Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.607

Zum Inhaltsverzeichnis

2.607  Noch ein Brief von Jakob von dem Wege.

Ich, Jakob, ein Gefangener um des Namens des Herrn unseres Gottes willen; Gnade, Frieden, Barmherzigkeit und Liebe von Gott, unserm himmlischen Vater, durch Jesum Christum, seinen eingebornen Sohn, unsern Herrn, der sich selbst für unsere Sünden dahingegeben hat, als wir noch Feinde waren, damit Er uns von dieser gegenwärtigen, argen Welt erlöse und sich selbst ein Volk reinige, das zu allen guten Werken fleißig wäre; dieses wünsche ich dir, meine liebe Schwester in dem Herrn, zum freundlichen Gruße, Amen.

Nebst dem Gruße, meine herzgründlich geliebte Schwester in dem Herrn; gleichwie wir beide, dem Fleische nach, von einer Mutter geboren sind, so hoffe ich, daß wir, dem Geiste nach, auch aus einem Gott geboren seien, denn wir bekennen und glauben einen einigen Gott, Schöpfer aller Dinge, welcher uns durch den Glauben wiedergeboren hat, als durch das Wort der Wahrheit, damit wir Erstlinge seiner Kreaturen würden, wie der Apostel sagt: Wer glaubt, daß Jesus der Christ ist, der ist von Gott geboren, und wer den lieb hat, der Ihn geboren hat, der liebt auch den, der von Ihm geboren ist. Darum, wer Gott liebt und aus Ihm geboren ist, der muss auch die Brüder lieben, und wer den Bruder nicht lieb hat, der bleibt im Tode, und wer seinen Bruder hasst, der ist ein Totschläger; nun aber wisst ihr, daß ein Totschläger das ewige Leben nicht hat, sondern im Tode bleibt. Darum sagt Petrus: Macht keusch eure Seelen im Gehorsam der Wahrheit durch den Geist, zu ungefärbter Bruderliebe, als die wiedergeboren sind, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen, nämlich aus dem lebendigen Worte Gottes, das ewig bleibt; ferner sagt auch Paulus: So seid nun Gottes Nachfolger, als die lieben Kinder, und wandelt in der Liebe, gleichwie uns Christus geliebt und sich selbst für uns dahingegeben hat, zur Gabe und Opfer, Gott zu einem süßen Geruch. So ziehe nun an, meine liebe Schwester, als eine Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld, und vertragt einer den andern in der Liebe und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat wider den andern, gleichwie Christus uns vergeben hat, ebenso auch wir; aber über alles zieht die Liebe an, die das Band der Vollkommenheit ist, und der Friede Gottes regiere in euren Herzen, zu welchem ihr auch berufen seid in einem Leibe, und seid dankbar. Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen in aller Weisheit; lehrt und vermahnt euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, und singt dem Herrn in eurem Herzen, und alles, was ihr tut, mit Worten oder mit Werken, das tut alles im Namen des Herrn Jesu, und dankt Gott, dem Vater, durch Ihn. So wandle denn allezeit, meine liebe Schwester, tapfer in allen Dingen, und sei dem getreu, der dich von der Finsternis zu seinem Lichte, von den Lügen zur Wahrheit, von dem Hass zur Liebe berufen hat; denn dazu bist du berufen, damit du im Lichte, in der Wahrheit und in der Liebe wandeln mögest, und dabei, sagt Christus, wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. Ja, meine liebe Schwester, die Hauptsumme des Gebotes ist Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungefärbtem Glauben.

Hiermit sei dem Herrn und dem tröstlichen Worte seiner Gnade befohlen. Der Gott des Friedens, der den großen Hirten der Schafe durch das Blut des ewigen Testaments, unseres Herrn Jesu Christi, von den Toten auferweckt hat, mache euch in allen guten Werken geschickt, seinen Willen zu tun, und schaffe in euch, was vor Ihm wohlgefällig ist, durch Jesum Christum, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Geschrieben den 4. Juli 1573. Halte dieses im Gedächtnis von mir, deinem schwachen Bruder in dem Herrn, und vergiss nicht meiner und meiner Mitgefangenen in deinem Gebete; wir wollen solches auch tun nach unserm geringen Vermögen.