Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.547

Zum Inhaltsverzeichnis

2.547  Hans Misel, 1571.

Auch ist Hans Misel, ein Weber, und noch ein junger Mann, im Jahre 1571, als er zu Langensmer, im Schwabenlande, von einigen Leuten gebeten worden ist, über des Herrn Wort zu lesen und zu reden, und er diesen Weg der Wahrheit auslegte, verraten und zu Warthausen zur Anzeige gebracht worden. Die Frau, welche damals dort wohnte, schickte ihren Schreiber dahin; derselbe kam mit den Dienern, überfiel den Bruder, zog sein Schwert aus der Scheide, und stieß mit dessen Knopfe den Bruder einige Male auf das Herz oder auf die Brust; schalt denselben auch abscheulich und sagte, er hätte Macht dazu und noch zu mehrerem; auch hat er ihn mit der Degenklinge geschlagen und gesagt, er hätte Macht, ihn damit zu durchstechen. Der Bruder ließ sich dadurch nicht in Furcht jagen, sondern sagte zu dem Schreiber in einem sanften Tone, er solle still sein und nicht so rasen. Der Schreiber band ihn selbst, worauf sie mit ihm nach Warthausen marschierten, und ihn die Nacht in einem Hause bewahrten, wo sie miteinander prassten und zechten, und dem Bruder die ganze Nacht hindurch allerlei Spott und Schmach antaten.

Als es nun Tag wurde, führten sie ihn in das Schloss, und legten ihn in einen Turm; hier kamen viele Pfaffen zu ihm, die mit ihm viel zu schaffen und zu handeln hatten, und ihn versuchten; aber es sind keine zu ihm gekommen, die nicht mit Schanden von ihm haben wieder abziehen müssen. Auch hat der Scharfrichter das Seine tun müssen, um ihn auf die Probe zu stellen; sie haben ihn sehr angespannt und gepeinigt, aber sie konnten ihn nicht bewegen, von der Wahrheit abzufallen, oder etwas zu tun, was dem Glauben zuwider gewesen wäre. Als sie nun mit allen Versuchungen am Ende waren, und er gleichwohl standhaft blieb, und nicht einen Tritt von dem Wege des Glaubens und der göttlichen Wahrheit abweichen wollte, hat die Frau des Schlosses den Pfaffen kommen lassen, und zu ihm gesagt, sie wäre ein Weib und hätte wenig Einsicht, wie man mit ihm handeln müsste; sie sollten ihr doch raten, was man ihm tun sollte. Da hatte die Frau die rechten Ratgeber getroffen, eben als ob man den Wolf fragen wollte, wie man mit den Schafen handeln sollte; denn sie hielten ihr sofort des Kaisers Rechte und Befehle vor, und haben ihm so, nach der Weise ihrer Väter, den Tod zuerkannt, welche auch über Christum den Rat gaben und riefen: Hinweg mit ihm, er ist des Todes schuldig; wir haben ein Gesetz, und nach demselben muss er sterben. Also ist es geschehen, daß er zum Tode verurteilt worden ist; einige im Rate wollten nicht mit einstimmen, aber das half nichts; der Teufel (der in den Kindern des Unglaubens wirkt) war Meister in diesem Spiele.

Als man ihn nun des Morgens richten wollte, kamen des Nachts seine Freunde, und wollten ihn aus dem Turme befreien; sie gruben, bis sie ganz in seine Nähe gelangten, sodass er sie hörte; da hat er sie gewarnt, sie sollten sich nicht unterstehen, das zu tun, den er würde durch dieses Loch doch nicht zu ihnen herauskommen; deshalb haben sie es anstehen lassen müssen. Als nun das Urteil bekannt gemacht war, daß er hingerichtet werden sollte, so wollten sie ihm zuvor noch gar zu essen geben; aber er wollte nicht essen, sondern als er vernahm, daß seine letzte Stunde nun nahe wäre, begehrte er, daß man ihm vergönnen möchte, ein wenig allein zu sein, was sie ihm gestatteten, ohne zu wissen, warum er es begehrte, wiewohl sie sich erkundigten und ihm nachforschten, was er tun würde und vorhätte. In seiner Einsamkeit hat er seine Hände gen Himmel erhoben, auch Gott gelobt, daß er ihn diese Stunde hat erleben lassen, und ihn dazu tüchtig erkannt hätte, hat ihn auch gebeten, daß er ihm Kraft und Mut geben wolle, den Tod der aufrichtigen und öffentlichen Zeugen Gottes zu sterben. Darauf hat er auch Gott für alle Wohltaten treulich gedankt, die er ihm zu jeder Zeit erwiesen hatte, auch gebetet, daß ihm Gott in dieser letzten Stunde, die vorhanden, beistehen wolle, und hat sich auf solche Weise dem Herrn, seinem Gotte, anbefohlen. Der Scharfrichter sagte: Dieser Mann ist freimütiger, als wir alle.

Als er nun ausgebetet hatte, zeigte er sich dem Volke mit lachendem Munde, und war bereit zu sterben. Der Beichtvater zu Warthausen begleitete ihn, als man ihn hinausführte, und setzte ihm zu, daß er widerrufen und sich selbst gnädig sein sollte; aber er sagte, sie sollten widerrufen und sich von ihrer Hurerei, Büberei und ihrem abgöttischen, gottlosen Leben, worin sie versunken wären, bekehren.

Als ihn der Scharfrichter auf den Platz brachte, wo er gerichtet werden sollte, sagte er noch zu ihm, wenn er widerrufen wollte, so hätte er noch Macht, ihn in Freiheit zu setzen; aber er war hierzu nicht geneigt, sondern wollte seinen Glauben mit dem Blute bezeugen, und sagte, daß der Scharfrichter in seinem Amte fortfahren möchte. Also ist er enthauptet und nachher verbrannt worden; als sie ihn nicht gleich verbrennen konnten, zerteilten sie ihn in Stücke, und verbrannten nachher dieselben. Als ihm der Scharfrichter das Haupt abgeschlagen hatte, und dasselbe auf der Erde lag, blieb der Körper noch aufrecht stehen, mit aufgehobenen Händen, als ob er gebetet hätte, bis der Scharfrichter ihn mit dem Fuße umstieß. Man sagte auch, sein Haupt und Haar hätte nicht verbrannt werden können, sondern man habe es noch ganz unversehrt in der Asche gefunden und es so begraben. Dieses ist den 13. Dezember des vorgemeldeten Jahres 1571 geschehen.

Als er hingerichtet werden sollte (merke), sagte er, man würde sein Blut noch an der Sonne sehen, was auch am dritten Tag darauf am Mittage geschehen ist, denn dieselbe zeigte sich blutrot, und wo sie durch die Fenster auf irgendwelche Gegenstände siel, waren sie so rot, als ob dieselben im Feuer gestanden hätten, weshalb die Leute vor Verwunderung auf den Straßen zusammen kamen, wie es diejenigen bezeugten, die es gesehen haben, und zur Zeit noch lebten.