Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.276

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2.276  Des Jaques d’Auchi Bekenntnis, welches er vor dem Commissarius und dem Inquisitor, den man Ketzermeister nennt, abgelegt hat.

Nachdem ich zehn Wochen gefangen gelegen hatte, wurde die erste Untersuchung mit mir angestellt. Den 3. Tag im Januar des Jahres 1558, den Anfang des Jahres vom Neujahrstag an gerechnet, kam nämlich nachmittags der Stockmeister zu mir und sagte, ich sollte vor den Verordneten erscheinen, um über meinen Glauben verhört zu werden. Da war ich mit freudigem Mute bald fertig und bin mit dem Stockmeister dahingegangen. Als ich in den Saal kam, wo der Verordnete saß, hatte ich ihn demütig gegrüßt, worauf er mich auch wieder gegrüßt und die Worte gesagt: Jaques, ist dein Name Jaques d’Auchi? Jaques: Ja, mein Herr. Commissarius: Jaques, ich bin im Namen des Königs und des Generalanwalts hierher verordnet, um dich wegen deiner Glaubensartikel zu hören. Jaques: Wohlan, mein Herr, im Namen des Herrn muss solches geschehen. Nach vielen Reden, die wir in Ansehung des Glaubens miteinander wechselten, fing er an, mich zu fragen, wo ich geboren wäre, und redete dann mit mir von meiner Wohnung, von meinem Aufenthalte und Umgang von meiner Jugend an bis auf die gegenwärtige Zeit, was ich ihm alles bekannte. Darauf hat mich der Stockmeister wieder ins Haus gebracht.

Des andern Tages, nämlich den 4. Januar desselben Jahres, wurde ich nachmittags abermals vor denselben Commissarius gebracht. Als ich nun vor ihm stand, fing er an, die Hirten und die Herde Christi zu lästern, zu schelten und zu schmähen, und sagte: Ist es nicht ein jämmerliches Ding, daß wir uns so verführen lassen? Jaques: Ja, mein Herr. Commissarius: Ich sage von euch und andern mehr, die unsere Mutter, die heilige Kirche, verlassen, und sich von einem Haufen leichtfertiger Müßiggänger und Landläufer betrügen lassen. Jaques: Ich habe mich von solchen nicht betrügen lassen. Commissarius: Nicht? Als du den verfluchten, schändlichen Menschen und Bettlern, wie dem Menno, Leonhard, Henrich von Frieden, Franz von Kuyper, Jelis von Aachen, und andern dergleichen Bösewichtern glaubtest, und uns und das wahrhaftige Wort Gottes verließest, hast du dich denn damals nicht betrügen lassen? Jaques: Ich habe das Wort Gottes nicht verlassen, denn mein Glaube ist auf das Wort Gottes, nicht auf Menschen oder Menschenlehre gegründet, indem der Prophet Jeremia ruft: Verflucht ist der Mensch, der sich auf Menschen verlässt und Fleisch für seinen Arm hält.

Kurz darauf rief der Commissarius: O die Bösen! Wie viele Menschen haben Menno und Leonhard verführt und zu allen Teufeln in die Verdammnis geführt. Jaques: Mein Herr, ich bitte dich, du wollest dergleichen Worte nicht reden, denn es würde dir zu hart und schwer fallen, es zu beweisen, daß sie solche sind, wie du sie nennst; sie haben nicht betrogen, sondern das Wort Gottes klar ausgelegt; ich glaube auch nicht, daß diejenigen, die dem Worte Gottes geglaubt haben, ins Verderben fallen werden. Der Herr aber wird alles wohl richten.

Commissarius: Ich will nicht disputieren, denn ich selbst lasse mich von denen unterrichten, die in der heiligen Kirche gelehrt sind; aber ich weiß wohl, was hinter euch und eurer Lehre steckt: Hättet ihr die Macht, ihr solltet uns wohl die Kehle abschneiden, wie man gesehen hat, daß von eurem Volke zu Münster, zu Amsterdam und andern Orten geschehen ist. Jaques: O mein Herr, rede doch solche Worte nicht wider dein Gewissen; denn ich glaube, du weißt es viel besser, weil du schon wie du sagst, zwanzig Jahre hier im Rate gewesen bist (dies hatte er mir zuvor gesagt), darum halte ich dafür, daß du uns besser kennst; hätten wir solche böse Herzen, daß wir die Leute ermorden wollten, wir würden uns selbst euch nicht in die Hände geben; denn wenn wir gegen unser Herz handeln und euch die Wahrheit verbergen wollten, so hättest du keine Macht über uns, denn du würdest niemanden finden, der uns mit Wahrheit anklagen kann, dass wir jemandem Unrecht oder Schaden getan haben.

Commissarius: Woher kommen denn so viele Sekten und Ketzereien? Woher entspringt so viel Aufruhr und Meuterei? Jaques: Was die Sekten und Ketzereien betrifft, die auf Erden sind, die von Münster, Amsterdam oder anderswo ausgehen, so haben wir weder Gemeinschaft noch Teil an ihren Werken oder ihrer Lehre, sondern wir halten sie für teuflische Lehren; auch können alle solche Dinge die Wahrheit nicht hindern, daß sie nicht Wahrheit sei, und daß die Christen nicht die rechten Christen sein sollten, ebenso wenig, als zu den Zeiten der Apostel alle Sekten und Ketzereien, die rund um sie her waren, und noch einige Spuren des Wortes Gottes behalten hatten.

Nach diesen und vielen andern Worten, die wir zusammen wechselten, fing er an, sanfter zu werden, und sagte zu mir: Du musst nicht so hoch studieren, sondern dich von denen unterrichten lassen, die gelehrter und weiser sind als du und an das Wort Gottes glauben. Jaques: O mein Herr! Sollte ich an das Wort Gottes nicht glauben? Um dieses Wortes willen bin ich hier gefangen und stehe gegenwärtig vor euch, um darüber Antwort zu geben. Commissarius: Du bist nicht um des Wortes Gottes, sondern um deiner vielen bösen Werke willen gefangen. Jaques: Mein Herr, hast du gehört, daß mich jemand angeklagt hat, daß ich ihm auf irgendeine Weise Unrecht oder Schaden zugefügt habe? Commissarius: Nein, ich habe nicht gehört, daß man irgendeine Klage wider dich vorgebracht hat. Jaques: Der Herr sei gelobt, daß es nicht um meiner Ungerechtigkeit, sondern um des Zeugnisses des wahren Glaubens willen geschehen ist.

Commissarius: Dem ist nicht so, sondern um deiner Missetat willen, weil du gegen die kaiserliche Majestät gehandelt und den Befehl des Königs, unseres Herrn, übertreten hast. Jaques: Habe ich des Königs Befehle übertreten, so ist solches eine geringe Sache, weil ich, indem ich solches getan, den Befehl des Königs, welcher der wahre Gott und ewige König ist, erfüllt habe. Commissarius: Du hast auch den Befehl Gottes und unsrer Mutter, der heiligen Kirche, übertreten. Jaques: Mein Herr, du so wenig als irgendein anderer Mensch kannst mir solches mit der Heiligen Schrift beweisen, daß ich nach derselben den Befehl Gottes übertreten habe. Commissarius: Man wird dir solches wohl beweisen. Wohlan, laß uns die Artikel, die mir zu untersuchen befohlen sind, ans Ende bringen.

Wir redeten sonst noch vieles, welches hier zu erzählen zu weitläufig sein würde; überdies sind mir diese Reden auch größtenteils aus dem Gedächtnisse entfallen. Der Commissarius war etwas verzagt und gab mir in allem Gehör, was ich auch reden wollte. Dann fragte er mich, wann ich nach Emden gekommen wäre, wo ich mich niedergelassen, und ob ich Nachricht erhalten hätte, zu solchem Volke zu kommen. Ich antwortete: Ja. Commissarius: Von wem hast du Nachricht erhalten? Jaques: Von einem guten Freunde.

Commissarius: In welchem Hause warst du? Jaques: Ich kenne das Haus nicht, worin ich war. Commissarius: Wer war es, der dich zu dem Leonhard führte? Jaques: Es waren Männer und junge Gesellen, Frauen und Jungfrauen. Commissarius: Wie heißen sie? Jaques: Was ihre Zunamen betrifft, so hätte ich viel zu tun gehabt, wenn ich sie nach ihrem Namen und Zunamen hätte erkennen wollen, weil ich nicht Zeit genug hatte, sie kennen zu lernen. Commissarius: Wo war der Leonhard, als du ins Haus kamst? Wovon predigte er? Jaques: Er predigte das reine Wort Gottes. Commissarius: Wovon und von welchen Artikeln predigte er? Jaques: Er predigte von der Besserung des Lebens, und wie man den alten Menschen aus- und den neuen Menschen anziehen müsse; bewies es auch kräftig mit der Schrift, daß diejenigen, die nach dem Fleische und nach ihren Wollüsten wandeln, an dem Reiche Gottes keinen Teil haben. Commissarius: Redete er nichts von andern Dingen? Jaques: Mein Herr, ich hätte viel zu tun, wenn ich alles behalten wollte, wie ich denn denke, daß du mit Not und Mühe eine Rede, die vor anderthalb oder zwei Jahren gehalten ist, im Gedächtnis bewahren würdest.

Commissarius: Bist du damals zum zweiten Male getauft worden? Jaques: Ich bin nur einmal getauft worden, und zwar nach der Ordnung Christi. Commissarius: Hast du nicht auch in deiner Kindheit eine Taufe empfangen. Jaques: Ich weiß nichts davon, was man mit mir in meiner Kindheit getan hat; ich habe kein Gedächtnis dafür. Commissarius: Hat dir dein Vater oder deine Mutter nicht gesagt, daß du getauft worden seist, und hast du nicht auch Gevatterleute gehabt? Jaques: Ich glaube, daß sie es mir gesagt haben, ich habe auch einige Leute Vetter und Götger genannt, aber das war nicht nach der Schrift. Commissarius: War denn das nicht genug? Hast du denn außerdem von dem Leonhard noch etwas empfangen, nämlich Wasser oder die Taufe nach deiner Meinung? Jaques: Ich habe von ihm die Taufe nach dem Worte Gottes empfangen. Commissarius: Hältst du die Taufe, die du in deiner Jugend empfangen hast, nicht für gut? Jaques: Hätte ich sie für gut und für eine Taufe gehalten, ich hätte keine andere angenommen; denn es steht geschrieben: Es ist ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, und nicht viele Taufen. Commissarius: Als du von dem Leonhard getauft worden bist, ist das in dem Hause geschehen, wo ihr versammelt ward? Jaques: Ja. Commissarius: War es vor oder nach der Predigt? Jaques: Nach der Predigt. Commissarius: Redete er nicht von der Taufe? Jaques: Ja, denn er bewies aus der Heiligen Schrift, was die Taufe wäre, und bedeute, und ermahnte diejenigen, die die Taufe begehrten, demütig sich wohl zu bedenken und auf dasjenige Achtung zu geben, was sie annehmen, bewies auch, daß bei denen, die so weit gekommen wären, Kreuz und Verfolgung darauf folge, und führte noch mehrere andere Beweisgründe aus der Heiligen Schrift an. Commissarius: Habt ihr euch nicht vor des Kaisers Befehle gefürchtet? Jaques: Nein, ebenso wenig als jetzt. Commissarius: Jaques, es wird dir nicht wohlgehen, es sei denn, daß du um deiner Missetat willen dich der Gnade unterwirfst. Jaques: Mein Herr, ich erwarte wohl Gnade von dem Herrn, aber ich weiß nicht, daß ich gegen den Kaiser oder König gehandelt haben sollte, weshalb ich auf Gnade zu warten hätte; ist nun der Befehl gegen das Wort Gottes, so halte ich dafür, ich vergriffe mich (wenn ich den Befehl Gottes vollbringe) an keinem Menschen, wer er auch ist.

Commissarius: Jaques, überlege den Inhalt des Befehls. Jaques: Mein Herr, ich weiß wohl, daß er in dieser Welt die Herrschaft über das Wort Gottes hat, um diejenigen zu töten, die an seinen Namen glauben und von der Ungerechtigkeit abweichen, wie geschrieben steht, daß es so ergehen sollte. Aber was ist es denn, wenn ihr mit mir nach dem Befehle handeln und mich töten werdet? Ihr werdet nichts weiter haben, als einen schnöden und sterblichen Leib, welcher der Verwesung unterworfen ist; aber was die Seele betrifft, diese könnt ihr nicht berühren, und wenn ihr vor das Gericht Gottes kommt, werdet ihr innewerden, was ihr getan habt. Commissarius: Jaques, ich suche deinen Tod nicht, Gott weiß es; es wäre mir auch leid, wenn du auch nur an deiner Fingerspitze Schmerzen hättest. Jaques: Mein Herr, man wird es zuletzt wohl sehen. Woher kommt es denn, daß ihr hier das unschuldige Blut vergießt, weil ihr, wie du mir selbst gesagt hast, von diesem Glauben keine Einsicht habt? Warum verordnet ihr denn nicht, daß diejenigen, welche nicht einsehen können, daß euer Glaube recht und gut sei, Leib und Güter behalten, und nur des Landes verwiesen werden, gleichwie man überall in Deutschland und auch im Morgenlande verfährt, welche um des Wortes Gottes willen kein Blutgericht halten wollen.

Nachdem sonst noch viel geredet worden ist, fragte er: Was hältst und glaubst du von dem Sakramente des Altars? Jaques: Verstehst du darunter das Brotbrechen? Commissarius: Ja. Jaques: Ich bekenne und glaube, wie Christus verordnet hat und die Apostel im Gebrauche gehabt haben und wie Paulus davon an die Korinther schreibt. Commissarius: Wie verstehst du das? Jaques: Wie es geschrieben steht. Ich will über das Wort Gottes keine Auslegung machen. Damit war er zufrieden und schrieb es so nieder. Commissarius: Was hältst du von der Messe, Beichte und dem Ablasse des Priesters? Jaques: Was die Messe betrifft, so ist sie mir und selbst der Schrift unbekannt; ich habe diesen Namen auch niemals im Worte Gottes gelesen. Commissarius: Was soll ich denn hiervon niederschreiben? Jaques: Ich weiß es nicht; was dir gefällt, mein Herr. Commissarius: Willst du nicht geradezu bekennen, daß du an die Verordnung der wahren und heiligen Kirche glaubst, wie die Schrift lehrt, und wie ein guter Christ zu glauben schuldig ist? Ja, mein Herr, von ganzem Herzen. Er schrieb dieses so nieder.

Commissarius: Wer sind deine Lehrer in diesen Lehren? Mit wem hast du anfänglich Umgang gehabt, und an welchem Orte? Jaques: Ich habe mich zu Antwerpen aufgehalten, und habe mit vielen von der Schrift geredet, insbesondere aber bin ich aus dem heiligen Worte des Herrn unterrichtet worden und habe durch das Lesen desselben meine Grundsätze daraus genommen; dieses schrieb er ebenfalls so nieder.

Commissarius: Aber nun vernimm hier einen richtigen Artikel, nämlich, ob du nicht ein Diener, oder ein Diakon der Armen, oder ein Ermahner gewesen seiest, oder ob du nicht sonst ein Amt in der Versammlung unter den Brüdern gehabt hast, wie ich merken und sehen konnte, stand diese Frage bereits auf seinem Papiere, und ich wusste zuerst nicht, was er mit einem so wichtigen Artikel sagen wollte; ich antwortete darauf: Nein, ich befinde mich hierzu nicht tüchtig, sondern ich bin ein kleines Glied in der Versammlung. Commissarius: Warst du nicht in der Versammlung, ehe du die Taufe empfingst? Jaques: Ja, wenigstens zwei oder drei Mal. Commissarius: In welcher Gegend ist es gewesen, und in welchen Häusern? Jaques: Was die Häuser betrifft, so weiß ich nicht, wem sie zugehören. Commissarius: Was für Häuser waren es, große oder kleine? Jaques: Wir versammeln uns, wo wir am besten können, und wie es gerade fällt; ich erinnere mich, in sehr ärmlichen Häuslein gewesen zu sein, welche einem Stalle ähnlicher waren als einem Hause; dies schrieb er ebenfalls nieder.

Commissarius: Bist du auch unter den Brüdern in der Versammlung gewesen, nachdem du die Taufe empfangen hast? Jaques: Mein Herr, das beantwortet sich von selbst; du kannst wohl denken, bin ich früher dort gewesen, so werde ich nachher um desto mehr dort gewesen sein? Commissarius: Ist dein Weib der Lehre, welche du hast, zugetan? Ist sie auch wiedergeboren? Jaques: Ich habe genug zu tun, für mich selbst zu antworten, und habe nicht auch für mein Weib zu antworten; wenn sie hier wäre, so könnte sie für sich selbst antworten; doch halte ich sie für eine Frau, die den Herrn fürchtet; damit war er zufrieden.

