Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.323

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2.323  Julius Klampherer, 1561.

Im Jahre 1561 ist der Bruder Julius Klampherer, aus Welschland oder Italien, um seines Glaubens und der göttlichen Wahrheit willen zu Venedig gefangen gesetzt worden; darauf haben sie ihn oft vorgenommen, verhört, ausgefragt und mit ihm gehandelt, um ihn zum Abfalle zu bringen; aber er hat sich stets weislich verantwortet, und es ist ihm auch erlaubt worden, dasjenige, was er mit den verordneten päpstlichen Gesandten verhandelte, nämlich seines Glaubens wegen, schriftlich aufzusetzen, sich also zu verantworten, und mit seiner eigenen Schrift seines Glaubens wegen Rechenschaft zu geben. Als er nun solches getan hatte, und dabei standhaft blieb, haben sie ihn zuletzt verurteilt, daß er in die Tiefe der See geworfen werden sollte; worauf er antwortete: Das ist mir nichts Unerwartetes, denn es ist mir im Anfange meiner Bekehrung verkündigt worden, daß ich um des Zeugnisses der Wahrheit willen den Tod zu erwarten hätte; das aber kommt mir fremd vor, daß die Herren von Venedig in ein solches Urteil einwilligen und weder bedenken, noch überlegen, daß sie am jüngsten Tage vor Gott von dem unschuldigen Blute Rechenschaft geben müssen.

Darauf gaben sie ihm zur Antwort, daß sie ihn hierum nicht gefragt hätten; weil sie aber keinen Gefallen an seiner Rede hätten, so vergönnten sie ihm auch nicht, weiter zu reden, sondern haben ihn wieder schnell nach dem Gefängnisse führen lassen.

Da sie sich vorgenommen hatten, ihr ausgesprochenes Urteil zu vollstrecken, so haben sie ihm nach ihrer Gewohnheit, weil er ein Pfaffe war, die Priesterweihe abgenommen, und ihn in der Abenddämmerung hinausgeführt, unter dem Vorwande, daß sie ihn vor die Obrigkeit führen wollten; haben ihn aber unversehens in die Tiefe der See geworfen und ertränkt, wiewohl er damals nichts anderes erwartete; er ist deshalb fröhlich gewesen, hat allezeit gesungen und Gott mit fröhlichem und tapferen Gemüte gelobt, bis er die Krone der frommen Märtyrer und getreuen Zeugen Jesu Christi erlangt hat; und wiewohl sie ihn heimlich bei Nacht ertränkt haben, so wird doch solches öffentlich an dem großen Tage des Herrn ans Licht kommen und schwer gerächt werden.