Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.130

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2.130  Hans von Oberdam wird zu Gent im Jahre 1550 getötet.

Hans von Oberdam wird zu Gent im Jahre 1550 gefangen genommenSein Bekenntnis, welches er im Gefängnisse geschrieben und nachher mit seinem Tode bezeugt hat, im Jahre 1550:

Hans von Oberdam, nebst seinen Mitgefangenen, um des Zeugnisses Jesu Christi willen, wünscht allen Brüdern und Schwestern in dem Herrn Gnade, Frieden und eine feurige Liebe von Gott dem Vater und dem Herrn Jesu Christo, welchem sei Preis, Ehre und Majestät von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Meine Herzallerliebsten! Seid meinetwegen unbekümmert, sondern lobt den Herrn, dass Er mir ein solch guter Vater ist, dass ich um des Zeugnisses Christi willen Bande und Gefängnis leiden darf, wie ich denn auch hoffe, darum ins Feuer zu gehen. Der Herr gebe mir Kraft durch seinen Heiligen Geist, Amen. Wandelt in der Furcht des Herrn, wie ihr berufen seid. Und wenn wir einander hier im Fleische nicht mehr sehen, so hoffen wir einander in der Ewigkeit anzuschauen in unsers Vaters Reiche, in welchem ich in Kurzem zu sein hoffe. Der Friede des Herrn sei mit euch. Amen.

Meines Herzens Wünschen und Begehren von dem ganzen Grunde meiner Seele ist, o liebe Brüder und Schwestern in dem Herrn, dass ihr immer mehr und mehr Fleiß anwendet, euren Beruf wahrzunehmen, wozu ihr von Gott dem Vater durch Christum zur Majestät und Herrlichkeit des Reiches seines geliebten Sohnes berufen seid, welcher seine Gemeinde durch sein eigenes Blut erkauft und sich selbst für sie dahingegeben hat, damit er sie herrlich mache, und der sie durch das Wasserbad im Worte gereinigt hat, damit Er sie Ihm selbst als eine Gemeinde darstelle, die herrlich sei, die weder Flecken noch Runzeln, oder etwas dem Ähnliches habe, sondern dass sie heilig und unsträflich sei. Darum, o liebe Freunde, merkt hier auf, welche große Liebe uns der Vater bewiesen habe, weil Er seinen eingeborenen Sohn nicht verschont hat, wie Christus sich selbst so willig übergeben und den allerschmählichsten und schändlichsten Tod des Kreuzes für uns erlitten und sein teures Blut für uns vergossen habe, um uns von unsern Sünden zu waschen und zu reinigen. Ach liebe Brüder und Schwestern, lasst uns aufmerken, ernstlich bitten und wachen, damit wir die seligmachende Gnade Gottes und die unaussprechliche Liebe des Vaters und Christi über zeitliche Sorgen oder Bekümmernisse dieser Welt, oder durch die Lüste und Begierden, welche die Seele töten, nicht versäumen oder vergessen, und dass wir nicht als Flecken und Runzeln, aus der herrlichen Gemeinde Christi gewaschen und gefegt, ja als eine unfruchtbare Rebe abgeschnitten und ins Feuer geworfen werden mögen. Denn, meine Allerliebsten, es ist nicht genug, dass wir die Taufe auf unsern Glauben empfangen haben und durch diesen Glauben in Christo eingepfropft sind, wenn wir den Anfang seines Wesens nicht fest bis ans Ende behalten. Darum, wenn jemand ist, der da fühlet, dass er ein Flecken oder Runzel geworden sei, der sehe zu und eile, ehe ihn der Tag überfalle, wie ein Fallstrick den Vogel; er bekehre sich und trage wahre Reue und Leid; er richte wieder auf die lässigen Hände und müden Knie und laufe mit vollem Laufe in der Bahn des Kampfes (die ihm verordnet ist, damit das Lahme nicht aus dem Wege gestoßen, sondern vielmehr gesund und stark werde und wir die Zeit unserer Pilgerschaft in der Furcht Gottes vollenden, auch uns von dieser argen bösen Welt unbefleckt halten mögen, die doch voller Betrug, Stricke und Netze ist, welche der Teufel stellt, um der Menschen Seelen zu verführen, und durch mancherlei Lüste und Betrug zu fangen. Ach Herr, bewahre deine Pilger vor diesen Mördern, die wir in deiner Hoffnung wandeln und unsere Hilfe und Trost von Dir, o himmlischer Vater, durch Jesum Christum, unsern Herrn, erwarten, und führe das gute Werk in uns aus, das Du zum Preise und Lobe deines heiligen Namens in uns angefangen hast. O du allmächtiger und ewiger Gott, wie gar unbegreiflich ist deine Gnade und väterliche Barmherzigkeit über diejenigen, die Dich fürchten und lieben. O Vater, wer sollte solchen Gott nicht fürchten, welcher die Seinen zu erlösen weiß und obgleich sie hier eine kleine Zeit verlassen, von allen Menschen verachtet, verworfen und auf dieser Erde verflucht zu sein scheinen, so verlässt Er doch die Seinen nicht, durch den Trost seines Heiligen Geistes in unsern Herzen, der uns wohlgemut und fröhlich gemacht, dass wir um seines Namens willen Schmach leiden können. Auch hoffen wir, durch die Güte Gottes, dass unsere Pilgerschaft bald ihr Ende erreichen werde und dass wir von dieser elenden Welt und aus dem Tränentale bald werden erlöset werden, und dass dieses irdische Haus unserer Wohnung werde zerbrochen werden, damit wir nach Hause zu unserem himmlischen Vater kommen und die Krone des ewigen Lebens, welche uns nun vorgehalten wird, davontragen mögen! Wir hoffen auch, dass uns dieselbe von keiner Kreatur werde genommen werden. Dazu wolle uns der allmächtige und ewige Gott, der barmherzige Vater, stärken, durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.

