Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.634

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2.634  Noch ein Bekenntnis des Reytse Ayseß, abgelegt vor dem Commissarius.

Nachdem ich neunzehn Wochen gefangen gesessen hatte, bin ich vor den Commissarius von des Königshof gebracht worden; derselbe hat zuerst mir einen Eid abgefordert, daß ich die Wahrheit sagen wollte; ich sagte, der Herr hat befohlen nicht zu schwören, darum will ich auch keinen Eid tun. Darauf sagte er, ich sollte ihm dann auf seine Fragen mit Ja und Nein antworten; ich erwiderte, das will ich nicht tun, denn du könntest mich Dinge fragen, welche mir nicht geziemten zu sagen; darum muss ich zuvor hören, was du mich fragen willst. Da hat er zuerst nach meinem Alter gefragt; ich antwortete, vier- oder fünfundzwanzig Jahre; solches schrieb er nieder. Weiter fragte er, wo ich geboren wäre, wo ich zuletzt gewohnt hätte, wie viele Kinder ich hätte. Ich sagte, eins. Commissarius: Wie alt ist es? Reytse: Ein halbes Jahr. Commissarius: Ist es auch getauft? Reytse: So viel ich weiß, nicht. Commissarius: Was ist die Ursache, daß es nicht geschehen ist? Reytse: Weil es in der heiligen Schrift nicht befohlen ist. Commissarius: Bist du auch getauft? Reytse: Ja, auf meinen Glauben, wie Christus befohlen hat. Commissarius: Bist du in deiner Kindheit nicht getauft worden? Reytse: Ja, aber solches erkenne ich nicht für eine Taufe, die der Schrift gemäß ist; solches alles hat er aufgeschrieben. Er fragte mich, wer derjenige gewesen sei, der mich getauft hätte; wo es geschehen wäre; wer in meines Vaters Hause gewesen wäre, und wie viele. Ich erwiderte, das will ich nicht sagen, ich hoffe, du werdest mich nicht darnach fragen.

Dürstet dich denn so sehr nach dem Blut und Leben der Menschen, so hast du mich ja in deinen Händen, tue mit mir nach deinem Willen; ich werde, durch des Herrn Hilfe, meinen Hals freimütig darreichen, aber ich hoffe auf deine Gütigkeit, daß du mich nicht so scharf darnach fragen werdest. Er meinte, man würde mich wohl noch schärfer fragen, darum sollte ich es lieber freiwillig sagen als gezwungen. Ich sagte, der Herr, mein Gott, wird mich wohl bewahren, solches Vertrauen habe ich auf seine Gnade. Nachdem er nun alles niedergeschrieben hatte, ließ er mich abtreten.