Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.74

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2.74  Zwölf Personen, sowohl Männer als Weiber, werden um des Zeugnisses Jesu Christi willen zu Bucht, unweit Herzogenbusch, im Jahre 1538 verbrannt und enthauptet.

Im Jahre 1538, im August, hat man in der Stadt zehn oder siebzehn Männer und Weiber gefangen genommen, welche man der Wiedertaufe beschuldigte. Diese waren sämtlich geringe oder arme Leute, ausgenommen ein Goldschmied, der unter ihnen war, namens Paulus von Druynen, von welchem man sagte, dass er ihr Lehrer gewesen sei.

Dieser Paulus wurde zu Bucht, mit drei andern Mannspersonen, auf einer Schaubühne lebendig erwürgt und verbrannt, den 9. September.

Die drei andern hießen: Stephens von Osterholtz, die Töpfer, Johann Block von Gent, ein Bandweber, und Adrian von Grafen (Haag), ein Bandweber.

Man hat einem jeden derselben ein Seil oder einen Strick in den Mund gebunden, damit sie nicht laut reden oder rufen sollten.

Dabei waren zwei Minderbrüder und zwei Dominikaner, welche ihnen viel sagen wollten, ihnen auch ein Kruzifix zeigten; sie aber wollten es nicht ansehen und sagten: Sie hätten Gott im Herzen und wollten deshalb weder Holz noch Steine anbeten; auch baten sie für diejenigen, welche ihren Tod verursacht hatten, und sagten: Der Knecht sei nicht besser als sein Meister, in dessen Namen seien sie willig zu sterben, sie wollten aber den Mönchen nicht gehorchen.

Über diese hat ein vom Hofe dazu Verordneter, namens Meister Adrian von der Grafe, welcher ein Gelehrter der beiden Rechte gewesen, das Urteil gefällt; er hatte einen Mann von derselben Sekte bei sich, welcher Vergebung seiner Missetaten erlangt hatte (vermutlich ein Abtrünniger), und der anzeigte, wo dieselben wohnten.

Diesem gedachten Verordneten waren sieben Ratsherrn zugesellt, welche sie sämtlich, nachdem sie einen Kreis geschlossen, zum Tode verurteilten. Die Namen der Ratsherrn waren: Meister Goosen von der Stege, Gisbert Heyn und Matthias Stooters, Heinrich Pelgrim, sonst Keßler, Meister Henrich Luysterisan von der Stege, H. Geist-Meister und Govert Symonß, Kirchenältester.

Den 11. September sind an vorgenanntem Orte drei Frauen und ein Mann erwürgt worden, von welchen auch gesagt wird, dass sie wiedergetauft worden seien; eine derselben ist des Lehrers Pauli Hausfrau gewesen, bei welcher Exekution auch Mönche (nämlich um sie zum Abfalle zu überreden) gegenwärtig gewesen sind.

Die Hausfrau Pauli sagte: O Herr! Erleuchte doch denen die Augen, die uns solches Leiden antun, damit sie sehen, was sie tun. Ich danke Dir, o Gott, dass Du mich dieses Leidens um deines Namens willen würdig erkannt hast.

Der Dominikaner sagte zu einer andern Frau: Bleibst du nicht bei der heiligen Kirche? Sie sagte: Ich bleibe bei Gott, ist mir dieses nicht heilige Kirche genug?

Dann sprach der Dominikaner zur Mannsperson: Johann von Capelle, bitte, dass er dir vergebe, weil du uns ein böses Exempel gegeben hast. Er antwortete: Ich habe nicht geirrt, sondern bin mit Gottes Worte umgegangen, und mir ist’s leid, dass ich so lange in der Finsternis gewesen bin. Ich bitte euch, Bürger, lest doch das Evangelium und lebt darnach, und lasst ab von eurer Schwelgerei, Büberei, eurem Fluchen und euch mit dem Kreuze zu zeichnen (Kruyssen).

Die dritte Frau sagte: O allmächtiger Gott! Du wollest mir nicht mehr auflegen, als ich ertragen kann. So sind sie guten Muts gestorben.

Der vorgenannte Paulus und seine Hausfrau hatten ein neun Monate altes Kind, welches noch ungetauft war; solches nahmen sie der Mutter im Gefängnisse ab und tauften es; auch sind Herr Philipp von Doorn, Diakon zu St. Jan, Postulia, Meister Ja von der Stegens Hausfrau, und Anna, Meister Goosen von der Stegens Hausfrau Taufzeugen dieses Kindes gewesen. Hierauf sind sie alle getötet worden.

Desgleichen auch den 14. September, morgens um 6 Uhr, wurde noch ein junger Gesell von eben derselben Sekte enthauptet.

Dieses ist der Inhalt der alten Schrift, welche uns aus Friesland zugesandt worden ist.

Vergleiche mit demjenigen, was Bore van Utrecht in der Geschichte vom Anfange von Herzogenbusch von den Leuten, welche daselbst gefänglich eingebracht worden sind, berichtet.

Es lässt sich annehmen, dass die ganze vorgemeldete Beschreibung von einem verfertigt worden sei, welcher noch nicht zum Glauben gekommen war; denn er nennt den wahren Glauben der vorgenannten, getöteten Leute eine Sekte, deren Ende und Tod, wie es scheint, er selbst angesehen hat; darum dürfen wir an der Wahrheit desselben umso weniger zweifeln, weil es gewiss ist, dass die Widersacher einer Lehre diese Lehre nicht anpreisen, sondern derselben vielmehr widersprechen werden.