Wisset, liebe Freunde, wie es mir vor und nachher in meiner Gefangenschaft ergangen ist und wie man mit uns umgegangen sei.

Zur Zeit, als die vier Freunde aufgeopfert waren, von welchen ich das Lied gemacht hatte, welche ich auch hatte verbrennen sehen, hörte ich sagen, dass sie die andern Freunde, welche noch im Gefängnisse geblieben waren, auf den Rat der falschen Propheten, deren Gemüt mit des Teufels Schalkheit angefüllt ist, gleichwie sie sich denn auch rühmten, das sie tun wollten, mit großer List und Betrug versucht haben. Unsere Freunde, die daselbst zurückgeblieben, waren zwei Jünglinge und ein junges Mägdlein; für diese baten wir den Herrn alle Tage eifrig, denn wir fürchteten, sie möchten in etwas zu Schaden kommen, warteten auch täglich darauf, dass sie getötet werden würden; ich aber wurde in meinem Gemüte um ihrer Jugend willen getrieben, dass ich vorn an die Schaubühne trat, wo sie getötet werden sollten, dass ich sie trösten möchte, wenn sie etwa durch Betrübnis niedergebeugt wären, auch die Mönche bestrafen möchte, welche unsern Freunden Not und Qual verursachen, wenn sie zum Tode geführt werden. Aber leider, die armen Kinder sind nicht so weit gekommen, sondern haben sich mit den falschen Propheten unvorsichtig in einen Wortstreit eingelassen, obgleich man sie deswegen genug gewarnt hatte, dass sie sich davor in Acht nehmen sollten, so lieb sie ihre Seele hätten, denn es hat nicht jedermann die Gabe, einen Wortstreit zu führen; aber den Glauben getrost zu bekennen, wie man solches von dem Herrn empfangen hat, solches passet wohl für Christen.

Aber diese armen Schäflein, als sie sich in einen Wortstreit einließen, sind in ihrem Gewissen verwirrt worden und sind also von der Wahrheit abgefallen, wovon die falschen Propheten viel Rühmens machten, weil sie ihre Seelen gewonnen und zu der heiligen Kirche zurückgebracht hatten. Als ich dieses gehört hatte, ist meine Seele und mein Geist sehr betrübt geworden, um dieses Verlustes der armen Schafe willen, und weil die falschen Propheten und die Ratsherrn über den Fall und das Verderben der armen Lämmer und Säuglinge, welche sie durch ihre Beschweren dazu gebracht hatten, wie ihr nachher hören werdet, so sehr frohlockten.

