Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.208

Zum Inhaltsverzeichnis

2.208  Hans Pichner.

Im Jahre 1555 ist Hans Pichner von Sal zu Borst im Etschlande oder Funts-Gau gefangen genommen und von den Häschern nach Schlanters vor den Richter geführt worden, welcher ein grausamer Tyrann und eines sehr grimmigen Gemütes war; derselbe nahm ihn sofort vor und hat ihm mit scharfen Fragen zugesetzt, daß er denjenigen angeben und verraten sollte, der ihn beherbergt hatte; als er solches aber nicht tun wollte, wurde er sogleich vom ersten Tage an gefoltert; aber all ihr Peinigen war umsonst, und es ärgerte sie sehr, daß sie von ihm nichts erfahren konnten. Man hat ihn einige Mal entkleidet und im Foltern ihn einige Stunden an Stricken hängen lassen; ja, er wurde so ausgespannt, daß er weder auf seinen Füßen stehen, noch einen Schritt tun, auch nicht seine Hände zum Munde bringen konnte, um zu essen; gleichwohl ließ er sich nicht verführen, sondern blieb standhaft im Herrn. Dann haben sie ihm Hände und Füße gebunden, und ihn in einem dunklen Gefängnisse oder Kerker länger als ein halbes Jahr gefangen gehalten; auch brachten sie viele Weltgelehrte (ob sie etwa ihn abziehen konnten), als Pfaffen und Mönche, auch einige Edelleute zu ihm, die ihm zwei Tage und eine ganze Nacht scharf zusetzten, aber sie wurden zu Schanden, denn er ließ sich nicht abschrecken, sondern überzeugte sie mit der Wahrheit.

Endlich haben sie ihn zum Tode verurteilt und auf den Richtplatz hinausgeführt, wo er das Volk, das in großer Anzahl versammelt war, zur Buße ermahnt hat; hiernach wurde er sitzend, mit dem Rücken gegen ein Holz gelehnt, enthauptet, denn sie hatten ihn so jämmerlich ausgespannt und gepeinigt, daß er nicht knien konnte; gleichwohl ist er unbeweglich bei dem Herrn und seiner Wahrheit geblieben; darum hat ihn Gott auch in der Stunde jener Versuchung bewahrt, und wird ihm hinfort kein Leid von dem zweiten Tode widerfahren; das ewige Feuer wird er nicht sehen, sondern er wird zu den vielen tausend Engeln, zu dem Abendmahle und der Hochzeit des Lammes, in reiner, weißer Seide gekleidet, eingehen, wo Freude über Freude von Ewigkeit zu Ewigkeit sein wird.