Er dankt seinem Weib für die tröstlichen Sprüche der Schrift, die sie ihm gesandt hatte, und lässt sie wissen, daß der Amtmann gekommen sei, und daß er von den Pfaffen verstanden habe, daß keine Hoffnung zur Befreiung sei, denn es wären uns in dem Concilium zu Trident alle Länder verboten, als der ärgsten Sekte unter dem Himmel.
Gnade, Friede und Liebe von Gott, dem himmlischen Vater, durch seinen Sohn Jesum Christum, Amen. Das wünsche ich dir, meine liebe und werte Hausfrau, zum freundlichen Gruße in dem Herrn.
Nebst dem Gruße lasse ich dich wissen, daß ich noch ziemlich wohl bin (dem Herrn sei Lob und Preis für seine Gnade!), wie ich denn hoffe, daß du dich wohl befindest; nur daß ich einigen Schmerz in meiner Kehle habe, wodurch mir die Lust zum Essen in etwas vergangen ist; sonst geht es noch sehr wohl. Ich bin noch gesinnt (der Herr sei gelobt!) dem Herrn gehorsam zu sein, und in seinen Geboten zu bleiben mein ganzes Leben hindurch, durch des Herrn Hilfe. Ferner benachrichtige ich dich auch noch, daß ich dein Schreiben empfangen habe, und freue mich, daß du mich allezeit durch deine Geschenke tröstest, die du mir sendest; ich danke dir auch sehr herzlich, daß du mir diese Schätze zum Trost zuschreibst, denn sie kommen mir wohl zu Nutzen, indem ich täglich, weil mir die Zeit lang wird, viele Gedanken habe, darüber, daß ich hier sein muss; oft bin ich betrübt, bisweilen bin ich getröstet; auf solche Weise geht die Zeit dahin mit großem Verlangen. O meine Geliebteste, ich denke, es wird dir auch so gehen. Aber, meine liebe Frau, lass uns fest anhalten, bis wir hinweggenommen werden, denn jetzt ist die Zeit da, von der gesagt worden ist, daß wir durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen müssen, und daß wir weinen und heulen müssen; die Welt aber wird sich freuen. Wir müssen nun traurig sein, aber unsere Traurigkeit wird in Freude verwandelt werden; auch sagt Paulus: Wie des Leidens Christi viel über uns kommt, so werden wir auch reichlich getröstet durch Christum; ferner sagt Paulus: Obschon unser auswendiger Mensch vergeht, so wird doch der inwendige Mensch von Tag zu Tag erneuert, denn unsere Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft in uns eine ewige und über die Maßen gewichtige Herrlichkeit, die wir nicht auf das sehen, was sichtbar ist, sondern auf das Unsichtbare, denn was sichtbar ist, das ist zeitlich, was aber unsichtbar ist, das ist ewig. Darum, meine liebe Frau, wir müssen nun auf das sehen, was Mose tat, und die Schmach Christi für größeren Reichtum achten, als die Schätze Ägyptens; wir müssen allezeit auf die Belohnung sehen, und durch den Glauben das ägyptische Volk verlassen, auch nicht des Königs Grausamkeit fürchten, sondern uns allezeit an den unsichtbaren Gott halten, ebenso, als sähen wir ihn. Deshalb, meine liebe Frau, übergebe ich dich, nebst meinen Kindern, diesem Gott, daß Er dich bewahren und in all eurer Not versorgen wolle, denn ich weiß nicht, ob ich euch mehr schreiben kann; ich erwarte nun bald eine Veränderung meiner Lage, denn der Amtmann ist gekommen; darum dünkt mich, daß es sich mit mir bald verändern werde. Du hast mir von dem Mann zu Kassel geschrieben, aber ich denke, daß der Mann nicht unseres Glaubens war, denn die Pfaffen halten uns für die ärgste Sekte unter dem Himmel. Darum dürfte es mir wohl anders gehen, als dem Mann zu Kassel, denn wir sind das Ausfegsel oder Wegwerfsel von dieser Welt. Der Pfaffe hat zu mir gesagt, daß uns in dem letzten Concilium zu Trident alle Länder verboten wären und daß wir keine Freiheit hätten. Darum, mein liebes Weib, wenn ich auch einer von denen sein muß, um die Zahl erfüllen zu helfen, so sei geduldig (bitte ich dich) und tue das Beste an den Kindern; empfehle dem Herrn deine Sachen und hoffe auf Ihn, Er wird es wohl machen, denn Sirach sagt: Der Herr hat die niemals verlassen, die in der Gottesfurcht geblieben sind, noch auch diejenigen, die ihre Hoffnung auf Gott gestellt haben.
Hiermit empfehle ich meine liebe Hausfrau dem Herrn und dem reichen Worte seiner Gnade, Amen.
Grüße mir die Bekannten sehr, die bei dir sind, und halte dich allezeit rein in der Furcht Gottes.
Geschrieben den 12. März 1588 von mir, Christian Rycen, deinem Mann.