Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.314

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2.314  Wilhelm, der Schneider.

Zu Antwerpen wurde im Jahre 1560 ein Bruder, genannt Wilhelm, der Schneider, um der Wahrheit willen gefangen genommen und zum Tode verurteilt.

Als er nun vor Gericht gebracht wurde, fragte der Schultheiß, ob er wiedergetauft sei. Er antwortete: Warum fragt ihr nach meiner Taufe, und nicht nach meinem Leben und Glauben, dann könntet ihr nachher ein rechtes Urteil über mich fällen, und dieses Volk könnte demselben nachfolgen. Der Schultheiß fragte abermals, ob er nicht wiedergetauft sei. Wilhelm erwiderte: Du begehrst ja nur ein Wort, und ich habe doch zuvor ein Bekenntnis abgelegt; richte recht, und überlege die Sache wohl. Der Schultheiß fragte noch einmal, ob er wiedergetauft sei. Wilhelm entgegnete: Du hast mich solches zuvor allein gefragt; darf ich dich nun auch etwas fragen? Der Schultheiß sprach: Gib erst Bescheid, dann will ich es dir sagen. Wilhelm sagte: Ich wollte, daß du einmal an den Tag dächtest, der wie ein Ofen brennen wird, wo die Gottlosen wie Stroh vergehen werden. Ferner sagte er: Mk 16 steht geschrieben: »Wer glaubt und getauft wird, soll selig werden.« Der Schultheiß sagte: Darnach fragt man dich nicht. Wilhelm sprach: Die Kinder können nicht glauben, darum habe ich mich auf meinen Glauben taufen lassen. Da gingen die Herren hinein, und Wilhelm sagte zum Volke: Tut Buße und bessert euch. Der Schultheiß verbot ihm das Reden; aber er sagte: Lasst mich doch reden, denn es wird nicht lange mehr währen; sofort kamen die Herren wieder, und Wilhelm sagte: Meine Herren, richtet nicht nach des Königs Befehle, wenn ihr nicht verloren gehen wollt, sondern denkt an den Tag, welchem niemand entgehen kann, an welchem ihr euch beklagen werdet, es sei denn, daß ihr euch bekehrt. Darauf wurde er verurteilt, und man las ihm sein Urteil vor; sodann wurde er, wiewohl es noch sehr früh des Morgens war, auf den Markt gebracht, an einem Pfahle erwürgt und verbrannt; also hat er sich als ein tapferer Ritter Christi durchgestritten.