Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.464

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2.464  Der vierte Brief von Jacob Kerzengießer, geschrieben an seine Kinder, welcher eigentlich ein Bekenntnis seines Glaubens enthält.

Meine auserwählten lieben Kinder! Ich hoffe, euch meinen Glauben in der Kürze zu schreiben, damit ihr wissen mögt, daß ich nicht als ein Verführer oder Ketzer, sondern um des rechten Glaubens willen gestorben sei, der vor Gott gilt.

1. Zunächst glaube und bekenne ich, daß ein wahrer Gott sei, welcher Himmel und Erde, das Meer, und alles was darin ist, durch sein ewiges, allmächtiges und unbegreifliches Wort erschaffen hat, das im Anfange bei Gott war, und auch Gott war, samt dem Vater.

2. Und Gott hat am sechsten Tage den Menschen gemacht, nach seinem Bilde oder Gleichnis, nämlich, nach seiner Art; der Mensch aber ist durch List der Schlange in seiner Schöpfung nicht geblieben, in welcher der Teufel gewirkt hat, sodass er Adam mit seinem ganzen Samen in den Tod gestürzt hat, wie geschrieben steht.

Gott schuf den Menschen unsterblich, und machte ihn zum Bilde nach seiner Gleichheit; aber durch des Teufels Neid ist der Tod in die Welt gekommen, und alle, die seines Teils sind, folgen ihm nach, wie auch Esra schreibt: Der erste Adam, weil er ein arges Herz hatte, hat übertreten, und ist überwunden worden, so wie auch alle, die von ihm geboren sind; ferner sagt er: Ach, Adam! Was hast du getan? Denn weil du gesündigt hast, ist nicht dein Fall über dich allein geraten, sondern auch über uns, die wir von dir hergekommen sind.

3. Als nun der Mensch Adam, mit seinem ganzen Geschlechte, in den Tod gefallen war, hat der barmherzige Vater aus Gnade seinen Sohn oft verheißen, welcher als ein unbeflecktes Lamm, das vor Grundlegung der Welt ersehen war, uns durch seinen Tod und durch sein Blut vom Tode erlöst hat, welcher auch in der Fülle der Zeit ein Mensch geworden ist, geboren von der Jungfrau Maria, wie von ihm geweissagt worden ist, wenn es heißt: Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben; und abermals: Eine Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären. Also ist er durch die Kraft des Höchsten von dem Heiligen Geiste in Maria empfangen worden, wie der Engel zu ihr sagte: Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Zu Joseph sagte er, das in ihr geboren ist, ist vom Heiligen Geiste, weshalb das Heilige, das von ihr geboren wird, Gottes Sohn genannt werden soll, denn das Wort, das im Anfange bei Gott war, ist Fleisch geworden, und hat unter den Menschen gewohnt sichtbar und begreiflich, sodass man auch seine Herrlichkeit gesehen hat, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Dieser hat sich selbst erniedrigt, und Knechtsgestalt angenommen, ist wie ein anderer Mensch geworden und an Gestalt als ein Mensch erfunden worden; alles nun, was er von seinem Vater gehört hat und gesehen hat, das hat er uns gelehrt und zu erkennen gegeben, und ist seinem Vater gehorsam gewesen bis zum Tode. Er ist aber unschuldig von Pilatus zum Tode verurteilt worden, und am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten, und nach seiner Auferstehung hat er seinen Jüngern befohlen, allen Kreaturen das Evangelium zu predigen und die Gläubigen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes zu taufen, auch ist er gen Himmel aufgefahren, und sitzt zur rechten Hand des Vaters, von dannen er wiederkommen wird vom Himmel in der Herrlichkeit seines Vaters, und in den Wolken des Himmels, um die Lebendigen und die Toten zu richten.

