Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.291

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2.291  Hans de Vette mit elf andern werden um des Zeugnisses Jesu Christi willen zu Gent in Flandern im Jahre 1559 getötet.

Ein Bekenntnis, geschrieben von Hans de Vette zu Gent, als er mit elf andern in Banden lag, im Jahre 1559, seine Verhöre betreffend.

Den ersten Freitag nach Pfingsten sind einige um des Wortes des Herrn willen zu Gent ins Gefängnis gelegt worden, deren Namen nachfolgende sind: Peter Coerten von Menene, Carl Tanckreet von Nipkerke samt Proentken, seinem Weibe von Belle, Jakob Spillebaut, Abraham Tanckreet, Maeyken Floris von Nipkerke, Anthonis von Cassele, Hans de Smit, Markus, sein Bruder, Hans de Vette samt Maritgen, seinem Weibe von Waestene, und Tanneken, des J. de S. Weib. Diese sind durch Verräterei dem Oberanwalte übergeben worden, welcher sie mit drei Bütteln des Abends aus ihrer Herberge gefangen abgeführt hat.

Des andern Tages wurden wir von der Obrigkeit besucht, die einen jeden von uns sowohl nach seinem Namen als auch woher wir wären gefragt hat, was wir ihnen auch gesagt haben; dann fragten sie uns, ob wir eine andere Taufe bekannten als die Kindertaufe und ob wir auch eine andere empfangen hätten; darauf haben wir alle der abgöttischen Kindertaufe abgesagt und bekannt, daß wir eine christliche Taufe empfangen hätten, ausgenommen Markus de Smit, welcher bekannte, daß er dieselbe noch nicht empfangen hätte, aber von ganzem Herzen geneigt wäre, dieselbe zu empfangen, wenn er nur dazu Gelegenheit haben könnte. Dann fragten sie uns, ob wir einige Gelehrte begehrten, die uns unterweisen sollten; sie wollten sie uns senden und zwar, wie wir sie begehrten, geistliche oder weltliche Männer; sie sagten auch, sie wollten uns nicht übereilen; weil aber fast alle von uns um dasselbe fragten, so sagte ich, der ich dieses geschrieben habe, daß ich durch des Herrn Gnade keine andere Unterweisung begehrte, als die ich empfangen hätte, und wenn auch ein Engel vom Himmel kommen würde.

Gleichwohl haben sie acht Tage darauf den Bruder Peter de Backer, der uns zum Teil ausgekundschaftet hatte, und noch einen andern seiner Mitgesellen gesandt, welche zwei falsche Propheten waren, die man, wie ich meine, Jakobiner nennt. Als wir nun vor dieselben kamen, sind wir nach wenigen Worten auf die Kindertaufe gekommen, von welcher er bekannte, daß sie eine von Gott eingeführte Lehre sei, und sagte, daß die Beschneidung ein Vorbild derselben gewesen sei, auch daß die Apostel ganze Häuser getauft hatten, was auch Christus befohlen hatte, Joh 3. Als ich ihm aber bewiesen hatte, daß er nicht recht geredet hätte, wie man klar in der Geschichte der Apostel findet, so fing er an, von einem andern Artikel zu reden, wiewohl er sagte, wir werden wohl nicht miteinander übereinkommen können; ich aber sagte, daß ich zuerst das Ende des ersten Artikels begehrte; ich bat ihn auch, daß er sich bessern wolle, denn ich bewies ihm, daß ihr Dienst eine unflätige stinkende Abgötterei und ein Menschengepflänz wider alle Gebote Gottes sei, und daß man an Gottes Geboten genug habe; es sei nicht nötig, Lügen hinzuzusetzen, es nütze auch nichts auf dasjenige zu sehen, was Gott nicht befohlen hat. Darauf sagte er, ich sei verführt, und hätte zu viel auf ihre Missbräuche gesehen, daß zwar in ihrer Kirche einige Missbräuche wären, doch sei, sagte er, das Hauptwerk, das man daselbst beobachtete, gut. Also sind wir nach vielen und mancherlei Gesprächen voneinander geschieden.

