Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.695

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2.695  Noch ein tröstliches Brieflein von Christian Rycen,

geschrieben an sein Weib, als er meinte, daß man ihm das Todesurteil fällen würde, und daß ihn einige auf den Friedensschluss vertrösteten, daß er alsdann frei werden würde.

Gnade, Barmherzigkeit, Friede und Liebe sei mit dir von Gott, unserem himmlischen Vater, durch seinen Sohn Jesum Christum, Amen.

Das wünsche ich dir, meine liebe und werte Hausfrau zum freundlichen Gruße.

Nebst dem Gruße lasse ich, Christian Rycen, dich, meine liebe Hausfrau, wissen, daß ich noch ziemlich wohl bin (der Herr müsse für seine Gnade gelobt und gepriesen sein), wie ich denn hoffe, daß du, nebst den Kindern, dich auch so befindest.

Ferner benachrichtige ich dich, daß ich dein Schreiben empfangen habe und bin sehr erfreut, daß du so wohlgemut bist, und daß du mich noch tröstet, wofür ich dir herzlich danke; ich wollte dir auch wohl etwas zum Trost schreiben, damit du wohlgemut sein mögest, aber, meine liebe Hausfrau, der beste Trost ist der Herr, der mich dir entnommen hat, der wird dir (wie ich hoffe) in all deiner Not beistehen und für dich sorgen, wenn du Ihn nicht verlässt, denn Paulus sagt: Wir werden wohl verstoßen, aber wir verzagen nicht; wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen; ferner spricht Paulus, daß der Herr gesagt habe, daß Er uns nicht verlassen, noch versäumen wolle. Darum dürfen wir sagen: Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten, was mir auch ein Mensch tun kann; auch sagt Sirach: Wer ist jemals zu Schanden geworden, der auf den Herrn vertraut hat; oder wer ist jemals verlassen worden, der in der Furcht Gottes geblieben ist, oder wer ist jemals von Ihm verschmäht worden, der Ihn angerufen hat? Darum, meine liebe Frau, setze all deine Hoffnung allein auf Gott, und sage mit Jeremia: Herr, du bist meine Zuflucht, meine Stärke und mein Trost in der Not; ferner mit David: Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde; ja, wenn mir auch Leib und Seele verschmachtet, so bist Du doch meines Herzens Trost und mein Teil. Gedenke auch daran, was Sarah sagte, als sie in großer Trübsal saß, daß sie wohl wüsste, daß alle, die Gott dienen wollen, nach der Anfechtung erlöst und in Trübsal getröstet werden; nach der Züchtigung findet er Gnade, nach großem Ungewitter lässt er seine Sonne wieder scheinen, und nach dem Weinen und Schreien begabt Er uns reichlich mit Freuden. Darum, mein liebes Weib, tröste dich mit diesen Worten; müssen wir jetzt gleich trauern und weinen, lass uns guten Mutes sein, denn der Herr wird uns wieder sehen und unsere Herzen werden sich freuen und niemand wird die Freude hinwegnehmen. Auch sagt Christus: Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und euch absondern und euren Namen als den eines Übeltäters um des Menschen Sohnes willen verwerfen, sondern freut euch, denn euer Lohn wird groß sein im Himmel, denn so taten auch ihre Väter den Propheten; ferner sagt Christus: Selig seid ihr, die ihr nun weint, denn ihr werdet lachen. Mit diesen Worten erfreue dich.

Hiermit empfehle ich dich dem Herrn; was meine Sache betrifft, so weiß ich dir darüber nichts Besonders zu schreiben, ich wartete darauf, daß sie diese Woche mit der Sache durchbrechen würden, aber es dünkt mich, sie hätten die Macht noch nicht von Gott empfangen. Es sind zwar solche, wie mir vorkommt, die es wohl wollten, aber es scheint, daß der Herr es ihnen nicht zulässt; einige trösten mich mit dem Frieden, daß sie mich alsdann frei lassen werden. Darum, meine liebe Frau, habe ich es dem Herrn anheimgestellt; tue dasselbe und grüße mir sehr alle Bekannten; halte dich allezeit rein in der Furcht Gottes und tue allezeit dein Bestes an den Kindern. Für jetzt nichts mehr, als gehabe dich wohl. In Eile diesen 19. März 1588, von mir Christian Rycen, deinem geliebten Mann.