Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.285

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2.285  Triinken Keuts, 1559.

Triinken Keuts war eine Witwe, welche in der Stadt Mastricht wohnte; diese, als sie zur Erkenntnis der göttlichen Wahrheit durch das heilige Evangelium gekommen war, hat die Sache in ihrer Einfalt beherzigt, und mit ernstlichem Gebete Tag und Nacht angehalten, bis sie der Herr mit dem klarscheinenden Lichte seiner göttlichen Gnade weiter erleuchtete und mit Glaubenskraft begabte, sodass sie sich als eine Gläubige und Bußfertige auf den wahren Glauben in dem Namen Jesu Christi hat taufen lassen, zu einem Mitgliede des Leibes und der Gemeinde Jesu Christi, weil sie nun nach ihrem Glauben lebte, und nicht mehr zu den päpstlichen Abgöttereien ging, sondern sich von allen Gräueln enthielt und ein neues Leben anfing, so hat das giftige Tier solches nicht ertragen können, und sie ist bei der Obrigkeit dieser Stadt als eine Ketzerin verklagt und angebracht worden. Als dieses geschehen, so haben die Bürgermeister diese Frau auf die Landeskrone (welches das Haus ist, wo der Bürgermeister und der Rat ihr Gericht halten) entboten. Nachdem sie nun diese Botschaft durch einen Diener des Bürgermeisters erhalten hatte, verfügte sie sich nach der Landeskrone; die Bürgermeister aber, als sie dahin kam, haben sie angeredet und untersucht, ob dem so mit ihr wäre. Als sie ihnen nun gute Antwort gab und die Wahrheit bekannte, so haben sie dieselbe daselbst gefangen gesetzt. Da sie eine Zeitlang gefangen gesessen hatte, und unterdessen mancherlei Anrede und Streit ausstehen musste, so hat man sie zuletzt scharf durch die Pfaffen, von welchen der eine ein Predigermönch war, verhören lassen, vor welchen sie auch ihren Glauben ohne Furcht bekannt hat. Da man sie fragte, ob sie wiedergetauft wäre, antwortete sie: Ich bin auf meinen Glauben nach der Lehre Jesu getauft; worüber noch manches verhandelt wurde; sie aber blieb bei der Wahrheit. Auch fragten sie die Pfaffen wegen des Sakramentes, ob sie glaubte, daß Christus wesentlich mit Fleisch und Blut, wie er am Kreuze gehangen hatte, im Brote sei, wenn der Priester fünf Worte darüber gesprochen hätte. Triinken antwortete, sie glaubte, Christus sei gen Himmel aufgefahren, und sitze zur Rechten Gottes, seines himmlischen Vaters; sie sagte darauf: Wie soll er denn in das Brot kommen? Nachdem sie nun standhaft bei der Wahrheit blieb, ist sie von den Pfaffen verurteilt worden, daß sie hier mit Feuer zu Pulver verbrannt werden und in der Hölle ewiglich brennen sollte. Triinken sagte: Wenn ihr in wenigen Tagen nach mir vor Gottes Gericht erscheinen werdet, so werdet ihr es anders erfahren.

Auf dieses Urteil ist Triinken dem Schultheißen und Ratsherren überantwortet worden, welche sie verurteilt haben, daß sie, nach des Kaisers Befehle, hinausgeführt und mit Feuer zu Asche verbrannt werden sollte; dieses Urteil hat Triinken mit Dank aufgenommen und sich willig dazu übergeben. Also ist sie mit zugebundenem Munde nach dem Brythof geführt worden, wo sie ihre Hütte abgelegt hat und zu Asche verbrannt worden ist, nacbdem sie ihre Seele in die Hände Gottes befohlen hatte. Dieses ist geschehen 1559, den Palm-Abend in den Fasten.

Man erzählt öffentlich als eine wahre Begebenheit, daß einer der vorgemeldeten Pfaffen, nämlich der Predigermönch, den dritten Tag, nachdem Triinken aufgeopfert und verbrannt war, ganz unerwartet, ohne daß man von einer Krankheit etwas gewusst, in seiner Zelle tot gefunden und von den Läusen verzehrt worden sei. Was nun Gott hierin getan hat, wollen wir seinem gerechten Urteile überlassen, welcher einem jeden seinen verdienten Lohn zu geben weiß.