4. Ferner glaube und bekenne ich, daß ein Heiliger Geist sei, der vom Vater ausgeht, und durch Christum Jesum auf die Gläubigen und wiedergeborenen Kinder ausgegossen wird, wie Tit 3 und Eph 1 geschrieben steht, als ein Unterpfand des Geistes und zur Versicherung des Gemütes, durch welchen Geist sie rufen: Abba, lieber Vater! Durch denselben Geist werden sie auch in alle Wahrheit geleitet, denn er ist ihr Lehrmeister; durch denselben Geist haben die Propheten geweissagt, denn Gott teilt ihn durch die geistigen Gaben den Gläubigen mit zum allgemeinen Nutzen. Darum schreibt der Apostel: Es sind mancherlei Gaben, aber es ist ein Geist, und es sind mancherlei Ämter, aber es ist ein Herr, und es sind mancherlei Kräfte, aber es ist ein Gott, der alles in allem wirkt. Diese drei Namen sind ein wahrer Gott; der Vater ist der Schöpfer, der alle Dinge durch den Sohn oder sein Wort, und durch seinen Geist erschaffen hat; auch hat er alle Dinge wieder erneuert, und die Gläubigen durch den Sohn und durch den Heiligen Geist gereinigt, in welchen drei Namen den Aposteln befohlen war, die Gläubigen zu taufen; denn drei sind, die im Himmel zeugen: der Vater, das Wort und der Heilige Geist, und diese drei sind eins.

5. Auch glaube und bekenne ich, daß eine heilige christliche Kirche sei, welche die Gemeinschaft der Heiligen und die Versammlung der Gläubigen und Gerechten ist; diese ist ein Tempel des lebendigen Gottes, eine Säule und ein fester Grund der Wahrheit und eine Wohnung Gottes im Geiste. In diesem Tempel ist der Heilige Geist Lehrmeister; die Apostel sind Bauleute, die diesen Tempel zuerst auferbaut haben. Ebenso wie Salomo seine Knechte auf einen Berg gesandt hat, die Steine zu behauen, als er seinen Tempel bauen wollte, und als nun Steine zubereitet waren und zur Arbeit gebracht wurden, fügten sie dieselben zusammen, sodass man im Bauen weder Hammer noch Beil oder sonst ein eisernes Werkzeug hörte; so hat auch Christus seine Apostel ausgesandt, um die Menschen zu lehren, und in seinem Namen Buße zu verkündigen, ehe sie sich taufen ließen; denn sollten sie lebendige Steine an dem Tempel Gottes sein, so mussten sie wiedergeboren sein mit dem Hammer des Wortes Gottes, und durch den unvergänglichen Samen Gottes des Vaters, der ein Berg und ein Fels ist ewiglich. Also haben die Apostel anfänglich den Tempel gebaut, und, als weise Bauleute, den Grund gelegt.

Darum sägt Paulus, daß Gott in der Gemeinde zunächst die Apostel, darauf die Propheten und endlich die Lehrer verordnet habe; an einem andern Orte sagt er: Er hat einige zu Aposteln, andere zu Propheten, einige zu Evangelisten, andere zu Hirten und Lehrern gesetzt, daß die Heiligen zum Werke des Amtes zugerichtet werden, wodurch der Leib Christi erbaut wird, bis daß wir alle hinan kommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden, der da sei in dem Maße des vollkommenen Alters Christi, denn ebenso wie ein Leib viele Glieder hat, und doch nur ein Leib ist, so sind auch die Gläubigen, ihrer großen Anzahl ungeachtet, dennoch nur ein Leib, dessen Haupt Christus ist; denn Paulus schreibt: Wir sind durch einen Geist alle zu einem Leibe getauft, und sind alle zu einem Geiste getränkt. Alle nun, die in diesem Tempel oder dieser Stadt sind, haben Christum zu einem Herrn und König. Ihm müssen sie gehorsam sein; von ihm müssen sie sich regieren und ihn mit seines Reiches Zepter, nämlich mit seinem Geiste und Wort herrschen lassen; denn Ihm ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. Der Vater richtet niemanden, sondern hat dem Sohne alles Gericht übergeben, damit sie alle den Sohn ehren sollen, gleichwie sie den Vater ehren; wer den Sohn nicht ehrt, der ehrt auch den Vater nicht, der Ihn gesandt hat. Und wie der Vater das Leben hat, in Ihm selbst, so hat er dem Sohne gegeben, das Leben in ihm selbst zu haben. Wer den Sohn Gottes hat, der hat das ewige Leben, wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht. Durch ihn hat die Kirche Vergebung der Sünden, denn sie glauben an ihn und suchen allein ihre Seligkeit in ihm, denn es ist ihnen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, wodurch sie selig werden sollen, als der Name Christi, indem er ihnen von Gott zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung und Erlösung gemacht ist; auch hat er sich selbst für sie dahingegeben, damit er sie von aller Ungerechtigkeit erlöse, und sich ein eigenes Volk reinigte, das zu allen guten Werken fleißig wäre.

