Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.131

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2.131  Ein Brief von Hans von Oberdam, der er an die Herren des Gerichts zu Gent und an die Ratsherren den Tag vor seiner Gefangenschaft gesandt hat.

Merket wohl auf! Wer Ohren hat zu hören, der höre, und der es liest, merke darauf und urteile mit Verstand der Heiligen Schrift; wehe aber denen, die mit Unverstand urteilen. Höret es; euch geht es an, was ich rede: O ihr vom fleischlichen Geschlechte, ihr Ismaeliten, die ihr euch rühmt, Christen zu sein, weil ihr aus dem Wasser ohne Geist geboren seid und die Kinder der Verheißung verfolgt, welche durch den Glauben an Gottes Wort aus Wasser und Geist geboren sind, ja, ihr verfolgt sie, gleichwie Ismael den Isaak, Esau den Jakob verfolgte, und gleichwie alle Juden Christum verfolgten; auf gleiche Weise verfolgen nun auch die fleischgeborenen Antichristen die geistgeborenen Christen, welche die Verheißung des ewigen Reiches durch Christum empfangen sollen, welcher der Erbe aller Dinge ist und der sein Reich durch das Evangelium wieder verkündigen lässt, zur Buße und wahrhaftigen Reue über die toten Werke, durch den Glauben an Ihn; lästern seine Zeugen. Dies ist der Wind, o Adler, merke darauf, der da bläst, wo er will, von welchem du nicht weißt, von wannen er kommt, oder wohin er geht. Höret nun seine Stimme, welche der Allerhöchste bis in die letzten Zeiten zurückgelassen hat, um eure Missetaten und Strafen zu offenbaren, welcher nun sein Volk durch vieles Elend und Herzeleid erlösen will.