Als ich nun betrübt war und die Gewalt und Kraft des Teufels, welche er durch seine Kinder des Unglaubens bewirkt hatte, seufzend Gott klagte, so ist es mir in den Sinn gekommen, dass ich einige Brieflein schreiben und sie an einigen Orten anheften sollte, worin ich sie wegen ihrer eitlen Freude über den Verlust der armen Schäflein, deren Seelen sie ermordet hatten, bestrafen sollte. Also fing ich an zu schreiben und unter dem Schreiben ist mein Gemüt so eifrig geworden, dass, während ich meinte, ein kleines Brieflein zu schreiben, daraus ein Brief von einem ganzen Blatte geworden ist und der Herr hat mir den Verstand geöffnet, dass ich den Herren, nach Anweisung der Schrift, ihre Strafe und dem ganzen römischen Reiche den Untergang wunderlich erwiesen habe; in dem Briefe schrieb ich, dass ich mich mit allen ihren Gelehrten in einen öffentlichen Wortstreit einzulassen begehrte und zwar in der Nähe eines großen Feuers und stellte dabei die Bedingung, dass derjenige, welcher in dem Streite erliegen würde, ins Feuer geworfen werden sollte, auch schrieb ich ihnen, dass sie die armen Lämmer zufrieden lassen, das obrigkeitliche Schwert beiseite legen und mit dem Worte Gottes streiten sollten. Als dieser Brief fertig war, habe ich ihn den Brüdern gezeigt, welchen er sehr gefallen hat; darum habe ich durch einen Bruder, welcher besser schreiben konnte als ich, sechs andere Briefe abschreiben lassen. Unterdessen sind die armen gefangenen Schäflein aus dem Gefängnisse gelassen worden und haben alles widerrufen; es ist aber ein Jüngling an eben demselben Tage, als er das Gefängnis verlassen, eine Meile außerhalb der Stadt gestorben und ist denjenigen, die ihr Leben erhalten wollten, zum Exempel und Spiegel geworden. Als dieses geschah, bin ich mit Hansken Käskaufer von Antwerpen gekommen und wir haben alles vorbereitet, dass wir unsere Briefe verschicken wollten, haben sie auch des Samstags abends an die Herren der Stadt gesandt und mitten in der Stadt zwei offene Briefe angeschlagen, damit sie jedermann lesen möchte. Wir loben und danken Gott sehr dafür, dass wir solches ausgerichtet, ehe wir gefangen genommen wurden, denn wir waren bereits von einem Judas verraten, der unter uns war und der frommste Bruder unter allen denen, die daselbst waren, zu sein schien; seine Verstellungskunst geht aus dem Gesagten hervor; er ist aber auch, wie wir nun wissen, lange Zeit darauf aus gewesen, einen Haufen Freunde zu verraten. Dieser Verräter war auch dabei, als die Briefe angeheftet wurden, auch hatten wir verabredet, des Sonntags morgens zusammen zu kommen, um von des Herrn Wort zu handeln, denn ich wollte von den Brüdern Abschied nehmen und des andern Tags verreisen, aber der Herr sei gelobt, der es anders verordnet hat. Hierauf ist Hansken des morgens früh mit mir nach dem Walde gegangen, wo wir uns versammeln sollten; wir haben aber unsere Freunde an dem Orte, wo wir sie erwarteten, nicht gefunden; wir suchten wohl eine halbe Stunde lang und dachten, dass sie noch nicht gekommen wären, weil es den vorhergehenden Abend so sehr geregnet hatte; als wir wieder umkehren wollte, sagte ich: Laß uns gehen; vielleicht sind sie etwas dort vor uns und fing an leise zu singen, so dass sie es, wenn sie daselbst wären, hören möchten. Da hörte ich etwas in dem Busche rauschen und sagte zu Hansken: Hier sind unsere Freunde; wir standen still und merkten darauf, wer herkommen würde, es kamen aber drei mit Waffen und Stöcken. Ich sagte: Wohlan, Gesellen, habt ihr einen Hasen gesucht und nicht gefangen? Da erblassten sie wie Tote, traten vor uns, ergriffen mich beim Arme und sagten: Gebt euch gefangen. Sie fingen uns dann und sagten: Wir haben noch einen großen Haufen gefangen. Wir sahen sodann einen Wagen, der mit Leuten angefüllt war, in welchem wir unsere Brüder erkannten und in ihrer Begleitung drei Richter und einen großen Haufen ihrer Knechte, die sie bewachten. Als wir dahin kamen, grüßten wir unsere Brüder mit dem Frieden des Herrn und trösteten sie mit des Herrn Worte, dass sie um seines Namens willen nun tapfer streiten sollten. Hiernächst bestraften wir die Richter, dass sie so begierig wären, unschuldiges Blut zu vergießen. Darauf haben sie Hansken und mich mit eisernen Banden zusammengeschlossen; desgleichen auch unsere Daumen.

