Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.107

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2.107 Noch ein Testament von Johann Nicolaus an sein ganzes Geschlecht.

Wisset, meine lieben Brüder und Schwestern, Vetter und Freunde und mein ganzes Geschlecht, dass ich nicht als ein Dieb, Mörder oder Übeltäter leide, sondern um der Ordnung willen, welche des Herrn Apostel gelehrt und eingesetzt haben. Ich meine die heilige Kirchenordnung, welche vor achtzehnhundert Jahren gemacht worden ist, die Jesus Christus seinen lieben Jüngern befohlen und mit seinem Blute versiegelt hat, und welche die Apostel gepredigt, gelehrt und mit ihrem Blute befestigt haben. Meine lieben Freunde! Lasset um meinetwillen das Haupt nicht sinken, weil etwa die Menschen schreien, ich sei als ein Wiedertäufer und Ketzer gestorben; wir finden nur von einer Taufe auf den Glauben Nachricht und vor dem Glauben ist von Gott keine Taufe befohlen. Es möchte aber nun jemand fragen: Was, soll man denn die Kindlein nicht taufen? Nein! Gleichwohl sind sie selig durch das Verdienst Jesu Christi und sind in seinem Blute getauft, denn es steht geschrieben: Gleichwie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christo alle lebendig gemacht werden. Dieses geschieht aus lauter Gnade ohne irgendein Zeichen. Aber, meine lieben Freunde, der Herr hat befohlen, das Evangelium zu predigen, die da glauben, die soll man taufen. Auch hat Er befohlen, dass die Gläubigen sein Abendmahl zu seinem Gedächtnisse auf solche Weise halten sollen, wie es der Herr eingesetzt und seine Apostel gebraucht haben; sonst hat Er ihnen nichts befohlen, weder Messe noch Kindertaufe, noch Ohrenbeichte oder sonstige auswendige Gottesdienste, sondern Er hat befohlen, Gott über alles zu lieben, seinem Wort gehorsam zu sein, seinen Nächsten wie sich selbst zu lieben.

Ach, wo soll man diejenigen finden, die solches tun? Forschet im Worte Gottes, es ist kein Christ, der solches nicht wisse. Es ist ja damit nicht ausgemacht, dass sie lehren, dass ihr bei der heiligen Kirche bleiben sollt, sondern ihr müsst auch wissen, was die heilige Kirche sei, nämlich: die Versammlung der Gläubigen, welche durch das Wort Gottes ausgeboren sind, denn es ist euch wohl bekannt, dass niemand in diese Welt kommen kann, ohne dass er geboren werde; ebenso kann auch niemand in die zukünftige eingehen, es sei denn, dass er wiedergeboren sei; gleichwie Petrus sagt: Nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Worte Gottes, das da ewiglich bleibet. O wohl dem, welcher hier ausgeboren wird! Diese Wiedergeborenen gebrauchen die rechte Taufe und das rechte Abendmahl, auch sondern sie sich von allen solchen ab, die schändlich lehren oder ungeziemend leben. Sie töten nicht den Leib, denn solches lehret Gottes Wort nicht, sondern sie meiden ihre Gesellschaft so lange, bis sie sich bekehren, denn sie sind die christliche Kirche, die Gemeinschaft der Heiligen, ihnen sind ihre Sünden vergeben, denn es ist kein anderer Name gegeben, weder im Himmel noch auf Erden, durch den sie selig werden können, als der Name Jesu, das ist, durch Sein Verdienst. Sie glauben und leben allein nach seiner Verordnung. Er hat dieselben nicht getötet, welche nicht an ihn glaubten, auch hat es seine heilige Kirche nicht getan; aber er und die Seinen sind von Anfang her getötet worden und dabei wird es auch bleiben. Hieran sollt ihr diejenigen erkennen, die Ihm angehören. Nicht diejenigen, die sich seines Namens rühmen und ihre Sache mit dem Schwerte behaupten, sondern diejenigen, die nach dem Exempel des Herrn leben und ihre Sache mit dem Worte Gottes befestigen, tragen das Schwert der Rechtgläubigen. Es möchte aber jemand sagen: Wo sind die Voreltern geblieben, die sonst nichts gewusst haben? Solches überlassen wir Gott zu beurteilen; man könnte auch sagen, dass der Herr verheißen habe, bei uns zu sein, bis an der Welt Ende; bei den Gläubigen ist er immer, bei den Ungläubigen aber niemals, das heißt, mit seinem Worte und dem rechten Gebrauche seiner Zeichen, nämlich der Taufe und dem Abendmahle, und so wird Er stets bei denen sein, die recht wandeln und ihr Leben nach seinen Worten einrichten.

Liebe Freunde!

Es sind zu der Apostel Zeiten sieben Sekten unter ihnen entstanden, um deswillen aber war die rechte Lehre nicht zu verwerfen, obgleich nun unter dem Evangelium viele böse Buben sich hervorgetan haben, so nimmt doch solches dem Worte Gottes nichts an seiner Kraft; wer selig werden will, muss sich unter dasselbe beugen. Zu den Zeiten des heiligen Tobias hat ganz Israel die goldenen Kälber angebetet, welche der König Jerobeam hatte machen lassen; er aber hielt sich allein an den Herrn, seinen Gott, und tat, was Er ihm befohlen hatte. Freunde! Sehet ja nicht auf den großen Haufen, sondern sehet auf das Wort Gottes; dieses wird euch nicht betrügen. Verflucht ist der Mensch, der sich auf Menschen verlässt und Fleisch für seinen Arm hält; gesegnet aber ist der Mann, der sich auf den Herrn verlässt. Darauf verlasse ich mich, dass er seinen Vater nicht allein für diejenigen bittet, die bei Ihm waren, sondern auch für diejenigen, welche sich durch das Wort zu Ihm bekehren würden. Der gute Vater wolle durch seinen eingeborenen Sohn Jesum Christum euch den rechten Verstand geben, dass ihr Ihn fernerhin kennen lernen möget.