Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.604

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2.604  Ein Brief von Jakob von dem Wege, geschrieben an sein Weib, als er zuerst zu Gent in dem Hause zur Luft, am Ende der Müllerstraße, gefangen lag.

Ach meine Geliebteste unter der Sonne, mit meinen drei Kindern, welche mir das Herz so abmatten, daß ich kaum weiß, was ich an mir selbst habe, denn wenn ich euch beherzige, liege ich sehr beängstigt in der Trübsalskelter, sodass mir die Tränen aus den Augen fließen und ich meinen großen Kummer kaum stillen kann.

Ach, mein Weib mit meinen drei Schafen, die ich lieb habe, wie stark ist die Liebe, wie werde ich euch einen Scheidebrief schreiben können, denn die Wasser der Trübsal erfüllen mir meine Augen, und das wegen meiner Krankheit, meines Elendes und meiner großen Schwachheit. Ach mein liebes Weib, ich bekenne hier vor dir und vor allen, die dieses lesen, daß ich hier gar zu schwach und elend geschrieben habe; gleichwohl hat mich die große und tiefe ängstliche Trübsal, die aus der starken Liebe zu euch Vieren entsteht, dazu gezwungen, aber ich hoffe, du werdest es mir, der Wahrheit zum Besten, abnehmen. So höre denn, mein liebes Weib, die Antwort auf dasjenige, um was du mich hast fragen lassen, nämlich welchen Rat ich dir wegen der Reise gäbe. Hierauf erwidere ich, daß ich dir gar keinen Rat dazu gebe, denn ich weiß nicht, auf welche Art und Weise es sich bewerkstelligen lasse, aber ich wollte dich aufs Höchste gebeten haben, du wollest, wenn es dir möglich wäre, deine Kost hier zu finden, so lange hier bleiben, bis es mit mir auf die eine oder die andere Weise sich entscheidet, und das aus keiner andern Ursache, als daß ich von dir bisweilen noch etwas hören und Grüße von dir vernehmen möchte, was mir lieber ist, als viel Silber und Gold; ich lasse dich auch wissen, mein Weib, daß Kalleken Meere, die mit mir gefangen ist, dir im Testamente ein Hemd, einen Halskragen, ein Nachttuch und ein Haarschnur vermacht hat; desgleichen gibt dir Meytgen auch ein Nachttuch, ein Kleid und auch ihre beste Schürze. Dieses geben sie dir zu ihrem Andenken und Testamente; nach ihrem Tode gehört es dir; sie lassen dich auch sehr herzlich grüßen mit dem Frieden des Herrn, Amen.

Geschrieben in meinen Banden, von mir, deinem lieben Manne und Bruder in dem Herrn. Jakob von dem Wege.