Diese haben einen Herrn, einen Glauben, eine Taufe; diese haben Gott zum Vater, einen Heiligen Geist, auf welchen und durch welchen der Tempel erbaut und gegründet ist.

6. Ferner glaube und bekenne ich eine christliche Taufe, nach Inhalt des Wortes Gottes, wie Christus seinen Aposteln befohlen hat, wenn er sagt: Geht hin und lehrt alle Völler und tauft sie im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe; und Mk 16: Geht hin und lehrt alle Welt und predigt das Evangelium allen Kreaturen; wer da glaubt und getauft wird, soll selig werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. Also haben die Apostel nach ihres Herrn Befehl getan, denn Petrus hat auf dem Pfingstfeste seinen Mund aufgetan, das Volk von Jerusalem gelehrt und sie wegen ihrer Sünden bestraft, sodass sie sagten: Ihr Männer, liebe Brüder, was sollen wir tun? Petrus sagte: Tut Buße und lasse ein jeder sich taufen, so werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, die euch und euren Kindern verheißen ist, und allen, die fern sind, welche Gott, unser Herr, herzurufen wird.

Hiermit beweist der Apostel, daß die Gaben des Heiligen Geistes nicht allein an Juden und ihren Kindern, sondern auch den Heiden gegeben werden sollten, die von dem Reiche Gottes entfernt waren, welche Gott auch herzurufen wird; gleichwie der Prophet Joel zuvor gesagt hatte, daß Gott in den letzten Tagen seinen Geist über alles Fleisch ausgießen würde. Darum hat auch Gott den Heiligen Geist über den heidnischen Cornelius und sein Hausgesinde ausgegossen, um Petrus und seinen Aposteln zu zeigen, daß er allen Menschen Macht gegeben hatte, durch den Glauben Gottes Kinder zu werden, und mit solchen wollte er seinen Bund aufrichten; deshalb gedachte Petrus, daß man sie im Namen des Herrn taufen sollte, denn sie waren von Christo mit dem Heiligen Geiste und Feuer getauft, durch welchen Geist er ihr Herz von den toten Werken reinigte, um dem lebendigen Gotte zu dienen. Darum sagte Petrus zu denen von Jerusalem: Tut Buße und lasse sich ein jeder im Namen des Herrn zur Vergebung der Sünden taufen, nicht als ob durch die Taufe die Sünde vergeben werden könnte, wie man an Simon dem Zauberer sehen kann; dieser war auch von Philippus getauft, aber Petrus sagte, er sollte weder Teil noch Anfall an dem Worte haben, sondern sie werden durch den Glauben an Jesum von den Sünden gereinigt, in dessen Namen sie die Taufe empfangen; darum ist die Taufe ein Zeichen, wodurch etwas Besseres vorgebildet wird, und muss folglich auf oder durch den Glauben empfangen werden, denn Petrus sagt: Welches uns nun auch selig macht in der Taufe, die durch jenes bedeutet ist, nicht das Abtun des Unflats am Fleische, sondern der Bund eines guten Gewissens mit Gott, durch die Auferstehung Jesu Christi, welcher zur Rechten Gottes in den Himmel gefahren ist. Deshalb hat auch Philippus, nach dem Befehle Christi, die Samariter gelehrt, ehe sie die Taufe empfingen; auch viele Korinther, die zuhörten, wurden gläubig und ließen sich taufen. So muss denn die Taufe auf den Glauben empfangen werden, zu einem Bunde des christlichen Lebens, zu einem Anziehen des Leibes Christi, zu einer Einpfropfung in den rechten Ölbaum und Weinstock Christum, zu einem Eingange in die geistliche Arche Noah, wovon Christus der rechte Hausvater ist, wie von ihm geschrieben steht; Siehe, hier bin ich, und die Kinder, die mir Gott gegeben hat; und Jesaja nennt ihn den starken Gott, den einigen Vater, den Friedensfürst. Also werden sie von Christo getauft, inwendig mit dem Heiligen Geiste und Feuer, auswendig aber mit Wasser, wie der Kämmerer sagte: Hier ist Wasser, was hindert es, daß ich mich nicht taufen lasse? Philippus sagte: Glaubst du von ganzem Herzen, so mag es wohl sein; er antwortete: Ich glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist.

