Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.232

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2.232  Wie Algerius aufgeopfert worden ist.

Dieser Algerius, sehr jung an Jahren, ist ein Student aus dem Königreiche Neapel gewesen und hat zu Padua studiert; dorthin ist ein Bruder, der seine Sprache redete, zu ihm gekommen, bei welchem er sich des Weges und des Willens des Herrn fleißig erkundigt und ihn andächtig angehört hat; darum hat er sich auch bald in seinen (nämlich des Herrn) Tod taufen lassen, was er bald darauf, als ein unerschrockener Held und junger Ritter Christi tapfer, unverzagt, frei und kräftig mit der Tat erwiesen und mit seinem Blute bezeugt und versiegelt hat und also seinem Meister gleichförmig geworden ist; denn er ist auch (gleichwie Christus, als er aus dem Jordan heraufstieg) bald nachher von dem Feinde, dem Versucher und seinen Werkzeugen, angefochten und ins Gefängnis geworfen worden, worin er viele und manche harte Kämpfe ausgestanden und erlitten hat, wiewohl er allezeit vom Herrn, welchen er sich vor Augen gestellt hatte, darin kräftig gestärkt und mit großer Freude getröstet worden ist, wie diese seine gegenwärtige Schrift es zur Genüge ausweist, welche er daselbst zu Padua aus dem Gefängnisse an die Brüder in Welschland geschrieben hat, um sie damit in ihrer Traurigkeit, die sie seinetwegen hatten, weil sie für ihn, als einen Neuling im Glauben, Sorge trugen, zu stärken und zu trösten. Aber der Herr hat ihn mit großer Kraft angezogen, und durch ihn, als durch eines seiner auserwählten Rüstzeuge, seinem Namen Ehre eingelegt; denn er ist, nach vielen Versuchungen, endlich nach Venedig gesandt worden, wo ihm der ganze Rat oder Adel von Venedig (gleichwie auch der Versucher Christo zuletzt getan hat) in den Ohren gelegen hat, in der Meinung, ihn durch vieles Bitten und Liebkosen, mit Anerbietung allerlei weltlicher Hilfe und Freundschaft, zu fangen und zum Abfalle zu bewegen, welches auch einer nicht der geringsten Pfeile gewesen ist; aber er hat solches alles, als eine unbewegliche Säule, verschmäht und um Christi willen verachtet, damit er, mit Mose und Paulus, allein denselben (nämlich Christum) gewinnen und erlangen möge.

Als sie ihm nun durch langes Zögern nichts abgewinnen konnten, haben sie ihn darauf nach Rom gesandt und dem Papste überantwortet, wo er auch endlich, nach einer strengen und harten Gefangenschaft, in großer Standhaftigkeit sein Leben dem Herrn zum süßen Geruche aufgeopfert hat und sehr begierig und freudig in die Fußstapfen aller seiner Voreltern und der herrlichen Bekenner Christi eingetreten ist, weshalb er auch des Leidens seines Herrn und Meisters in reichem Maße teilhaftig geworden ist, ja, es ist sein Ende (auch von allen seinen Lästerern) mit hohem Siegeslobe gekrönt, und der verlangte Kelch von ihm ausgetrunken worden.

Als man nun mit ihm mancherlei vorgenommen hatte, ist er zuletzt zum Feuer verurteilt und verdammt worden; aber nicht auf solche Art und Weise, wie andere, welchen man, da sie auch um des Glaubens willen hingerichtet worden sind, die Pein verkürzt hat, indem man sie nach welschem oder französischen Gebrauche zuerst aufgehängt, sie erstickt, und sodann verbrannt hat, aber dieser fromme Algerius ist von dem Herrn Christo ein wenig höher geadelt worden; und darum hat er auch einen viel wichtigeren und ehrlicheren Kampf und Streit angefangen und zum Siege hinausführen müssen.