Nach einigen Tagen ist der Diakon von Ronse, welcher ein Ketzermeister ist, in die Landschaft Flandern gekommen, und mit ihm Peter de Bäcker, der zuvor bei uns gewesen war, mit mehreren andern falschen Propheten. Nachdem ich nun vor dieselben kam, fragte der Diakon nach meinem Namen; ich erwiderte, daß ich Hans de Vette heiße; darauf fragte er mich, ob ich verheiratet wäre. Ich erwiderte: Ja. Weiter fragte er mich, ob mein Weib auch von Waestene wäre; ich erwiderte: Ja. Er fragte, wie lange ich schon verheiratet sei; ich erwiderte: Nicht sehr lange. Er fragte mich, in welcher Kirche und bei welchem Pfarrherrn es geschehen wäre; ich antwortete ihm, ob man denn in der Schrift finde, daß hierzu ein Pfarrherr nötig sei. Da sagte er, daß Huren und Buben in der Welt ohne Pfarrherrn zusammen liefen; ich entgegnete darauf, ich hätte solches nach Anweisung der Schrift getan, indem solches von Paulus zugelassen worden sei, um Hurerei zu vermeiden, weil es besser sei zu freien, als Brunst leiden; Huren und Buben dagegen wollen lieber Brunst leiden als freien, gleichwie man solches häufig in der bösen Welt an vielen Tausenden sieht und hört. Da sagte er, daß dieses eine geringe Sache wäre; wenn ich nichts Ärgeres getan hätte, so wäre dies wohl gut zu machen gewesen; ich sollte ihm nur sagen, wo es geschehen wäre; ich erwiderte, daß ich nicht im Sinne hätte, es ihm zu sagen. Da beschwor er mich bei dem lebendigen Gotte, daß ich es ihm sagen sollte, aber ich schwieg dazu. Da fragte er mich, warum ich nicht in dem Glauben der römischen Kirche und in ihrem Dienste geblieben wäre; ich antwortete darauf, daß ich mich von ihr geschieden hätte, damit ich ihrer Plagen nicht teilhaftig werden möge, denn die Finsternis kann keine Gemeinschaft haben mit dem Lichte, noch Christus mit Belial, noch der Gerechte mit den Ungerechten, darum muss man von ihr ausgehen. Darauf fragte er mich, was ich von den sieben Sakramenten hielte, welche er mir zum Teil nannte; ich antwortete ihm hierauf, daß ich gar nichts darauf hielte, um ihres abscheulichen Götzendienstes willen, den sie unterhielten; weil es uns aber von dem Herrn befohlen ist, seinen Namen vor den Menschen zu bekennen, so sagte ich, daß ich ihm wohl meinen Glauben bekennen wollte; er sagte, ich sollte das tun. Da habe ich angefangen, mein Bekenntnis zu tun, nämlich, daß ich an einen Gott, den Schöpfer des Himmels und der Erde, des Meeres und der Wasser, samt allem, was darin ist, und der den Menschen nach seinem Bilde erschaffen hat, glaube; demselben müssen wir allein dienen, ihn ehren und anbeten, auch ihn lieben von ganzer Seele, aus allen unsern Kräften, und mit allen unsern Gedanken, denn er ist allein gut; ich entsage hiermit allen Abgöttern, sie seien van Gold, Silber, Stein, Erz, Holz, Brot, oder von welchem Machwerk oder Wesen es sein möchte, gleichwie sie in der Heiligen Schrift verachtet und verboten sind; denn wir wissen, daß ein Götze nichts ist in der Welt. Als ich nun noch redete, sagte der Diakon Ronse zu mir, daß ich es zu lang machte, um alles niederschreiben zu können; du würdest uns, sagte er, sehr viel Arbeit machen, wenn du deinen Glauben so bekennen solltest, von dem Anfange der Bibel an; ich glaube es auch, sagte er, was du gesagt hast; aber was sagst du, fuhr er fort, von dem Sakramente der Taufe, wie es in unserer Kirche bedient wird, zu welchem ein jeder, der selig zu werden begehrt, kommen muss? Hierauf erwiderte ich, daß ich von der Kindertaufe nichts hielte, weil sie nicht von Gott befohlen ist; er sagte: Die Beschneidung sei ein Vorbild auf dieselbe gewesen, und daß alle Kinder, die weder im alten Testamente beschnitten, noch im neuen Testamente getauft worden, verdammt seien; darauf sagte ich folgerecht aus seinen Worten, daß die Mägdlein im alten Testamente auch verdammt worden sein müssten; er entrüstete sich aber und sagte, es wäre nur eine Philosophie, womit ich angezogen käme; ich antwortete: Er sollte sich schämen zu sagen, daß die Kinder verdammt wären, von welchen doch der Herr sagt, daß solcher das Himmelreich sei; er sagte, ich löge daran.

