Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.231

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2.231  Sendbrief des Jünglings Algerius, 1557.

Ein tröstlicher Sendbrief des Jünglings Algerius, welcher in der Stadt Rom um des Zeugnis Jesu willen im Jahre unseres Herrn 1557 aufgeopfert worden ist. Die Beschreibung seiner Aufopferung folgt nachher.

Den geliebten Brüdern und Mitknechten Jesu Christi, die aus Babylonia zum Berge Zion gereist sind, deren Namen ich nicht ohne Ursache verschweige, Gnade, Friede und Barmherzigkeit sei mit euch von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo, unserem Herrn und Seligmacher, Amen.

Um euch den Schmerz zu versüßen, oder zum Teile zu benehmen, den ihr meinetwegen leidet, habe ich euch der Süßigkeit teilhaftig machen wollen, die ich empfinde, damit ihr euch mit mir erfreut, und in des Herrn Gegenwart jauchzet mit Danksagung.

Ich will den Menschen ein unglaubliches Ding erzählen, namentlich, daß ich eine unendliche Süßigkeit in dem Eingeweide des Löwen gefunden habe. Wer wird solches wohl glauben, was ich hier erzählen werde? Wer wird das glauben können?

In einer dunklen Grube habe ich Lustbarkeit gefunden und in einem Platze der Bitterkeit und des Todes Ruhe und Hoffnung der Seligkeit, in dem Abgrunde oder der Tiefe der Hölle Freude; wo andere weinen, habe ich Lachen gefunden; wer wird solches jemals glauben? Ich habe große Wollust in dem elenden Zustande gefunden; in einem einsamen Winkel habe ich herrliche Gesellschaft gehabt und in den härtesten Banden große Ruhe. Alle diese Dinge, ihr Mitbrüder in Christo Jesu, hat mir die milde Hand Gottes zugesandt. Siehe, der zuvor fern von mir stand, ist nun bei mir, und den ich nur ein wenig kannte, sehe ich nun sehr klar, auf welchen ich vormals von weitem sah, den sehe ich nun als gegenwärtig, der, nach welchem mich verlangte, reicht mir nun die Hand, er tröstet mich, erfüllt mich mit Freuden, er treibt die Bitterkeit von mir, er erneuert die Kraft und die Süßigkeiten in mir, er macht mich gesund, er erhält mich, er hilft mir, er stärkt mich. O wie gut ist der Herr, welcher es nicht leidet oder zugibt, daß seine Knechte über ihr Vermögen versucht werden! O wie leicht, angenehm und süß ist sein Joch! Ist auch jemand wie Gott, der Allerhöchste? Er, der die Angefochtenen erhält und erquickt, er heilt die Geschlagenen und Verwundeten, und heilt sie insgesamt. Niemand ist ihm gleich. Lernt doch, ihr allerliebsten Brüder, wie süß der Herr sei, wie getreu und barmherzig; er, der seine Diener in der Prüfung besucht, der sich erniedrigt und herunterlässt, um bei uns zu stehen in unsern Hütten und schlechten Wohnungen; er verleiht uns ein frommes Gemüt und ein friedsames Herz.

Wird aber die blinde Welt auch diese Dinge glauben? Nein, sondern (weil sie ungläubig ist) sie wird vielmehr sagen: Du wirst die Hitze, die Kälte und das Ungemach des Orts nicht lange ertragen können, wie wirst du dann das Kreuz, die tausendfältige Verachtung, das Unrecht, die Lästerworte und ungebührliche Schmach ertragen können? Solltest du nicht dein liebes Vaterland, den Reichtum dieser Welt, die Eltern, den Hofstaat und die Ehre im Auge haben? Solltest du deine vortreffliche Kunst auch ganz aus dem Sinne schlagen können, welche eine Stärkung und Erquickung für alle angewandte Mühe ist? Willst du so vieles um nichts verlassen, ja, so viele Mühe, die du angewandt hast, und dein Wachen, deinen Schweiß und Fleiß umsonst verschwendet haben? Warum hast du dir es doch von Jugend auf so sauer werden lassen?

