Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.717

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2.717  Aeltjen Baten und Maeyken Wouters, 1595.

Aeltjen Baten war eine betagte Frau, Maeyken Wouters aber eine Jungfrau, etwa vierundzwanzig Jahre alt, welche beide in Sonhofen (im Amt Vogelgesang, welches zum Lykerande gehört) gebürtig waren, und dort wohnten. Diese hatten (durch Gottes Gnade) die wahre Erkenntnis des heiligen Evangeliums erlangt, daran geglaubt und sich nach derselben, wie sie es erfordert, zur Besserung ihres Lebens begeben und auf denselben Glauben an Jesum Christum sich taufen lassen, nach seinem göttlichen Befehl und dem Gebrauch seiner lieben Apostel. Weil man aber solches nicht leiden konnte, so sind sie zu Luyk (wo das Hofgericht ist) angeklagt worden, deshalb hat man sie von da aus auf folgende Weise gefänglich einziehen lassen: Die Herren von Luyk haben einige Diener (welche Trappers genannt werden); diese senden sie durch das Land, wenn sie jemanden in Verhaft nehmen lassen wollen. Von diesen Trappern haben sie vierzehn von Luyk nach Sonhofen gesandt, um diese beiden genannten Frauenspersonen, oder mehrere andere, in Verhaft zu nehmen und nach Luyk zu bringen. Diese fingen Aeltjen zuerst und dann auch Maeyken mit ihrem Bruder (der noch sehr jung war), denn sie hatten sich beide dazu bereit gemacht, und waren willens, daß, wenn dieselben ihren Vater erwischten, sie beide mit dem Vater gehen und ihn nicht verlassen wollten; weil sie aber den Vater nicht erwischten, so ist ihr Bruder den Trappern entgangen.

Sodann haben sie diese beiden Schafe nach Luyk geführt; es liegt aber Hasselt, eine Stadt, von Sonhofen ungefähr eine Meile ab, wo der Weg nach Luyk durchzieht; in dieser Stadt haben die Bekannten dieser beiden Schafe ihnen sehr zugeredet und sie sehr beklagt, daß sie ins Gefängnis nach Luyk gehen müssten und sprachen ihr Mitleiden und ihre Teilnahme gegen dieselben aus; Maeyken aber sagte zu denselben: Wenn es der Herr so beschlossen hat, so gehe ich lieber nach Luyk (nämlich um des Zeugnisses Christi willen) als nach Hause. Also haben sie ihre Reise durch die Stadt nach Luyk fortgesetzt, welches zusammen ungefähr acht Meilen ausmacht. Als sie dahin kamen, wurden sie in den Turm des geistlichen Richters zehn Wochen lang gefangen gesetzt. In dieser Zeit haben sie einander große Liebe erwiesen (zu nicht geringer Erbauung und Stärkung), was daraus zu ersehen ist, daß die junge Tochter gern alles Ungemach, welches ihrer lieben, alten Schwester zugestoßen ist, an ihrem eigenen Leib hätte ertragen mögen, wenn es anders möglich gewesen wäre. Sie haben vielerlei Anstoß erlitten, teils durch Drohen und Schrecken, teils aber auch durch Schmeicheleien, womit man gesucht hat, sie von ihrem Glauben abzubringen.

Einmal kam des Bischofs Kaplan zu der jungen Tochter mit freundlich scheinenden Reden; er brachte eine Kanne Wein mit, in der Hoffnung, er würde sie überwinden, denn er stellte ihr die Sache mit sehr lieblichen Reden vor, ja, er fiel auf seine Knie und bat sie mit gefaltenen Händen, sie möchte doch abstehen und an die römische Kirche glauben; aber Maeyken hat ihre Treue erwiesen und des Teufels Betrug abgeschlagen, sodass der Versucher weggegangen ist.

Nachher kam ein Mann aus ihrem Dorfe zu ihr, der mit ihr Bekanntschaft hatte; dieser, als er nach Luyk kam, hörte, daß sie sterben müsste; deshalb ist sein Gemüt entbrannt, und weil er Mitleiden mit ihr fühlte, hat er gedacht: Sollte denn das junge Mägdlein sterben müssen? Darum nahm er sich vor, er wolle mit ihr reden, um zu sehen, ob er sie bewegen möchte; deswegen ist er ins Gefängnis gegangen, hat Maeyken allein herausgerufen und gesagt: Ei, liebe Maeyken, möchtest du doch folgen, und ein Blatt umschlagen, so würdest du von diesen Banden erlöst werden; wenn du dann wieder frei bist, so lebe wie zuvor. Darauf antwortete sie: Mein lieber Freund (mit Namen genannt), solltest du mir das raten, daß ich Gott verlassen und ein Kind des Teufels werden sollte? Der Mann sagte: So musst du denn sterben. Darauf sagte Maeyken: Ich wünschte, es ging uns so; so gerne als ich den lichten Tag sehe. Da der Mann das hörte, ist er verstummt, sodass er mit weinenden Augen umkehrte und ihr nichts mehr sagte.