Als man ihn nun auf einem Wagen auf den Platz, Mercado genannt, geführt hatte, hat man zum Abschiede ihm noch einmal zugesetzt, und einen Kartäuser-Mönch (die man zu Rom Kapuziner und heilige Leute nennt) ihm zu geredet; derselbe hat ihm allezeit ein Kruzifix vorgehalten und ihn ermahnt, er sollte doch einmal zum Abschiede an seinen Herrn und Erlöser denken und in seinem Irrtume nicht so in Verstocktheit und Verzweiflung sterben, hat ihm auch jenes Kruzifix stets vor die Augen gehalten, welches Algerius mit seinen Händen (die ihm, wie ich gehört habe, nicht gebunden waren) mit Gewalt von sich abgehalten, dabei seine Augen zu dem Himmel erhoben und in seiner Sprache laut gesagt hat: Mein Herr und Gott lebt droben im Himmel.

Darauf hat das umstehende Volk mit lauter Stimme gerufen: Ach, er hat es geschlagen (womit es das Kruzifix verstand)! O nur fort mit ihm, er ist doch ganz und gar verstockt und verblendet; es hilft nichts mehr an ihm (denn man hält es in Rom für ein großes Ding, wenn die Kartäuser jemanden nicht bewegen können; darum spart man sie gewöhnlich bis zuletzt). Darauf hat man ihn bis an den Gürtel entkleidet und ihn zuletzt mit siedend heißem Öle über das Haupt und den bloßen Leib begossen, was der gute und fromme Algerius geduldig erlitten (doch unbezweifelt wohl gefühlt), auch mit seinen Händen über sein Angesicht gestrichen, und die Haut mit den Haaren abgezogen hat; dann erst hat man ihn ganz zu Pulver und Asche verbrannt, was doch in Italien ein ungewöhnliches Ding ist, wie ich denn mit meinen Augen gesehen habe, daß man sie in dem vorgemeldeten Feuer nur geröstet und gesengt, und dann den Leichnam ins Grab getragen hat.

Aber, wie gesagt, dieser selige Algerius musste bei unserm Herrn und Gott viele größere Ehre einlegen; ihm, und dem Herrn Jesu Christo, der mit der Kraft seines Heiligen Geistes solches durch ihn gewirkt hat, sei Lob und Preis in alle Ewigkeit; derselbe helfe uns armen und schwachen Menschen, ihm nachzufolgen, Amen. Ja, o Herr Jesu Amen.

Ferner schreibt Bruder Da. Gr., der diese Geschichte aufgesetzt hat (wie das alte Buch anzeigt), in Folgendem:

Solches ist an ihm im Jahre 1557 vollbracht worden, kurz zuvor ehe ich nach Rom kam, denn zu der Zeit war noch ein allgemeines Singen und Sagen von diesem Algerius. Ich habe auch selbst von einigen, die gute Papisten sein wollten und ihn töten sahen, mit meinen Ohren gehört, in welcher wunderbaren Standhaftigkeit er gestorben sei, und was er daselbst in seiner großen Marter und Pein vor allen Menschen mit dem Munde bekannt hat, das hat er auch (wie sie sagten) wahrhaftig im Herzen so geglaubt und belebt. Darum ist er ohne Zweifel gen Himmel gefahren und selig geworden. So müssen auch die Widersacher des Heiligen Gottes, wider ihren Willen, Zeugnis geben (5Mo 32,31).

Bald darauf ist die römische Sündflut erfolgt, indem die Tiber ausgetreten ist und so großen Schaden getan hat, daß auch einige Römer sagten, es habe damals Rom ebenso großen Schaden erlitten, als ob die Stadt im Sturme geplündert worden wäre; ich habe dies selbst erfahren und größern Brotmangel niemals gesehen; ich kann auch nicht genug sagen, wie schrecklich solches anzusehen war und welch ein Jammer daselbst, insbesondere unter den Armen, geherrscht habe; aber solchen ist es nicht bekannt, daß es billig (Weish 19,12).