Darum muss man die rechte christliche Taufe nach dem Befehle Christi und dem Gebrauche der Apostel empfangen, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, damit die Sünden begraben werden und wir mit Christo in einem neuen Leben wandeln, auch der Sünde fernerhin nicht mehr dienen.

7. Ferner bekenne ich ein rechtes Nachtmahl oder Brotbrechen, welches Christus selbst eingesetzt und mit seinen Aposteln gebraucht hat, und das zwar mit Brot und Wein; denn in der Nacht als er verraten ward, nahm er das Brot, dankte, brach es und sprach: Nehmt und esst, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnisse; und nach dem Abendmahle nahm er den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist das neue Testament in meinem Blute, so oft ihr davon trinkt, so tut es zu meinem Gedächtnisse. Daraus aber kann niemand schließen, daß das Brot der Leib Christi selbst sei, weil er es seinen Leib nannte; sonst müsste auch folgen, daß der Kelch sein Testament sei, denn er hat den Kelch sein Testament genannt; aber es sind Gedenkzeichen, wobei man sich seines Todes und des Testamentes (das mit seinem Blute besprengt ist) erinnern soll; denn wo ein Testament ist, da muss der Tod dessen, der das Testament gemacht, erfolgt sein, denn solange derjenige lebt, der das Testament gemacht hat, ist dasselbe ungültig. Darum hat Christus sein Testament, das er mit dem Hause Israel gemacht hat, mit seinem Tode befestigt, und sein Blut zur Vergebung vieler Menschen Sünden vergießen lassen; also bricht man das Brot dessen zum Andenken, und trinkt den Wein in der Gemeinde, gleichwie Christus gesagt hat: Tut dieses zu meinem Gedächtnisse, denn gleichwie das Brot in der Gemeinde gebrochen wird, so wurde auch der Leib Christi am Kreuzesholze zerbrochen, und gleichwie von diesem Brote niemand gespeist wird, als diejenigen, die davon essen, so wird niemand von Christo, der das Brot des Lebens ist, nach der Seele gespeist, der nicht an ihn glaubt.

Darum konnte Judas Christum nicht empfangen, obgleich er von dem Brote aß, denn es gehört niemandem das Brotbrechen, als denen, die durch den Glauben Christi teilhaftig sind, und mit Ihm ein Brot geworden sind; auch gebührt es niemandem, aus dem Kelche zu trinken, als demjenigen, der ein Kind des Neuen Testamentes (welches mit dem Blute Christi besprengt ist) geworden ist; derselbe muss das Gesetz des Herrn in sein Herz geschrieben haben; der Herr muss also sein Gott geworden sein, der seiner Sünden nicht mehr gedenken will, denn soll man ein Gedenkzeichen gebrauchen, so muss man dasjenige haben, dessen man sich dabei erinnern soll. Darum sagt der Apostel: Ein jeder prüfe sich selbst, und so esse er von diesem Brote und trinke von dem Kelche, denn wer unwürdig isst oder trinkt, der isst und trinkt sich selber das Gericht, weil er den Leib des Herrn nicht unterscheidet, indem man einen Unterschied darin machen muss, für wen der Herr seinen Leib dahingegeben hat. Darum müssen die Christen, oder die sich so nennen lassen, sich selbst prüfen, ob ihnen auch das Brot zukomme; solches stellt ihnen viel vor, indem es ihnen gleichsam ein Spiegel ist, denn es ist Brot, welches aus vielen Körnlein gebacken ist, welche durch das Mahlen untereinander gemengt, mit Wasser angemacht, durch das Feuer gebacken, und auf solche Weise ein Brot werden, daß man nicht mehr unterscheiden kann, welches das größte oder kleinste Körnlein gewesen; ebenso muss auch unser Herz durch den Hammer des Wortes Gottes zerbrochen werden, durch die Gemeinschaft des Heiligen Geistes untereinander; wir müssen in feuriger Liebe einig und zufrieden untereinander sein und nichts durch Zank oder eitle Ehre tun, sondern der eine halte den andern höher als sich selbst. Diejenigen, die in solcher Weise mit Christo ein Brot geworden sind, denen kommt das Brotbrechen zu; die sollen es zu seinem Gedächtnisse empfangen, denn für ein solches Volk hat er seinen Leib dahin gegeben; diese sollen aus dem Kelche trinken, denn sie sind mit seinem Blute gereinigt, und haben das, was der Wein bedeutet, durch den Glauben erlangt.