Den achten Tag des Januar im gedachten Jahre 1538, auf einen Samstag morgen, wurde ich vor den Inquisitor oder Ketzermeister, welcher kurz zuvor von dem Könige in Spanien hier eingesetzt worden ist und von ihm alle Gewalt, zu binden und zu lösen, freizusprechen oder zu töten empfangen hatte, in denselben Saal gebracht. Als ich nun vor denselben kam, grüßte ich ihn demütig; er grüßte mich auch und sagte zu mir: Jaques, ich bin über eine Sache sehr froh, ich meine über dasjenige, was mir der General-Anwalt gesagt hat, du wollest deine Schuld bekennen, wenn man dir mit der Schrift beweisen könne, daß du das Gebot Gottes übertreten habest und im Irrtume wandelst; bist du dies noch Willens und willst du die Schrift annehmen? Jaques: Ja, ebenso bin ich auch bereit, jede gute Unterweisung nach dem Worte Gottes anzuhören; er hatte mein Bekenntnis, das ich vor dem Commissarius getan hatte, und fragte mich, willst du noch bekennen, daß du die Taufe von Leonhard empfangen habest? Jaques: Mein Wort ist nicht ja und nein, sondern ja, ja, und wie ich bekannt habe, so bekenne ich noch öffentlich. Ketzermeister: War dir die Taufe, die du in deiner Kindheit empfangen hattest, nicht genug, daß du noch eine andere annehmen musstest? Jaques: Ich halte die Taufe, die ich in meiner Kindheit empfangen habe, für keine Taufe nach dem Worte und der Ordnung Gottes. Ketzermeister: Ich will es dir beweisen, aber glaubst du auch, daß die Kinder in der Erbsünde geboren seien? Jaques: David sagte zwar, er sei in Sünden empfangen worden, gleichwie alle Kinder, aber die Sünde wird ihnen nicht zugerechnet, weil Christus gestorben ist, die Sünde hinweg zu nehmen, wie Paulus überall in seinen Briefe bezeugt, und gleichwie die Sünde durch einen Menschen in die Welt gekommen ist, und der Tod durch die Sünde, so ist die Gnade durch Jesum Christum überfließend geworden. Ketzermeister: Wie werden die Kindlein gereinigt? Geschieht solches nicht durch die Taufe? Jaques: Sie sind durch das Blut Christi gereinigt, weil er das Lamm ist, das der Welt Sünde hinwegnimmt. Ketzermeister: Wie gebt das zu, daß sie von der Erbsünde gereinigt werden? Jaques: Mein Herr, ich habe es dir schon gesagt, durch das Blut des Sohnes Gottes, der für uns gestorben ist, als wir noch Feinde und ungläubig waren. Ketzermeister: Glaubst du nicht, daß die Kinder ihre Sünde von Adam an tragen bis auf die Zeit, wo sie durch die Taufe gereinigt werden? Jaques: Man müsste mir solches mit der Schrift beweisen; ich glaube an das Wort des Propheten, der da sagt: Der Sohn soll die Missetat des Vaters, und der Vater die Missetat des Sohnes nicht tragen, sondern welche Seele sündigt, die soll des Todes sterben. Ketzermeister: Es ist nicht so zu verstehen, sondern das Kind ist unrein, bis es die Taufe empfangen hat. Jaques: Werden die Kinder durch das äußere Zeichen des Wassers gereinigt? Ketzermeister: Nein, sondern sie müssen zunächst mit dem Wasser und dann mit dem Heiligen Geiste gereinigt werden. Jaques: Welche Reinigung hat den Vorzug, die auswendige oder die inwendige? Ketzermeister: Die Reinigung von außen, und wenn die Worte gesprochen worden sind: Im Namen des Vaters, und des Sohnes und des Heiligen Geistes, so werden sie dadurch von innen gereinigt. Jaques: Mein Herr, du redest solches ohne die Schrift, denn Christus sagt, daß solche Heuchler seien, die zuerst das Auswendige reinigen; man soll also zuerst das Inwendige reinigen, dann würde das Auswendige auch rein werden. Ketzermeister: Du irrst und verstehst die Schrift nicht, und hast dich von einem Haufen Landläufer verführen lassen. Jaques: Mein Herr, ich verlasse mich nicht auf Menschen, aber es ist mir hiervon noch keine andere Einsicht gegeben worden; auch können mir die Menschen den Glauben nicht geben, denn es steht in den Propheten geschrieben: Sie werden alle von Gott gelehrt sein, und Jesus Christus sagt, es könne niemand zu ihm kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben. Aber nun, mein Herr, beweise es mir allein aus der Schrift, daß die Taufe der kleinen Kinder eine Einsetzung und Verordnung der kleinen Kinder sei, welche die Apostel in der Übung gehabt haben, dann will ich es glauben. Ketzermeister: Die Verordnung ist von Jesu Christo gemacht, indem er sagt: Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. Jaques: Christus spricht nicht zu den Kindern, sondern zu einem Lehrer des Gesetzes, auch redet er nicht von kleinen Kindern, die erst geboren werden, denn er sagt im Verlaufe desselben Kapitels: Was vom Fleische geboren ist, das ist Fleisch, und was vom Geiste geboren ist, das ist Geist. Verwundert euch nicht, daß ich euch gesagt habe, ihr müsst von neuem geboren werden. Der Wind bläst, wohin er will, und du hörst sein Sausen wohl, aber du weißt nicht von wo er kommt und wohin er fährt; so ist auch ein jeder, der aus dem Geiste geboren ist. Als ich in seinem Testamente gelesen hatte, welches zu Zürich in hochdeutsch gedruckt war, sagte ich: Mein Herr, wenn die äußere Taufe der Kinder eine neue Geburt ist, so weiß man ja wohl, woher sie kommt, denn man sieht sie mit Augen. Wie verstehst du denn dieses? Jaques: Ich verstehe eine neue Geburt von demjenigen, was in dem alten Adam war, in dem Fleische der Sünden, das man solches ausziehen und das Fleisch der Sünden samt allen seinen Lüsten und Begierden töten und kreuzigen müsste, damit man wiedergeboren werde in einem neuen Leben nach dem neuen Menschen Christus Jesus, wie Paulus deutlich und ausführlich bezeugt. Ketzermeister: Das ist von großen und alten Leuten zu verstehen, aber die kleinen Kinder, die unrein sind, muss man mit Wasser reinigen, daß sie die Seligkeit erlangen. Jaques: Was glaubst du von den Kindern, die hier keine Taufe nach dem Glauben empfangen, welchen ihr habt, nämlich von dem Papste? Ketzermeister: Sie gehen zu allen tausend Teufeln. Jaques: O mein Herr! Es steht geschrieben: Wenn du richtest, so richte ein rechtes Gericht; auch sagt Christus: Mit welchem Gerichte ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; du verdammst die unschuldigen Kinder, da doch Christus sagt, daß solchen das Himmelreich sei. Ketzermeister: Diese waren getauft oder hatten doch wenigstens die Beschneidung empfangen, welche ihnen statt der Taufe diente. Jaques: Die Schrift meldet nichts davon, daß sie beschnitten gewesen seien; auch kannst du nicht erweisen, ob es jüdische oder heidnische gewesen seien. Ketzermeister: Es waren lauter Juden, die in Jerusalem oder dort herum im jüdischen Lande waren. Jaques: Lukas bezeugt anderes, Apg 2, daß in Jerusalem, im jüdischen Lande, alle Gattungen von Sprachen gewesen seien, die unter dem Himmel sind. Ketzermeister: Ist es nicht ein armer Handel von dir, daß du so in der Schrift irrst? Sagt nicht Paulus, daß er seine Gemeinde im Wasserbade gereinigt habe? Jaques: Paulus sagt: Im Wasserbade durchs Wort; wohlan, kannst du nun Kinder reinigen durchs Wort, oder allein durch das Wasserbad? Denn sie können nicht glauben an das Wort. Ketzermeister: So sind sie denn verdammt, weil sie nicht glauben. Jaques: Rede doch nicht so, denn sie sind unschuldig und arm an Geist, und solcher ist das Himmelreich. Ketzermeister: Man muss sie vor allen Dingen durch die Wassertaufe reinigen, damit sie selig werden. Jaques: Der Apostel Petrus bezeugt klar: Gleichwie die Arche, die Noah gemacht hatte, alle diejenigen vor dem Tode und dem Zorne Gottes bewahrte, die die Gesellschaft der Bösen und die Welt verlassen hatten und da hineingegangen waren, auf gleiche Weise ist auch die Taufe zur Seligkeit; aber der Apostel hält die Taufe nicht hoch, welche nur des Leibes Unreinigkeit wegnimmt, es sei denn, daß ein gutes Zeugnis eines guten Gewissens vor Gott daran sei; ich glaube nicht, daß die Kinder das Zeugnis eines guten Gewissens haben, weil sie nicht wissen, was gut oder böse ist. Auf diese Sache hat er mir nicht geantwortet, sondern mich scharf angesehen und kurz darauf zu mir gesagt: Calvinus hat geschrieben Attestat (das ist Zeugnis) des guten Gewissens; das sind die falschen Propheten, die euch verführen, aber der wahre Text sagt nicht so. Jaques: Ich bin nicht um Calvinus Lehre gefangen genommen; ich habe den Ketzermeister oft gebeten, er wolle mich in seinem Buche lesen lassen, wie es der Apostel geschrieben habe, nämlich in seinem eigenen Testamente, das er vor sich hatte, oder in seiner lateinischen Bibel, welche ein sehr kleines Buch war, übersetzt und gedruckt zu Paris von Robertus Stephanus; aber er wollte es mich nicht lesen lassen, wie sehr ich ihn auch bat, worauf ich ihm sagte: Mein Herr, weil du doch ja dem Worte widersprichst, so solltest du mich doch nicht hindern, es zu beweisen. Unter anderem sagte er mir auch: Weil du nun nicht an die heiligen Lehrer wie St. Ambrosius und St. Augustinus (und noch einen Haufen anderer Heiliger, die er nannte) und an die Ordnungen, welche die heilige Kirche eingeführt hat, glauben willst, was willst du denn glauben? Jaques: Ich glaube einzig und allein an die Ordnung Christi; wenn ihr mir beweist, daß die Apostel kleine Kinder getauft haben, so will ich’s glauben. Solches wollte er nun mit dem Hausgesinde, welches getauft wurde, beweisen, worunter, wie er meinte, wohl kleine Kinder gewesen sein könnten; ich antwortete: Hiervon tut die Schrift keine Erwähnung, daß Kinder daselbst gewesen seien; sie stellt es aber klar vor, daß solches Hausgesinde das Wort Gottes angehört und geglaubt habe, wie vom Stockmeister geschrieben steht, gleichwie auch vom Hauptmanne Cornelius, samt allen denen, die in seinem Hause waren, welche den Heiligen Geist empfingen, wie auch die Apostel, nämlich, die das Wort hörten; deshalb, mein Herr, kannst du nicht beweisen, daß daselbst kleine Kinder gewesen seien. Ketzermeister: Ich will es nicht behaupten, es seien Kinder dabei gewesen, denn solches ist zweifelhaft, sondern du musst glauben, was die Alten und die heiligen Lehrer hiervon in der Kirche verordnet und bisher unterhalten haben. Jaques: Haben diese Lehrer solches in einer guten Absicht eingesetzt, oder haben sie es eingesetzt, weil es eine in der Schrift enthaltene Ordnung Gottes war? Ketzermeister: Sie haben es nach dem Worte Gottes in guter Meinung getan. Jaques: Mein Herr, du weißt wohl, wie scharf es dem Volke Israel verboten gewesen sei, etwas nach ihrem eigenen Gutdünken zu tun, denn sie sollten allein dasjenige tun, was der Herr ihnen befahl und verordnete; denn Saul ist von Gott verworfen worden, weil er nach dem Worte des Herrn, das ihm befohlen war, nicht recht getan hatte, sondern nach seinem eigenen Gutdünken gehandelt hat. Nachdem wir nun mehr dergleichen Reden gewechselt hatten, ging er von mir weg und sagte: Jaques, ich bitte dich, bedenke dich hierüber, denn du bist im Irrtum und verführt. Jaques: Ich bin weder im Irrtume, noch verführt, sondern wohl beraten; weil du mir aber aus der Schrift nicht beweisen kannst, daß die Taufe der kleinen Kinder eine Ordnung Gottes sei, darum glaube ich auch nicht daran. Ketzermeister: Was willst du, dass ich dir beweisen soll, da du nicht an die Lehren der katholischen Kirche oder die Verordnung glaubst. Jaques: Mein Herr, es steht geschrieben: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, soll ausgerottet werden; und nachdem wir dergleichen Worte noch viel mehr gewechselt hatten, ist er weggegangen und hat zu mir gesagt: Lebe wohl, Jaques, berate dich wohl und bitte Gott ernstlich; ich entgegnete: Lebe wohl, meine Hoffnung besteht darin, den Namen des Herrn zu meiner Hilfe allezeit anzurufen.

Außer dem Erzählten redeten wir übrigens noch viel mehr miteinander, was ich aber nicht aufgeschrieben, weil ich es vergessen habe und weil mich das Fieber ankam. Unter anderem habe ich vergessen, seine Beweisgründe aufzuschreiben, womit er beweisen wollte, dass die Beschneidung ein Vorbild der Taufe gewesen sei, und dass man sie auch auf gleiche Weise brauchen müsse; worauf ich ihm aus der Schrift bewies, dass die Beschneidung ein Vorbild auf den Bund gewesen sei, und dass dieselbe nichts weiter vorgestellt habe, als dass sie zu erkennen gegeben, dass sie in dem Bunde begriffen und Kinder seien, welchen die Verheißungen zuständen. Aber Paulus beweist es uns, dass er nicht ein Jude, nicht ein Kind Abrahams sei, der es von außen oder von seinem Samen ist, nach dem Fleische, sondern, die es im Herzen sind, wie Christus sagt, dass solche Abrahams Kinder sind, die Abrahams Werke tun, wenn sie auch, dem Fleische nach, von dem Samen der Heiden sind; ich bewies ihm, dass die Taufe die wahrhafte Wiedergeburt vorstelle, wie solches Christus Nikodemus erwiesen hat, und die Ablegung des alten Menschen in ein neues Leben, und dass man darum wiedergeboren und nicht ein neugeborenes Kind sein müsse, gleichwie sie sagen wollen; und wo keine Wiedergeburt sei, da diene auch kein Zeichen, sondern es hieße nur mit Gott Scherz getrieben. Er sagte zu mir: Sollten die Kinder denn keinen Teil an diesem Sakramente haben? Ich entgegnete ihm: Die Sakramente sind uns zu dem Ende zurückgelassen, um sie in der heiligen Gemeinde zu gebrauchen, und zwar denjenigen, die Ohren haben zu hören, Herzen zu begreifen und einen Unterschied in den Sakramenten machen, nicht aber für die Unwissenden. Wir hatten noch mehr dergleichen Redensarten über diesen Artikel, und ich bewies ihm den Missbrauch, den sie in ihrer Taufe haben, dass er gegen die Schrift sei; auch redete ich von der Taufe der verständigen Hebammen, wie sie dieselbe für gut erkennen, und dessen ungeachtet noch einmal taufen; darum, sagte ich, seien sie Wiedertäufer.

