Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.105

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2.105  Ein Testament an seine Kinder und dann an sein Weib.

Meine lieben Kindlein Nicolaus Janß und Geertge Janß, Tochter; diese Schrift hinterlasse ich euch als Testament, wenn ihr etwa zu euren Jahren kommt; hört eures Vaters Unterweisung. Hasst alles, was die Welt und eure Sinne lieben, und liebt die Gebote Gottes. Lasst euch darin unterweisen; denn sie lehren: Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst, das ist, er muss von seiner eigenen Weisheit abstehen und ernstlich bitten: Herr, Dein Wille geschehe. Tut ihr dieses, so wird euch der Heilige Geist alles lehren, was euch zum Glauben nötig ist. Glaubt nicht, was Menschen sagen, sondern was euch dass Neue Testament gebietet; diesem sollt ihr gehorsam sein und Gott bitten, dass Er euch lehre, was sein Wille sei. Verlasst euch nicht auf euren Verstand, sondern auf den Herrn, lasst alle eure Ratschläge in Ihm bleiben und bittet Ihn, dass Er euren Weg regieren wolle. Meine Kinder, wie ihr Gott den Herrn lieb haben, eure Mutter lieben und ehren und euren Nächsten lieben sollt, kann euch das Neue Testament lehren, so wie auch alle anderen Gebote, welche euch der Herr abfordert; was darin nicht enthalten ist, das glaubt nicht, und was darin begriffen ist, dem seid gehorsam. Haltet euch zu denen, die den Herrn fürchten, von dem Argen weichen und die durch die Liebe alles Gute bewirken. Ach, seht weder auf den großen Haufen, noch auf lange Gewohnheit, sondern auf das kleine Häuflein, welches um des Herrn Wort willen verfolgt wird; denn die Guten verfolgen nicht, sondern sie werden verfolgt. Wenn ihr euch hierzu begeben habt, so hütet euch vor jeder falschen Lehre; denn Johannes sagt: Wer übertritt und nicht in der Lehre Christi bleibt, der hat keinen Gott, wer aber in der Lehre Christi bleibt, der hat beides, den Vater und den Sohn. Die Lehre Christi ist: Liebe, Barmherzigkeit, Friede, Keuschheit, Glaube, Sanftmut, Demut und der volle Gehorsam gegen Gott. Meine lieben Kinder! Übergebt euch dem Guten, der Herr wird euch in allem Verstand geben. Dieses gebe ich euch zu meinem letzten Abschiede. Merkt auf des Herrn Bestrafung; denn wenn ihr Böses tut, so wird Er euch in eurem Gemüte bestrafen. Darum lasst ab und ruft den Herrn um Hilfe an und hasst das Böse, dann wird euch der Herr erlösen und das Gute wird euch zuteil werden. Gott der Vater gebe euch seinen Heiligen Geist durch seinen geliebten Sohn Jesum Christum, der euch in alle Wahrheit leiten wolle, Amen.

Dieses habe ich, Jan Nicolaus, euer Vater, geschrieben, als ich um des Wortes des Herrn willen im Gefängnisse lag. Der gute Vater gebe euch seine Gnade, Amen.

Mein liebes Weib, ich gebiete dir, dass du meine Kinder in aller Unterweisung zum Guten erziehest, und dass du sie mein Testament lesen lassest, und sie im Herrn nach deinem Vermögen erziehest, solange du bei ihnen bist. Auch ist das mein Begehren an dich, dass du dich selbst und deine Kinder nicht mehr lieben wollest, als den Herrn und sein Zeugnis; laß dich nicht von deinem Fleische überwinden; wollen sie dir nicht erlauben, in dieser Stadt zu wohnen, so ziehe in eine andere. Das aber ist mein herzliches Verlangen an dich, dass du dich immer zu den Guten halten wollest, denn wohl dem, der mit den Guten umgeht, der, welcher stets der Geringen Hilfe gewesen ist, wird auch dir helfen, dieses ist der gute Vater. Kann es nicht sein, dass du unverheiratet bleibst, so nimm einen Mann, der den Herrn fürchtet; aber was du auch tun magst, verlasse den Herrn nicht um eine kleine Schüssel von Brei willen. Und obgleich ich dich für so unschuldig halte, als ich immer kann, so verlasse doch um ganz Amsterdam willen den Herrn nicht. Durch seine Gnade will ich Ihn um der ganzen Welt willen nicht verlassen; tue du desgleichen. Ach, lasst uns mit Gewalt durchdringen; mein Fleisch muss ich durch des Herrn Gnade verlassen, verlasse deines auch so. Mein liebes Weib, sollten wir an das Leiden denken, wir blieben darin stecken, aber wir müssen durch dasselbe auf die ewige Belohnung sehen; ich tröste mich fröhlich in dem Herrn, tue auch dasselbe. Wenn mich der Herr auf dem Bette abgefordert hätte, du hättest wohl zufrieden sein müssen; wie viel mehr nun? Du weißt ja nicht, wie lange deine Zeit hier sein werde! Darum folge dem Rate des Herrn, sei immer zu seiner Ankunft bereit, dann wirst du alles überwinden können; denen, die überwinden, ist die ewige Ruhe verheißen.

Ein fester Glaube, eine gewisse Hoffnung auf die ewige Belohnung und eine brennende Liebe zu Gott und unserm Nächsten sei mit dir und mir und uns allen. Amen.

Schreibe mir sofort, wie es dir geht; ich werde umso wohlgemuter sein, wenn du mein Begehren erfüllen wirst. Bitte, der Herr will angerufen sein; dies fühle ich jetzt. Bittet sämtlich, dass des Herrn Willen in mir und uns allen geschehe. Amen.