Darum schreibt Paulus: Der Kelch der Danksagung, womit wir danken, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, welches wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? So sind wir viele ein Brot und ein Leib, weil wir alle eines Brotes teilhaftig sind. Seht an den Israel nach dem Fleische, die das Opfer essen, sind sie nicht alle in der Gemeinschaft des Altars? Denn gleichwie Aaron und seine Kinder die Opfer aßen, und kein Fremdling davon essen durfte, so kommt das Brechen des Brotes und das Trinken des Kelches niemandem zu, als nur den rechten, wiedergeborenen Kindern Gottes, die von innen von Christo mit dem Heiligen Geiste und Feuer getauft sind, von außen aber mit Wasser auf ihren Glauben, und also mit Christo ein Brot und ein Leib geworden sind. Und wie die Kinder Israel das Osterlamm mit ungesäuertem Brote essen mussten, so soll auch das Abendmahl des Herrn von einem ungesäuerten Volke gehalten werden, welches den alten Sauerteig ausgefegt hat, und ein neuer Teig geworden ist, oder sie halten solches zu ihrem Gerichte.

So ist denn das Brot nicht sein Leib, obgleich es Christus so nennt, sondern es ist das Gedenkzeichen seines Leibes, den er für uns dahingegeben hat, denn Christus sagt zu seinen Jüngern: Wer euch aufnimmt, der nimmt mich auf; ferner sagt er: Wer ein solches Kind aufnimmt in meinem Namen, der nimmt mich auf. Diese Wort soll man nicht so verstehen, als ob sie Christum leiblich empfingen, sondern diejenigen, die solches Kind oder seine Jünger aufnehmen, die tun in der Kraft eben soviel, als ob sie Christum aufgenommen hätten, denn sie waren seine Boten, welche sie in seinem Namen aufnahmen; auch sagt Paulus, daß die Kinder Israel von dem geistigen Felsen getrunken haben, der ihnen nachfolgte, welcher Jesus Christus war; gleichwohl hat Mose mit seinem Stabe nicht Christum geschlagen, sondern den Felsen, welcher Christum vorstellte, denn gleichwie Wasser aus dem Felsen floss, als ihn Mose mit dem Stabe schlug, welches die Kinder Israel tranken, so hat Gott der Vater durch seine Kraft das Wasser des ewigen Lebens fließen lassen, um die geistigen Israeliten zu tränken; darum sagt er auch: Welcher Felsen Christus war. Sie haben auch (sagt er) einerlei geistige Speise gegessen, obgleich sie nur, gleichsam im Vorbilde, das Himmelsbrot in der Wüste aßen; aber Gott hat uns das wahre Brot vom Himmel gegeben, welches Christus ist, wovon das Brot, welches die Israeliten aßen, ein Vorbild war. Darum schreibt Paulus: Sie haben einerlei geistige Speise gegessen. Solcher Art und Weise zu reden, hat sich nun Paulus und seine Apostel bedient, indem sie die Zeichen und Vorbilder so nannten, als ob es das Wesen selbst gewesen wäre, wie an den beiden Weibern zu ersehen ist; die Worte bedeuten etwas, denn es sind die beiden Testamente, wiewohl die Weiber die Testamente nicht selbst waren, sondern sie stellen die Testamente vor.