Zuletzt aber, hast du denn gar keine Furcht vor dem Tode, da dir derselbe, wiewohl unschuldig, bevorsteht? O welch ein gar törichtes und unwissendes Ding ist es, wenn man diesem allem mit einem einzigen Worte zuvorkommen und dem Tode entfliehen kann, und es gleichwohl nicht tun will! O welch eine verachtete Sache ist es, von so viel herrlichen, gerechten, gottesfürchtigen, weisen und guten (oder frommen) Ratsherren und durchlauchtigen Männern etwas erlangen zu können und dasselbe mutwillig nicht annehmen zu wollen.

Aber, hört doch, ihr blinden und sterblichen Menschen! Was ist heißer und brennender als das Feuer, welches euch zubereitet ist? Was ist doch kälter als euer eigenes Herz, welches noch in der Finsternis ist und durchaus kein Licht hat? Was ist doch härter, verwirrter und unruhiger als euer Leben? Was ist doch verachteter und feindseliger als euer eigenes Alter? Lieber sagt mir doch, welches Vaterland und eigene Haus süßer ist als das himmlische? Welcher Schatz größer ist als das ewige Leben? Und wer sind unsere Eltern und Freunde ohne allein diese, die Gottes Wort halten? Wo ist größere Freude, Reichtum und vortrefflichere oder höhere Ehre als im Himmel? Sag an, du Unverständiger, sind nicht alle Künste zur Erkenntnis Gottes gegeben? Wenn wir nun dieselben in der Wahrheit nicht erkennen, so haben wir unzweifelhaft alle unsere Mühe, unser Wachen und unsern Schweiß, ja, alle unser Unternehmen mit Schaden verschwendet und dahingegeben. Antwortet mir doch, ihr unglückseligen Menschen, welchen Trost oder welche Arznei kann doch der haben, der Gott verfehlt, in welchem wir uns alle erholen und erquicken? Wie kann der sagen, daß ich den Tod fürchte, da er doch selbst in Sünden gestorben ist, und auf solche Weise den Tod höher hält als das Leben. Denn wenn Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, kann man wohl das Leben außer Christo finden? Die Hitze ist mir eine Erlustigung, der Winter ist mir ein Frohlocken in dem Herrn; ich, der ich den Brand des Feuers nicht fürchte, sollte die geringe Hitze fürchten? Und sollte der wohl vom Eis gepeinigt werden, welcher sich doch selbst verzehrt, verschmelzt und in der Liebe Gottes ganz einschläft.

Der Ort ist in Wahrheit den Schuldigen und Missetätern hart und schwer zu ertragen, aber sehr lieblich und süß ist er den Unschuldigen und Gerechten; da geht der Honig heraus, daselbst fließt der himmlische Trank heraus, daselbst quillt aus und entspringt die Milch, daselbst entsteht Überfluss an allen Dingen.

Es ist zwar wahr, der Ort wird für grausam und unflätig gehalten, gleichwohl ist er mir wie ein weites Tal und einer der edelsten Plätze in der Welt.

Sagt nun, ihr elenden Menschen, ob ich auch ein Weidental oder eine Heide haben könnte, die lustiger wäre als dieses, denn dort sehe ich Könige, Fürsten, Staaten und Völker, dort sehe ich Krieg (oder Streit), diesen in Stücken zerhauen, andere als Überwinder, andere die ihr Ansehen und ihre Macht verloren, andere aber zu hohen Ehren hinaufsteigen; hier aber ist der Berg Zion, daselbst erhebe und begebe ich mich in den Himmel; Jesus Christus steht vor meinen Augen, rund um mich stehen die Altväter, die Propheten, die Evangelisten, die Apostel und alle Diener Gottes. Er (der Herr) umarmt und ernährt mich, diese ermahnen mich, jene zeigen mir die heiligen Dinge, diese trösten mich; die andern führen mich mit Geläut und Gesang.

Soll ich nun sagen, daß ich allein sei unter so vielen? Denn habe ich nicht hier eine Gesellschaft zu Exempeln und zur Erquickung, indem ich einige gekreuzigt sehe, diesen das Haupt abgeschlagen, einige gesteinigt, andere verstümmelt, einige gebraten, andere in Pfannen geröstet, oder in Öfen und Kessel mit Öl, dem einen die Augen ausgestochen, einigen die Zunge ausgeschnitten, diesen die Haut über den Kopf gezogen, dem andern Hände und Füße abgehauen, einige in feurige Öfen geworfen, andere den Tieren zur Speise gegeben; ja, es nähme zu viel Zeit weg, wenn ich alles erzählen wollte.

