Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.467

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2.467  Noch ein Brief von Jacob Kerzengießer, worin er seine Amtsbrüder ermahnt.

Noch ein Brief von Jacob Kerzengießer, geschrieben im Gefängnisse, worin er seine Amtsbrüder ermahnt, daß sie nicht als Mietlinge flüchten und die Schafe Christi, um des Mangels der Lehre willen, im Irrtume lassen, sondern daß sie ihr anbefohlenes Amt treulich ausführen sollten, und weil er selbst in Friesland gewesen ist, und die entstandene Schwierigkeit unter dem Volke Gottes aus der Widersacher Munde gehört hat, und es ihm deutlich geworden, daß sie sich Gott und ihrem Nächsten versündigt und schuldig gemacht hatten, so hat er von diesem Handel um deswillen in diesem Briefe so viele Nachricht gegeben, als der günstige Leser hier aufgezeichnet findet:

Ich, Jacob Kerzengießer, gefangen um des Herrn willen, wünsche allen Ältesten und Dienern der Gemeinden in Flandern, welche der Herde Christi vorstehen, samt L. V. oder A. D. Weisheit, Erkenntnis und eine rechte Liebe von Gott, dem himmlischen Vater, Gnade, Barmherzigkeit und Frieden durch unsern Herrn Jesum Christum, und einen rechten Trost, Stärke und Kraft durch den Heiligen Geist, damit sie die Gemeinde recht bedienen, ihr vorstehen, väterlich bei ihr seien, und ihr in aller Not treulich beistehen zur Auferbauung der Gemeinde, zum Preise des Herrn und eurer Seelen Heil. Dieses wünsche ich euch meine lieben und werten Brüder, zum freundlichen Gruße und herzlichen Abschiede.

Nebst gebührlichem und christlichem Gruße bitte ich alle meine lieben Brüder, daß sie mein Schreiben in der Liebe aufnehmen wollen, wie ich denn vor dem Herrn und allen Gottesfürchtigen bezeuge, daß es von mir aus Liebe geschehen sei. Nachdem ich gehört habe, daß viele, die der Gemeinde vorstehen und sie bedienen, sich ihres Amtes zu entledigen suchen, um aus dem Lande zu ziehen, so hat mich die Liebe zum Volke bewogen, euch ein wenig zu schreiben und euch zu ermahnen, daß ihr doch einmal die armen Kinder recht bedenken wollt, die ihr in großem Elende zurücklassen werdet, die ihr doch durch den unvergänglichen Samen wiedergeboren und auf die rechte Bahn gebracht habt, und welche Folgen es haben werde, wenn ihr diejenigen, die noch in der Geburt stehen, und keinen rechten Unterschied zwischen dem Guten und Bösen zu machen wissen, verlassen werdet; denn, wenn ihr jetzt davonzieht, und die armen Kinder verlasst, so stehen sie in großer Gefahr zu Grunde zu gehen, und sich wieder in der Welt zu verirren. Darum, liebe Brüder, bedenkt doch, wie wenig Freude ihr daran haben werdet, wenn ihr solches von ihnen hören werdet, denn wir sollten nicht gerne unsere Kinder in irgendeiner Not lassen, wenn wir ihnen mit gutem Gewissen helfen können. Ihr könnt zwar wohl bei euch selbst denken: Ich habe die Gemeinde eine lange Zeit bedient, ein anderer mag sie nun auch bedienen; darauf antwortete ich mit David: Seid nicht wie Rosse und Maultiere, die keinen Verstand haben, welchen man den Zaum und das Gebiss in den Mund legen muss, wenn sie nicht zu dir wollen; wir müssen in unserem Dienst nicht knechtisch sein, da oft Unwille vorkommt, und nicht aufeinander sehen, denn solche dienen um den Lohn, und sehen nicht auf des Hauses Nutzen; sondern wir müssen einen kindlichen Dienst erweisen, welcher aus der Liebe geschieht, denn sie leben ihrem Vater, und nicht sich selbst, gleichwie auch Christus sich nicht selbst, sondern demjenigen gelebt hat, der ihn gesandt hat, daß er ein Diener des Reiches sein sollte. Derselbe hat sich auch unter ihnen wie ein Diener gezeigt, welcher Dienst aus Liebe geschehen ist, nicht ein Jahr oder zwei Jahre, sondern während seines ganzen Lebens; denn er ist gehorsam gewesen bis zum Tode und hat seinen Aposteln das Reich beschieden, wie es ihm von