Darum merke auf, o du Adler! Das Ende deiner Zeit ist vor der Türe; bist du nicht das vierte Tier? O ja, du bist es, welches Daniel sah, welches mit seinen eisernen Zähnen alles zerriss, was überblieb mit seinen Füßen zertrat und das allerschlimmste Horn hervorbrachte. Du hast viele Jahre lang den Erdboden mit Betrug beherrscht und hast die Welt nicht nach der Wahrheit gerichtet, denn du hast die Sanftmütigen geplagt und die Stillen verwundet, die Lügner geliebt, die Wohnung derer, die Frucht schaffen, verdorben und diejenigen überwältigt, welche dir nichts Arges getan. Darum ist deine Lästerung zu dem Allerhöchsten und deine Hoffart zu dem Allmächtigen aufgestiegen. Daher wirst du Adler vergehen, damit die Erde erquickt und von deiner Gewalt befreit werde; hoffe auf das Gericht und auf die Barmherzigkeit dessen, der sie geschaffen hat, dessen Gericht besser und gerechter sein wird, als das deine; o Adler, darum müssen deine bösen Häupter, die bis zuletzt aufbehalten worden sind, dir den Untergang bereiten, um die ärgste Bosheit des Adlers samt seinen bösen Federn zu vernichten, welche bis aufs letzte gespart sind. So höre denn, du nichtiger Leib des Adlers, der du mit dem eitlen Ruhme dessen prangst, was du doch nicht bist, nämlich mit dem Ruhme eines Christen. Höret zu, ihr boshaften Klauen, die ihr willig und bereit seid, dasjenige zu verderben und zu zerreißen, worüber ihr von euern boshaften Häuptern durch Rat der Lügner, welche sie lieben, Befehl empfanget; warum erfreut ihr euch über den Jammer und Untergang der armen Lämmer und Säuglinge, welche noch an der Brust trinken, welche ihr mit Gewalt gefangen haltet und denen ihr mit falschem lügenhaftem Betruge die Seelen ermordet, die doch ungefähr erst vor ein oder zwei Jahren zum Gehör des Wortes der Wahrheit gekommen sind; ihr habt ja solche nicht, die euch in allen Glaubensartikeln unterrichten können. Schämet euch des Rühmens, als ob ihr durch eure fleischlichen blinden Gelehrten die Unschuldigen mit spitzfindigen lügenhaften Ränken und verstümmelten Schriftstellen überwunden hättet. Aber weh! Weh! Des großen Elends, der schrecklichen Zeiten, dass die Bosheit so weit die Oberhand bekommen hat, dass auch der Wahrheit nicht so viel eingeräumt wird, sich öffentlich verantworten zu dürfen. Dem Höchsten sei der Jammer und das Elend der Schwangern und Säuglinge in diesen Zeiten geklagt, weil ihnen keine Hilfe, kein Trost noch Beistand von denjenigen zu Teil wird, welchen der Herr mehr Gnade und Gaben gegeben, um den Widersachern den Mund zu schließen. Wollte man hierauf sagen: Lasset sie denn hervorkommen, die besser begabt sind und mehr Gnade empfangen haben, so antworten wir hierauf, dass der Wolf den Schafen lange wird rufen müssen, bis sie hervorkommen, weil sie wissen, dass sie von ihm mit großer Grausamkeit wider Recht und Billigkeit zerrissen werden. Ach, weh, weh, welch ein grausames Urteil und erschreckliche Strafe des grimmigen und verschlingenden Zornes Gottes kommt über diejenigen, welche ohne alle Barmherzigkeit die Unschuldigen und Gottesfürchtigen ängstigen, verfolgen und ermorden, und sie selbst in allen ungerechten Werken des Fleisches so ungöttlich leben, dass sie das Himmelreich nicht besitzen werden. O du geistiges Babylon, wie wird der Herr die unschuldigen Seelen und das Blut seiner Zeugen an dir zu rächen suchen; denn solches alles wird in dir erfunden. Du hast die Könige der Erden und alle Völker mit dem Weine der geistlichen Hurerei so trunken gemacht, dass sie die Wahrheit weder sehen noch hören mögen. Ach, dass wir uns einmal mit dem Worte Gottes, in Gegenwart eines großen brennenden Feuers, wider alle gelehrten Doktoren, Lizentiaten, Pfaffen und Mönche, welche das Reich des Antichristen stärken, beschützen, bewahren und erhalten helfen, öffentlich frei verantworten dürften und dass derjenige, welcher überwunden wird, ins Feuer geworfen würde, dann wäre es nicht nötig, die armen, unschuldigen Lämmer zu quälen und zu ängstigen, und euer Glaube würde geprüft werden, wie er mit der Wahrheit übereinkommt; auch wäre alsdann Pilatus Handwasser oder des Kaisers Befehl nicht nötig und die Obrigkeit würde von dem Blute der Unschuldigen frei bleiben; wenn sie nämlich das Wort Gottes Richter über den Glauben sein ließe; aber nein, die falschen Propheten und Verführer wissen wohl, dass ihre Schalkheit und ihr Betrug dadurch allzu sehr offenbar werden würde. Darum rufen sie so ernstlich, wie die Schriftgelehrten und Pharisäer taten: Kreuzige Ihn, kreuzige Ihn! Des Kaisers Befehl muss Recht haben; so war es im Anfang des vierten Tieres. Merket mit Verstand darauf, wer es begreifen kann; das Ende ist das Allerschlimmste. Fürsten, tut Buße und bessert euch, denn das Ende ist nahe vor der Türe. Wehe euch, ihr falschen Propheten, die ihr der Wahrheit widersteht, wie die ägyptischen Zauberer dem Mose widerstanden; aber eure Schalkheit wird noch allen Menschen offenbar werden, gleichwie es schon jetzt einen Anfang nimmt. Wehe euch, die ihr den Antichristen verteidigt und für ihn streitet, die ihr die lange Gewohnheit der römischen Kirche als Panzer anzieht, um euch damit wider die Wahrheit zu verteidigen, die ihr des Kaisers Befehl als einen Schild und das Schwert des Obrigkeit gebrauchet, um in allen Landen das unschuldige Blut derer zu vergießen, die sich nicht mit zeitlichen oder leiblichen Waffen, sondern mit dem Worte Gottes wehren wollen. Das Wort Gottes aber ist unser Schwert, welches zweischneidig und scharf ist. Zwar wird täglich viel über uns gelogen von denen, die da sagen, dass wir unsern Glauben wie die von Münster mit dem Schwerte verteidigen wollten; der allmächtige Gott wolle uns vor solchen Gräueln behüten.