Ebenso muss man auch nicht meinen, daß das Brot der Leib Christi wäre, sonst müsste auch der Kelch das Testament und der Wein sein Blut sein; dem ist aber nicht so, sondern es sind nur Gedenkzeichen, wobei man sich seines Leibes und seines Blutes erinnern soll, das am Stamme des Kreuzes vergossen worden ist; darum sagt Christus: Solches tut zu meinem Gedächtnisse.

8. Ferner bekenne ich einen christlichen Bann oder eine Absonderung von der Gemeinschaft, welche Christus und seine Apostel selbst verordnet und eingesetzt haben, und das auf zweierlei Weise; erstlich hat Christus zu Petrus und seinen andern Aposteln gesprochen: Was ihr auf Erden binden werdet, das soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, das soll auch im Himmel gelöst sein. Zuvor aber hat er gesagt: Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben; und ferner zu seinen Jüngern: Friede sei mit euch; gleichwie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch, und als er dies sagte, blies er sie an mit den Worten: Nehmt hin den Heiligen Geist; welchen ihr die Sünde vergebt, denen sind sie vergeben, welchen ihr sie aber behaltet, denen sind sie behalten. Hieraus darf aber niemand schließen, als ob Christus den Aposteln solche Macht gegeben habe, daß sie das Reich nach ihrem Willen regieren durften; das sei fern, sondern er hat ihnen das Reich beschieden, wie es ihm sein Vater beschieden hat, damit sie es nach seinem Willen regieren sollten; ebenso hat er sie auch zu Statthaltern verordnet, weil er nicht bei ihnen bleiben konnte; ebenso, wie der König von Spanien, als er aus dem Lande reisen wollte, Statthalter statt seiner verordnete, welche die Leute nach seinem Willen regieren sollten; aber er hat sie nicht zu Herren darüber gesetzt, sondern übergab ihnen seine Rechte, Gebote und Befehle; weshalb denn nun alles, was sie hier in diesen Landen gebunden oder gelöst, nämlich, was sie hier geurteilt und gerichtet haben, vor dem Könige bestehen muss, wenn sie es anders nach seinen Rechten und Gebräuchen gerichtet haben, oder aber er müsste kein rechter König sein.