Am Montag den zehnten Januar desselben Jahres ward ich abermals vor denselben Ketzermeister geführt; nach einigen Reden fragte er mich: Wie hast du dich wegen der Taufe beraten? Jaques: Ich weiß keine andere Auskunft dir zu erteilen, als die ich dir gegeben habe, indem du es mir nicht aus der Schrift erweisen kannst, dass es eine Einsetzung Christi sei, dass man die kleinen Kinder taufen soll; ich glaube auch nicht daran, sondern halte mich an die Taufe, welche Jesus Christus eingesetzt und seinen Aposteln befohlen hat. Ketzermeister: In solcher Weise haben dich die falschen Propheten unterrichtet, von welchen die Schrift sagt, dass sie kommen werden, und die von uns ausgegangen sind. Jaques: Der Herr sagt, man soll solche falsche Propheten an ihren Früchten erkennen; und wenn auch du nun sagst, dass sie von euch ausgegangen seien, so bezeugte doch auch Paulus, als er zu Mileten war, den Ältesten zu Ephesus, daß unter ihnen und aus der Herde böse Menschen aufstehen würden, welche böse Dinge lehren würden; ist dem nicht so, mein Herr? Ketzermeister: Ja. Jaques: Ist denn nun, mein Herr, die Taufe, die ihr gebraucht, nicht eine verkehrte und widrige Sache; denn Christus hat diejenigen zu taufen befohlen, die da glaubten, unterrichtet und gelehrt waren. So haben auch die Apostel nur diejenigen getauft, die das Wort aufnahmen; und ihr tauft nur diejenigen, die nicht glauben und die weder unterwiesen noch gelehrt werden können, die auch das Wort nicht aufnehmen können, weil sie unwissend sind; solches halte ich für ganz verkehrt, und heißt die Pferde hinter den Wagen gespannt. Ketzermeister: Das kommt daher, mein Kind, weil du in der Ketzerei steckst und den heiligen Lehrern nicht glaubst; sieh’ wie es dir ergehen wird; wohlan nun, laß uns von einem andern Artikel reden. Nachdem er nun mein Bekenntnis, das ich vor dem Commissarius getan, gesehen und gelesen hatte, wie ich zuvor gesagt habe, so fragte er mich: Was glaubst du denn von der Eucharistie? Jaques: Was ist das? Ketzermeister: Von dem Sakramente des Altars. Jaques: Willst du sagen, von des Herrn Abendmahle oder dem Brotbrechen? Ketzermeister: Ja, es ist ein Ding, Eucharistie, Sacramentum oder Abendmahl. Jaques: Mein Herr, es ist nicht ein Name, denn siehe, wie es die Apostel genannt haben; Lukas sagt: Sie brachen das Brot hin und her in den Häusern, und nicht den Leib Christi. Ketzermeister: Was hier Lukas sagt, das ist von dem Worte Gottes geredet, welches sie einem jeden austeilen. Jaques: Mein Herr, so sagt auch David Joris und andere Ketzer, die das Brotbrechen vernichten; aber merke, als Paulus zu Troas war und die Versammlung des Nachts gehalten wurde, sodass ein Jüngling durch ein Fenster fiel, und als ihn Paulus aufgehoben hatte und sie wieder hinaufgestiegen waren, haben sie das Brot gebrochen und gegessen; sie haben nicht das Wort gegessen; nachher redete Paulus bis zur Morgenröte, und ging davon. Als er solches hörte, sah er mich scharf an und wusste nicht, was er sagen sollte. Glaubst du nicht, sagte er, daß wenn der Priester die Worte gesprochen hat, unser Herr daselbst im Brot sei mit Fleisch und Blut, eben wie ihn die Juden in ihren Händen gehabt und gekreuzigt haben? Dieses hat er mich sehr oft gefragt, und weil ich mich mit ihm in keinen Wortstreit einlassen wollte, so sagte ich: Mein Herr, wenn man mir solches mit der Schrift beweisen kann, so will ich es glauben; er setzte mir scharf zu und sagte: Sage nein oder ja, was du davon glaubst. Jaques: Was hiervon die Schrift bezeugt. Ketzermeister: Ich frage dich, ob du nicht glaubst, daß er im Sakramente sei mit Fleisch und Blut, wie er am Kreuze war? Als ich nun sah, daß er sich erzürnte, hielt ich mit der Antwort ein wenig zurück. Ketzermeister: Wohl, was sagst du? Jaques: Nichts, mein Herr. Ketzermeister: Das höre ich wohl, aber warum zögerst du so lange, ja oder nein zu antworten? Jaques: Mein Herr, es steht geschrieben: Sei schnell zu hören und langsam zu reden. Ketzermeister: Wohlan denn, Jaques, sage nur ja oder nein; wenn du glaubst, daß er im Brote sei mit Fleisch und Blut, so sage ja. Jaques: Mein Herr, würde ich ja zu dir sagen, wie würde ich es dir mit der Schrift beweisen können, daß er mit Fleisch und Blut darin sei, wenn der Priester die Worte geredet hat? Denn ich habe es niemals in der Schrift gelesen, und weil ich es nicht beweisen kann, so will ich auch nicht sagen, daß dem so sei. Ketzermeister: So glaubst du es denn nicht, höre ich wohl, nicht wahr? Jaques: Ich glaube hiervon nicht weiter, als die Schrift bezeugt; und wie sollte er im Brote sein, mein Herr, da doch geschrieben steht, daß er in den Himmel aufgefahren sei und zur Rechten seines Vaters sitze, und daß er seine Feinde zum Schemel seiner Füße gelegt habe. Ketzermeister: Glaubst du nicht, daß er mächtig genug sei, zur Rechten seines Vaters zu sitzen und auch im Brote zu sein? Jaques: Mein Herr, ich glaube, daß er allmächtig ist; aber er kann nichts gegen sein Wort, denn er muss wahrhaftig sein und er selbst ist die selbstständige Wahrheit. Ketzermeister: Willst du dem nicht glauben, wie es in der Schrift geschrieben ist: Nehmt, esst, das ist mein Leib, welcher für euch gegeben wird; glaubst du denn nicht, daß es sein Leib sei? Jaques: Was hältst du für seinen Leib, den, der für uns dahingegeben worden ist, der gelitten hat und an der Tafel saß und redete, oder das, was er in seiner Hand hielt, nämlich Brot? Wurde dieses für uns dahingegeben? Ist das Brot am Kreuze für unsere Sünden gestorben, oder hat das Brot nicht seinen Leib vorgestellt? Ketzermeister: Beides. Jaques: Ich habe niemals gelesen, daß zwei Christi sind, sondern allein der einige Sohn Gottes. Dieses hatte ich ihm zuvor oft gesagt. Ketzermeister: Diese zwei sind nur einer; auch ist der Wein sein Blut, wenn der Priester die Worte gesprochen hat. Jaques: Wird der Wein sein Blut, wenn der Priester die Worte gesprochen hat, und bleibt er allezeit Blut und nicht Wein? Ketzermeister: Wenn das Wort ausgesprochen ist, so ist das Brot sein wahres Fleisch, und der Wein das wahre Blut Christi, und so bleiben sie Fleisch und Blut. Jaques: Was wollte denn Christus seinen Jüngern zu erkennen geben, wenn er sagte: Dieses ist mein Blut des neuen Testamentes, welches vergossen wird für viele, zur Vergebung der Sünden, und ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächse des Weinstocks trinken. Mein Herr, Christus nennt es sein Blut des Testamentes, und gleichwohl gibt er seinen Aposteln zu erkennen, daß es noch eine Frucht des Weinstocks sei; denn er nennt ihn noch so, als er schon gesagt hatte, daß es sein Blut sei. Ketzermeister: Wo steht das geschrieben? Da nahm ich sein deutsches Testament, welches er vor sich hatte, und las es ihm, und als ich es ihm gezeigt und gelesen hatte, sagte er mir: Du musst dich nicht nach deinem Verstande, sondern nach der Auslegung der heiligen Lehrer, als St. Augustinus, Ambrosius und mehrerer anderer von der alten Kirche richten. Jaques: Ich bin mit Paulus Auslegung wohl zufrieden, ohne andere Auslegungen zu suchen. Ketzermeister: Wo hat Paulus eine Auslegung über das Sakrament des Altars gemacht? Jaques: Paulus hat an die Korinther es ausgelegt und an den Tag gegeben, was das Abendmahl des Herrn und das Brotbrechen sei. Ketzermeister: Zeige es mir! Ich hatte sein Testament noch und las ihm das zehnte Kapitel des ersten Briefes an die Korinther vor, wo Paulus sagt: Als mit den Klugen rede ich, richtet ihr selbst, was ich sage: Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, welches wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?

Ich hatte es kaum ausgelesen, so antwortete er mir darauf in Eile: Das ist wider dich, denn hier beweist es der Apostel klar, daß das Fleisch und Blut im Brot und Wein sei, und daß man des Leibes Christi teilhaftig werde. Jaques: Mein Herr, wenn es dir so beliebt, so laß mich weiterlesen, du wirst bald merken, daß Paulus nicht von dem Leibe Christi im Fleisch und Blut rede, wie er am Kreuze hing, sondern von seiner Gemeinde, welche sein Leib ist; denn wenn er sagt, daß wir Gemeinschaft und Teil haben an dem Leibe Christi, so setzt er hinzu: Denn so sind unserer viele ein Brot und ein Leib, weil wir alle eines Brotes teilhaftig sind. Ketzermeister: Der Apostel redet daselbst von einem andern Leibe, nämlich von seiner Gemeinde. Jaques: Ich finde nicht, daß Paulus einen Unterschied zwischen zwei Leibern macht, sondern er redet nur von einem Leibe Christi. Ketzermeister: Wie verstehst du denn das: Seinen Leib essen und sein Blut trinken? Jaques: Wie es Paulus selbst zu verstehen gibt, daß es eine Gemeinschaft und Mitteilung des Leibes Christi sei. Ketzermeister: Mein Kind, wie bist du so verführt! Meinst du denn, daß du durch die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi teilhaftig werden mögest, ohne daß man davon isst und trinkt? Jaques: Mein Herr, ich bin nicht verführt, sondern ich gründe mich auf das Wort Gottes. Ketzermeister: Wohlan, was verstehst du denn unter dieser Gemeinschaft? Jaques: Der Apostel gibt uns zu verstehen, wenn er in demselben Kapitel sagt: Seht Israel an nach dem Fleische, welche die Opfer essen, sind sie nicht in der Gemeinschaft des Altars? Sieh’ mein Herr, das ist das Gleichnis, welches Paulus zum Unterrichte der Korinther gegeben hat; verstehst du es nicht auch so, mein Herr? Ketzermeister: Ja. Jaques: Mein Herr, ich denke nicht, daß es deine Meinung sei, daß diejenigen, die des Altars teilhaftig geworden sind, darum den Altar gegessen haben, sondern allein die Opfer, die auf dem Altare lagen. Ketzermeister: So hältst du dafür, daß es auch mit dem Sakramente solche Beschaffenheit habe? Mein Herr, ich halte dafür, daß, wenn wir das Brot essen, wir damit anzeigen, Teil zu haben an dem Leibe Christi, und gleichwohl essen wir das Brot allein und nicht Christum, gleichwie auch Israel den Altar nicht aß, sondern allein die Opfer; und dennoch gaben sie mit dem Essen der Opfer zu verstehen, daß sie des Altars teilhaftig wären. Da sah er mich scharf an und sagte: Welch ein Irrtum! Glaubst du nicht, daß man in dem geweihten Brote den Leib Christi isst? Jaques: Paulus gibt es nicht so zu verstehen und ich verstehe es auch nicht so. Ketzermeister: Ist es nicht eine jämmerliche Sache von euch Leuten, Jaques, daß ihr dem Worte Gottes nicht glaubt, welches sagt: Das ist mein Leib, das ist mein Blut, solches tut zu meinem Gedächtnis. Jaques: Ich glaube dem Worte Gottes; Christus hat damit zu verstehen gegeben, daß er leiblicher Weise nicht da sein werde, weil er sagt, daß man es zu seinem Gedächtnis tun solle. Paulus sagt auch: So oft ihr dieses esst und aus diesem Kelche trinkt, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen, bis er kommt; so ist er nun nicht leiblicher Weise da, weil er noch nicht gekommen ist.

Ketzermeister: Er ist ja leiblicher Weise da nach dem Worte Jesu Christi, auch legen es alle heiligen Lehrer so aus. Jaques: Ich halte mehr von Paulus allein, als von allen andern Lehrern, und halte mich allein an die Auslegung des Paulus. Ketzermeister: Du musst auch an die heiligen Lehrer der katholischen Kirche glauben. Jaques: Ich glaube an die heilige Schrift und an das Wort Gottes allein. Ketzermeister: Glaubst du an das Wort Gottes, so musst du glauben, daß, wer solches leiblicher Weise empfängt, wenn das Brot geweiht ist und die Worte gesprochen sind, der empfängt den Leib und das Blut Christi, weil Christus selbst so sagt, der nicht lügt, sondern der Mund der Wahrheit selbst ist. Jaques: Ich weiß wohl, daß Christus die Wahrheit sei, aber man muss darauf achten, wie er redet, wenn er zum Beispiel sagt: Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist, und das Brot, das ich geben werde ist mein Fleisch; glaubst du wohl dieses? Ketzermeister: Nein, glaubst du das? Jaques: Das sage ich dir nicht, auch führen wir jetzt keinen Wortstreit darüber; es ist nur um deswillen, weil du sagst, man müsse so glauben, wie Christus spricht; siehe er sagt: Ich bin ein Weinstock, und mein Vater ist ein Weingärtner. So sagt auch Paulus: Der Fels, von welchem die Kinder Israel getrunken haben, war Christus. Ketzermeister: Nein, nein, solche Worte muss man nicht so annehmen, sondern allein als ein Zeichen auf Christum. Jaques: So verhält es sich auch mit derselben Redensart. Ketzermeister: Ja, das ist ein Sakrament, welches uns zum Gedächtnisse des Leibes Christi hinterlassen ist. Jaques: Mein Herr, siehe an Israel nach dem Fleische, das Lämmlein, das sie aßen, wurde der Durchgang und ein ewiges Gedächtnis genannt, daß sie durch die starke Hand Gottes aus Ägypten und der Dienstbarkeit gezogen waren; so ist auch das Brot, das wir brechen, ein Gedächtnis von Christo, der uns von den Sünden und dem ewigen Tode erlöst, und aus der Dienstbarkeit des Teufels und des Feindes gezogen hat. Ketzermeister: Ja, nach der Meinung eures Hirten Calvinus und Zwinglius, und solcher Ketzer, die neue Lehren aufgebracht haben; wir aber haben in diesem Glauben über 1500 Jahre gestanden, warum glaubt man uns nicht? Jaques: Mein Herr, sollte ich um der langen Zeit willen so glauben? Damals sind viele Ketzer gewesen, als Sadduzäer, Nicolaiten, Heiden und viele andere die noch länger geirrt haben; wende dich allein zu der Schrift nach dem Exempel des guten Königs Josua. Ketzermeister: Meinst du das, mein Sohn? Nein, nein. Jaques: Mein Herr, so sagten die Kinder Israel zu Jeremia und waren doch verirrt; du weißt auch wohl, wie sie die Gnade Gottes missbraucht, ein goldenes Kalb gemacht, auch dasselbe gelobt und gesagt haben: Dieser Gott ist es, der uns aus Ägypten geführt und erlöst hat; so sagen auch jetzt die eurigen vom Brote: Es ist Christus, der für uns gestorben ist.

Er wurde zornig und fragte mich: Treiben wir Abgötterei, weil wir Christum anbeten? Jaques: Nicht, wenn er im Brote ist; ist er aber nicht darin, was ist es anderes, was ihr tut? Ketzermeister: Wohlan, was glaubst du denn davon? Sprich nur ein Wort, ja oder nein. Jaques: Mein Herr, du hast wohl gehört, daß ich glaube, daß er zur Rechten seines Vaters im Himmel sitzt. Ketzermeister: Aber im Brote? Jaques: Mein Herr, ich habe es dir gesagt, daß ich davon glaube, wie Paulus davon bezeugt hat. Ketzermeister: So höre ich denn wohl, daß du nicht glaubst, daß man das heilige Fleisch Christi auf eine sakramentalische Weise esse. Jaques: Empfangen alle diejenigen, die das Brot empfangen, auch den Leib Christi? Ketzermeister: Ja, allerdings, wer sie auch sind. Jaques: Empfängt denn wohl ein Räuber, Mörder, Bösewicht, oder anderer, der voll Verräterei, Betrug und Bosheit ist, und weder Leid noch Reue über sein Böses empfindet, sofern den Vorsatz hat, ein solches boshaftes Leben zu führen den Leib und das Blut Christi? Ketzermeister: Wäre er der ärgste Mensch von dieser Welt, ja, wäre es ein Türke oder ein Heide, wenn er nur zum Sakramente kommt, so empfängt er den Leib und das Blut Christi ebenso gut, wie ein anderer, ja, was noch mehr ist, wäre er selbst ein Tier. Jaques: Wie kann das, mein Herr, möglich sein, daß Ungläubige, Gottlose und Ungerechte, welchen die ewige Verdammnis gedroht ist, den Leib und das Blut Christi empfangen sollten? Es müsste denn gegen alle Schrift notwendig folgen, Gott möge wollen oder nicht, daß sie das ewige Leben hätten, und zwar sowohl die Tiere, als wir, weil der Herr verheißen hat, daß wer sein Fleisch isst und sein Blut trinkt, das ewige Leben habe, und so hätten die Gottlosen Menschen Teil an dem Leibe Christi, und an Belial, am Lichte und an der Finsternis; das ist unmöglich, wie Paulus sagt.

