Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.233

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2.233  Conrad, der Schuhmacher, im Jahre 1558.

Auch ist in demselben Jahre ein junger Bruder, namens Conrad, Schuhmacher, samt seinem Volke, aus Schwabenland gezogen, und zu Stain bei Krens an der Donau gefangen genommen, darauf aber nach Wien geführt und dort der Obrigkeit eingehändigt worden; er hat dort einige Wochen über ein Jahr um des Glaubens und der Wahrheit Gottes willen gefangen gesessen; im Amthause hat er bei Dieben und andern Übeltätern (deren einige bei ihm lagen) große Not und Hunger erlitten. Man hat ihnen nichts gegeben, als was andere Leute ihnen mitteilten und zutrugen; überdies, als man diese Übeltäter gefoltert hatte, wie man zu tun pflegte, sind sie nachher mit ihm übel umgegangen, sodass er großen Hunger litt, ehe er etwas zu essen haben konnte, wenn sie auch etwas hatten; auf solche Weise hat er, außer der Tyrannei im Gefängnisse, viel Elend ertragen müssen.

Um diese Zeit ist der Kaiser Ferdinand zu Augsburg auf einem großen Reichstag gewesen; bei dieser Gelegenheit hat der Bischof von Wien den Bruder zweimal vor Tagesanbruch vor sich bringen lassen und ist Willens gewesen, ihn im Hause hinrichten zu lassen. Als sie ihn das erste Mal vorgeführt und ihn in der Kürze verhört, haben sie von ihm begehrt, daß er sagen sollte, ob er von seinem Glauben abfallen wollte oder nicht; er hat ihnen aber in der Kürze geantwortet, sie sollten solches von ihm nicht erwarten, denn er wollte darauf sterben, daß es die Wahrheit und der Weg zum ewigen Leben wäre; solches wollte er mit dem Munde bekennen, solange als noch einiges Vermögen in ihm wäre. Damals nun wurden sie verhindert, daß sie an demselben Tage nichts weiter ausrichten konnten, als daß sie von morgens früh bis an den Mittag mit ihm handelten; darauf ließen sie ihn wieder ins Gefängnis bringen und sagten, er sollte sich noch drei Tage bedenken und alsdann sagen, was er tun wollte. Drei Tage darauf haben sie ihn abermals vor Tagesanbruch vor den Bischof, vor seine Mönche und Pfaffen gebracht, vor denen er die Wahrheit treulich verteidigt hat. Der Scharfrichter war schon auf dem Platze und wartete draußen, in der Voraussetzung, ihn früh zu enthaupten, ehe einiges Volk dahin käme, denn sie fürchteten sich, die Wahrheit möchte an den Tag kommen und seine Unschuld vor dem Volke offenbar werden. Aber der Herr hat sie abermals verhindert, sodass man ihn wieder nach dem Gefängnis brachte; unterdessen aber haben die Pfaffen mit ihm viel gehandelt und ihn nicht in Ruhe gelassen.

Nachher hat man ihm gedroht, man wolle ihn in einen unflätigen Turm setzen, worin in acht Jahren kein Mensch gesessen; hier sollte er sein Leben endigen; er sagte: Solches wollte er erwarten, und seine Hoffnung auf den Herrn stellen, der ihn aus dem unflätigen Turme und aus ihrer Gewalt wohl erlösen könnte, denn es kam ihm vor, daß ihn der Herr zu einem Zeugen der Wahrheit angenommen hätte.

Er hat sich in allem so unverzagt erwiesen, daß sich viele seiner Widersacher über ihn verwunderten; andere sagten, sie wollten mit ihm etwas Neues vornehmen, womit sie ihm wohl bange machen wollten. Unterdessen hat der Hofmeister des Königs Maximilian den Bischof zum Besten ermahnt, hat auch deswegen mit des Königs lutherischen Predigern gehandelt, welche es nachher dem Könige vortrugen, auch sehr zu Gunsten des Gefangenen arbeiteten und sagten, daß er noch jung sei und es zu beklagen wäre, wenn er um des Glaubens willen getötet werden sollte; darauf hat der König Maximilian beschlossen, ihn von ferneren Tyranneien und Leiden zu befreien; er wurde daher aus dem Gefängnisse entlassen, und ist so wieder in Frieden zu seinen Brüdern und der Gemeinde gekommen.