Zuletzt sehe ich noch andere, die mancherlei Pein und Marter erlitten haben, und solches allein zu dem Ende, daß sie leben und außer aller Qual sein mochten; für alle diese ist ein einziges Mittel und eine einzige Arznei, die all ihren Schaden heilen kann, und dasselbe gibt mir auch Kraft und Leben, und macht mich fröhlich, alle diese Angst und Trübsal zu leiden, die nur einen Augenblick währt, und nichts ist oder heißt; dies ist die Hoffnung, die ich in den Himmel gesetzt habe. Ich fürchte diejenigen nicht, die mich ohne Ursache lästern und verfolgen, denn jene wird der, der im Himmel wohnt, auswerfen und ausrotten, diese aber heilen und gesund machen. Ich werde mich nicht fürchten vor tausend Menschen, die um mich stehen, denn der Herr, mein Gott, wird mich allezeit erretten, er ist mein Beschützer und Erretter; er ist mein Haupt, er wird sie schlagen, die sich ohne Ursache gegen mich setzen; er wird die Zähne der Sünder zermalmen, denn sein ist Heil, Segen, Gewalt und das Reich. Die Schmach, die wir leiden um Christi willen, bringt uns lauter Frohlocken und Freude. Es steht geschrieben: Selig seid ihr, so ihr geschmäht werdet um Christi willen, denn das ist die Ehre, Herrlichkeit und Kraft Gottes, und sein Geist wird auf euch ruhen. Wenn wir nun von unserer Seligkeit gewiss und versichert sind, so sollen wir die ungebührliche Schmach derer, die uns lästern, nicht achten.

Auf Erden habe ich keine bleibende Stätte, um zu ruhen, meine Behausung und mein Vaterland ist im Himmelreich, ich suche die neue Stadt Jerusalem, welche ich vor mir sehe, dieselbe begegnet mir. Seht, ich bin schon auf dem Wege, dorthin habe ich meine süße Wohnung, meine Reichtümer, meine Eltern und meine Freunde, meine Wollust und meine Ehre versetzt; ich zweifle nicht, ich werde sie erlangen.

Alle diese irdischen Dinge sind nur Schatten, sie sind alle vergänglich, eine Eitelkeit aller Eitelkeiten denen, die der Hoffnung und des Wesens des ewigen Lebens mangeln.

Die Künste oder Gaben, die mir Gott geschenkt hat, sind mir zuerst liebliche Gespielen und Erquickungen gewesen, nun aber geben sie mir heilige Früchte. Es ist wahr, ich habe geschwitzt und Kälte erlitten, und so viel mir möglich war, Tag und Nacht gewacht; aber solche meine Mühe hat mir nun gedient und ist mir zur Vollkommenheit gerechnet; ich habe niemals weder Tag noch Stunde ohne eine Linie verstreichen lassen. Seht, das wahre Angesicht Gottes hat sich über mein Leben offenbart und der Herr hat gemacht, daß ich große Freude in meinem Herzen empfinde; in ihm allein werde ich in Frieden ruhen.

Wer wird sich nun unterstehen dürfen, zu sagen, daß ich mein Alter und meine Tage verloren habe; wer will sagen, daß ich meinen Mut verloren habe? Denn meine Seele hat gesagt: Der Herr ist mein Teil, darum will ich ihn suchen. Deshalb weil das Sterben im Herrn kein Sterben ist, sondern ein seliges Leben zu leiden, warum setzt sich denn nun der gegen mich, welcher sich gegen Gott aufwirft, um mich am Sterben zu verhindern? Dieses alles wird für mich die höchste Freude sein, wenn ich nur den Kelch des Herrn trinken darf. Welch ein gewisseres Pfand der Seligkeit sollte ich wohl finden können? Hat er doch gesagt: Die Menschen werden euch tun, eben wie sie mir getan haben. Darum schweige fernerhin dieser Narr, welcher sich nun lang in der Sonnen Licht betrügt. Die blinde Welt, sage ich, höre auf sich selbst solche Dinge einzubilden, denn ich will mit dem Apostel sagen: Nichts kann uns scheiden von der Liebe Christi, weder Trübsal, noch Angst, noch Hunger, noch Blöße, noch Sorge, noch Verfolgung, noch Schwert. Wir werden den ganzen Tag getötet; wir werden wie die Schafe zum Tode geführt, aber so sind wir Christi teilhaftig, welcher gesagt hat, daß der Jünger nicht größer sei als sein Meister, und der Knecht nicht mehr als sein Herr; auch hat er hinterlassen, daß ein jeder sein Kreuz auf sich nehmen und ihm nachfolgen soll.