seinem Vater beschieden war, sodass diejenigen, die in diesem Reiche die meisten Gaben hatten, ihre Diener und Knechte sein mussten. So haben nun auch die Apostel der Hilfe sich bedient, und in der Gemeinde Hirten, Lehrer, Diener, Helfer, Regierer und dergleichen verordnet; denselben haben sie das Reich beschieden, wie es ihnen von Christo beschieden war, nämlich, das Reich aus Liebe zu bedienen, und darin dem Herrn und ihrem Nächsten, nicht aber sich selbst zu leben. Darum klagt der Apostel über einige und sagt: Sie suchen alle das Ihre und nicht, was Jesu Christi ist. Also müssen alle, die in diesem Reiche dienen, und nach der Vorschrift und Ordnung der Schrift zum Dienste der Gemeinde erwählt sind, sich aus Liebe der Gemeinde übergeben; doch, meine lieben Brüder, unter der Bedingung, daß die Gemeinde verbunden ist, euch Beistand zu leisten, wenn ihr von derselben in zeitlichen Geschäften erwählt werdet. Darum, meine lieben Brüder, nehme ein jeder seiner wahr, denn wir glauben ja, daß die Wahl der Gemeinde von Gott sei; also lasst uns dann auch bedenken, hat uns der Herr dazu erwählt, daß wir ihm auf solche Weise dienen sollen, so müssen wir uns dann auch selbst zu jeder Zeit dem Herrn übergeben, wozu wir auch wichtige Ursache haben, weil wir dadurch der Gemeinde uns nützlich machen können, wenn wir auch sagen möchten: Es sind andere, denen es besser zukommt als mir, das ist kein Grund, der vor dem Herrn gilt, und womit man sich entschuldigen könne. Jona hätte auch wohl solche Entschuldigung finden können; weil er sich weigerte, den Niniviten des Herrn Willen zu verkündigen, so musste er in den Bauch des Walfisches, wie ich Unwürdiger zu meiner Zeit welche gesehen habe, die sich allzu sehr weigerten, aber es ist ihnen nicht gut bekommen. Desgleichen hat auch Mose, nebst vielen andern, Ausflüchte gesucht, aber es hat ihnen nichts geholfen; der Herr sagte: Weiß ich nicht, welchen ich senden will? Er bedarf keiner Ratsleute; er weiß wohl, wozu er sich unserer bedienen will. Gleichwohl wird dem Exempel Moses in den Gemeinden sehr nachgefolgt, und es wird für eine ehrliche Sache gehalten, wenn sich ein Mann weigert, wiewohl es dem Herrn nicht gefällt, denn er ward zornig auf Mose. Der Prophet Jesaja aber handelte nicht so, sondern er sagte: Sende mich, Herr; solches hat auch dem Herrn nicht übel gefallen; ebenso begehrte auch Elisa, daß Elias Geist zweifältig bei ihm sein möchte, worauf Elias antwortete: Du hast ein Hartes gebeten, aber es soll geschehen; in dieser Beziehung sagt auch Paulus: Wer ein bischöfliches Amt begehrt, der begehrt ein köstliches Werk. Seht, liebe Brüder, so müssen wir dem folgen, was wohl lautet und rühmlich ist vor dem Herrn, und gedenken, daß diejenigen, die wohl dienen, sich selbst eine gute Stufe und eine große Freudigkeit im Glauben erwerben. Gleichwie die Kinder dieser Welt, wenn sie bei einem Herrn Dienst erlangen können, sich befleißigen, treulich zu dienen, um dadurch ein wichtigeres Amt zu erlangen, so müssen wir auch Fleiß anwenden, dem Herrn in demjenigen zu dienen, wozu wir berufen sind, damit wir Macht erlangen, die Heiden mit einer eisernen Rute zu regieren. Darum, meine lieben Brüder, bleibt beieinander, solange als es euch möglich ist; dann könnet ihr euch einander Mut machen; wenn ihr euch aber voneinander absondert, so macht ihr einander schwach; darum steht einander treulich bei, und wartet eures Amts. Ihr, die ihr die Armen versorgt, seid hieran nicht nachlässig, sondern besucht sie oft und seht, was sie machen; vermahnt sie mit väterlichem Herzen zur Arbeit, und tröstet sie in ihrer Trübsal; denn ein tröstliches Wort hilft dem Elenden mehr als eine Gabe. Haltet euch fest mit dem Herzen in der Liebe an eure Diener des Wortes; denn ihr müsst mit ihnen ein Herz sein, weil ihr dann das Volk desto besser im Frieden erhalten könnt; denn