollten, wenn sie nicht sagen würden, wo ihr Vater wäre.

Als sie nun seiner nicht habhaft werden konnten, nahmen sie seine Hausfrau mit, die sie in Othenbach gefänglich einsetzten. Hernach wurde in der Kirche ausgerufen, daß niemand Hans Müller, aus dem Amt Gröningen, beherbergen oder ins Haus nehmen, und ihm weder Speise noch Trank geben sollte bei hoher Strafe und Ungnade der Obrigkeit.

Als ihm nun das Leben sauer genug gemacht wurde, so hat der Amtmann im Kloster Ruti im Namen der Bürgermeister und des Rates zu Zürich einen Brief an ihn gesandt, des Inhaltes, daß er drei Wochen lang ein sicheres und freies Geleit haben sollte, um zu stehen und zu gehen, wohin er wollte; auch daß er ohne Gefahr zu ihm ins Kloster kommen und, wenn das vorgenommene Gespräch vollbracht, wieder frei und ohne Gefahr hinweg gehen möchte.

Hierauf hat er sich gutwillig, in einem sichern Vertrauen auf vorgemeldete Zusage, ins Kloster begeben; aber weil er in die Vorstellung des Amtmannes, nämlich in die Kirche zu gehen, nicht willigen konnte, so wurde er daselbst festgeschlossen, Tag und Nacht verwahrt und nachher nach Zürich geführt, wo er eine Zeit lang auf dem Rathaus und nachher in Othenbach gefangen saß, welches der Ort war, wo auch seine Hausfrau gefangen lag. Daselbst wurde er ausgezogen, sechzig Wochen lang gefangen gehalten, in welcher Zeit er sechzehn Wochen lang in Eisen geschlagen war, bis er endlich mit den andern Gefangenen, auf einen Freitag vor Ostern, unvermutet los kam.

Darnach wurde er abermals mit unsinniger Raserei aufgesucht, wie zuvor, und von einem Platz zum andern vertrieben, sodass er sich mit seinem Weib in seinem Haus nicht aufhalten durfte.

Unterdessen trug es sich zu, daß seine Hausfrau mit Zwillingen niederkam, und wurde, als sie kaum elf Tage im Kindbett gelegen hatte, von zehn Bütteln überfallen, welche, nachdem sie Nachts das Haus umringt hatten, mit den Bedrohungen hinein kamen, daß, wenn sie nicht sagen wollte, wo ihr Mann wäre, sie innerhalb sechs Wochen nicht aus ihrem Haus gehen sollte, oder sie müsste in die Kirche gehen; als sie nun solches nicht tun wollte, sind zwei von den Zehn daselbst geblieben, welche ihrer Tag und Nacht wahrnahmen.

Hierdurch wurde diese Frau in solchen Schrecken versetzt – denn sie sah, worauf es gemünzt war – daß sie in einer Nacht, bei großer Kälte, mit ihren zwei säugenden Kindern ausgebrochen und einen weiten, ungebahnten Weg über Berg und Tal gegangen ist. Also ist sie den Händen der Feinde entgangen, und hat alles verlassen, was sie hatte, welches die Obrigkeit Fremden ausgeliehen und davon jährlich tausend Gulden Renten erhoben hat. Siehe Jer. Mang. Buch, Blatt 13, A.