Ketzermeister: Wie? Verstehst du nicht, was Paulus sagt, daß, wer den Leib isst, sein Urteil empfange? Jaques: Halt mein Herr, brich die Schrift nicht, denn Paulus sagt: Das Brot, und nicht der Leib. Ketzermeister: Wohl, wer diesen Leib isst oder dies Brot, und trinkt diesen Kelch unwürdig, der empfängt seine Verdammnis. Jaques: Mein Herr, wer sein Gericht empfängt, der ist weit davon entfernt, daß er den Leib Christi empfangen sollte, sondern es ist sein Todesurteil, das er empfängt. Ketzermeister: Wohlan, so bekennst du ja die Worte Jesu Christi, der gesagt hat: Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben; so glaubst du ja, daß man ihn essen und trinken könne, wie er sagt. Jaques: Ich glaube die Worte Jesu Christi, aber nicht auf solche Weise, wie die Juden, die sich an ihm ärgerten und sagten: Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken geben? Auch selbst nicht, wie sie seine Jünger verstanden. Ketzermeister: Das kam daher, weil sie es nicht verstanden. Jaques: Das glaube ich wohl, denn hätten sie es wohl verstanden, sie hätten das nicht gesagt, auch hätten ihn um dieser Worte willen seine Jünger nicht verlassen, wie sie getan haben. Ketzermeister: Merke wohl, mein Sohn, das geschah, weil sie verstanden, man müsse sein Fleisch gesotten oder gebraten essen, gleichwie ein anderes Fleisch; aber er redete von dem sakramentalischen Essen, das andere Essen würde sonst wenig geholfen haben. Glaubst du aber nun nicht, daß man sein Fleisch sakramentalisch esse, was ein Sakrament ist, das er uns unter der Gestalt von Brot und Wein hinterlassen in welches er sich verwandelt hat? Jaques: So hat er denn Dinge hinterlassen, die uns nichts nütze sind. Ketzermeister: Wieso? Jaques: Darum, mein Herr, weil es seine Jünger so grob verstanden, wie auch ihr tut und andere, denn er sagt zu ihnen: Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch ist nichts nütz, und meine Worte (sagt er) sind Geist und Leben; wenn man also sein Fleisch isst, welchen Nutzen hat man davon? Ketzermeister: Das war darum, weil sie es nicht recht verstanden, wie ich dir gesagt habe. Jaques: Mein Herr, ich glaube das wohl, denn wenn sie es verstanden hätten, so hätte er nicht nötig gehabt, es ihnen zu erkennen zu geben, daß es sein Wort sei, was er sagen wollte. Ketzermeister: Wie verstehst du aber das, daß er von seinem Worte redet? Jaques: Mein Herr, ich verstehe, daß die Rede von seinem Worte war, gleichwie geschrieben steht, daß der Mensch nicht allein von dem Brote lebe, sondern von dem Worte, das aus dem Munde Gottes geht, welches uns allein in Gott lebendig macht zum ewigen Leben. Ketzermeister: Siehe da, wie eure Verführer euch in ihrer neuen Lehre unterwiesen haben! Jaques: Ich bin nicht auf Menschen gegründet, sondern auf das Wort Gottes. Ketzermeister: Warum willst du denn nicht glauben, wie deine Mutter, die heilige Kirche, daß, wenn die Worte gesprochen worden sind, das Brot und der Wein verändert sei? Jaques: Mein Herr, ich habe dir schon gesagt, weil in der Schrift von solchen Sachen nichts geschrieben ist, denn es ist weder Brot noch Wein verändert worden, das Christus gegeben hat. Ketzermeister: Es ist aber doch geschehen. Jaques: Mein Herr, ich habe es dir bewiesen, daß er es eine Frucht des Weinstocks nenne, nachdem schon die Worte gesprochen waren. Ketzermeister: Glaubst du denn nicht, Jaques, daß Jesus Christus allmächtig sei, und daß er auch allmächtig war, sein Blut seinen Jüngern zu trinken zu geben. Jaques: Ich weiß, mein Herr, daß er allmächtig ist, und daß er auch mächtig genug war, solches zu tun; wenn er es aber nun getan hätte, mein Herr, hat er euch denn verheißen, daß ihr solche Werke auch tun sollt? Ketzermeister: Ist aber Jesus Christus nicht mächtig genug, uns solches in seinem Sakramente zu einem Testamente zu hinterlassen? Jaques: Ja, mein Herr, wenn er es gesagt hätte, denn er hatte Gewalt über den Wind und über die Teufel, das Wasser in Wein zu verwandeln, und sich selbst unsichtbar zu machen. Summa, ich glaube, daß er in allen Dingen allmächtig sei; aber ein sündhafter Mensch hat solche Gewalt nicht. Ketzermeister: Nicht? Wenn er dieselben Worte Christi ausspricht. Jaques: In den Worten liegt nicht die Kraft, solches wäre Zauberei, und wenn auch jemand zu einem Kranken sagen würde, sei gesund, auf solche Weise wie Christus sagte, so wäre er es um deswillen nicht. Ketzermeister: So glaubst du denn nicht, daß Jesus im Brote sei? Jaques: Mein Herr, ich denke, du hast meine Meinung wohl gehört. Christus hat gesagt, wir sollen es zu seinem Gedächtnisse tun; wäre er nun gegenwärtig, wie könnte man es zu seinem Gedächtnisse tun? Ketzermeister: O wie haben dich die Buben, Zwinglius und Calvinus, verführt, solche Sakramentschänder, die alle Schriften verdrehen. Jaques: Mein Glaube ist nicht auf die Lehre des Zwinglius oder Calvinus gegründet. Ketzermeister: Worauf denn? Jaques: Auf das Wort Gottes, und auf den Grund der Apostel. Ketzermeister: Wie? Du glaubst ja nicht an das Wort Gottes? Jaques: Mein Herr, sollte ich nicht an das Wort Gottes glauben? Nur deshalb bin ich hier gefangen und stehe in Banden vor dir, um davon Zeugnis zu geben.

Ketzermeister: Mein Sohn, es ist aber um des Wortes des Satans, und nicht um des Wortes Gottes willen. Jaques: Mein Herr, sieh dich vor, was du redest, damit du nicht lästerst, denn ich habe des Satans Wort für meine Lehre und meinen Glauben nicht benutzt, sondern das reine Wort Gottes; du aber bringst mir das Wort und die Auslegung der Menschen vor. Ketzermeister: Es ist das Wort der heiligen Kirchenlehrer, welches du verworfen hast; darin suche ich den Grund deiner Verführung. Jaques: Ich verwerfe sie nicht, sondern lasse sie in ihrem Werke, wie sie sind; denn ich finde in dem Worte Gottes Materie genug, einen guten Grund zu legen, und in der reinen Quelle Wasser des Lebens genug, um zu trinken, weshalb ich nicht nötig habe, zu den Bächlein und Pfützen zu laufen, die größtenteils faul und trübe sind. Ketzermeister: Wohlan, dieses führt uns nicht zum Ziele; es bleibt dir nicht viel Zeit mehr, es ist nun schon spät, weil du nicht glauben willst, wie dich unsere Mutter, die heilige Kirche, unterweist; sieh zu, berate dich wohl, denn du bist in solchem Irrtume, daß, wenn du so stirbst, du in den Grund der Hölle verdammt bist. Jaques: Mein Herr, es steht geschrieben, daß das Urteil Gott allein zukomme, wie setzt du dich so vermessen an Gottes Stelle? Gott wird mich wohl richten. Ketzermeister: Jaques, es ist klar, denn du glaubst nicht; wer nun nicht glaubt, der ist verdammt, sagt Christus. Jaques: Es steht geschrieben: Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein recht Gericht; wenn ich es nicht glaubte, so würde ich das Wort Gottes zu meiner Schützung nicht anführen. Ketzermeister: Solches tun auch alle Ketzer; so bitte nun Gott ernstlich, daß du zu der heiligen Kirche wiederkehren mögest. Jaques: Durch die Gnade Gottes hoffe ich, sei ich ein Glied der wahren und heiligen Kirche geworden, welche durch das Blut Jesu Christi gereinigt und erkauft ist. Nach diesem Gespräche stand er auf, und sagte zu mir: Lebe wohl, Jaques; sieh wohl zu, daß du dich wohl berätst, denn deine Zeit ist kurz, darum überlege deine Sache; ich sagte ihm ebenfalls ein Lebewohl und daß ich bereit sei, allezeit dem Besten nachzufolgen, in demjenigen, was man mir mit der heiligen Schrift beweisen würde, aber sonst nicht.

Unser Gespräch währte beinahe zwei Stunden und umfasst noch manches andere, aber ich habe es vergessen; er gab gutes Gehör und erzürnte nicht leicht; wir redeten bisweilen Flämisch, bisweilen Französisch, wiewohl ich meistens Flämisch redete, und das der Zuhörer wegen, die ich vor der Tür hörte.

Seht hier die zwei Artikel, womit man von ihnen am meisten gequält wird. So oft er wieder zu mir kam, brachte er einige spitzfindige Schriftstellen mit, um mich zu fangen, aber der Herr müsse gepriesen sein, ich habe allezeit den Sieg davon getragen; ich bin wohl achtzehn oder zwanzig Mal vor ihm gewesen, und wenn ich alle Reden niederschreiben sollte, die ich mit ihm von diesen beiden Artikeln hatte, so müsste ich wohl ein Buch Papier damit anfüllen, so viele Gleichnisse brachte er vor, die in der Schrift nicht enthalten sind; aber ich verwies ihn allezeit auf die Schrift. Ist nun etwas in meinem Liede, das mit dieser Schrift nicht übereinkommt, so soll man sich darüber nicht verwundern, denn wenn ich auch noch so viel schreibe, so könnte ich doch alle Reden nicht erzählen, die ich mit ihm hatte; so sehr hat er mich gequält.

Den vierzehnten Tag im Januar des Jahres 1558, auf einen Freitag Nachmittag, wurde ich abermals vor den Ketzermeister gebracht; ich trat vor ihn, und er grüßte mich freundlich; denn so viel ich merken konnte, hatte der Wein ihn sehr lustig gemacht. Er brachte auch keine Bücher mit sich. Nach einigen Worten, die wir miteinander wechselten, sagte er zu mir: Jaques, die Ursache, warum ich hierher gekommen bin, ist allein die, daß ich deinen Entschluss wissen mochte, denn ich will mit dir nicht mehr von den Glaubensartikeln, als von der Messe, der Beichte, dem Ablasse, Fegfeuer und der Anrufung der Heiligen und andern Satzungen unserer Mutter, der heiligen Kirche, disputieren. Jaques: Mein Herr, ich bin wohl zufrieden; ich suche auch nicht zu disputieren, sondern allein dasjenige einfältig zu glauben was wir in Ansehung der Glaubensartikel zu glauben verbunden sind. Ketzermeister: Ja, wir haben mit dem Disputieren nicht viel zu tun, denn Paulus sagt: Einen ketzerischen Menschen, wenn er einmal oder abermals ermahnt ist, meide. Jaques: Mein Herr, wie könntest du mich der Ketzerei wegen ermahnen, da du mich noch nicht überwiesen hast, daß ich ein Ketzer sei? Ketzermeister: Nicht? Bist du nicht ein Ketzer, da du doch dem christlichen Glauben widersprichst? Jaques: Ich widerspreche diesem Glauben nicht, denn mein ganzer Sinn ist darauf gerichtet; aber du holst deine Meinung auf die eine Weise aus der Schrift und ich auf eine andere, und niemand kann urteilen, wer Recht oder Unrecht habe, als nur die geistigen Menschen durch den Geist Gottes. Er lachte und fragte mich: Hast du den Geist Gottes? Jaques: Mein Herr, frage mich dieses nicht aus Scherz, denn ich rühme mich dessen nicht; gleichwohl hoffe ich durch die Gnade Gottes, dass ich nicht von dem Geiste des Satans getrieben werde. Ketzermeister: Gleichwohl bist du verführt und im Irrtume, und Paulus sagt: Man meide solche, wenn sie einmal oder zweimal ermahnt sind. Jaques: Weil ihr uns denn nun für Ketzer haltet, so wollte Gott, daß ihr wenigstens den Rat Pauli beobachten möchtet, nämlich, daß ihr uns meidet und euch von uns absondert, nicht aber uns bis auf den Tod verfolgt und in allen Winkeln unser Blut vergießt. Ketzermeister: Jaques, ich suche nicht deinen Tod, das weiß Gott. Jaques: Mein Herr, mein Gott weiß es in Wahrheit wohl, und man wird es am Ende auch wohl sehen. Ketzermeister: Ja, wir verrichten allein unser Amt und was uns befohlen ist. Jaques: Von wem, mein Herr, von Gott oder von den Menschen? Ketzermeister: Es ist uns von Gott befohlen, die falschen Propheten zu meiden. Jaques: Es ist wahr, mein Herr, Christus hat uns ermahnt, uns vor den falschen Propheten zu hüten; aber er gibt uns ein Zeichen, woran wir sie erkennen sollen, nämlich gleichwie ein Baum an seinen Früchten; welche Frucht habt ihr an uns gesehen, woraus ihr urteilen könnt, daß wir falsche Propheten sind? Ketzermeister: Täglich genug. Jaques: Worin? Ketzermeister: Darin, daß ihr eine falsche Lehre habt, wodurch die Menschen übel unterrichtet und in Verdammnis geführt werden. Jaques: Mein Herr, daß unsere Lehre falsch sei, das ist nach deinem Gutdünken gesprochen. Gleichwohl könnt ihr nicht erkennen, daß wir falsche Propheten sind, als nur aus der Frucht der Werke; denn Christus sagt: An ihren Werken sollt ihr sie erkennen, und sagt nicht, an ihrem Glauben. Ketzermeister: Ihr rechtfertigt euch selbst wegen eurer Werke. Jaques: Nein, sondern es ist unmöglich, Trauben zu lesen von den Dornen, oder Feigen von den Disteln, oder daß ein böser Baum gute Früchte hervorbringen könne, wie der Herr selbst bezeugt hat. Ketzermeister: Wohlan, Jaques, wie ich dir gesagt habe, ich bin nicht hierher gekommen, um zu disputieren, sondern deine Meinung zu vernehmen. Jaques: Ich frage auch nach keinem Wortstreite, sondern ich will dir nur darauf antworten, daß ihr uns mit Unrecht der Ketzerei und Verführung beschuldigt. Ketzermeister: Wohlan, laß das fahren; was hast du wegen deines Bekenntnisses bei dir beschlossen; bist du noch so gesinnt, wie du vor dem Commissarius bekannt hast? Jaques: Ja. Ketzermeister: Willst du dich denn nicht unterrichten lassen? Jaques: Ich suche sonst nichts, als stets dem Besten, Gerechtesten und Tugendhaftesten nachzukommen, bin auch nicht so hartnäckig in meinem Glauben; wenn ich einen bessern Weg zum ewigen Leben erkennen sollte, als denjenigen, auf welchem ich nun wandle, so würde ich ihn annehmen. Ketzermeister: Wohlan denn, was die Taufe und das Sakrament betrifft, wovon wir miteinander geredet haben, was hältst du davon? Jaques: Mein Herr, was mir mit der Schrift wird bewiesen werden können, das will ich glauben und sonst nichts. Ketzermeister: So höre ich denn wohl, daß du an die heilige Lehre der katholischen Kirche nicht glaubst; ist es nicht so? Jaques: Ich glaube nur an die heilige Schrift. Ketzermeister: Darum bist du der Ketzerei schuldig, weil du mehr von dir selbst, als von den heiligen Lehrern hältst. Jaques: Ich rühme mich selbst nicht, als nur in dem Kreuze Christi; aber ich will mein Vertrauen nicht auf Menschen setzen, denn es steht geschrieben: Verflucht ist der Mensch, der sich auf Menschen verlässt. Ketzermeister: Das weiß ich wohl; aber du glaubst auch nicht an das Wort Gottes. Jaques: Mein Herr, sage doch das nicht, denn dem ist nicht so. Ketzermeister: Nicht? Als unser Heiland das Brot nahm und sagte: Das ist mein Leib, und von dem Kelch, den er nahm: Das ist mein Blut; warum glaubst du denn das nicht? Warum zweifelst du daran? Jaques: Mein Herr, ich glaube den Worten Christi, und zweifle nicht daran. Ketzermeister: Ja, nach deinem Begriffe und mit irriger Meinung. Jaques: Mein Herr, ich hoffe, daß ich es auf keine andere Weise verstehe, als wie es die Apostel verstanden haben, und wie es Paulus 1Kor 10 auslegt. Ketzermeister: Du sagst es. Über diesen Artikel wurde noch viel hin und her gesprochen, und auch von der Taufe, und kurz darauf vom Fegfeuer und dem Befehle. Das Gespräch dauerte fast anderthalb Stunden; hierauf ging er fort und zeigte mir ein sehr freundliches Gesicht; ob es von Herzen ging, weiß ich nicht.