wenn diejenigen, die das Land regieren, untereinander nicht Frieden halten, so kann nicht wohl Frieden im Lande sein; ebenso ist es auch in den Gemeinden; wenn die Diener untereinander uneinig sind, so kann unter den Brüdern nicht viel Friede sein. Darum, liebe Brüder, bleibt untereinander im Frieden, und ihr, Diakone, dient den Dienern des Wortes zur Stütze, nehmt euch derselben an, denn sie müssen das Horn blasen, damit die Schläfrigen erwachen, wiewohl einige schläfrige Menschen von solcher Art sind, daß sie sich nicht gern aufwecken lassen; ebenso haben es auch einige, die in Sünden schläfrig geworden sind, nicht gern, daß man sie aufwecke. So wird denn über solche oft vieles geschwatzt und hinter dem Rücken geklatscht; darum müsst ihr und alle frommen Brüder den Dienern eifrig beistehen, die Verleumder anreden und ermahnen, dann werdet ihr denselben Mut machen. Und ihr, liebe Brüder, die ihr der Gemeinde mit dem Worte des Herrn vorsteht, bleibt bei der Gemeinde solange, als es euch möglich ist, denn wenn ihr fortziehen wollt, so macht ihr die andern Dienern kleinmütig, vermehrt ihre Arbeit und zerstreut die Herde. Darum bitte ich euch, um des Volkes willen, das ich aus reinem Herzen liebe, verlasst sie nicht, sondern bleibt bei ihnen, und seht auf diejenigen, denen Christus das Reich beschieden hat, gleichwie wie es Ihm von seinem Vater beschieden war, wie ernstlich sie das Reich gebaut und die Herde geweidet haben; denn sie hielten es für nützlich, sie zu ermahnen, zu stärken, und ihren reinen Sinn zu erwecken, solange als sie in diesem Leibe waren, damit sie, nach ihrem Abschiede, dessen eingedenk sein möchten; denn der Apostel hatte sie drei Jahre lang Tag und Nacht mit Tränen ermahnt, auch hat er die Bischöfe zu Ephesus unterrichtet, daß sie auf sich selbst und auf die Herde Acht haben sollten. Nun könnt ihr leicht sagen: Wir sind keine Bischöfe; darauf antworte ich: Es brauchen nicht alle Bischöfe zu sein, die die Gemeinde erbauen, oder des Herrn Wort verkündigen, sondern ein jeder muss in seinem Dienste treu sein, denn es gibt mancherlei Ämter; hat jemand ein Amt, so warte er seines Amtes; lehrt jemand, so warte er der Lehre; ermahnt jemand, so warte er des Ermahnens, und weidet daher die Herde Christi nicht aus Zwang, sondern freiwillig; denn der Herr will, daß man ihm aus Liebe diene, gleichwie er aus Liebe gedient hat. Darum schreibt der Apostel: Tue ich es gerne, so wird mir gelohnt, tue ich es aber ungern, so ist mir das Amt doch befohlen. Darum, liebe Brüder, nehmt sie auf mit Lust, und zieht sie auf mit verständiger, unverfälschter Milch, wie eine gute Säugamme, welche ihr Kind, das sie säugt, so lieb hat (wiewohl sie es nicht geboren hat), daß sie es ohne Tränen nicht lassen kann, wenn es der Vater wieder nach Hause holt, wiewohl es ihr dem Fleische nach fremd ist; um wie viel mehr solltet ihr eure Kinder lieben und sie nicht verlassen, solange ihr bei ihnen bleiben könnt; denn ihr seid nicht allein ihre Säugamme, sondern habt vielleicht einen guten Teil von ihnen geboren; überdies sind sie eure Brüder und Schwestern in dem Herrn, was euch umso mehr verpflichtet, ihnen zu dienen und vorzustehen. Wie eins Henne ihre Kücklein unter ihren Flügeln vor den bösen Raubvögeln bewahrt, so bewahrt sie auch vor den wilden Tieren, die Zwietracht und Ärgernis neben der Lehre Christi erwecken; denn ihr Wort frisst um sich wie der Krebs, und richtet Verderben an wie die Pest; darum steht ihnen hierin vor und scheidet euch von allen solchen Leuten; erhaltet die Herde im Frieden, so viel es euch möglich ist, und meidet alle Zwietracht; mengt euch auch nicht darunter, insoweit ihr euch davon geschieden halten könnt; denn wer sich in fremden Hader mengt, der ist wie einer, der den Hund bei den Ohren zwackt; es werden auch durch Streit viele Herzen verunreinigt.

