Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.569

Zum Inhaltsverzeichnis

2.569  Sieben Brüder zu Breda. Jan Pieterß, Geleyn Corneliß, Pieter de Guliker mit seinem Knechte, Arent Block, Cornelius Gyselaar und einer, genannt Michael, im Jahre 1572.

Im Jahre 1572, als auf dem Neufahrt bei Breda viele Landesverwiesene wohnten, und dort mehr Freiheit genossen, als andern Orten, unter welchen auch einige waren, die um des Zeugnisses und der Nachfolge Jesu Christi willen von andern Plätzen dahin geflüchtet sind, hat es sich zugetragen, daß im Anfange des Monats August desselben Jahres viele Brüder und Schwestern dort von auswärts, aus Brabant, von Breda, Siebenbergen und einigen umliegenden Dörfern, auch aus Holland, von Leyden, Harlem und aus mehreren andern Ortschaften zusammen kamen. Als solches ausgekundschaftet und bei dem Schultheißen angebracht wurde, welcher bei Gerrit Vorster saß und mit dem Rentmeister trank, ist er, sobald er solches gehört, im Zorne entbrannt, und hat gesagt: Wir wollen dieses Nest ausnehmen und den Haufen auf einmal ausrotten. Darauf haben sie sich den 5. August ungefähr um neun oder zehn Uhr Abends mit Volk und Waffen gerüstet, als jene sich versammelten, um eine Predigt zu halten und ein Paar zu trauen, in einem Hause, welches an der Vorstraße stand, in welchem Pieter de Guliker, ein Schneider, straßenwärts, Jan Pieterß aber, ein Weber, im hinteren Teile wohnte, wo wohl ungefähr hundert Manns- und Weibspersonen beieinander versammelt waren. Der Rentmeister und der Schultheiß mit ihrem Volke sind zweimal gekommen und haben an dem Hause gehorcht, ohne daß sie etwas Besonderes ermitteln konnten, aber zum dritten Male sandte der Rentmeister einen Knecht, der fand sie, bei vielen Lichtern ihre Ermahnung haltend. Darauf sind der Rentmeister, der Statthalter und Schultheiß mit allen ihren Knechten und dem Volke, welche mit Pistolen, Hellebarden, Schwertern und dergleichen ausgerüstet waren, gekommen. Als sie die Haustüre aufgestoßen hatten, griffen sie zu, und einige, die sie erwischen konnten, wurden gefangen genommen; die meisten aber sind durch die Wände und das Dach des Hauses gebrochen und entronnen; die Gefangenen waren Jan Pieterß von Blaerdingen, der hinten im Hause wohnte und der Versammlung mit dem Worte der Wahrheit diente, Pieter de Guliker, ein Schneider, der vorn im Hause wohnte, mit einem seiner Knechte, der nur 16 oder 17 Jahre alt war, Geley Corneliß, ein Schuhmacher von Mittelharnisse bei Sommerdyk, Arent Block von Siebenbergen und Cornelius, des Koppen de Gyselaar von Dortrecht Sohn, und noch zwei oder drei Frauenspersonen. Nach ihrer Gefangennahme brachte man sie nach des Gerrit Vorsters Hause, und legte die Mannspersonen in Bande, die Weiber aber setzte man ungefesselt in ein Kämmerlein allein, aus welchem sie entflohen sind. Am andern Tage Morgens ist zu diesen sechs Gefangenen Michael, der Vetter des Cornelius de Gyselaar, gekommen, welcher mit der Witwe des Schulmeisters Valerius getraut war, der im Jahre 1568, ungefähr drei Jahre früher, zu Brouwershaven aufgeopfert wurde. Als dieser kam, seine Freunde zu besuchen, um sie in ihrer Trübsal aus dem Worte Gottes zu trösten, hat der Schultheiß, welcher darauf zukam, ihn ebenfalls in Haft genommen und gesagt: Du gehörst auch zu diesem Volke, du musst auch mit hierbleiben.

Dieser Gefangenen Gut wurde sofort aufgeschrieben und sie dessen verlustig erklärt, sodass Weiber und Kinder ganz beraubt und entblößt haben entfliehen müssen, was viele Menschen bejammert haben. Durch diese Dinge ist das Volk auf dem Neufahrt in solchen Schrecken geraten, daß sich viele nicht länger dort aufhalten durften, insbesondere, als der Rentmeister an den Herzog von Alba geschrieben hatte, und, auf empfangene Antwort, persönlich dahin gezogen ist. Es sind überhaupt wohl dreißig Personen, sowohl Brüder als Schwestern, von denen, die auf dem Neufahrt wohnten, geflüchtet, ohne diejenigen, welche von andern Orten dazu gekommen sind.