Ein anderer Pfaffe sagte mir, es habe einer von Paulus Jüngern geschrieben, daß er die Kindertaufe von Paulus, seinem Meister, erlernt habe. Da sagte ich, daß Paulus schrieb, daß wir uns nicht von unserem Sinne bewegen lassen sollten, weder durch Geist, noch durch Engel, noch durch Brief, als von uns gesandt. Und wenn auch ein Engel aus dem Himmel käme, der uns anders lehren wollte, als in dem heiligen Evangelium geschrieben ist, der sei verflucht; auch sagte ich ihm, er sollte mir beweisen, wo der Herr befohlen habe, die Kinder zu taufen, oder er sollte es dartun, daß die Apostel die Kinder getauft hatten, was er nicht tun konnte; ferner fragte er mich, wie lange ich schon getauft wäre; ich erwiderte: Noch kein Jahr; er fragte, wo und von wem ich getauft worden wäre, aber ich sagte es ihm nicht; da beschwor er mich dreimal bei dem lebendigen Gott und bei der Taufe, die ich empfangen hatte, daß ich es sagen sollte; ich antwortete darauf: Ebenso hat Kaiphas Christum beschworen; er sagte, daß Christus geredet habe. Ich sagte darauf, daß Christus für sich selbst geredet habe, als er ihn aber wegen seiner Jünger fragte, redete er nichts.

Dann fragte er mich, was ich von ihrem Sakramente des Altars hielte; ich erwiderte, daß ich solches für nichts anderes hielte, als für eine unflätige, unreine und stinkende Abgötterei und ein Gräuel vor Gott; er sagte: Wie? Glaubst du nicht, daß er daselbst in Fleisch und Blut sei, gleichwie er auf Erden gewandelt ist, oder wie er an des Kreuzes Stamme hing? Das sei ferne, sagte ich, daß ich glauben sollte, daß Christi Fleisch und Blut hier auf Erden sei, denn Christus hat selbst zu seinen Aposteln gesagt, daß wir Arme allezeit bei uns haben werden, aber ihn nicht allezeit.