Wisset, ihr edlen Herren, Ratsherren, Bürgermeister und Beisitzer, dass wir eure Amtsbedienung als recht und gut, ja von Gott verordnet und eingesetzt zu sein erkennen; wir meinen damit das weltliche Schwert zur Strafe der Übeltäter und zur Beschützung der Frommen; wir begehren, euch auch in allen Schätzungen, Zöllen und Ordnungen, insoweit es nicht wider Gott streitet, gehorsam zu sein; und sollte man uns hierin ungehorsam finden, so wollen wir gern als Übeltäter unsere Strafe leiden; das weiß Gott, der alle Herzen kennt, dass dies unsere Meinung sei. Aber merkt darauf, edle Herren, die Missbräuche und was in euren Ämtern oder Diensten misshandelt wird, bekennen wir nicht von Gott, sondern von dem Teufel zu sein; dagegen halten wir dafür, dass der Antichrist, durch des Teufels Schalkheit, euch die Augen bezaubert und verblendet habe, dass ihr euch auch sonst nicht kennt, wer ihr seid, und wie ein schweres Gericht des Zornes Gottes auf euch liegt. Darum werdet nüchtern und erwacht, und öffnet die Augen des Verstandes, und sehet, mit wem ihr streitet, und dass ihr es nicht mit Menschen, sondern mit Gott zu tun habt. Darum wollen wir euch nicht gehorsam sein, denn so gefällt es Gott, dass wir dadurch geprüft werden sollen, und wollen lieber durch Gottes Gnade unsern vergänglichen Leib brennen, ertränken, enthaupten, ausspannen, peinigen oder nach eurem Gutbefinden uns geißeln, ausbannen oder verjagen und unsere Güter uns rauben lassen, als euch wider des Herrn Wort Gehorsam erweisen. Darin wollen wir auch geduldig und leidsam sein, und Gott die Rache anbefehlen, denn wir kennen den, welcher gesagt hat: Mein ist die Rache, ich will vergelten; und ferner: Der Herr wird sein Volk richten, und schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Darum bezeugt der Geist Gottes, dass solches vor der Türe sei und nun bereits seinen Anfang genommen habe. Höre zu, du, die du deine Schwangerschaft auf die Hälfte gebracht hast, bereite dein Bette, denn du sollst gebären! Was soll ich gebären? Die Frucht deiner Arbeit, mit Pein und Schmerzen, nachher aber den Tod. Höre zu, zur rechten Seite: Bereite das Maß. Wozu soll ich es bereiten? Um deinen Nächsten zu messen, nachher sollst du auch gemessen werden. Bereite dich, Feuer, und komme bald. Höret zu, zu euch rede ich: Ihr, die ihr dem Herrn zugehört; der Tag eurer Mahlzeit ist gekommen, eure Speise ist bereit, esset geschwind das fette Fleisch der Trunkenen, damit dem Tiere die Macht gegeben werde. Einen solchen Sinn habt ihr empfangen, also zu tun; ihr sollt nach dem Tiere eine kurze Zeit herrschen; ihr streitet mit dem Lamme, aber das Lamm wird euch überwinden; dasselbe ist ein König aller Könige, und ein Herr aller Herren, dessen Reich in Ewigkeit bleibt, Amen.

Wir zeugen von Ihm, dass Er es sei, der da kommen soll, ja, Er kommt schnell, der Herr Jesus, der einem jeden nach seinen Werken lohnen wird.