Der Schulmeister von Neufahrt, genannt Meister Pieter Claeß van der Linden, der wohl fünf Stunden lang mit Jan Pieterß disputiert hatte (wie denn auch der Pastor zwei oder drei Mal mit ihm disputiert hatte) und über dieses Volk sehr erbittert war, gibt gleichwohl das Zeugnis von ihnen, daß ihr hauptsächlichster und wichtigster Irrtum darin bestanden, daß sie die jungen Kindlein nicht taufen, daß sie nicht glauben können, daß Christus sein Fleisch und Blut von Maria angenommen habe, und daß sie sich für das kleine Häuflein und Gottes Auserwählte ausgeben, aber daß (dieses ausgenommen) ihr Leben und Wandel besser sei, als vieler anderer Menschen, und daß sie auch ihre Kinder in besserer Zucht und Gottesfurcht aufzuziehen suchten, als viele andere Leute; er hätte auch von ihren Kindern in seiner Schule gehabt, welche geschickter gewesen wären und mehr gelernt hätten, als die übrigen Kinder, daß er und viele andere auch die große Verfolgung und den Verdruss, den man diesen Leuten antäte, sehr bejammerte, insbesondere, daß man um der Männer willen den armen Weibern und Kindern ihr Gut raubte, und sie so jämmerlich ins Elend verjagte.

Diese Gefangenen haben in des vorgemeldeten Gerrit Vorsters Hause, von dem 5. August an, wo sie des Nachts gefangen worden sind, bis auf den siebten Tag des Mittags, wo man sie sämtlich nach Breda geführt hat, in Banden gelegen; dort hat man ihnen so hart mit Verhören, Verheißungen, Bedrohungen und Foltern zugesetzt, um sie von ihrem Glauben abzubringen, daß auch Pieter de Guliker nicht widerstehen konnte, sondern den Glauben und seinen Gott verlassen hat, wodurch er gleichwohl die Befreiung nicht erwarb, sondern mit dem Schwerte hingerichtet worden ist; aber von den andern und ihren Mitgenossen wird gemeldet, daß sie alle bis ans Ende standhaft geblieben seien, wie unbarmherzig man auch mit ihnen in der Folter umging, denn der eine wurde auf der Folterbank sehr grausam ausgespannt und gewunden, und es wurde ihm, als er ausgestreckt lag, Urin in den Mund gegossen und ihm auf den Leib gesprungen; einem andern wurden die Füße befestigt, ihm die Hände auf den Rücken gebunden, dann rücklings aufgewunden und gegeißelt. Aber am unbarmherzigsten ist Geleyn, der Schuhmacher, gepeinigt worden, denn sie zogen denselben nackend aus, hingen ihn an seinem rechten Daumen auf und befestigen ihm außerdem ein Gewicht an seinen linken Fuß; und als er so hing, wurde er mit Kerzen und Feuer unter die Arme gebrannt und so lange gegeißelt, bis die beiden Bevollmächtigten des Herzogs von Alba, die zugegen waren, selbst müde wurden und sich bei Seite setzten, um Karten spielen, denen der Scharfrichter wohl eine oder anderthalb Stunden zusah. Unterdessen ließ man Geleyn so hängen, welcher während der Zeit, daß sie spielten, keine Pein fühlte, sondern sich in einem Zustande befand, als ob er in einem süßen Schlafe oder in einer Ohnmacht gewesen wäre; ja, er bezeugte selbst nachher, daß er sein Leben lang niemals weniger Pein gehabt hätte.

Als sie nun ihr Kartenspiel beendigt hatten, sagten sie abermals zu dem Scharfrichter: Taste ihn noch einmal an, er muss uns etwas sagen, ein ertrunkenes Kalb ist gut zu wagen. Als der Scharfrichter zu ihm kam, rief er: Der Mann ist tot (in einen solchen tiefen Schlaf oder eine solche Ohnmacht war er gefallen). Da sprang einer von den Bevollmächtigten auf und schüttelte ihn so hart bei dem einen Arme, daß er ihn verrenkte; der Arm war auch noch nicht wieder eingerichtet, als er verbrannt wurde. Als er nun wieder zu sich selbst kam, wurde er heruntergelassen, wiewohl er niemanden verraten noch seinen Glauben verleugnet hat; deshalb ist er endlich mit Jan Pieterß und dem jungen Knechte verurteilt worden, lebendig verbrannt zu werden. Als sie nun an den Pfählen standen und fast verbrannt waren, hat sich das Feuer so sehr von dem Geleyn abgewandt, daß der Scharfrichter mit einer Gabel ihn an die andere Seite des Pfahls ins Feuer hat halten müssen. Also sind sie tapfer bei der Wahrheit geblieben, und haben ihr Leben dafür gelassen.

Bald darauf, als Cornelius de Gyselaar und Arent Block auch zum Tode geführt wurden, um verbrannt zu werden, hat Arent ein Brieflein (welches er geschrieben hatte) fallen lassen, in der Meinung, daß jemand von den Freunden dasselbe aufraffen und zu sich nehmen würde, aber durch Unglück ist es in der Tyrannen Hände gekommen, welche diese beiden sofort wieder nach dem Gefängnisse führen ließen, wo sie deshalb noch erbärmlich gepeinigt wurden; weil sie sich aber allezeit tapfer hielten, niemanden angaben und in keiner Pein von ihrem Gotte abwichen, so sind sie endlich, wie auch die drei Vorhergehenden verurteilt und verbrannt worden. Nicht lange darauf ist auch Michael, des Cornelius de Gyselaars Vetter, in gleicher Aufopferung den andern nachgefolgt.

Also liegen nun diese sämtlich unter dem Altar und warten, bis die Zahl ihrer Brüder erfüllt sein wird, damit sie mit ihnen in der immerwährenden Freude bei dem getöteten Lamme und allen Freunden Gottes ewig sich erfreuen und das neue Lied singen mögen.