Redet allezeit zum Frieden, soviel ihr könnt, und nicht zur Trennung, denn es ist hierzu nicht die gelegene Zeit; es ist bald zertrennt, was nachher schwerlich wieder geheilt werden kann; dadurch wird so manche einfältige Seele zu Grunde gerichtet; es ist auch, nach meiner Erkenntnis, in der Schrift nicht gebräuchlich, daß man in misslichen Zeiten mit dem Banne schlichten soll, und wenn es auch im Eifer geschieht, denn Eifern im Ernst ist gut, wenn es um das Gute geschieht. So haben wir auch zuvorderst im alten Testamente Exempel, daß sie auch den Bann gehabt, um die Bösen mit dem Tode zu strafen, denn wer das Gesetz Moses brach, musste ohne Barmherzigkeit sterben durch zwei oder drei Zeugen; gleichwohl hat der Herr nicht gewollt, daß dieser Bann ausgeführt würde, hat auch den Propheten keinen Befehl gegeben, daß man sich des Bannes bedienen sollte, sondern er hat ihnen zugerufen, daß sie sich bessern und bekehren sollten, dann wolle er ihnen gnädig sein, und ihren Schaum auf das Reinste ausfegen; solches aber kann er tun, liebe Brüder, ohne dem Golde oder Silber zu schaden. Sodann haben wir auch das Exempel im neuen Testamente, und zwar zunächst an Johannes und den Gemeinden in Asien, denn obgleich sie jämmerlich verfallen waren, so hat sich Johannes doch keines Bannes bei ihnen bedient; auch finden wir nicht, daß ihn der Herr einmal darauf angeredet, warum er solches nicht getan hätte, sondern er hat sie durch Johannes zur Buße gerufen, wenn sie das nicht tun wollten, so wollte er ihren Leuchter von seinem Orte stoßen. Daß aber der Apostel an die Korinther im zweiten Briefe gegen den Hurer den Bann ausgesprochen hat, darüber mag jeder nachdenken, denn die Apostel haben allezeit eine göttliche Fürsorge für die Einfältigen gehabt, und haben jede Trennung zu verhindern gesucht, so viel in ihrem Vermögen war; darum haben sie auch alle Mittel hervorgesucht, den Hader niederzulegen, wie man in der Apostelgeschichte wahrnehmen kann, denn als die Brüder aus dem Judentum die Gläubigen aus den Heiden beunruhigten und sagten: Wenn ihr euch nicht nach dem Gesetze Moses beschneiden lasst, so könnt ihr nicht selig werden, entstand darüber eine große Unruhe unter dem Volke; auch zu Jerusalem standen einige aus der Pharisäer Sekte auf, die gläubig geworden waren, und sagten: Man muss sich beschneiden lassen und gebieten, das Gebot Moses zu halten – was doch ein großer Unverstand war; und gleichwohl haben die Ältesten und Apostel ihnen ihren Unverstand nicht vorgehalten, aus Furcht, es möchte eine Trennung entstehen, sondern sie sind den Brüdern aus dem Judentume näher getreten, um der Trennung vorzubeugen, und haben einige Artikel aus dem Gesetze genommen, welche nicht wider die evangelische Wahrheit waren, und haben beschlossen, daß man diejenigen, die sich aus den Heiden bekehrten, weder beunruhigen, noch ihnen irgendeine Last aufbürden sollte, daß sie sich jedoch vor dem Götzenopfer und der Hurerei, vor dem Essen erstickten Viehes und vor dem Blute der Tiere hüten sollten. Hierdurch wurden die Juden beruhigt, denn sie konnten leicht denken, daß sie noch in etwas recht hätten, weil man den Heiden noch einige Artikel aus dem Gesetze auflegte; auf gleiche Weise haben sie auch im 21. Kapitel gehandelt, als sie den Streit oder das Ärgernis niederlegten, das zwischen den Juden und Paulus herrschte; sie hatten gehört, daß Paulus lehrte, von Moses abzufallen; darum gaben die Ältesten den Rat, daß Paulus vier Männer zu sich nehmen, mit denselben