Den zwanzigsten Tag des Monats Januar des vorgenannten Jahres wurde ich abermals vor denselben Ketzermeister geführt; er fragte mich: Wie hast du dich wegen desjenigen beraten, was ich dir in Ansehung der Taufe und des Sakramentes vorgelegt habe, und was ist deine Meinung hierin? Jaques: Ich weiß keine andere Antwort zu erteilen, als die du von mir zuvor gehört hast. Ketzermeister: So bleibst du denn, wie ich höre, halsstarrig und bei deiner Meinung? Jaques: Mein Herr, es wäre mir leid, daß ich gegen mein Gewissen halsstarrig sein sollte; du kannst mir aber dasjenige, was du glaubst, mit der Schrift nicht beweisen, nämlich, daß die Taufe der jungen Kinder eine Ordnung Gottes und ein Gebrauch der Apostel sei, auch, daß Brot in Fleisch und Wein in Blut verändert werde, wenn der Priester die Worte über das Brot gesprochen hat; solches ist meiner Meinung nach Zauberei und ich kann es nicht so verstehen. Ketzermeister: Du sollst an der Veränderung durch die Kraft Gottes ja nicht zweifeln, denn ich habe es dir aus der Schrift Gottes genug bewiesen, aber du willst nicht glauben. Jaques: Mein Herr, sage das doch nicht; hättest du mir es aus der Schrift bewiesen, so wollte ich gerne glauben, denn meine Seligkeit liegt in diesem heiligen Worte Gottes. Ketzermeister: Ich habe dir das Wort Gottes beigebracht, aber du glaubst niemandem, als nur deiner Einbildung und Meinung. Jaques: Ich bitte dich, du wollest doch nicht das denken; erkennete ich es besser, oder verstände es anders, ich wollte gewiss gegen mein Gewissen dem Worte Gottes nicht widerstehen, der ich mich in der Lage befinde, auf den Tod angeklagt zu sein, und mich alle Tage des Todes versehen muss; man könnte wohl sagen, daß ich der jämmerlichste und unglückseligste Mensch wäre, der jemals auf Erden gewesen, indem ich mit freiem Willen und vorbedachter Tat hier zu leiden und bis an den Tod gepeinigt zu werden suchte, um dadurch die ewige Verdammnis zu erlangen. Ketzermeister: Ja, mein Kind, sieh wohl zu, was du tust; denn wenn du in solchem bösen Glauben und solcher Lehre, die du jetzt hast, stirbst, so bist du vor allen Teufeln verdammt. Jaques: O mein Herr! Wie darfst du doch so reden? Es steht geschrieben: Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet; denn mit welchem Gerichte ihr richtet, sagt der Herr, sollt ihr wieder gerichtet werden. Ketzermeister: Ich richte dich nach der Wahrheit. Jaques: Mein Herr, sage doch das nicht, denn du weißt nicht, was du urteilst. Ketzermeister: Ich weiß es wohl. Darauf nahm er ein Tintenfass, das auf der Tafel stand, und sagte zu mir: So gewiss, als ich weiß, daß ich dieses Gefäß halte, so gewiss weiß ich auch, daß, wenn du in dieser Lehre bleibst und so stirbst, du nimmermehr das Angesicht Gottes sehen, sondern ewiglich verdammt werden wirst. Jaques: Mein Herr, urteile nicht so, denn du setzest dich an Gottes Stelle und nimmst ihm seine Ehre; denn ihm allein kommt das Gericht zu. Ketzermeister: Meinst du, ich wisse nicht, was ich sage, und sähe nicht, daß du verführt seiest? Die Ketzer sollen nicht ins Paradies kommen. Jaques: Mein Herr, es kommt dir nur so vor, als ob wir im Irrtume wären, und wie du solches von uns meinst, so meinen wir solches auch von euch. Ketzermeister: Ach! Es ist durch das Wort Gottes leicht zu erkennen, welche im Irrtume und Ketzerei seien. Jaques: Dem ist so. Demjenigen wird es leicht zu erkennen, dem der Herr Gnade und Weisheit gegeben hat; darum bitte ich dich, mein Herr, du wollest mir nicht übel nehmen, wenn ich etwas freier mit dir rede und mein Herz dir offenbare. Ketzermeister: Nein, auf meine Treue. Jaques: Mein Herr, gleichwie es euch vorkommt, daß wir falsche Propheten und Verführer seien, so kommt es uns von euch vor, und wie es euch dünkt, wir irren, so dünkt es auch uns von euch, daß ihr irret; wie ihr meint, daß wir das Volk verführen, so meinen wir, daß ihr es verführt, und für diese Ansicht lassen wir das Leben, und alles, was wir in der Welt haben, um euch den Glauben, welchen wir an Gott haben, zu bezeugen und mit unserm Blute zu versiegeln. Ketzermeister: Gleichwohl dient euch solches zu nichts anderem, als zur Verdammnis. Jaques: Wenn uns dieses zur Verdammnis dient, so sind wir die Elendesten, die unter dem Himmel sind; denn wir sind verstoßen, verachtet, verworfen als ein Gräuel vor der ganzen Welt, die von einem Orte zum andern flüchten, sodass wir allezeit keine Ruhe haben, und wie du sagst, so müssten wir auch nach diesem Leben noch leiden; nein, nein, mein Herr, wir haben ein ganz anderes Zeugnis und Verheißung durch das Wort Gottes. Ketzermeister: Das kommt daher, weil ihr verführt seid, aber es wird euch zu nichts dienen. Jaques: Wo ist aber das Volk, welches in Leiden und Widerwärtigkeiten seinem Meister bis ins ewige Leben nachfolgen soll, wie Christus gesagt hat, daß sie um seines Namens willen gehasst werden? Ketzermeister: Das war allein zu den Aposteln gesagt.

Jaques: Woher kommt es denn, daß Paulus sagt, daß alle, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, Verfolgung leiden müssen? Und der Prophet sagt: Die Gerechten müssen viel leiden, aber der Herr erlöst sie von allem Übel. Ketzermeister: Das ist so zu verstehen, daß der Teufel ihnen viel Versuchung und Widerwärtigkeit verursachen werde. Jaques: Paulus redet von Verfolgung und nicht von Versuchung; ich kann es auch nicht verstehen, daß Christus von Versuchungen gesprochen haben soll, wenn er sagt: Sie werden euch geißeln in ihren Schulen und euch bis zum Tode verfolgen und werden meinen, sie tun Gott einen Dienst damit; auch sollt ihr gehasst werden von Vater und Mutter, Brüdern und Freunden, und sie werden einige unter euch töten.

Ketzermeister: Er redet allein zu den Aposteln. Jaques: Spricht Christus da nicht von allen, die an seinen Namen glauben? Ketzermeister: Er redete allein zu den Aposteln, denn diese mussten leiden, als sie das Wort verkündigten, nachher aber würde man aufhören, sie zu verfolgen. Jaques: Woher kam es denn, daß die Gemeinde und die Versammlung solche grausame Verfolgung erlitten hat? Und gleichwohl waren es nicht alle Apostel. Ketzermeister: Wieso? Jaques: Gleichwie Lukas bezeugt Apg 8,1 und Paulus 2Th 1,4. Ja, du selbst, mein Herr, weißt wohl, was einer von den alten Lehrern (genannt Eusebius) in seinem vierten Buche in dem achten Kapitel schreibt, sagt er nicht, als er von der ersten Kirche schrieb, wie sie verfolgt und verachtet worden sei; daß sie das Volk für Räuber, Totschläger, Kindermörder, abscheuliche Menschen gehalten habe, und daß sie Menschenblut vergössen in ihrem Gottesdienste, und daß sie ihre Kinder den Götzen opferten; ebenso sind sie auch für aufrührerische, verfluchte Buben, Feinde Gottes und aller Kreaturen gehalten worden, und man hat ihnen außerdem andere Bosheiten aufgebürdet; ist dem nicht so, mein Herr? Gleichwie auch die alten Lehrer Cyprianus und Tertullianus solches melden. Ketzermeister: Es ist dem so, wie du sagst, aber das geschah von denen, die keine Erkenntnis des Evangeliums hatten. Jaques: Ich glaube, hätten sie an das Evangelium geglaubt, sie hätten dieselben nicht verfolgt, oder ihnen solche erlogenen Dinge vorgeworfen; aber es ist allezeit so ergangen, daß selbst diejenigen, die sich des Wortes Gottes rühmten, diejenigen verfolgt haben, die den Herrn zu fürchten und Gott von ganzem Herzen zu dienen suchten, wie du an dem Volke Israel siehst, welches, als es für Gottes Ehre und sein Gesetz hätte stehen sollen, die Propheten, die zu ihm gesandt waren, und die den Herrn aus reinem Herzen kannten, getötet hat. Ketzermeister: Darum sind allezeit Böse unter den Guten, und die Spreu wird unter dem guten Getreide bis ans Ende sein.

Hierüber wechselten wir noch manche dergleichen Reden; zuletzt fragte er mich um meinen Entschluss wegen der Taufe und des Sakramentes, worauf ich ihm antwortete, wie ich zu andern Zeiten getan hatte. Er ging darauf von mir weg und befahl mir, ich sollte Gott bitten, daß er mir Verstand geben wolle, um (wie er sagte) zu der heiligen katholischen Kirche zurückzukehren.

Den 27. Tag des Monats Januar im vorgenannten Jahre wurde ich abermals vor denselben Ketzermeister gebracht. Nachdem er ein wenig geredet hatte, fragte er mich, wie ich mich in Ansehung der Taufe und des Sakramentes beraten hatte; darauf gab ich ihm zur Antwort, wie zu andern Zeiten, daß ich keinen andern Rat wüsste, als mich an mein erstes Bekenntnis zu halten, denn ich fände das nicht in der Schrift, was er mir vor Augen legte, und mich zwingen wollte zu glauben.

Ketzermeister: Bleibst du denn halsstarrig darin und willst du sonst nichts glauben? Jaques: Ich bin nicht halsstarrig, sondern ich finde es nicht in der Weise in der Schrift, wie du mir sagst, daß ich glauben müsse. Ketzermeister: Nicht? Findest du nicht in der Heiligen Schrift, was du von dem Sakramente glauben sollst? Jaques: Ja, aber nicht auf solche Weise, wie du glaubst, denn so konnte ich es nicht verstehen. Ketzermeister: Die Ursache ist, weil du es nicht so verstehen willst. Jaques: Wie, mein Herr, meinst du, daß ich Gott wider mein Gewissen widerstehen wolle, dann wäre ich ärger als ein unvernünftiges Tier. Ketzermeister: Warum verstehst du es denn nicht? Jaques: Weil es mir nicht anders gegeben worden ist zu verstehen; darüber darfst du dich nicht wundern, denn es steht geschrieben, daß der Herr sagt: Sie werden alle von Gott gelehrt sein. Ketzermeister: Gleichwohl halte ich dafür, wenn ich dir solches mit der heiligen Schrift vor Augen lege, daß es nicht anders sei, als dein eigner Wahn und deine Halsstarrigkeit, wenn du nicht so glauben willst. Jaques: Ich könnte es nicht so verstehen; denke auch nicht, daß ich, wenn ich es anders verstände, mein Vergnügen und Zeitvertreib darin suchen würde, daß ich hier gefangen und gefesselt bin, und mein Weib und Haushaltung zu meinem großen Schaden verlassen habe und jeden Tag den Tod erwarte; denn es ist eine Sache, die wider die menschliche Natur streitet. Ketzermeister: Wohlan, glaube allein an das Wort Gottes, wie in der Heiligen Schrift geschrieben steht, so bin ich zufrieden, nämlich, daß wenn man das Brot isst, man des Leibes Christi teilhaftig werde, und wenn man den Wein trinkt, man des Blutes Christi teilhaftig werde, wie Paulus an die Korinther bezeugt. Jaques: Sei damit zufrieden, ich glaube es, wie es Paulus daselbst bezeugt. Ketzermeister: Glaubst du denn, daß eine Gemeinschaft des Leibes Christi sei? Jaques: Ja. Ketzermeister: Wohlan nun, du kannst des Leibes nicht teilhaftig werden, ohne davon zu essen, also kannst du ja sagen, daß es der Leib Christi sei, was du isst. Jaques: Paulus sagt das nicht. Ketzermeister: Wie kannst du des Leibes teilhaftig werden, ohne davon zu essen? Jaques: Wie wurde Israel des Altars teilhaftig, und aß doch den Altar nicht, sondern nur die Opfer? Ketzermeister: Ha, ha, siehe, wie dich Calvinus oder Zwinglius unterwiesen haben. Jaques: Meine Lehre und mein Glaube ist nicht auf Menschen, sondern auf das Wort Gottes gegründet. Ketzermeister: Wer ist denn euer Haupt und Führer? Jaques: Christus. Ketzermeister: Aber wer unterrichtet euch hier auf Erden, wer ist euer Lehrer? Jaques: Das Wort Gottes. Als ich vernahm, daß er nicht wusste, von welcher Gemeinde ich wäre, so wollte ich es ihm auch nicht sagen. Ketzermeister: Gleichwohl aber musst du hierin von einigen Menschen unterrichtet sein. Jaques: Wir sind nicht auf Menschen gegründet, sondern auf den lebendigen Felsen. Ketzermeister: Habt ihr denn keine Hirten oder Bischöfe? Jaques: Ja, wir haben. Ketzermeister: Wer ist es? Jaques: Christus, der Sohn Gottes. Ketzermeister: Du verstehst wohl, was ich sagen will, aber du willst nicht antworten; gleichwohl hast du einige Anhänger des Calvinus oder Zwinglius. Bist du denn wider Menno Simon? Jaques: Ich glaube, daß zwischen Menno Simon und meinem Glauben kein großer Unterschied sei. Ketzermeister: Glaubst du denn wie Menno Simon, daß Christus in der Jungfrau Maria von unserem Fleische nichts an sich genommen habe? Jaques: Mein Herr, du hast gesagt, daß du über die Sache nicht disputieren wollest; redest du nun anders? Ketzermeister: Wohlan, sage mir nur, was du davon glaubst. Jaques: Ich glaube, daß er der Sohn Gottes im Fleische und Geiste sei, woher er aber sein Fleisch genommen habe, überlasse ich dem Geheimnisse Gottes; die Apostel haben nicht darüber disputiert. Ketzermeister: Ja, ja. Wir redeten noch viel miteinander, was ich aber hier nicht niedergeschrieben habe.

Den ersten Tag im Februar desselben Jahres 1558 auf einen Montag, wurde ich abermals vor denselben Ketzermeister gebracht. Nachdem wir einige Worte miteinander gewechselt hatten, fragte er mich: Hast du den Herrn nicht um Weisheit gebeten? Jaques: Ja, ich habe auch nötig, ihn täglich zu bitten. Ketzermeister: Findest du dich ruhig in deinem Gewissen? Jaques: Sehr wohl, der Herr sei dafür gelobt. Ketzermeister: Was glaubst du denn nun von der Taufe und dem Sakramente, wovon wir geredet haben? Jaques: Ich glaube eben dasselbe, wie ich mich zuvor deutlich erklärt habe. Ketzermeister: Willst du nichts anderes glauben? Jaques: Ich wollte wohl anders glauben, wenn es mir nur gegeben wäre, anders zu verstehen; aber ich will nicht heucheln und wider mein Herz und Gewissen reden, denn es steht geschrieben: Der Geist Gottes flieht vor den Heuchlern. Ketzermeister: So bist du denn hierin, wie ich höre, zum vollen Entschluss gekommen? Jaques: Ja, bis zu der Zeit, daß ich anders unterrichtet werde. Mein Herr, meinst du wohl, daß außerdem nichts sei, was mir in eurer Versammlung im Wege steht, als die Taufe und das Sakrament? Ketzermeister: Wohlan, was ist dir denn noch im Wege? Jaques: Noch viele andere Ordnungen und Satzungen in eurer Gemeinde, von denen ich nicht ein Wort in der Heiligen Schrift finde. Ketzermeister: Dennoch haben wir keine Verordnung oder Satzung, die ich dir nicht mit der Schrift beweisen könnte. Jaques: Wo steht denn das Wort Messe geschrieben, oder Fegfeuer, oder daß man für die Toten bitten soll? Ketzermeister: Ich will dir wohl beweisen, daß in der Heiligen Schrift von dem Fegfeuer und daß man für die Toten bitten müsse, die Rede ist. Jaques: Wo steht das geschrieben in der Heiligen Schrift?