Sie sind beide des Donnerstags Nachts gepeinigt und aufgehängt worden, aber sie verhielten sich still und fielen in Ohnmacht. Da begossen sie Maeyken mit Wasser, worüber Maeyken geschrien hat; weiter aber brachten sie aus beiden nichts heraus. Des Nachts lagen sie still beieinander; des Freitags Nachts aber sangen sie mit großer Freude. Als sie nun lange gefangen gelegen hatten, hat man sie endlich in des geistlichen Richters Hof gebracht, und nach ihrem geistlichen Recht verurteilt. Als sie ihr Urteil vernahmen, dankten sie mit freudigem Mut, ja, gleichsam mit lachendem Mund dem Herrn. Nachher haben sie diese beiden Personen dem weltlichen Richter überantwortet; derselbe hat sie angenommen, und wieder in sein Gefängnis geführt, worin sie (einige Tage), um des unbehaglichen Gefängnisses willen, in großer Not waren; der Herr aber hat für sie gesorgt, daß sie in dem Herrn Trost und Mut fassten. Aeltjen erhielt von ihrem Mann Geld und Decken gesandt; sie aber wollte keinen Gebrauch davon machen und schlug es also ganz und gar aus. Sie fragte ihre liebe Schwester Maeyken, ob sie es haben wollte; Maeyken sagte: Ich habe es ebenso wenig nötig, als du, meine liebe Schwester, denn sie hofften, bald mit dem Herrn in aller Fülle und Freude zu leben. Ja, sagte Aeltjen, wenn auch die Türe offen stände, so würde ich doch nicht weggehen. Weil sie denn in allem ihrem Leiden so freudig in Gott waren, so haben sie in ihren Herzen Gott im Himmel gedankt, und Ihm im Gefängnis Lob gesungen.

Nachher wollte man sie durch das weltliche Recht verurteilen, welches, wie man sagt, durch vier Ratsherren geschehen ist, daß nämlich diese beiden Personen (um des Wortes Gottes willen), nachdem man sie gebunden, lebendig von der Maasbrücke hinabgeworfen und auf solche Weise ertränkt werden sollten. An demselben Tag, als den Samstag, sind zwei Männer von ihrer Heimat nach Luyk zu ihnen gekommen, um sie beide zu fragen, ob sie noch etwas zu besorgen hätten. Sie kamen aber, der Sache unkundig, und fanden sie in einer Kammer, wo die Herren saßen, um sie zu verurteilen, und sie standen mitten unter ihnen. Als nun Aeltjen ihren Bekannten sah, sagte sie zu ihm: Vetter, kommst du, uns noch einmal zu besuchen; wir hoffen innerhalb einer Stunde unser Opfer zu tun; wir danken dir herzlich dafür; ich bitte dich auch, sage meinem Mann, daß er meine Kinder in der Gottesfurcht aufziehe. Maeyken sagte: Sage doch meinem Vater und meiner Mutter gute Nacht. Dieses redeten sie, als sie zwischen den Herren standen, und ihr Urteil erwarteten. Als die Männer noch ein wenig stehen blieben, hat sich einer von den Herren vor Maeyken gebeugt, und sie gebeten, sie wolle doch abstehen und an die römische Kirche glauben, so sollte ihr das Leben geschenkt sein. Darauf sagte Aeltjen: Wir begehren zu sterben, wie die Apostel Christi getan haben.

Als nun die letzte Stunde herbeikam, hat man sie aus dem Gefängnis gebracht; hierüber haben sie beide voller Freuden angefangen zu singen, Gott zu danken und ihn zu loben; aber leider wurde dies den armen Schafen nicht lange zugestanden, denn, was man Dieben und Mördern vergönnt, nämlich zu reden, das wurde ihnen verwehrt. Man führte sie nachher wieder nach dem Gefängnis zurück; hier verstopfte man ihnen den Mund und führte sie wie stumme Schafe zur Schlachtbank und zum Tode. Als sie nun auf die Maasbrücke kamen, erhoben sich unter dem gemeinen Volk mancherlei Gerüchte von diesem Handel; der Scharfrichter, als sie an den verordneten Platz kamen, fing an, sie zu binden; aber sie durften nichts reden, bis der Scharfrichter das Tuch, das vor ihrem Mund war, losband und ihnen dasselbe um die Augen legte. Da sagte Aeltjen zuerst: Ach, Herr, das ist wohl eine schöne Stadt, wenn sie nur mit Ninive Buße täte, und als sie sich so Gott anbefahl, hat sie der Scharfrichter sofort von der Brücke ins Wasser geschmissen, worauf sie sogleich untergegangen ist.

Hiernächst hat der Scharfrichter der Maeyken gleichfalls das Tuch vom Mund genommen, worauf man sie zum Scharfrichter sagen hörte, vergönne mir, daß ich in meiner höchsten Not zu Gott beten und Ihn anrufen möge. Der Scharfrichter sagte: Bitte du unsere Herren, die Obrigkeit, und glaube mit uns an die römische Kirche, so erhältst du dein Leben. Maeyken sagte: Ich habe die Obrigkeit nicht beleidigt, darum gebührt mir auch nicht, sie anzubeten; der Scharfrichter aber gab ihr kurze Antwort, vergönnte ihr keine Zeit, sondern warf sie sogleich über die Brücke hinab. Sie ist aber nicht so schnell wie Aeltjen gesunken, sondern mit blühenden Wangen noch lange auf dem Wasser dahingetrieben; man sagte, ungefähr bis unter die Stadt.

Also haben diese beiden Christen ihr Leben Gott zu Ehren den 24. Juli 1595 geendigt.