im Tempel sich reinigen, und das Haupt sich scheren lassen sollte. Dem Gewissen nach waren sie nicht verbunden, solches zu tun, aber um der Brüder aus dem Judentume willen haben sie es getan, denn sie sagten: Damit sie alle vernehmen, daß es unwahr sei, was sie wider dich gehört haben. Da ging er nun in den Tempel und ließ sich sehen, wie er die Tage der Reinigung aushielte; denn als sie zum Schweigen gebracht waren, konnte man es ihnen besser beibringen, daß das Gesetz in Christo sein Ende erreicht habe; aber sie haben nicht beschlossen, daß Paulus in seinem Amte aufhören möchte, bis er sie beruhigt hätte; denn sonst hätte solches oft geschehen müssen, weil man oft etwas über ihn zu sagen hatte, wie man an den Korinthern wahrnehmen kann. Aber das war ihm das Geringste, von ihnen oder von einem menschlichen Tage gerichtet zu werden, denn ich richte mich selbst nicht, waren seine Worte; solches dient auch nicht zum Frieden, sondern erregt nur mehr Streit; denn es ist einer Gemeinde nicht damit gedient, daß sie ihren Mann verlieren muss, weil Menschen sind, welche auf ihn etwas zu sagen haben, und wissen doch nicht, was die Sache ist, oder ob man mit Recht oder Unrecht ihn beschuldigt. Darum muss der Ankläger vor seine Gemeinde kommen, und hier seine Beschuldigungen wider ihn anbringen, wenn es Sachen sind, die sie miteinander nicht ausmachen können; dann kann die Gemeinde den Handel anhören, und ihn, wenn er der schuldige Teil ist, strafen helfen; auf solche Weise wird sie von ihm befreit, und er kann sie nicht mehr beschweren; es muss aber zuerst die Sache erwiesen sein, ehe gestraft und der Gemeinde geholfen werden kann. Darum schreibt Paulus an Timotheus: Nimm keine Klage wider einen Ältesten an, wenn nicht zwei oder drei Zeugen da sind; denn er wusste es wohl, daß oft vieles über sie gelästert wird. Darum, liebe Brüder, haltet standhaft an; darum bitte ich euch, um der Wahrheit Gottes willen, und verlasst eure Männer nicht, ehe sie von dem Herrn verlassen sind; sondern sucht euch allezeit zu erbauen, damit die Gemeinde versorgt und die Herde geweidet werde, und Wächter auf den Mauern Jerusalems seien, die weder Tag noch Nacht schlafen oder schweigen, sondern des Herrn und ihrer Gemeinde eingedenk seien und sagen: Um Zion willen will ich nicht schweigen, und um Jerusalem willen will ich nicht innehalten, bis daß ihre Gerechtigkeit aufgehe wie ein Glanz und ihr Heil entbrenne wie eine Fackel. Darum, meine lieben Brüder, wendet doch allen Fleiß an, bei den armen Schaflein; steht ihnen treulich bei und verlasst sie nicht in dieser großen Not, sondern ermahnt und tröstet sie damit, daß unsere Väter auf mancherlei Weise versucht und endlich Gottes Freunde geworden seien, nachdem sie durch viel Trübsal haben den Sieg erhalten müssen; ebenso sind auch Isaak, Jacob und die Propheten, und alle, die Gott lieben, standhaft geblieben, gleichwie der Engel zu Tobias sagte: Weil du Gott angenehm warst, so konnte es nicht sein, daß du ohne Anfechtung bliebest. Solltet ihr auch um ihretwillen leiden müssen, so denkt an dasjenige, was der Apostel schreibt: Darum leide ich alles um der Auserwählten willen, damit sie auch die Herrlichkeit ererben möchten, gleichwie mir Unwürdigem auch zuteil geworden ist; denn, wenn die Gemeinde Gottes nicht gewesen wäre, ich glaube, daß ich im Clevischen Lande geblieben wäre; aber ich kann mit David zum Herrn sagen: Meine Zeit steht in deinen Händen. So hat er denn meine Zeit ans Ende bringen wollen, wie