Ketzermeister: Willst du auch wohl die Bücher der Makkabäer gelten lassen? Jaques: Ja, gewiss, für apokryphe Bücher. Ketzermeister: Was will apokryph sagen? Jaques: Die Alten haben diesen Namen gebraucht, um damit anzuzeigen, daß es keine gültigen Bücher seien, aus welchen man eine Regel oder einen Gebrauch hernehmen möge. Ketzermeister: Es ist zwar war, daß die Lehrer einige Schwierigkeit darin gehabt haben, aber um deswillen kannst du sie nicht verwerfen. Jaques: Ja, mein Herr, die Ursache, warum ich sie nicht annehmen will, besteht nicht nur darin, weil ich mein Vertrauen nicht auf dasjenige setzen will, was Menschen gesagt haben, sondern auch, weil ich nicht finde, daß Christus oder seine Apostel dieselben angenommen oder irgendein Zeugnis daraus angeführt haben. Ketzermeister: Ja, ja; wo hast du aber gefunden, daß Christus oder seine Apostel einige Worte aus den Büchern der Könige angeführt haben? Jaques: Genug. Ketzermeister: Wo? Jaques: Mein Herr, zunächst steht im Matthäus geschrieben, daß die Pharisäer Christum bestraften, weil seine Jünger auf den Sabbat die Kornähren ausrauften, welchen Christus antwortete: Habt ihr nicht gelesen, was David tat, als ihn hungerte, und die mit ihm waren; wie er in das Haus Gottes ging und die Schaubrote aß, welche ihm doch nicht erlaubt waren zu essen. Darum, sage ich, weil Christus auf dasselbige verweist, was in den Büchern der Könige geschrieben ist, so zeigt er dadurch an, daß er sie für gut erkenne. Ketzermeister: Findest du denn auch etwas in dem Buche Josua? Jaques: Ja, mein Herr. Ketzermeister: Was ist doch das? Jaques: Mein Herr, du weißt wohl, was Jakobus in seinem Sendbrief sagt, wo er ein Zeugnis oder Exempel aus dem Buche Josua, nämlich das zweite Kapitel, anführt, wenn er von der Hure Rahab redet, welche durch ihre Werte im Glauben selig wurde. Ketzermeister: So willst du denn die Bücher der Makkabäer nicht annehmen, weil Christus und seine Apostel kein Zeugnis aus denselben genommen haben. Jaques: Nein, sondern um deswillen, weil darin eine Lehre enthalten ist, die gegen alle Schrift läuft, nämlich vom Opfer und vom Bitten für die Toten. Ketzermeister: Wenn ich mir die Mühe geben wollte, so wollte ich alle unsere Ordnungen, als Messe, Beichte, Anbetung der Bilder, Anrufung der Heiligen und andere, mit der Schrift beweisen. Jaques: Ich denke das nicht, und wenn wir auch, mein Herr, in allen Artikeln übereinkämen, so wollte ich mich doch nicht mit euch vereinigen, es wäre denn, daß du mir aus der Schrift bewiesest, daß es ein christlich Ding sei, das unschuldige Blut, um des Glaubens willen, zu vergießen, wie ihr tut. Ketzermeister: Das geschieht um der Verführung willen. Jaques: Und wenn es auch um deswillen geschähe, weil man die Schrift übel versteht, so finde ich dennoch nicht in der Schrift, daß man jemanden um seines Glaubens willen töten solle. Ketzermeister: O das kann ich wohl beweisen, daß man die Ketzer töten möge, denn es steht geschrieben: Wenn ein Ketzer oder falscher Prophet aufstehen würde, so sollte man sie töten. Jaques: Im 13. Kap., 5. Mose, steht nur geschrieben: Wenn ein falscher Prophet oder sonst jemand von ihrem Geschlechte aufstehen würde, der sie lehren wollte, andern Göttern nachzuwandeln, als sie erkannt hatten, so sollte der falsche Prophet getötet und gesteinigt werden. Ketzermeister: Wohlan, so siehe ein Zeugnis, daß man die Ketzer töten möge. Jaques: Mein Herr, wir sind nicht mehr unter dem Gesetze, sondern unter dem Evangelium, und wenn wir auch unter dem Gesetze wären, so wollten wir euch doch nicht lehren, andern Göttern nachzufolgen, sondern dem, der Himmel und Erde erschaffen hat und seinem Sohne Jesu Christo. Ketzermeister: Ihr tut es ja durch eure Verordnungen. Jaques: Die Kinder Israel durften niemanden um der abgewichenen Kirchengebräuche willen zum Tode verurteilen, wenn sie nur an denselben Gott glaubten; aber solches alles dient uns nichts; denn was im Gesetze befohlen war, das ist im Evangelium Christi nicht befohlen. Ketzermeister: Nicht, wieso? Jaques: Darum, mein Herr, im Gesetze war befohlen: Auge um Auge, Zahn um Zahn; auch daß man seinen Nächsten lieben und seinen Feind hassen soll; durch Christum aber ist uns das Gegenteil befohlen, dem Übel nicht zu widerstehen und unsere Feinde zu lieben. Ketzermeister: Das ist wahr; aber von den Ketzern hat er nicht befohlen, daß man sie nicht töten soll. Jaques: Was bedeutet denn das, mein Herr, was Christus sagen will, wenn er lehrt, daß man das Unkraut nicht ausrotten soll, welches unter dem guten Getreide steht, aus Furcht, wenn man das Unkraut oder das böse Kraut ausrottet, es möchte auch zugleich der Weizen ausgerottet werden; darum befiehlt er, daß man es bis zur Ernte lassen soll; die Ernte aber ist noch nicht gekommen. Ketzermeister: Du verstehst das nicht recht; denn man kann es leicht erkennen, was Unkraut oder Weizen sei. Jaques: Ja, nämlich der, welcher des Samens kundig ist. Ketzermeister: Ja, das ist wahr. Jaques: Mein Herr, es steht geschrieben, daß die fleischlichen Menschen allein fleischliche Dinge erkennen, die aber geistig sind, erkennt niemand als der Geist Gottes. Ketzermeister: Das ist wohl wahr. Jaques: Darum, mein Herr, wollte ich dich gern etwas fragen. Ketzermeister: Was ist das? Jaques: Hast du den Geist Gottes, oder hat der Rat den Geist Gottes empfangen? Ketzermeister: Nein, ich wollte das nicht beantworten. Jaques: Wie willst denn du oder der Rat geistige Dinge beurteilen können? Denn die Sache, von der wir reden, ist geistig, welche man durch den Geist Gottes beurteilen muss. Ketzermeister: Man urteilt euch um deswillen, weil ihr des Kaisers Befehl übertreten habt. Jaques: Wäre sein Befehl nicht wider den Befehl Gottes gewesen, so hätte ich ihn nicht übertreten. Ketzermeister: Er ist nicht wider den Befehl Gottes. Jaques: Ich wollte wohl von dir mit der Schrift bewiesen haben, daß der Befehl des Kaisers oder Königs wahrhaftig und gerecht sei. Ketzermeister: Ich glaube, du denkst, es seien alle unsere Väter betrogen gewesen und deine Sekte sei allein selig. Was willst du sagen; es ist bereits 1200 oder 1300 Jahre, daß der Kaiser Theodosius einen Befehl oder ein Gebot ergehen ließ, um die Ketzer zu töten, nämlich, die damals wiedergetauft worden sind, wie eure Sekte. Jaques: Ja, mein Herr; du sagst, unsere Sekte habe nur zwanzig oder dreißig Jahre bestanden; aber es ist allezeit so ergangen, daß diejenigen, die in Christo Jesu haben gottselig leben wollen, haben Verfolgung leiden müssen, nach den Worten Paulus. Ketzermeister: So sagen alle Ketzer. Jaques: Paulus hat es zuerst gesagt; gleichwohl war er kein Ketzer. Ketzermeister: Ich weiß wohl, daß er kein Ketzer war, doch gebrauchen sie insgesamt das Wort Paulus; aber ich sage dir, es ist dir nicht erst jetzt aufgekommen, daß man Befehle und Gebote erlassen hat, die Ketzer zu töten; solches ist schon länger als vor 1400 Jahren der Fall gewesen. Jaques: Aber es ist zu berücksichtigen, ob der Kaiser Theodosius, den du gemeldet hast, wohl getan und ein gutes und Gott wohlgefälliges Werk verrichtet habe, indem er einen solchen Befehl erlassen hat. Ketzermeister: Ja, in Wahrheit, denn er wusste wohl, daß sie Ketzer waren. Jaques: Mein Herr, nach seiner Meinung waren sie Ketzer, aber nach der Meinung derjenigen, die ihr Leben für das Zeugnis ihres Glaubens ließen, war er selbst ein Ketzer und Tyrann. Ketzermeister: Wie weißt du das? Jaques: Das weist sich von selbst aus; denn diejenigen, die uns um unseres Glaubens willen töten, achten wir nicht höher, als Ketzer und Tyrannen, wie man auch wohl denken kann, daß diejenigen getan haben werden, die von dem Kaiser Theodosius getötet worden sind. Darum kann man eine solche Sache nur durch den Geist Gottes beurteilen. Ketzermeister: Nein, nein, du darfst nicht denken, daß so viele gelehrte Lehrer, die damals in der katholischen Kirche waren, wenn es unrecht wäre, die Ketzer zu töten, dies zugelassen haben würden. Jaques: Ich will mich nicht auf die Verordnungen oder die Weisheit der Menschen stützen, denn ich halte mich an den Unterricht Christi und seiner Apostel, die uns allezeit ermahnen, uns von den falschen Propheten abzusondern und die Ketzer zu meiden, und nicht ihnen nachzusetzen, oder sie bis zum Tode zu verfolgen. Ketzermeister: Mein Sohn, weißt du wohl, warum sie dieselben nicht getötet haben? Jaques: Ich glaube, es sei um deswillen geschehen, weil es Gott nicht wohlgefällig war. Ketzermeister: Nein, nein, Jaques, es kam daher, weil sie nicht mächtig genug waren, und weil sie weder König, noch Fürsten, noch Obrigkeiten hatten. Jaques: Christus war mächtig genug, zu seinem Dienste mehr als zwölf Legionen Engel zu haben; ebenso hatten auch die Apostel durch den heiligen Geist Gewalt genug; aber ihr Ruf ging dahin, daß sie eine Herde Schafe und Lämmer, ohne Falsch wie die Tauben, und gerade wie Kinder sein sollten. Ketzermeister: Es ist wahr, damals war es so. Jaques: Sollten denn nun, mein Herr, die Kinder Gottes von einer anderen Art sein, als diejenigen, die damals waren? Sollten sie eine Wolfsart haben? Ketzermeister: O nein, das sage ich nicht. Jaques: Dennoch kommt es mir vor, mein Herr, daß diejenigen, die sich jetzt rühmen, Kinder Gottes zu sein, die Art der reißenden Wölfe in der Tat an sich haben. Er sah mich scharf an und sagte zu mir: Warum dünkt dich das so? Jaques: Darum, mein Herr, weil Christus sein Volk Schafe und Lämmer nennt; nun aber hat es eine Herde Schafe in der Art, daß sie, wenn sie einige Tiere kommen sehen und merken, daß ein Wolf darunter ist, sämtlich entfliehen; ja, wenn ihrer auch tausend wären, gegen einen Wolf, sie würden nicht dem Wolfe nachsetzen, um ihn zu verschlingen und sein Blut zu vergießen; die aber, die sich rühmen, die Herde Christi zu sein, tun ganz das Gegenteil; woher haben sie doch diese Art? Ketzermeister: Dieses Gleichnis ist nicht zulänglich, es sind nur unnütze Beweisgründe; es verhält sich nicht mit der Herde Christi wie mit einer Herde Schafe. Als ich nun sah, daß er dieses verwarf, fragte ich ihn: Ist es nicht nötig, daß die Kinder Gottes von Gott geboren werden müssen, wie Johannes bezeugt; müssen sie nicht solche Art und Zuneigung an sich haben, wie ihr Vater und Herr? Ketzermeister: Ja, aber warum? Jaques: Darum, weil geschrieben steht, daß der Sohn Gottes wie ein Lamm oder Schaf zur Schlachtbank geführt worden sei und gleichwohl seinen Mund nicht aufgetan hat; darum müssen seine Kinder solche Art und Natur auch an sich haben, weil sie von Gott geboren sind. Ketzermeister: Solches musste so geschehen. Jaques: Warum? Ketzermeister: Um die Schrift zu erfüllen. Jaques: Ebenso muss es auch mit seinen Kindern gehen, daß die Schrift erfüllt werde. Ketzermeister: Welche Schrift? Jaques: Diejenige, wo geschrieben steht: Haben sie mich verfolgt, so werden sie euch auch verfolgen, gedenkt, daß ich es euch gesagt habe; der Knecht ist nicht besser als sein Herr. Ketzermeister: Das sagte er zu seinen Aposteln. Jaques: Ich halte dafür, daß er von allen seinen Kindern geredet habe, und daß solches uns zur Lehre geschrieben sei. Ketzermeister: Nein, nein, mein Sohn, du sollst wissen, daß die Apostel ausgesandt worden seien, allen Kreaturen das Evangelium zu predigen und zu verkündigen, und daß der Herr vorhergesagt habe, daß ihnen viel Leiden begegnen würde und daß sie getötet werden sollten; als sie aber einen Kaiser zum Glauben gebracht hatten, so hatten sie Ruhe und durften wohl die Ketzer in ihrem Lande töten. Jaques: Mein Herr, das sagt die Schrift nicht, auch kann ich es nicht begreifen, daß es eines Schafes Natur sein sollte, einen Wolf zu töten und ihn zu verschlingen; nun aber sagt ihr, daß ihr die Herde Christi seid, wir aber reißende Wölfe, und dennoch tötet ihr uns; mich dünkt, das sei nicht recht getan; hierauf lachte er und fragte mich: Jaques, war Petrus nicht auch ein Schaf Christi? Jaques: Mein Herr, er war von Gott erwählt, so gehörte er auch zu der Herde Christi. Ketzermeister: Antworte ja oder nein. Jaques: Ich glaube nicht nur, daß er ein Schaf der Herde Christi war, sondern auch selbst ein Hirt. Ketzermeister: Wohl, nun derjenige, der ein Schaf war, hat auch zwei Menschen getötet. Jaques: Welche? Ketzermeister: Ananias und sein Weib Sapphira. Jaques: Wie hat er sie getötet, hat er doch weder Stock noch Schwert, ist das nicht durch den Geist des Herrn geschehen? Ketzermeister: Gleichwohl hat er das getan. Jaques: Mein Herr, gib doch nicht den Menschen die Ehre, als ob sie das durch ihre eigene Kraft tun könnten, denn daß sie getötet worden sind, ist durch den Geist des Herrn geschehen; auch ist es nicht um solcher Ursache willen geschehen, um deretwillen ihr jetzt tött, sondern die Ursache war, weil sie wider den Heiligen Geist logen. Ketzermeister: Wohlan, Jaques, mein Sohn, dieses bringt uns einander nicht näher; sieh zu, daß du dich wohl berätst, dich besserst und zu dem Glauben bekehrst, den deine Eltern gehabt haben, denn du lebst im Irrtum, darum glaube, wie einem guten Christen zu glauben geziemt, und erkühne dich nicht so vieler Dinge. Jaques: Der Glaube ist eine Gabe Gottes, sagt Paulus. Ketzermeister: Er ist in Wahrheit Gottes Gabe. Jaques: So können die Menschen solche nicht geben. Ketzermeister: Gewiss nicht, man muss Gott darum bitten. Jaques: Woher kommt es denn, daß man mich mit Bedrohungen des Todes zum Glauben zwingen will? Ketzermeister: Man gibt dir Zeit, dich zu bekehren. Jaques: Mein Herr, welche Zeit? Sechs, sieben oder acht Tage, wie ich in Brabant gesehen habe? Ist das eine Zeit, sich so schnell im Glauben zu verändern? Ketzermeister: Von Brabant weiß ich nichts, aber hier gibt man den Leuten wenigstens dreimal vierzehn Tage, um sich zu bedenken, ob sie glauben wollen, wenn man ihnen das Wort Gottes vorgehalten hat. Jaques: Wie sagst du aber nun, mein Herr, wenn sie glauben wollen? Du redest, als ab sie aus eigenen Kräften glauben können, und gleichwohl sagst du, daß der Glaube eine Gabe Gottes sei. Die Apostel hatten den Herrn Jesum, der voller Weisheit und Wahrheit war, zwei oder drei Jahre lang gehört, und gleichwohl fehlte es ihnen nach am Begriffe, wie du an den zwei Jüngern abnehmen kannst, die nach Emmaus gingen; Paulus hatte auch die Apostel und Jünger gehört, gleichwohl konnte er es nicht begreifen, sondern stieß sie ins Gefängnis; als es aber Gott gefiel, hat er ihnen seinen Willen offenbart, zu solcher Zeit, die er dazu ersehen, und nicht die Menschen verordnet hatten. Ketzermeister: Das geschah darum, weil sie solche Lehre noch nicht hatten, und weil es noch der Anfang war, darum konnte sie es nicht begreifen. Jaques: Es kam daher, weil es ihnen nicht gegeben war, oder weil sie vom Vater nicht gezogen waren; warum erwartet ihr nicht auch die Zeit, wo Gott an uns seinen Willen tue? Ketzermeister: Du hast solches neulich schon gehört, auch gibt man dir noch Zeit, dich zu beraten. Du hast von diesem Tage an noch drei Wochen Zeit, dich zu bedenken. Jaques: Mein Herr, ist es deine Meinung, daß man mich nach drei Wochen töten wird? Ketzermeister: Du kannst dich unter der Zeit noch bekehren. Jaques: Wenn mir es aber nicht gegeben ist, es anders zu verstehen, und ich es auch nicht anders begreifen könnte, wie kann ich mich bekehren? Ketzermeister: Darum gibt man dir Zeit, um zu sehen, ob Gott nicht seine Barmherzigkeit erweisen und dich bekehren wolle. Jaques: Mein Herr, ich denke nun an die Kinder Israel, die in der Stadt Bethulien belagert waren, und Mangel an Wasser hatten, sodass ihre Weiber und Kinder vor Durst umkamen und deshalb sagten: Es ist keine Hoffnung mehr zu Gott für uns; lasst uns die Stadt in der Feinde Hände übergeben; ebenso sagt ihr auch: Es ist keine Hoffnung mehr, daß er sich bekehren werde, lasst uns ihn dem Tode überantworten. Und gleichwie Oseas, der Stadtoberste, einen guten Rat zu geben gedachte, und zu den Einwohnern sagte, lasst uns noch fünf Tage warten, und wenn innerhalb dieser fünf Tage keine Hilfe kommt vom Herrn, so wollen wir die Stadt unsern Feinden übergeben. Mein Herr, hat es ihnen nicht eine Witwe, genannt Judith, scharf verwiesen, welche zu ihnen sagte: Wer seid ihr, die ihr heute den Herrn versucht, und an Gottes Stelle unter die Menschen tretet und seinen Rat begreifen wollt. Ketzermeister: Das kann man mit eurer Sache nicht vergleichen. Jaques: Mein Herr, es scheint mir ganz dasselbe zu sein, denn ihr sagt, wenn innerhalb der Zeit, die ihr uns gesetzt, von Gott keine Hilfe kommt, so soll man uns dem Tode überantworten, dann sind wir auch, wie ihr sagt, vor allen Teufeln verdammt. Ketzermeister: Jaques, daran ist kein Zweifel. Jaques: Wie gedenkt ihr aber, mein Herr, dem Gerichte Gottes zu entfliehen, da ihr uns zur Verdammnis hinsendet? Warum lasst ihr uns nicht in der Hand Gottes bis an unser Ende? Denn so lange als wir hier leben, hat man immer Hoffnung zur Besserung; weil wir aber nach deiner Meinung verdammt sind, so ist auch nach dem Tode keine Hoffnung mehr! Ketzermeister: Ich jage euch nicht zur Verdammnis, denn ich bin es nicht, der euch verurteilt, auch will auch unschuldig sein an eurem Tode. Jaques: Mein Herr, als Susanna so unrechtmäßig zum Tode verurteilt wurde, wer war Schuld daran, die Richter oder die Zeugen? Ketzermeister: Diejenigen, die daran Schuld hatten. Jaques: Mein Herr, die Richter erhielten einen Verweis von Daniel; aber die Zeugen bekamen nicht allein einen Verweis, sondern wurden auch gestraft. Ketzermeister: Meinst du, daß ich Zeuge sei in deiner Sache? Ich bin nur hierhergekommen, um dich zu unterrichten. Jaques: Mein Herr, gleichwohl halte ich dich für einen Hauptzeugen; auf dein Zeugnis werden mich die Richter zum Tode verurteilen oder freisprechen, denn aus diesem Grunde bist du hierher gesandt und von dem Könige eingesetzt.