Ebenso hat Christus seinen Aposteln auch eine Richtschnur gegeben, wonach sie sich richten sollten, und hat ihnen überdies seinen Geist mitgeteilt, damit sie solches der Gemeinde vollkommen erklären könnten; auch hat Christus zu ihnen gesagt: Ärgert dich deine Hand, so haue sie ab, und wirf sie von dir; es ist dir besser, nur eine Hand zu haben, und in das ewige Leben einzugehen, als zwei Hände zu haben, und in das höllische Feuer geworfen zu werden; ein Gleiches sagt er auch von den Füßen und Augen,Mt 18. Weil nun unter den Korinthern solch ein ärgerliches Glied war, das nämlich seines Vaters Weib hatte, so hat Paulus beschlossen, mit seinem Geiste und mit der Kraft Christi in ihrer Versammlung es dem Satan zum Verderben des Fleisches zu übergeben, damit der Geist selig werden möchte. Was nun Paulus auf Erden band, das war im Himmel gebunden, denn er tat es durch die Kraft Christi, und darin bestand die Macht, die sie empfangen hatten, daß sie alle ärgerlichen Glieder absonderten, und diesen Sauerteig ausfegten, damit sie ein neuer Teig sein möchten. Darum schrieb er den Thessalonichern: Wir gebieten euch, liebe Brüder, im Namen unsers Herrn Jesu Christi, daß ihr euch aller Brüder entzieht, die unordentlich wandeln, und nicht nach der Einsetzung, die ihr empfangen habt, denn die Toten können nicht bei den Lebendigen bleiben, damit dadurch nicht ein Gestank entstehe, und dieselben ebenfalls unrein weiden; darum muss man sich aller unreinen Brüder und Schwestern entziehen; auch schreibt der Apostel: Einen ketzerischen Menschen, wenn er ein- oder zweimal ermahnt worden ist, meide, und wisse, daß ein solcher verkehrt ist, und als ein solcher sündigt, der sich selbst verurteilt hat; man soll sie meiden, denn sie richten Zank und Ärgernis an, damit die Gemeine durch ihre falsche Lehre nicht verdorben werde. Darum soll man auch nichts mit denen zu tun haben, die aus der Gemeinde gebannt worden sind, damit wir uns an ihnen nicht verunreinigen; ferner, damit sie beschämt werden, und sich bessern, denn es ist eine Strafe zur Besserung, und nicht zum Verderben; nicht wie Israel zu bannen pflegte, was gewöhnlich mit dem Tode geschah, sondern man soll sich, ohne Ansehen der Personen, aller Brüder und Schwestern entziehen, denn ebenso wenig wie Mose in seinem strengen, tödlichen Banne einen Unterschied der Personen machte, so macht auch Christus in seinem Banne, der zur Besserung dient, keinen Unterschied. Darum schreibt der Apostel: Ich habe euch geschrieben, daß ihr mit diesen nichts zu schaffen haben sollt; wenn sich jemand einen Bruder nennen lässt und ist ein Ehebrecher, oder ein Geiziger, oder Götzendiener, oder ein Lästerer, oder ein Trunkenbold, oder ein Räuber, mit solchem sollt ihr auch nicht essen. Zweitens sagt Mt 18, wo ihnen Christus den Schlüssel gibt: Wenn dein Bruder an dir sündigt; hier redet er nicht von ärgerlichen Gliedern, welche er abgeschnitten haben will, wie in demselben Kapitel geschrieben steht, denn er sagt: Strafe ihn zwischen dir und ihm allein; hört er dich, so hast du ihn gewonnen; das ist: Bekennt er seine Schuld, so sollst du ihm vergeben, denn es ist keine Todsache, weshalb ihn Gott verbannt hat; darum sollst du es ihm vergeben, wie dir Gott täglich vergibt durch Christum; hört er dich aber nicht, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit in zweier oder dreier Zeugen Mund alles Ding bestehe; hört er die nicht, so sage es der Gemeinde; hört er die Gemeinde nicht, so halte ihn für einen Heiden und Zöllner; welche Heiden und Zöllner außer Bunde des Herrn standen. Hieran kann man wahrnehmen, daß er von Sünden rede, die zwischen Brüdern geschlichtet werden können, in welcher Beziehung die Apostel den Bindeschlüssel erst nach der dritten Ermahnung gebrauchen durften, und dann wird er nicht um seiner Sünde (obschon die Sünde die Ursache war), sondern um seines Ungehorsams willen gestraft. Da sagte Petrus: Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er an mir sündigt, ist siebenmal genug? Christus antwortete: Ich sage dir, nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal, so oft als Brüder wider einander sündigen, es sei in Worten oder Werken, sollen sie einander vergeben, wenn die Schrift keinen Bann darauf gelegt hat, denn dieselbe ist der Schlüssel, womit alles zugeschlossen und aufgelöst, gebunden und entbunden werden muss, oder es wird im Himmel nicht bestehen. Ach, meine lieben Brüder! Seht wohl zu, daß sie allezeit recht gebraucht werde, dann wird es euch zu großem Frieden dienen.