es der Erfolg bewiesen hat; aber der Apostel sagt: Nun aber freue ich mich in meinem Leiden, welches ich um euretwillen leide, und erstatte an meinem Fleische, was noch mangelt an Trübsal in Christo, für seinen Leib, welcher die Gemeinde ist, und wenn ihr um der Gemeinde willen leidet, so habt ihr nach der Liebe Christi gehandelt, und euer Leben für die Brüder und Schafe gelassen. Darum, meine lieben Brüder, wacht, seid standhaft im Glauben, und männlich, und lasst alles in der Liebe geschehen. Endlich will ich mich ein wenig zu meinen lieben Schwestern, nämlich zu euren Weibern, wenden, um sie zu ermahnen und zu bitten, daß sie mit ihren Männern verträglich sein und sie nicht verlassen wollen, sie aus dem Lande zu bringen, sondern erkennt, Schwestern, die große Not; bejammert das Volk, und habt Mitleiden mit ihnen, und denkt, daß wir das mittragen müssen, was der Herr unsern Männern zur Probe auflegt, und daß wir unsere Seelen durch den Glauben in Geduld fassen müssen denn als Gott den Abraham versuchte, daß er seinen Sohn opfern sollte, so musste es Sarah mit ertragen, denn sie hätte ihren eigenen Sohn eingebüßt, wenn der Herr an Abraham den Sohn nicht wiedergegeben hätte; und doch kann man nicht bemerken, daß Sarah dem Abraham Widerstand geleistet habe; sie ist Abraham, ihrem Herrn, untertänig gewesen, und hat ihn in allem demjenigen seines Glaubens leben lassen, worin ihn der Herr auf die Probe gesetzt hat, und ihn ermahnt, daß er die Magd mit ihrem Sohne hinausstoßen sollte. Ebenso auch ihr, meine lieben Schwestern, seid euren Männern Untertan, und lasst sie ihrem Glaubens leben in allem, worin es dem Herrn gefällt, sie auf die Probe zu setzen; macht sie nicht kleinmütig, sondern erquickt vielmehr ihr Gemüt, wenn ihr seht, daß sie durch die Mühe gedrückt sind, die sie mit dem Volke haben, und denkt, daß ihr Sarahs Töchter seid, wenn ihr Gutes tut, und euch die Furcht nicht erschrecken lasst.

Darum, liebe Schwestern, seid wohlgemut und vertraut eurem Gotte; er wird euch nicht über euer Vermögen versucht werden lassen, sondern euch neben der Versuchung einen Ausweg verschaffen, daß ihr es ertragen könnt, denn Gott kennt unser Vermögen, daß es nur schwach sei; darum sorgt er für uns, denn er hat gesagt: Ich will dich nicht verlassen noch versäumen, sodass wir sagen dürfen: Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten, was sollte mir ein Mensch tun? sondern wir müssen sie im Namen des Herrn schlagen und überwinden, denn sie sind nur Staub und Asche, und werden wie Heu vergehen; ja, Motten werden sie fressen wie ein Kleid, wie >Jesaja sagt; ferner sagt er: Ich bin euer Tröster, wer bist du denn, der du dich vor Menschen fürchtest, die doch sterben, und vor Menschenkindern, die wie Heu verzehrt werden? Bei ihnen ist nur ein fleischlicher Arm, aber bei uns ist der Herr selbst; er wird uns helfen und unsern Streit ausführen, und wenn sie auch jetzt sehr toben und niemanden verschonen, sondern diejenigen berauben und vernichten, die den Herrn fürchten, sich auch so hoch setzen, daß fast jeder vor ihnen zittert und bebt, so wird sie der Herr doch erniedrigen und zerstören, wenn sie ihre Zerstörung geendigt haben werden. Aber nun, liebe Schwestern, müssen wir geprüft werden wie Gold im Feuer, daß die Bewährung des Glaubens Geduld wirke, die Geduld aber fest bleibe, denn wenn wir in unserer Trübsal geduldig sind, so überwinden wir und werden weder müde noch matt, und obgleich unser auswendiger Mensch vergeht, so