Wir dachten nun zwar, sie würden uns nach der Stadt führen, aber weil der Ort, wo wir gefangen wurden, unter einer anderen Herrschaft stand, so mussten wir eine halbe Meile weit gehen. Wir hielten solches für eine besondere Fügung, dass wir noch so lange beieinander sein durften und uns unterwegs untereinander mit des Herrn Wort trösten konnten, ehe sie uns voneinander absonderten. Hierauf wurden wir eine Meile von der Stadt in ein Schloss gebracht, in welchem wir drei Tage sämtlich in einer Kammer verwahrt wurden; denn also lautete das Recht der Herrschaft, wo wir gefangen wurden. Wir lobten hier den Herrn, unsern Gott, und dankten Ihm, dass Er es gefügt hatte, dass wir so viel Zeit hatten, uns untereinander getrost zu ermahnen. Auch kam viel Volks aus der Stadt, uns zu hören und zu sehen; zuletzt aber wurde niemand mehr zu uns in die Kammer gelassen. Hierauf untersuchte uns der Oberamtmann des Landes Aelst wegen unseres Glaubens, welchen wir ihm ohne Scheu bekannten. Wir dachten, wir würden nach Aelst geführt werden, weil aber der Amtmann von Gent, als wir gefangen genommen wurden, uns auf einen Wagen hatte setzen lassen, um uns nach Gent zu bringen, so mussten wir auch sämtlich wieder nach Gent geführt werden; auch war unser Verräter mit uns gefangen genommen, damit wir nicht merken sollten, dass er uns verraten; sie setzten ihn und verschiedene von uns in eine andere Kammer, was uns sehr schmerzte, indem er nicht bei uns sein konnte, denn wir wussten es damals noch nicht, dass er unser Verräter war; erst als er mit uns auf dem Wagen in das Gefängnis nach Gent geführt wurde, erfuhren wir dort, das er uns verraten hatte.

Als man uns nun aus dem Schlosse brachte, um uns nach der Stadt zu führen, kam daselbst viel Volk aus der Stadt zusammen, um uns zu sehen; bei dieser Gelegenheit wurde meines Bruders Frau, welche auch eine Schwester war, gefangen genommen und auf den Wagen gesetzt, weil sie mit mir redete und so auch noch ein Mann, welcher uns Glück wünschte. Wir redeten daselbst frei zum Volk, welches dahin gekommen war, dass diejenigen, die sich vom Bösen abkehren und Christo nachfolgen wollten, jedermanns Raub sein müssten. Viele begehrten damals mit uns zu reden, aber des bösen Richters wegen durften sie nicht. Es waren unserer zehn Bundesgenossen; zwei davon waren zur Taufe bereit und vier Ankömmlinge, die beiden andern aber waren gefangen genommen, weil sie uns anredeten; demnach haben sie zwei Wagen voll in die Stadt bei hohem Sonnenschein geführt; sie nahmen unterwegs noch eine Frau gefangen, nur weil sie zu uns sagte: Gott bewahre euch; dieselbe musste auch auf den Wagen sitzen. Aber hätten sie alle diejenigen gefangen nehmen wollen, die, als wir in die Stadt kamen, uns angeredet und zu denen wir aus dem Worte Gottes redeten, sie hätten dieselben wohl auf zwanzig Wägen nicht führen können, denn wo wir vorbeikamen, strömte das Volk haufenweise von allen Orten herzu, gleich dem Wasser, welches von den Bergen läuft und zu einem Strome wird; solches währte wohl eine Stunde Wegs und zwar in der Zeit, bis wir von dem einen Stadttore bis in des Grafen Schloss, welches am anderen Ende der Stadt steht, geführt wurden. Dann wurden wir auf das Schloss geführt und der Richter des Landes Aelst überantwortete uns den Händen der Herren des kaiserlichen Rates, worauf wir voneinander abgesondert wurden; einige von uns wurden in die oberen Kammern gesetzt, auch blieben die Weiber oben, aber unserer elf wurden in ein dunkles und tiefes Gewölbe geführt; in diesem befanden sich verschiedene gemauerte dunkle Gefängnisse, in welche wir zu drei und drei gebracht wurden; aber Hansken und ich wurden in das allerdunkelste geführt; in demselben war etwas zerlegenes Stroh, so viel als man in einer Schürze tragen konnte, damit konnten wir uns behelfen. Ich sagte: Es kommt mir vor, als ob wir mit Jona in dem Bauche des Walfisches wären, so dunkel ist es hier; wir mögen wohl mit Jona den Herrn anrufen, dass Er unser Tröster und Erretter sein wolle, denn wir sind nun jedes menschlichen Trostes und Beistandes beraubt, worüber wir uns jedoch nicht betrübten, sondern Gott Lob und Dank sagten, dass wir um seines Namens willen leiden durften; auch redeten wir unsere anderen Brüder an, welche in den anliegenden Höhlen lagen, denn wir konnten einander wohl reden hören. Als wir hier drei oder vier Tage gesessen hatten, wurden wir beide, Hansken und ich, hinauf zu den Herren entboten; dieselben untersuchten und fragten uns nach unserem Glaubensgrunde, und wann wir getauft worden wären.