Tröstet euch, o allerliebste Mitknechte Gottes! Tröstet euch, denn wir fallen in mancherlei Versuchungen. Unsere Geduld sei allenthalben und an allen Orten vollkommen, weil uns solche Dinge auf Erden zugesagt und verheißen sind.

Denn es steht geschrieben, daß diejenigen, die uns töten, meinen werden, daß sie Gott ein heiliges Werk und Opfer damit tun. Darum sind beides, die Furcht und der Tod, nur Teile und Stücke, die uns unsere Berufung zu erkennen geben; wir freuen uns und jauchzen in dem Herrn über das zukünftige Leben, nachdem wir, doch ohne daß wir gesündigt haben, geschlagen und dem Tode übergeben sind.

Denn es ist besser, um Wohltat willen (wenn es anders so des Herrn Wille ist) zu leiden, als um Übeltat willen. Es ist uns an Christo und den Propheten ein Beispiel vorgestellt, welche im Namen des Herrn geredet haben, und von den Kindern der Ungerechtigkeit, nach ihrer Weise und Gebrauch, getötet worden sind. Seht, was tun wir nun? Selig sind, die standhaft geblieben; wir erfreuen uns in unserer Unschuld und von Gott geschenkten Gerechtigkeit.

Gott wird sie strafen, die uns verfolgen; ich bin beschuldigt worden, daß ich ein Narr sei, weil ich die Erkenntnis Gottes nicht geheim halte und darauf nicht Acht habe, ob ich heimlich im Verborgenen oder öffentlich dasjenige sage, was ich doch allein mit einem einzigen Worte nicht beantworten könnte. O du armer Mensch! Wer oder was bist du doch, der du die Sonne nicht siehst, und der du dich nicht einmal der Worte Gottes erinnerst.

Lieber! Bedenke doch die Reden Christi: Ihr seid das Licht der Welt; ferner, es kann eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen bleiben. Man steckt auch kein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter, damit es leuchte allen denen, die im Hause sind.

Und an einem andern Orte sagt er: Man wird euch vor Könige, Obrigkeiten und andere führen; darum fürchtet nicht, die den Leib töten, sondern vielmehr denjenigen, der die Seelen töten kann. Wer mich nun bekennt vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem himmlischen Vater.

Da nun also der Herr so frei und deutlich davon geredet hat, auf welche Macht und Ansehen gründeten sie sich dann, die sich unterstehen, mir zu raten und mich zu überreden? Ich werde doch nimmermehr den Rat Gottes verlassen und der Menschen Rat nachfolgen, indem doch geschrieben steht, daß der selig sei, der nicht im Wege der Gottlosen geht oder wandelt, und nicht im Rate der Ungerechten steht noch auf der Bank der Spötter sitzt.

Es wird nimmermehr geschehen, daß ich Christum verleugne, sondern ich will ihn bekennen, so oft es nötig sein wird; ich will mein Leben nicht höher achten als meine Seele; ich will die zukünftige Zeit nicht mit der gegenwärtigen verwechseln. O wie wenig versteht und erkennt es der, welcher dafür hält, daß wir auf dem Wege der Torheit seien!

Obgleich ich den genannten, großmächtigsten, gerechtesten, weisesten, barmherzigsten, gütigsten und durchlauchtigsten Ratsherren dieses Ortes nicht gefalle, so ist mir deren Gnade, wenn ich abfiele, angeboten worden; weil wir aber von den Aposteln des Herrn unterrichtet sind, daß wir Gott mehr gehorchen sollen, als den Menschen, darum nehme ich auch diese ihre Gnade nicht an.

Ich wünsche ihnen, daß sie vollkommen sein möchten in des Herrn Gegenwart; sie sind zwar hier großmächtig, aber sie sollten sich auch vollkommen machen lassen in dem Herrn; sie sind wohl gerecht, aber es fehlt ihnen noch Christus, welchen der Grund der Gerechtigkeit ist; sie sind wohl weise, wo aber der Weisheit Anfang ist, da ist auch die Furcht Gottes; sie werden Barmherzige genannt, aber ich wünsche ihnen, daß sie gelassener oder unterworfener in der christlichen Liebe sein möchten; sie sind wohl gütig, aber ich wünsche ihnen den Grund der Gütigteit, nämlich den besten allerhöchsten Gott; sie werden Durchlauchtige genannt, aber sie haben unsern Heiland nicht angenommen, den Allerdurchlauchtigsten.