Ketzermeister: Ich will nicht, daß sie dich auf mein Zeugnis verurteilen, auch will ich nicht urteilen. Jaques: Mein Herr, wenn dich die Richter meinetwegen fragen werden, was willst du antworten? Wirst du nicht sagen, daß ich ein Ketzer sei, und daß ich den Tod verdient hätte? Ketzermeister: Nein. Jaques: Mein Herr, ich bitte dich, was wollest du wohl sagen? Ketzermeister: Du seist betrogen und vom rechten Wege abgeirrt. Jaques: Verführt zu sein, zu irren, oder ein Ketzer zu sein, mein Herr, scheint mir von gleicher Bedeutung. Ketzermeister: Wohlan, mein Sohn, denke ja nicht, daß ich um deswillen hierher gekommen sei, daß ich ein Todesurteil über dich fällen und dich verdammen wolle, denn du wirst allein auf dein Bekenntnis, das du vor dem Commissarius getan hast, verurteilt werden; was meine Person betrifft, so will ich nicht, daß sie dich auf mein Wort verurteilen; ich möchte auch nichts damit zu schaffen haben. Jaques: Mein Herr, ich habe so lange Zeit die Hinterlist (Partique) nicht getrieben und sieben oder acht Jahre im Rate gesessen, daß ich wissen sollte, was dieses zu bedeuten hat; daß ich aber dir dieses sage, geschieht, um dich zu unterrichten, damit du dich an meinem Blute nicht besudelst, denn ich weiß wohl, warum du hierher gesandt worden bist; da stand er auf und ging fort; die oben angeführten Worte haben wir nachher noch oft miteinander verhandelt.

Den siebten Tag desselben Monats Februar im Jahre 1558, auf einen Montag, wurde ich abermals vor denselben Ketzermeister gefordert. Als ich vor ihn kam, grüßte er mich und fragte: Wie geht es dir; hast du noch das Fieber? Jaques: Es steht wohl mit mir; der Herr sei dafür gelobt; auch hat mich das Fieber vor ungefähr drei Wochen verlassen. Ketzermeister: Wie befindest du dich in deinem Gewissen? Jaques: Sehr wohl, dem Herrn sei Dank dafür. Nachher machte er ein langes Geschwätz, welches zu lang ist, als daß ich es in der Kürze anführen könnte; es bestand seinem Hauptinhalte nach darin, daß er mich sehr bat, ich sollte zu der heiligen katholischen Kirche zurückkehren und glauben, wie einem guten Christen zu glauben zukommt, auch hohen Dingen nicht nachforschen und nicht selbst weise sein wollen. Hierauf habe ich geantwortet: Ich untersuche nichts, als was mir zu glauben erlaubt ist; ich bin auch wohl zufrieden, dasjenige einfältig zu glauben, was einem guten Christen zu glauben zukommt. Ketzermeister: Du sagst wohl, du wollest glauben, wie ein guter Christ, und dennoch hast du einen ketzerischen Glauben. Jaques: Ich habe keinen solchen, sondern mein Glaube ist allein auf das reine Wort Gottes gegründet, und wenn du mit dem Worte Gottes zufrieden sein wolltest, so solltest du auch mit meinem Glauben wohl zufrieden sein. Ketzermeister: Du führst das Wort Gottes wohl an, aber du redest eine andere Meinung in deinem Herzen. Jaques: Wir reden, wie wir glauben, und weil wir euch die Schrift, welche das Wort Gottes ist, als ein Zeugnis unseres Glaubens vorhalten, warum seid ihr damit nicht zufrieden? denn das Herz zu durchforschen, kommt Gott allein zu und nicht den Menschen.

Ketzermeister: Was glaubst du denn von Jesu Christo, woher hat er denn sein Fleisch genommen? Jaques: Lehrt dich die Schrift, mich solches zu fragen? Ketzermeister: Darum, weil Menno gesagt hat, er habe sein Fleisch vom Himmel gebracht. Jaques: Ich habe es ihn nicht sagen gehört. Ketzermeister: Gleichwohl glaubt er es so. Jaques: Des Mennos Glaube ist, daß das Wort zu Fleisch geworden sei, nach dem Zeugnisse Joh 1, oder wie der Text in deinem Testamente lautet: Fleisch geworden sei. Ketzermeister: Was glaubst du davon? Jaques: Ich glaube, daß Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist. Ketzermeister: Woher hat er sein Fleisch genommen? Jaques: Ich weiß es nicht, ausgenommen, daß er vom Vater geboren ist. Ketzermeister: Glaubst du denn nicht, daß er sein Fleisch in dem Leibe der Jungfrau Maria angenommen habe? Jaques: Mein Herr, kannst du mir beweisen, daß Jesus Christus und seine Apostel jemanden gezwungen haben, solches zu bekennen, so will ich es euch auch bekennen; denn als Petrus Christum bekannte, daß er der Sohn des lebendigen Gottes sei, so fragte ihn Christus nicht von wem er gemacht sei, sondern sagte, daß er auf diesen Felsen seine Gemeinde bauen wolle; auch als der Kämmerer von Candaces zu Philippus sagte, er glaube, daß Jesus Christus der Sohn Gottes sei und daß er begehre, auf diesen Glauben sich taufen zu lassen, ist Philippus zufrieden gewesen und hat nicht untersucht, woher er sein Fleisch angenommen habe. Ketzermeister: Damals war es noch nicht nötig, danach zu fragen, weil noch kein Streit darüber war. Jaques: Wie sollte es denn jetzt nötig sein? Ketzermeister: Um deswillen, weil so viele Ketzer da sind. Jaques: Es waren auch Ketzer genug zu der Apostel Zeit, aber die Ursache, warum der Satan allezeit eitlen Wortstreit hervorbringt, ist die, um den Verstand der Menschen zu verderben und denselben in Irrtum zu ziehen. Ketzermeister: So willst du denn nicht bekennen, daß er sein Fleisch und Blut in der Jungfrau angenommen habe? Jaques: Ich will dasjenige nicht untersuchen, was meinen Verstand übersteigt, nämlich, wovon der Sohn Gottes gemacht worden sei, denn das war ein wunderbares Werk; damit du aber nicht denken mögest, daß ich ein Ketzer sei, so bekenne ich, daß er ein Sohn Gottes sei, in Kraft und Macht, in Geist, in Fleisch und Blut, gezeugt von der selbstständigen Wesenheit des eineinigen Vaters, nämlich des ewigen Gottes, wie uns auch die Schrift bezeugt, welcher von Ewigkeit beim Vater war, und als die Zeit der Verheißung erfüllt war, so ist das ewige Wort Fleisch geworden, und in einer Jungfrau von dem Heiligen Geiste empfangen, und von derselben Jungfrau Maria geboren worden. Ketzermeister: Er hat sein Fleisch angenommen, und ist von unserem Fleische gemacht worden; darüber willst du nichts sagen, nichts? Jaques: Es ist mir genug, daß ich davon nach der Schrift glaube, ohne weiteres Untersuchen. Ketzermeister: Sagt nicht die Schrift, daß er unser Fleisch angenommen habe? Jaques: Ich habe es niemals gelesen, und begehre auch nicht, weiter zu disputieren; auch hast du gesagt, du wollest nicht darüber disputieren; warum fragst du mich denn so oft darüber? Ketzermeister: Die Ursache ist, daß ich wissen möchte, ob dein Glaube nicht mit Menno Simons Glaube übereinkomme. Jaques: Du hast gehört, daß ich der Menschen Zeugnis nicht annehme, um meinen Glauben darauf zu gründen. Als er nun sah, daß er von mir nichts erlangen konnte, fragte er mich: Was ist dein Entschluss? Jaques: Ich habe dir meinen Glauben erklärt, und darüber meinen Entschluss bis dahin gefasst, bis mir das Gegenteil bewiesen werden wird. Ketzermeister: Ich habe es dir genug bewiesen, aber du willst nichts glauben als deiner Einbildung und Hartnäckigkeit, und hast die heilige Kirche verlassen. Jaques: Mein Herr, ich habe die heilige Kirche nicht verlassen, denn hätte ich eure Kirche für die heilige Kirche erkannt, so hätte ich sie nicht verlassen und mich zu einer andern begeben. Ketzermeister: Obgleich dich nun der Satan so betrogen hat, und du meinst, daß wir die heilige Kirche nicht seien, so ist es gleichwohl eben dieselbe, die allezeit gewesen ist von der Aposteln Zeiten an, und durch die heiligen Lehrer bis hierher unterhalten worden ist. Jaques: Wenn sie nun dieselbe Kirche ist, die zu den Zeiten der Apostel war, so muss sie auch eben dieselben und doch dergleichen Bischöfe und Hirten haben, als damals waren. Ketzermeister: Ja, das haben wir auch. Jaques: Wohlan denn, mein Herr, zeige mir in deiner ganzen Gemeinde nur einen Bischof oder Hirten, der in Lehre und Leben unsträflich sei, wie Paulus oder Timotheus, oder auch wie Titus; dann will ich ihm von ganzem Herzen nachfolgen. Ketzermeister: Habt ihr unter euch solche Hirten? Jaques: Du sagst, daß wir des Satans Versammlung seien, und daß eure Kirche oder Gemeinde eben dieselbe sei, die zu den Zeiten der Apostel war; zeige mir denn dasselbe Volk, woran ich es erkennen möge. Ketzermeister: Wo meinst du solche zu finden? Denn sie hatten den Heiligen Geist, und nun empfängt man ihn nicht. Jaques: Nicht? Warum sagt denn Paulus: Wer Gottes Geist nicht hat, der ist nicht sein? Ketzermeister: Das hat einen andern Sinn. Jaques: Mein Herr, welche Bedeutung denn? Ketzermeister: Er redet daselbst von denen, die nicht nach dem Geiste wandeln. Jaques: Wohl, wonach fragte ich dich sonst, als nach Bischöfen und Hirten, die durch den Geist Gottes wandeln und getrieben werden, die heilig, gerecht, bedachtsam, unsträflich in Lehre und Wandel sind, wie Paulus lehrt, daß sie sein müssen. Ketzermeister: Ich wollte wohl solche Bischöfe oder Hirten nennen, die unsträflich sind, aber du kennst sie nicht. Jaques: Wo sind sie? Ketzermeister: In Italien und Spanien. Jaques: Ist die Gemeinde Gottes dort und nicht hier? Ketzermeister: Es ist auch ein Kardinal oder Bischof in England, welcher in Wahrheit ein Mann ist, unsträflich in Lehre und Umgang. Jaques: Mein Herr, befreie mich doch von diesen Ketten und laß mich gehen; ich will alle Mühe anwenden zu ihm zu kommen, um zu sehen, ob dem auch so sei; er lachte und antwortete: Nein, nein, du musst dasjenige glauben, was man dir sagt. Jaques: Mein Herr, es steht geschrieben: Verflucht ist der Mensch, der sich auf Menschen verlässt; soll ich mich denn allein auf dein Wort verlassen? Ketzermeister: Meinst du, daß ich lüge? Jaques: Das sage ich nicht, aber ich wollte es gerne zuerst sehen, ehe ich es glaubte. Ketzermeister: Ja, ja, du kannst es jetzt nicht sehen. Jaques: Weil ich es nun jetzt nicht sehen kann, so kann ich es auch nicht glauben. Ketzermeister: Warum willst du auf ihren Wandel so genau Achtung geben, da sie doch die Lehre der Apostel haben? Jaques: Das muss mir noch bewiesen werden; auch wird es dir schwer fallen, mit der Schrift zu beweisen, daß sie eben dieselbe Lehre der Apostel haben. Ketzermeister: Freilich haben sie dieselbe, aber du bist verhärtet und kannst es nicht fassen. Jaques: Das kommt daher, weil der Schriftbeweis mangelt; sind sie aber Bäume von der Wurzel der Apostel, so zeige mir die Früchte, damit ich sie erkennen möge. Ketzermeister: Kannst du denn den Glauben an den Werken erkennen, ob er gut oder böse sei? Jaques: Mein Herr, unser Meister hat uns unterrichtet, daß wir die falschen Propheten an ihren Früchten erkennen sollen, denn wenn wir Trauben an einem Weinstocke finden, so dürfen wir nicht sagen, wie ihr tut, daß wir sie an den Dornen abgebrochen hätten; er lachte und sagte zu mir: Sagen wir das? Jaques: Sagt ihr es nicht? Sagt ihr nicht, daß wir böse, arge, unnütze Bäume seien, die man ins Feuer werfen müsse? Und gleichwohl hast du mir bekannt, daß unsere Werke gut seien, wäre unser Glaube nicht. Ketzermeister: Es ist zwar wahr, ihr bringt gute Früchte für den Menschen, aber das Inwendige taugt nichts, denn euer Glaube ist nicht gut. Jaques: Unsere Werke entspringen aus unserem Glauben, das Fass kann nichts anderes von sich geben, als was darin ist, und darum nennt der Herr diejenigen ein Ottergeschlecht, die da bekennen, daß die Frucht gut sei, der Baum aber böse, indem er sagt: Pflanzt einen guten Baum, so wird seine Frucht gut sein, oder einen bösen Baum, so wird seine Frucht böse sein. Ketzermeister: Du willst also sagen, daß unsere Bischöfe und Hirten keinen guten Glauben haben können, es sei denn, daß ihre Werke gut sind. Jaques: Mein Herr, ich mag wohl mit Paulus antworten: Sie sagen, daß sie Gott erkennen, aber mit den Werken verleugnen sie ihn, denn sie sind abscheulich ungehorsam und untüchtig zu allen guten Werken; und solchen nun will ich nicht nachfolgen als Hirten. Ketzermeister: Nein, nein, Jaques; sie sind nicht so abscheulich, wie du meinst, wiewohl sie auch Sünder sind, gleichwie wir alle. Jaques: Mein Herr, du weißt es besser, als du sagst, denn ich schäme mich, die Schandflecken dieses Volkes aufzudecken, die sich doch rühmen, das Licht und das Salz der Erde und die Leiter der Blinden und Unwissenden zu sein. Ketzermeister: Welche Schande ist es denn? Sage es frei heraus. Jaques: Mein Herr, du begehrst von mir, daß ich es dir sage, während du doch selbst wohl weißt, welche unmenschliche Hurerei, die schändlich zu erzählen ist, gleichwie die von Sodom und Gomorrha, man zu Rom begeht, insbesondere der Papst, der sich doch rühmt, ein heiliger Mensch und Gott auf Erden zu sein, auch die Kardinale und Bischöfe, die dort sind; ich will jetzt nicht der Hoffart, der Pracht und Gottlosigkeit gedenken, welche solche heiligen Leute begehen. Ketzermeister: Es ist wahr, es sind einige, die abscheuliche Dinge vor Gott tun, sodass es ein Gräuel ist; aber, Jaques, um der Bösen willen, muss man die guten nicht verdammen, sie sind nicht alle böse; es sind auch Gerechte darunter. Jaques: Ich glaube, daß die Gerechten dünn geät sind, denn ich habe von meiner Jugend an mich die meiste Zeit unter Priester, Ordensleuten und Mönchen aufgehalten, aber die unbeschreibliche Bosheit, die ich daselbst gesehen habe, ist schändlich zu erzählen. Ketzermeister: Mein Sohn, nicht alle. Jaques: Mein Herr, ich weiß nicht, daß ich unter allen, die ich jemals gesehen und gekannt, nur einen nach der Regel, die einem Bischof oder Hirten anbefohlen ist, habe wandeln gesehen; du selbst weißt es recht gut, was vor ungefähr vierzehn Tagen oder drei Wochen hier in dieser Stadt A. in dem Jakobinerkloster geschehen ist; denn es hat sich zugetragen, daß die Mönche oder Jakobiner ihren Vorsteher aus dem Kloster jagten, weil er ihnen wegen ihrer Hurerei und Bosheit einen Verweis gab. Ketzermeister: Jaques, obschon gottlose Päpste, Kardinäle, Bischöfe, Priester, Mönche da gewesen sind, so sind doch auch dagegen gute gewesen; weißt du nicht, daß das gute Körnlein nicht ohne Spreu ist? Nein, nein, es gibt gute Körnlein und gute Hirten, wenngleich du sie nicht kennst. Jaques: Zeige mir denn einmal einen rechtschaffenen Hirten, so will ich ihm nachfolgen. Ketzermeister: Wenn ich sie dir auch nennen würde, so kennst du sie ja doch nicht und willst mir nicht glauben; und wenn dem auch so wäre, daß sie böse wären, so haben sie doch den wahren Glauben. Jaques: Ich halte mich an das Zeugnis des Paulus, daß das Licht keine Gemeinschaft mit der Finsternis hat. Ketzermeister: Willst du denn sagen, daß ein Mensch, der böse Werte tut, den wahren Glauben nicht haben könne? Jaques: Wenn ein Mensch, der die Erkenntnis empfangen hat, sich dazu hergibt, Böses zu tun, so wird sein Glaube nicht lange währen, sondern bald verfinstert werden. Ketzermeister: Wer hat dir das gesagt? Jaques: Paulus schreibt an die Römer, daß einige die Wahrheit in Ungerechtigkeit aufhalten, denn daß man weiß, daß Gott ist, ist ihnen offenbar, denn Gott hat es ihnen geoffenbart, weil sie wussten, daß ein Gott sei, und haben ihn nicht gepriesen wie einen Gott, noch ihm gedankt; darum hat sie auch Gott dahingegeben in ihrer Herzen Gelüste, erfüllt mit Finsternis. Ketzermeister: Paulus spricht daselbst von den Weltweisen, die auf die Zeichen des Himmels, der Sterne und Planeten Achtung gaben. Jaques: Es ist mir gleichgültig, wovon er redet, es mögen Weltweise oder andere gewesen sein, aber Paulus beweist es, daß ihre Herzen durch ihre Werke und Undankbarkeit mit Finsternis erfüllt gewesen seien; und dazu sagt er, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, daß sie selig würden; darum wird ihnen Gott kräftige Irrtümer senden, und so ist es auch geschehen. Ketzermeister: Hat nicht Judas Ischarioth ein böses Werk getan, daß er den Sohn Gottes überantwortet hat? Jaques: Die Schrift sagt, es wäre besser gewesen, er wäre nie geboren worden. Ketzermeister: Gleichwohl hatte er einen wahren Glauben, was sagst du dazu? Jaques: Hatte er den wahren Glauben vorher oder nachher? Ketzermeister: Vorher und nachher, obgleich er ein Dieb war. Jaques: Obwohl sein Herz böse war, so führte er doch (zum Scheine) einen guten Wandel, sodass sie nicht denken durften, daß er es sei, der das Werk tun würde, sondern alle fragten: Bin ich es, bin ich es? Ketzermeister: Sieh auch den Demas an, hatte er nicht den wahren Glauben? Gleichwohl hing sein Herz an den Dingen dieser Welt, wiewohl ihn dennoch Paulus für einen Bruder hielt. Jaques: Es ist wahr, daß ihn Paulus eine Zeitlang für einen Bruder und Mithelfer in dem Werke des Herrn gehalten, aber nachdem er gesagt hatte, Demns habe ihn verlassen und diese gegenwärtige Welt lieb gewonnen, nennt er ihn nicht mehr einen Bruder oder Mithelfer. Ketzermeister: Das weißt du nicht. Jaques: Die Schrift gibt davon keine Nachricht. Ketzermeister: Das gibt und nimmt der Sache nichts; du musst glauben, daß ein sündhafter Mensch dennoch den Glauben und das Evangelium haben kann; meinst du, man müsse ihn darum nicht hören und seinem Worte nicht glauben? Jaques: Mein Herr, worin rückst du doch Paulus die Sünde vor, nachdem er die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hatte? Ketzermeister: Steht nicht geschrieben: Wenn wir sagen, wir haben nicht gesündigt, so machen wir ihn zum Lügner. Jaques: Dem ist so, aber in eben demselben Briefe steht auch geschrieben: Wer aus Gott geboren ist, der tut keine Sünde, denn sein Same bleibt in ihm, und er kann nicht sündigen, denn er ist aus Gott geboren; auch sagt Paulus: Wie sollten wir in der Sünde leben, die wir der Sünde abgestorben sind? Ketzermeister: Es ist eine Frage, die Paulus dort aufwirft, aber meinst du darum, er habe nicht gesündigt? Jaques: Du weißt, was Paulus sagte, daß Christus in ihm lebe; hat denn nun Christus die Sünde getan? Auch hat er die Korinther ermahnt, daß sie seine Nachfolger sein sollten, gleichwie er Christi Nachfolger sei, und nimmt Gott und Menschen zu Zeugen, wie heilig, gerecht und untadelhaft er unter ihnen gewandelt sei, welcher Sünde willst du denn Paulus beschuldigen?