wird doch der inwendige von Tag zu Tag erneuert; wir wollen lieber mit dem Volke Gottes Ungemach leiden, als die zeitliche Ergötzlichkeit der Sünden haben, und achten die Schmach Christi für größern Reichtum, als die Schätze Ägyptens, denn wir sehen auf die Belohnung. Seht, liebe Schwestern, fasst Mut, und zieht mit der Witwe Judit wider den hochmütigen Holofernes aus, der vom Könige Nebukadnezar ausgesandt war, um alle Länder unter seine Botmäßigkeit zu bringen, denn er gab vor, daß er Gott sei, und dennoch ist sein Knecht Holofernes von Judit überwunden worden; ebenso hat nun auch das Kind des Verderbens, das sich Gott auf Erden nennen lässt, einen hochmütigen Boten ausgesandt, und meint, dadurch alles unter seine Gewalt zu bringen; aber wie ich höre, so ist er zu Kortryck von einer armen einfachen Witwe überwunden worden, gleichwie Christus die Schriftgelehrten und Pilatus überwunden hat; ihr müsst daher auch ausziehen, liebe Schwestern, um ihn durch den Glauben zu überwinden. Nehmt auch ein Beispiel an dem Weibe Jael, wie sie Sissera, den Widersacher und Feind des Hauses Israel, überwunden hat; sie nahm einen Hammer und schlug ihm einen Nagel durch das Haupt, sodass er des Todes ward; ebenso müsst ihr auch, liebe Schwestern, wider den Feind und Widersacher des Hauses Israel, nämlich den Teufel und Satan, im Glauben ausziehen, der durch seine Kinder und Knechte so viel Rasen und Tumult verursacht, und ihm mit dem Hammer des Wortes Gottes den Nagel Christum Jesum durch das Haupt schlagen und mit dem Apostel sagen: Gott sei gedankt, der uns durch unsern Herrn Jesum Christum den Sieg gegeben hat, und Gott sei gedankt, der uns allezeit das Feld erhalten hilft durch Christo. Darum, meine lieben Schwestern, seid allezeit tapfer, und ermahnt eure Männer, bei der Herde zu bleiben, und wisst, was ein jeder Gutes tut, das wird er von dem Herrn empfangen. So seid denn nun standhaft und unbeweglich und unerschöpft in den Werken des Herrn, und wisst allezeit, daß eure Arbeit nicht vergeblich sei, in dem Herrn. Hiermit will ich euch, meine lieben und sehr werten Brüder und Schwestern, dem großen und allmächtigen Gotte anbefehlen, der allein weise ist, und bitte, daß er euch ins Herz geben wolle, dasjenige zu tun, was vor ihm gefällig ist. Ich bitte euch, daß ihr mein Schreiben, welches aus Liebe geschehen ist, mir zu gut halten wollet; ist etwa seine Ansicht darin ausgesprochen, die der eurigen nicht gleich ist, so lasst dieselbe aus Liebe in ihrem Werte, denn wir stehen, wie ich hoffe, in einem Glauben; so viel ich weiß, ist bei mir keine Veränderung vorgegangen; was ich der Gemeinde unwürdig vorgetragen habe, darin stehe ich noch unverändert; der Herr sei gelobt für seine Gnade, daß er mich an achtzehn Jahre darin bewahrt hat. Grüßt mir sehr herzlich alle Brüder und Schwestern, die bei euch wohnen. Hiermit will ich nun meinen Abschied von euch nehmen; gute Nacht, meine lieben Brüder mit euren Weibern, bis wir einander in der ewigen Freude sehen; der Herr gebe euch seine Gnade, daß wir einander daselbst antreffen mögen. Haltet zu jeder Zeit fest am Glauben, und bleibt bei der Wahrheit und helft euren Mitmenschen, wo ihr nur immer könnt, dann wird die ewige Herrlichkeit euch in ihren goldenen Schoß aufnehmen. Gute Nacht! Gute Nacht!

Geschrieben den 13. Mai und den 1. Juni, von mir, Jacob de Roore, in meiner Gefangenschaft.

Die leiden hier nach Gottes Sinn, die wollen darauf merken: Sie geben ihre Seelen hin, dem Schöpfer guter Werken.