Darauf sagte er zu mir, daß er auf solche Weise nicht in dem Sakramente sei, sondern daß es in einer geistigen Wesenheit sei, und daß ich mich gar nicht darauf verstände, sondern es sei dieser Beweisgrund manch hundert Jahre vor meiner Zeit erfunden worden; denn als Christus, sagte er, sein Abendmahl hielt, nahm er das Brot und gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib; ich erwiderte, daß Christus das Brot, das er seinen Jüngern gab, ihnen als ein Gleichnis seines Leibes gegeben habe, der für sie zerbrochen werden sollte, gleichwie er sich selbst in vielen Schriftstellen durch Gleichnisse abgebildet hat, nämlich, bei dem Johannes sagte er: Ich bin ein rechter Weinstock; in der Tat aber war er kein Weinstock, sondern er verglich sich nur mit einem Weinstock; ebenso war auch das Brot, das Christus seinen Jüngern brach, geistig und eine Abbildung seines Leibes, denn er sagt Joh 6: Fleisch und Blut ist nichts nütz, aber die Worte, die ich rede, sind Geist und Leben. Er sagte, es sei dort nichts von diesem gesprochen worden, denn, sagte er, wäre Christus nicht darin, wie könnte man daran die Verdammnis essen? Aber ich sagte: Wäre dies Christi Fleisch und Blut, man würde daran nicht die Verdammnis essen, denn Christus spricht selbst: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben; darum kann man diese Worte nicht dem Buchstaben nach verstehen, sondern muss dieselben geistig nehmen, nämlich: Wenn jemand mit der Gemeinde Christi zu des Herrn Abendmahl ginge, deren Haupt Christus ist, und er wäre noch ein Trunkenbold, oder ein Geiziger, oder ein Götzendiener, oder dergleichen, so sollte ein solcher untüchtig sein, mit Christi Mitgliedern das Brot zu brechen, weil sie den Leib Christi nicht unterscheiden. Darauf sagte er, es wären viele dergleichen unter uns, als Trunkenbolde, Ehebrecher, und daß er solche wohl kenne; ich fragte ihn: Wer? Er erwiderte: J. de R.; ich fragte, wo er wohnte; er antwortete: Ich will es dir nicht sagen; ich sagte, daß ich wohl wüsste, wenn solche in unserer Gemeinde wären, und würde man sie kennen, so würde man sie nach Inhalt der Schrift absondern und hinaustun. Darauf fragte er mich abermals, wer mich getauft hätte; als er aber solches von mir nicht erfahren konnte, beschwor er mich, aber ich sagte es ihm nicht. Darauf sagte sein Greffier: Ich will mit dir um eine Kanne Wein wetten, daß du es wohl sagen sollst, ehe vierzehn Tage vergehen; aber ich wollte nicht wetten. Sodann verhörte er mich, wie oft ich das Abendmahl gehalten hätte; ich erwiderte, ich hätte es bisweilen bei Gelegenheit mit vielen lieben Brüdern und Schwestern gehalten; er fragte: Mit wem? Wie heißen sie? Darauf nannte ich ihm einen, um den er mich mit Namen gefragt hatte; er fragte auch nach einigen, ob ich sie für meine Brüder hielte, oder ob es nur Freunde oder Ankömmlinge wären; denn all dieses Flämische, sagte er, habe ich von Ankömmlingen, Freunden und Brüdern gelernt; ich sagte: Ich meinte, du wärest ein Brabanter, kannst du denn auch so gut Flämisch? Ich weiß kaum, sagte er, vielleicht bin ich ein Findling; ja, sagte ich, es steht in der Offenbarung Johannes von einem Tiere geschrieben, das aus der See herausgestiegen ist; du magst wohl von seinem Geschlechte sein. Dann fragte er mich, ob ich nicht glaubte, daß Jesus Christus von Maria Fleisch und Blut angenommen habe; ich erwiderte, daß ich glaube, daß das Wort, welches im Anfange bei Gott war (wodurch die Welt erschaffen worden ist), Fleisch geworden sei. Darauf sagte er, daß er dem Fleische nach Davids Sohn sei; ich antwortete: Ist er Davids Sohn (wie Christus selbst spricht), wie nennt ihn denn David einen Herrn? Er sagte, Christus habe solches nur für die Pharisäer vorgebracht, um daraus einen Beweisgrund zu nehmen, aber Matthäus, sagte er, beschreibt sein Geschlecht von Abraham bis Maria; ich sagte, daß Matthäus die Geburt Christi allein auf Joseph, den Mann der Maria bringe, von welcher Christus geboren ist, und Lukas sagt: Jesus sei für einen Sohn Josephs gehalten worden. Ja, sagte er, glaubst du nicht, daß Maria Christi Mutter sei? Ich antwortete: Ja, Christus spricht, wer den Willen meines Vaters tut, der ist meine Mutter, Schwester und Bruder. Darauf sagte er, daß Christus von des Weibes Samen sei; ich aber sagte, daß die Weiber selbst keinen Samen haben, denn gleichwie das Weib von dem Manne, so ist der Mann durch das Weib; hierauf sagte er, daß er von dem Wesen der Maria und von ihrem Blute wäre, aber ich antwortete, daß Christus zu den Juden sagte, er sei von oben, sie aber von unten; ihr seid, sagte er, von der Welt, ich bin nicht von der Welt. Überdies sagt noch der Apostel, daß der erste Mensch von der Erde sei und irdisch, der zweite Mensch aber sei der Herr selbst vom Himmel und himmlisch. Ferner sagte ich zu ihnen, sie sollten sich doch bessern von ihrer Ungerechtigkeit, Verfolgung und falschen, abgöttischen Lehre; sie erwiderten, wir haben die rechte Lehre; ich sagte, daß Paulus dennoch solche zu meiden befehle, die die Speise zu gebrauchen verbieten, die Gott zum Gebrauche der Gläubigen geschaffen hat, und die da verbieten zu ehelichen, und die ein Brandmahl in ihrem Gewissen haben, denn es ist besser zu freien, als Brunst zu leiden; ihr aber verbietet, ganz gegen die Schrift, die Speise zu gebrauchen, und verbietet zu freien, und wollt lieber Brunst leiden, als freien. Diakon: Wir verbieten nicht zu freien. Hans: Es ist dennoch so, du weißt, daß man in den Fasten und an mehreren anderen Tagen um eures Gebotes willen weder Fleisch essen, noch auch trauen darf; auch habt ihr einen solchen Bund aufgerichtet, daß ihr euch nicht verehelichen dürft; dennoch treibt ihr solche Unkeuschheit, daß es eine Schande ist zu sagen, wie man täglich an den Hurenkindern sieht, die man euch ins Haus bringt, wovon doch Paulus sagt, daß man mit solchen (nämlich Unkeuschen, Trunkenbolden usw.) nicht essen sollte, sondern man sollte sie dem Teufel zum Verderben ihres Fleisches übergeben. Diakon: Wir sind nicht so arg, wir wollen sie dem Teufel nicht übergeben; so viel besser sind wir. Hans: Ja, armer Mensch, willst du besser sein als Paulus? Aber es hilft alles nichts, was man euch sagt, denn ihr wollt euch nicht bessern; wollt ihr aber auf dem Markte oder auf andern öffentlichen Plätzen mit uns reden, so sind wir dazu bereit, in der Hoffnung, es möchte jemand von den Unwissenden dadurch bewegt werden. Diakon: Das wird nicht geschehen. Wer sollte alsdann Richter sein? Schiffsleute, Fischhändler, oder dergleichen Menschen? Das wäre eben das Mittel, einen Aufruhr zu erwecken; aber wir sind töricht, daß wir so viel mit euch reden; man sollte euch nur ohne Umschweife unsern Glauben erzählen, und wenn ihr denselben nicht annehmen wolltet, nach dem Rechte zu Werke gehen.