Vernehmt es und merkt auf, o ihr Könige und ihr Richter des Erdbodens! Lasst euch unterrichten; dient dem Herrn mit Furcht und erhebt euch zu ihm mit Zittern oder Beben; nehmt an und lernt die Lehre, damit sich der Herr nicht erzürne, und ihr so ganz von dem rechten Wege abfallt; warum erweckt ihr Aufruhr, o ihr Leute und ihr Völker, warum gedenkt ihr Eitles wider den Herrn? Ihr Könige der Erden und ihr Fürsten, warum habt ihr euch miteinander vereinigt wider Christum, den Heiligen Gottes? Wie lange wollt ihr doch die Lügen suchen und die Wahrheit hassen? Bekehrt euch, bekehrt euch zu dem Herrn unserm Gotte und seid doch nicht verstockt in eurem Herzen. Denn man muss es erkennen, daß derjenige, der die Knechte Gottes verfolgt, Gott selbst verfolgt, indem er selbst gesagt hat: Was die Menschen euch tun, das haben sie nicht euch, sondern mir getan.

Aber Lieber, sagt mir, auf welche Weise ich es doch verdient habe, verurteilt zu werden? Daß ich den durchlauchtigsten Ratsherren, meinen Herren, nicht nach ihrem Wohlgefallen geantwortet habe? Wenn ich aber etwas gesagt habe, das habe nicht ich gesagt, indem der Herr sagt, daß vor der Obrigkeit wir es nicht sein werden, die da reden, sondern unsers Vaters Geist, der in uns sein wird. Wenn nun der Herr treu und wahrhaftig ist, wie er auch fürwahr ist, so habe ich keine Schuld; er selbst ist es gewesen, der mich hat reden lassen. Und wer war ich, daß ich dem Willen Gottes hätte widerstehen können? Darum, wer solche Reden bestrafen will, der bestraft auch des Herrn Reden, der es so in mir gewirkt hat; wenn er aber dafür hält oder meint, daß der Herr nicht zu bestrafen sei, ach, so beschuldige er mich auch nicht mehr, weil ich an diesem Werk nicht schuldig bin, denn ich habe getan, was ich nicht gewollt habe; ich habe geredet, was ich nicht gedacht habe. Wenn aber diese Dinge, die ich geredet habe, nicht gut und aufrichtig geredet sind, und solches nach angestellter Prüfung mir erwiesen wird, so will ich bekennen, daß sie von mir allein, und nicht von Gott ausgegangen seien, wenn ich aber etwas geredet habe, das durchsucht und gut befunden worden, und mit Recht nicht gestraft werden kann, wir wollen oder wollen nicht, so muss man bekennen, daß es vom Herrn ausgegangen sei. Wenn sich nun dieses alles so verhält, wer will mich dann beschuldigen?, das allerweiseste Volk? Wer will mich verdammen?, die allergerechtesten Richter, die doch unweise und ungerecht sind?

Man tut, was man will; sollen auch des Herrn Worte vernichtet werden? Soll das Evangelium gar nichts mehr gelten? Mitnichten, denn das Reich Gottes wird den rechten Israeliten um desto süßer und lieber sein, sodass die Auserwählten Jesu Christo desto eher erlangen werden. Die aber solche Dinge tun, werden das große Gericht Gottes erfahren. Sie werden nicht frei ausgehen, die den Gerechten töten.

Ihr Liebsten, öffnet eure Augen und nehmt den Rat Gottes zu Herzen. Vor kurzer Zeit hat euch der Herr ein Zeichen der Pest gezeigt, um euch zu bessern; wenn man dieses aber nicht beobachten will, so wird er das Schwert ganz ausziehen, und das Volk, welches das Horn wider Christum erhebt, mit Schwert, Pest und Hunger schlagen, welche Geißel Gott durch seine Barmherzigkeit von diesem Platze abwenden wolle. Allen Gläubigen eifrigster D., der gefangene und gebundene Algerius.

Gegeben in dem sehr angenehmen Lustgarten des Gefängnisses, Leonia genannt, den 12. Juli 1557.