9. Endlich glaube und bekenne ich eine Auferstehung der Toten, sowohl der Gerechten als auch der Ungerechten, denn gleichwie der Tod durch einen Menschen über alle Menschen gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung von den Toten über alle Menschen; gleichwie, wir in Adam alle sterben, so werden wir in Christo alle lebendig gemacht, ein jeder in seiner Ordnung, denn viele, die unter der Erde liegen und schlafen, werden erwachen, einige zum ewigen Leben, andere zur ewigen Schmach und Schande. Und die Toten, die in den Gräbern sind, werden die Stimme Christi hören, und werden hervorgehen, diejenigen, welche Gutes getan haben, zur Auferstehung des ewigen Lebens, diejenigen aber, die Übles getan haben, zur Auferstehung des Gerichtes; dann werden ihre Angesichter schwarzer sein als die Finsternis, und sie werden sehr erschrecken, und vor Angst des Geistes seufzen, wenn sie vor den Richterstuhl gestellt und nach ihren Werken belohnt werden; dann werden sie zu den Bergen sagen: Kommt und bedeckt uns, damit wir das Angesicht dessen nicht sehen, der auf dem Stuhle sitzt; dann werden sie in die Höhlen der Fledermäuse kriechen und sich in den Steinklüften vor der schrecklichen Majestät des Herrn verbergen; aber es wird nicht sein können, denn er wird kommen in den Wolken, und alle Augen werden ihn sehen, und werden alsdann erkennen, in wen sie gestochen haben, denn sie werden die Gerechten in großer Freudigkeit stehen sehen, und werden sagen: Diese sind es, die wir etwa zu einem Spotte hatten; wir Narren hielten ihr Leben für unsinnig; wie sind sie nun unter die Kinder Gottes gezählt, und ihr Erbe ist unter den Heiligen; dann werden sie das schreckliche Urteil hören müssen, wenn Christus sagen wird: Geht hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, welches dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist; die Gerechten aber werden mehr als die Sterne, ja, wie die Sonne leuchten auf ihres Vaters Throne, und werden mit weißen Kleidern angetan und mit dem ewigen Himmelsbrote gespeist werden, und werden von dem Baume essen, der mitten im Paradiese Gottes steht; dann werden sie nicht mehr hungern oder dürsten, denn das Lamm wird sie zur Quelle des lebendigen Wassers leiten; dann werden sie alles besitzen, denn sie haben überwunden.

Sieh, wie herrlich werden diejenigen sein, die zur Auferstehung der Gerechten werden würdig erfunden werden, denn dies Sterbliche muss das Unsterbliche anziehen, und dies Verwesliche muss das Unverwesliche anziehen; nun wird es gesät verweslich und es wird auferstehen unverweslich; es wird gesät in Unehre und wird auferstehen in Herrlichkeit; er wird gesät in Schwachheit, und wird auferstehen in Kraft; es wird gesät ein natürlicher Leib, und wird auferstehen ein geistiger Leib; und Jesaja sagt: Aber Herr, deine Toten werden leben und mit dem Leibe auferstehen; Hiob sagt: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt, der wird mich nachher aus der Erde auferwecken, und ich werde mit dieser meiner Haut umgeben werden, und werde in meinem Fleische Gott sehen; meine Augen werden ihn sehen und kein Fremder; dann wird der sterbliche Rock abgelegt sein, und ein unsterblicher angezogen; dann werden sie Palmzweige in der Hand haben, und eine Krone auf dem Haupte und werden leben ewiglich; dann werden sie mit Christo auf zwölf Stühlen sitzen, und die zwölf Geschlechter Israels richten; dann werden sie in großer Freudigkeit wider diejenigen stehen, die sie hier geängstigt haben; dann wird die Braut ihren Bräutigam Jesum Christum haben; dann wird sie seine angenehme Stimme hören: Kommt her, ihr Gesegneten, ererbt das Reich eures Vaters, welches euch bereitet ist von Anbeginn der Wert. A1so bekenne ich eine Auferstehung des Fleisches, ein gerechtes Gericht und ewiges Leben, Amen.

Seht, meine lieben Kinder, hier habe ich euch in der Kürze eine Erklärung meines Glaubens gegeben, damit ihr wisst, in welchem Glauben euer Vater gestorben sei, und hoffe, es werde euch zum Unterrichte dienen, und euch desto mehr anreizen, dem Gesalbten nachzufolgen. Der Herr gebe euch seine Gnade, daß es so geschehen möge.

Hiermit gedenke ich mein liebes Weib und meine Kinder dem Herrn anzubefehlen; er wolle euch helfen und euch segnen durch seinen Geist, daß ihr sämtlich in Weisheit, Heiligkeit und Gerechtigkeit aufwachsen möget; das wünsche ich euch von ganzem Herzen. Wann wir werden sterben müssen, weiß ich nicht.

Geschrieben im Mai des Jahres 1569 im Gefängnisse zu Brügge, von mir, Jacob de Roore, oder Kerzengießer.

Die leiden hier nach Gottes Sinn, die wollen darauf merken:
Sie geben ihre Seelen hin, dem Schöpfer guter Werken.