Wir redeten auch noch viel mehr, namentlich von der Anbetung der Heiligen, von dem Papste zu Rom, von der Beichte, dem Fasten, dem Fegfeuer und dem Schlafen der Heiligen, welches zu weitläufig sein würde, niederzuschreiben; das Vorstehende habe ich aus meinem Gedächtnisse aufgesetzt, aber weil vieles vorgefallen ist, was schon vor langer Zeit geschehen, so kann ich es von Wort zu Wort nicht aufsetzen. Inzwischen aber, weil ich wohl weiß, daß es nicht bessert, was man ihnen auch sagt, und daß sie vermessen und unverschämt sind, so fasse ich es zu Zeiten aufs Kürzeste zusammen und erbiete mich zu einem öffentlichen Gespräche, welches sie mir aber abschlugen. Viele Dinge haben sie oft in ihren Fragen an unsere Brüdern und Schwestern, welche samt uns in Banden sind, wiederholt; alle sind bis jetzt, dem Herrn sei Lob, noch getrost, denn wir hielten von den falschen Propheten viel mehr, ehe wir mit ihnen redeten, als nachher; aber der Herr weiß seinen Auserwählten in solcher Stunde den Mund zu öffnen, wie er verheißen hat, und das bei weitem mehr, als wir denken können, denn, die außer den Banden schwach zu sein schienen, sind so beherzt, daß man sich darüber verwundert, wenn man sie sieht und hört. Dem Herrn müsse allein der Preis sein von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Der Diakon fragte mich auch, ob wir nicht für ihn beten. Ich antwortete: Ja. Wie nennen mich, sagte er, eure Leute; heißet ihr mich Saulus? Ich erwiderte: Ich habe dich bisweilen den Ketzermeister (da lachten sie alle), bisweilen aber den Diakon von Ronse nennen gehört. Darauf sagte er: Das ist mein Name. Wir hatten noch mehrere andere Gespräche, aber wegen Mangel an Papier muss ich mein Schreiben abkürzen; doch bitte ich alle, die dieses sehen, daß sie es mir zum Besten aufnehmen; und wenn es möglich ist, so lasst hiervon eine Abschrift nach Antwerpen an unsere Bekannte gelangen; sendet auch eine solche westwärts an unsere Bekannten.

