Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.169

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2.169  Dies ist der letzte Brief, den Hieronymus an sein Weib, in der Nacht, als er zum Tode verurteilt worden war, geschrieben hat; er ist im Jahre 1551, den 2. September, getötet worden.

Gnade und Friede von Gott dem Vater, die unergründliche Barmherzigkeit des Sohnes, unsers Herrn Jesu Christi und die Gütigkeit und Gemeinschaft des Heiligen Geistes in deinen Banden, Trübsal, Leiden und Drang in deiner Arbeit und zum Troste in deinem Glauben und Liebe. Demselben sei Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Mein herzlich geliebtes, auserwähltes Weib in dem Herrn! Ich wünsche dir den rechten, wahren, bußfertigen Glauben, der durch die Liebe tätig ist, auch ein recht festes unbewegliches und standhaftes Gemüt in meinem und deinem allerheiligsten Glauben. Ferner wünsche ich dir den gekreuzigten Christum zum Bräutigam, der dich zur Tochter, Braut und Königin erwählt hat; diesem Könige des Allerhöchsten, dem ewigen Vater und eifersüchtigen liebhabenden Gott, habe ich dich anbefohlen, meine Geliebte in dem Herrn, dass Er nun dein Tröster und Bräutigam sein wolle, weil Er mich zuerst gerufen und abgefordert hat, womit ich auch wohl zufrieden bin, weil ich erkannt habe, dass es des Herrn Wille sei; dem Herrn sei ewig Lob und Preis für seine große Kraft, die Er an uns erwiesen hat. Darum, meine Liebste in dem Herrn, mache dir hierüber keinen Kummer oder Betrübnis, weil Er mich zuerst abgefordert hat; dies hat Er uns zum Besten getan, damit ich dir ein Vorbild sein möge und du mir tapfer nachfolgen könnest, wie ich, durch Gottes Gnade, dir vorangehen werde, der uns würdig gemacht hat, dass wir um seines Namens willen leiden sollen. Ach, mein liebes Schaf, ich bitte dich demütig, du wollest den Papisten oder anderen Menschen kein Gehör geben, sondern folge deinem Bräutigam, deinem unbeweglichen Bräutigam standhaft nach, folge Seinen Fußstapfen nach und fürchte dich nicht vor ihren Bedrohungen, erschreck auch nicht vor ihrer Peinigung, denn mehr können sie nicht tun, als ihnen der Herr zulässt, denn sie können kein Haar von deinem Haupte kränken ohne den Willen des Vaters, der im Himmel ist. Darum fürchte dich nicht, sondern sei beständig und standhaft in der Lehre Christi und bei der rechten Wahrheit, denn der Herr wird dich nicht verlassen, sondern wie seinen Augapfel bewahren, ja wie seine Tochter und sein Kind, denn es ist unmöglich, dass die Auserwählten Gottes sollten verführt werden können, indem seine Schafe seine Stimme hören und ihm nachfolgen, aber der fremden Stimme gehorchen sie nicht; darum wird sie auch niemand aus seiner Hand reißen, denn Er ist ihr Hirte und Beschützer. Deshalb, mein auserwähltes Schaf, streite tapfer um des Herrn Ehre willen, gleichwie Er auch so tapfer um unserer Seelen Heil gestritten hat.

Sei daher wohlgemut, wenn du auch noch eine Zeitlang in dieser Löwengrube liegen musst. Deine Erlösung ist vor der Tür und verzieht nicht zu kommen, sondern sie kommt. Wenn nun derjenige kommt, der mit Kraft kommen soll, so wird Er dich als seine Braut und Königin aufnehmen, denn es gefällt Ihm wohl. Seine Auserwählten bei sich zu haben und Er hat ein Wohlgefallen, sie anzuschauen; deshalb ist auch der Tag des Herrn nahe vor der Türe.

Darum, mein liebes Weib in dem Herrn, streite auch so tapfer und scheue dich vor keinem Menschen, sondern sage lieber mit Susanna, du wollest lieber in der Menschen als in Gottes Hände fallen, denn schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. So gehe denn dem Herrn mit brünstiger Liebe entgegen, wie du bisher durch des Herrn Gnade, die in dir wirksam ist, getan hast, und streite tapfer, denn die Krone des Lebens ist dir bereitet, indem den Überwindern alles verheißen und zugesagt ist; sie werden auch alles besitzen, denn Christus sagt: Selig seid ihr, wenn alle Menschen übel von euch reden, denn es wird euch im Himmel wohl belohnt werden; ferner sagt er: Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen Verfolgung leiden, denn das Himmelreich ist ihr; auch sagt der Herr, dass, wenn sie uns vor Herren und Fürsten geführt, gepeinigt und getötet haben werden, so werden sie noch meinen, sie hätten Ihm einen Dienst damit getan haben. Darum setze dein Vertrauen fest auf Christum, so wird dich der Herr nicht verlassen, denn die Krone des Lebens ist dir zubereitet. Hiermit will ich dich dem Herrn und dem Wort seiner Gnade anbefehlen und will meinen Abschied hier in dieser Welt von dir nehmen, denn ich glaube nicht, dass ich dein Angesicht mehr sehen werde, hoffe dich aber in kurzer Zeit unter dem Altare Christi wiederzusehen.

Darum, mein geliebtes Eheweib in dem Herrn, wenn uns schon die Welt für Lügner hält und uns dem Leibe nach voneinander scheidet, so wird uns doch der barmherzige Vater in kurzer Zeit unter seinem Altare wieder zusammenbringen, sowie auch unsern Bruder, denn ich zweifle nicht an ihm, sondern habe ein festes Vertrauen zu ihm; ich habe uns drei in seine Hände befohlen, dass Er an uns seinen göttlichen Willen also erfüllen wolle, wie sein Name am meisten dadurch gepriesen und Ihm Dank abgestattet werden möchte, zur Seligkeit unserer Seelen und zum Troste und zur Stärkung aller derer, die den Herrn fürchten. Seinem Namen dienen und denselben lieben, was Er auch tun wird, wie ich nicht bezweifle, denn Er verlässt die Seinen nicht, die auf Ihn trauen. Darum gehe ich auch dahin mit einem fröhlichen Gemüte mein Opfer zu tun zum Preise des Herrn. Hätte ich noch einmal zu dir kommen können, ich hätte es getan; aber Joachim wollte nicht, wiewohl uns Christus in kurzer Zeit unter seinem Altare wieder zusammenbringen wird, was die Menschen nicht werden verhindern können. Hiermit sage ich gute Nacht, bis wir unter dem Altare wieder zusammenkommen. Sei dem Herrn anbefohlen. Der große Henrich lässt dich sehr grüßen im Herrn. Siehe, mein liebes Weib in dem Herrn, nun ist die Stunde gekommen, dass wir voneinander scheiden müssen; ich gehe nun mit großer Freude und getrost voran zu meinem himmlischen Vater, und bitte dich demütigst, du wollest um deswillen nicht betrübt sein, sondern dich mit mir freuen. Ich war zum Teil betrübt, dass ich dich unter diesen Wölfen lasse, aber ich habe dich mit der Frucht dem Herrn anbefohlen, und weiß gewiss, dass Er dich bis ans Ende bewahren wird, womit ich mich zufrieden gebe. Halte dich tapfer in dem Herrn.