Ketzermeister: Gleichwohl war er ein Sünder, das kann man keineswegs leugnen. Jaques: Ich will es nicht leugnen, denn er selbst sagt, daß er der vornehmste Sünder, Lästerer und Verfolger, während er im Unglauben befunden, gewesen sei, nicht aber, nachdem er Erkenntnis erlangt habe. Wohlan nun, diejenigen, wonach ich dich frage, sind es Hirten, welche in Sitte, Lehre und Leben unsträflich sind? Ich weiß zwar wohl, daß alle Menschen in Sünden geboren sind; wer aber in der Sünde bleibt, der hat Gott nicht erkannt. Ketzermeister: Du musst den Spruch nicht so verstehen, denn ein sündhafter Mensch hat auch Erkenntnis Gottes. Jaques: Ja, mit dem Munde, sonst müsste es nicht wahr sein, was der Apostel Petrus gesagt hat, daß derjenige, welcher nicht die Furcht Gottes und die brüderliche und lebendige Liebe hat, blind sei und mit der Hand nach dem Wege tappe. Ketzermeister: Nein, er sagt, daß er dem Blinden gleich sei. Jaques: Mein Herr, mit Erlaubnis, er sagt daß ein solcher Blinder nach dem Wege tappe; es ist ein Zeichen, daß er ihn nicht gefunden hat; soll ich nun solchen Leuten nachfolgen? Ketzermeister: Ist euer Menno so gerecht, heilig und unsträflich? Jaques: Ich habe so viel Umgang mit ihm nicht gehabt, daß ich etwas Tadelhaftes an ihm bemerkt hätte. Ketzermeister: Mit wem hast du denn deinen Umgang gehabt? Kann man eurem Lehrer nichts nachsagen? Ist er untadelhaft? Jaques: Mein Herr, kannst du ihm etwas nachweisen oder ihn in irgendeinem Stücke tadeln? Ketzermeister: Ich kenne den Bösewicht nicht. Jaques: So lästere ihn denn auch nicht, denn es wird dir schwer fallen, zu beweisen, daß er ein solcher sei, wie du ihn nennst. Ketzermeister: Das würde mir nicht schwer fallen, denn er mag wohl so genannt werden, weil er Leute genug verführt hat. Jaques: Mein Herr, sieh wohl zu, daß du nicht selbst einer seiest, der das Volk verführt. Ketzermeister: Ist er nicht in Seeland geboren, in dem Dorfe? Er nannte mir das Dorf, aber ich habe es vergessen. Jaques: Ich weiß nicht, wo er geboren ist. Ketzermeister: Wie war er gestaltet, welchen Bart und Kleider hatte er? Jaques: Du fragst sehr genau nach ihm, ich denke, du wollest ihn gerne verraten, weißt du denn sonst keinen Weg, mein Herr? Ketzermeister: Ich wollte ihm kein Leid antun. Jaques: Ich höre wohl, daß du solches sagst, gleichwohl möchtest du ihn gerne an dem Ort haben wollen, wo ich bin, möchtest du nicht, mein Herr? Ketzermeister: Ja, oder er würde sich bekehren. Jaques: Wenn er sich aber nicht nach eurem Sinne bekehren würde, würdet ihr ihn nicht ins Feuer stellen? Ketzermeister: Dann würde ich den Richter gewähren lassen. Jaques: Wurdest du ihm aber nichts Übles wünschen? Würdest du wollen, daß man dir solches täte? Als er dann aber sah, daß er mir nicht antworten konnte und daß zwei oder drei Personen vor der Türe zuhörten, den Stockmeister ausgenommen, welcher allezeit bei den Gefangenen ist, fing er ein langes Geschwätz an und sagte, daß ich nicht so tief in der Schrift forschen, sondern mich von denen, die gelehrter wären als ich, unterrichten lassen sollte, auch daß ich glauben möchte, ein sündhafter Mensch, der böse im Leben ist, könne ebenso gut den Glauben haben, als ein anderer, und daß ich sein Wort hören, aber nicht nach seinen Werken tun sollte. Jaques: Muss ich das durch die Schrift oder ohne die Schrift glauben? Ketzermeister: Ich habe es dir durch die Schrift bewiesen. Jaques: Durch welche Schriftstelle? Ketzermeister: Mit Judas und Demas, welche den Glauben hatten und doch in ihrem Leben böse waren.

Jaques: Mein Herr, es dünkt mich, unsere Worte seien ein Kinderspiel; habe ich dir nicht darauf geantwortet und bewiesen, daß es sich nicht gezieme, diejenigen Führer und Hirten zu nennen, die vom Glauben abgefallen sind? Ketzermeister: Ja, wo denkst du solche unsträflichen Hirten Zu finden, wie du sie haben willst? Siehst du nicht, daß die Welt mit Büberei angefüllt ist? Jaques: Wiewohl du keinen kennst, so kenne ich doch einige, und solchen will ich nachfolgen. Ketzermeister: Wo sind sie? Jaques: Sie sind dir unbekannt? Weißt du nicht, daß, als der Prophet meinte, es seien alle Gerechten in Israel durch Ahab und Isabel getötet worden, der Herr sagte, daß ihrer noch siebentausend übergeblieben seien, die ihre Knie vor dem Götzen Baal nicht gebeugt hätten. Ketzermeister: Das geschah damals um der Verfolgung willen, daß sie so zerstreut waren. So geschieht es auch noch heutzutage um der Verfolgung willen, daß sie so zerstreut und der Welt unbekannt sind. Ketzermeister: Musst du aber einem einzigen Menno, oder einem andern Menschen, der einen guten Wandel zu führen scheint, nachfolgen, und um deswillen alle übrigen Bischöfe und Pastoren, die nicht ebenso richtig wandeln, verlassen? Jaques: Mein Herr, meinst du, Ahab, der König Israels, hätte Übel getan, wenn er den Rat der vierhundert Propheten verlassen hätte und dem Rate des armen Michas allein nachgefolgt wäre? Ketzermeister: Gewiss nicht, denn Micha war ein Prophet Gottes. Jaques: Sagten nicht die andern, sie wären es auch? Und gaben dem armen Micha einen Backenstreich, weil er wider sie weissagte und sagten zu ihm: Meinst du, daß der Geist Gottes von uns gewichen sei? Ketzermeister: Sie rühmten sich des Heiligen Geistes, aber mit Unrecht, denn sie waren solche nicht. Jaques: Ahab wusste das nicht, denn weil Micha allein wider die vierhundert Propheten geweissagt hatte, wurde der arme Mann Gottes sehr hart bei Wasser und Brot ins Gefängnis gelegt, bis Ahab aus dem Streite von Ramoth in Gilead zurückkehren würde; aber er hat erfahren, daß der Rat der vierhundert Propheten ihn das Leben kostete, wie Micha ihm zuvor gesagt hatte. Ketzermeister: Das sind Schriftstellen, die sich nur auf vergangene Zeiten beziehen. Jaques: Paulus sagt, daß es zu unserer Lehre geschrieben sei; und so geschieht es noch heutzutage. Ketzermeister: Wohlan, so willst du denn keinen Lehrern gehorchen, und ihnen nicht nachfolgen, es sei denn, daß sie tun, was sie lehren, ist dem nicht so? Jaques: Dem ist so; denn es steht geschrieben: Das Auge ist des Leibes Licht, ist nun dein Auge ein Schalk, so wird dein ganzer Leib finster sein. Ketzermeister: So willst du denn nicht nach dem Rate Jesu Christi verfahren, nämlich nach ihren Worten, und nicht nach ihren Werken zu tun? Jaques: Zu wem hat er dieses geredet? Ketzermeister: Zu seinen Jüngern. Jaques: Von wem redete er es? Ketzermeister: Jesus Christus sagt: Auf Moses Stuhl sitzen die Schriftgelehrten und Pharisäer; was sie euch befehlen, das tut; aber tut nicht nach ihren Werken. Jaques: Welch ein Stuhl war es, von Holz oder von Stein? Ketzermeister: Es war der Stuhl, welcher daselbst war. Jaques: Wie konnte so viel Volk auf einem Stuhle sitzen? War er denn groß, oder war es nicht das Gesetz, wovon Christus redete? Ketzermeister: Von dem Gesetze, das sie verkündigten. Jaques: Das Gesetz war ein Befehl Gottes, und nicht der Menschen, und da Christus solches sagte, hat er sie nicht erwählt, seine Herde zu weiden und zu leiten. Ketzermeister: Setzte er sie nicht zu Hirten, wenn er ihnen sagt: Tut nach ihren Worten, aber nicht nach ihren Werken? Jaques: Hast du nicht gelesen, was der Herr sagt: Es sei denn, daß eure Gerechtigkeit besser sei, als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Siehe, sie sind ja schon draußen, wie sollten sie denn einen andern führen? Ketzermeister: Tut allein nach ihren Worten. Jaques: Habt ihr keine anderen Hirten unter euch, das Wort Gottes zu verkündigen, als solche Schriftgelehrten und Pharisäer, welchen Gott mit so vielen Flüchen gedroht hat? Sagt nicht der Prophet: Selig ist der Mensch, der nicht gegessen hat bei den Gottlosen, und Christus ermahnt uns, vor ihrem Sauerteige uns zu hüten. Ketzermeister: Du musst dieses nicht so verstehen, sondern glauben, ein Gottloser könne wohl Gutes reden. Jaques: Es steht geschrieben: Das Lob ist nicht schön in dem Munde der Gottlosen, weil sie von Gott nicht gesandt sind. Und wie sollte er predigen, wenn er nicht gesandt ist? Ketzermeister: Es ist wahr, es ist nicht schön, aber er sagt nicht, daß es nicht gut sei. Jaques: Ist es nicht schön, so ist es auch nicht angenehm, denn was kann ein unbußfertiger Mensch für Buße verkündigen? Dann soll auch wohl das Wort eines Diebes, der seine Mitgesellen ermahnt, nicht mehr zu stehlen, Frucht bringen? Wird nicht sein Mitgeselle sagen: Ist es übel getan, warum tust du es selbst? Du Heuchler, tue erst den Balken aus deinem Auge, denn wirst du auch den Stab in meinen Augen sehen.

Ketzermeister: Du verdrehest jede Schriftstelle nach deinem Sinne und Verstande; du musst dir selbst nicht so viel zutrauen, sondern deinen Verstand unter den Verstand derer gefangen geben, die weiser sind als du. Jaques: Mein Herr, ich rede immer mit dem Vorbehalte, daß wenn mir ein Besseres bewiesen wird, ich demselben nachfolgen wolle. Dann stand er auf und sagte: Es ist Zeit, daß ich gehe, siehe zu, daß du dich wohl bedenkest und rufe Gott ernstlich an. Jaques: Ich weiß von keinem Bedenken, weil du mir gar nichts beweisen kannst.

Ketzermeister: Was sollte ich dir beweisen? Jaques: Ich habe dich gebeten, du wollest mir sagen, welchen Hirten ich nachfolgen sollte, und ob sie solche seien, wie die Schrift verordnet hat, daß sie im Leben, in der Lehre und im Wandel sein sollten. Ketzermeister: Folge denen nach, welchen deine Eltern nachgefolgt sind, und damit ging er fort.

Hier endigte das Schreiben, weil ich am Ende von einer Menge Volks und Widersprechern gestört wurde.

Dieses, des Jaques Bekenntnis, ist aus dem Französischen ins Niederländische und Hochdeutsche übersetzt worden.