Darauf haben diese zwölf Freunde (deren Namen im Anfange des Briefes von Hans de Vette gemeldet sind) sämtlich ihr Leben freimütig für die Wahrheit gelassen. Zuerst haben sich vier derselben tapfer durchgestritten, die ihr Brandopfer im Namen unseres Herrn Jesu Christi getan haben, und kurz darauf noch sechs andere. Dieselben sind nach einem standhafthaften Bekenntnisse ihres Glauben auch vorgeführt worden und haben auf Befragen, ob sie noch nicht abfallen wollten, mit nein geantwortet; daß man aber, wenn sie irgendeine Missetat begangen hätten, mit ihnen demgemäß verfahren möge. Nichtsdestoweniger wurden sie sofort als Ketzer zum Tode verurteilt, und als sie nun auf zwei Wagen zum Richtplatze hinausgeführt wurden, haben sich zwei Mönche zu ihnen gesetzt, die sie verhinderten, daß sie nicht viel reden konnten, sodass sie mit genauer Not noch einige Worte sprachen, nämlich: Fürchtet diejenigen nicht, die den Leib töten, denn sie haben nachher keine Macht mehr, sondern, o Menschen, bekehrt euch, denn der Apostel sagt: Wer nach dem Fleische lebt, der muss sterben.

Als sie nun in das Häuslein geführt wurden, das von Holz und Stroh gemacht war, und in welchem sie verbrannt werden sollten, haben sie eine große Freude bezeugt, und als sie ihre Seelen in die Hände Gottes befohlen, haben sie, um das Unvergängliche anzuziehen, das Vergängliche abgelegt.

Es waren noch zwei Frauen übrig, welche schwanger waren, diese sind, nachdem sie geboren und ihr Kindbett gehalten hatten, beide auf des Grafen Schloss heimlich enthauptet worden. So sind demnach diese alle, als sie bis ans Ende standhaft geblieben, mit dem Herrn in die Ruhe eingegangen, und werden auch mit ihm zu allen lieben Kindern Gottes in die ewige Freude kommen.