Da hat uns der Herr nach seiner Verheißung den Mund geöffnet, um ohne Scheu zu reden. Wir begehrten, uns mit dem Worte Gottes öffentlich zu verteidigen; sie antworteten uns aber, sie wollten uns gelehrte Männer zuschicken, die uns unterrichten sollten, worauf wir wieder hinuntergebracht worden sind. Kurz darauf wurde ich wieder in eine andere Kammer zu zwei Ratsherren und einem Schreiber hinaufgebracht; daselbst haben sie mich scharf untersucht, wo ich gewesen wäre, und ob ich auch wohl wüsste, dass ich vor sechs Jahren zu Martin Huerblocks Zeit des Landes verwiesen worden sei, und wo wir unsere Versammlung gehalten? Das letztere wussten sie wohl, denn der Verräter hatte es ihnen gesagt. Ich sagte: Was wollt ihr mich fragen, der ich aus fremden Ländern komme? (Denn ich habe mich mit Bedacht nicht erkundigen wollen, damit, wenn ich etwa gefangen genommen würde, ich nicht viel zu verantworten hätte.) Warum fragt ihr aber so scharf, habt ihr noch nicht genug unschuldiges Blut zu vergießen? Dürstet euch noch nach mehr? Fragt nur genau, sagte ich, ihr werdet von dem gerechten Richter auch wieder gefragt werden, wenn ihr euch nicht bekehrt. Hierauf fragten sie mich noch mehr und beschworen mich bei meiner Taufe, dass ich es sagen sollte; denn, sagten sie, wir wissen, dass ihr nicht lüget, darum sage es uns. Ich sagte: Da ihr wisset, dass wir nicht lügen, dies ist uns ein Zeugnis zur Seligkeit, euch aber zur Verdammnis, weil ihr uns tötet; aber eure Beschwörung hat keine Macht wider die Wahrheit. Es wurde aber alles, was ich sagte, aufgeschrieben. Auch drohten sie mir, mich zu foltern, wenn ich ihnen nicht alles sagen würde. Ich sagte: Was ich nicht weiß, kann ich euch nicht sagen; auf solche Weise quälten sie mich sehr lange. Darauf wurde ich wieder hinuntergeführt. In derselben Weise haben sie mit allen unsern Freunden gehandelt, und zwar mit jedem derselben besonders.

An einem Samstag ward ich wieder auf dieselbe Kammer geführt. Hier waren vier Mönche, der Vorsteher der Minderbrüder, nebst noch einem, und der Vater der Jakobinen, eben mit noch einem; mit mir aber kam ein junger Bruder, der die Taufe noch nicht empfangen hatte, wiewohl er dazu bereit war.

Als ich mich niedersetzte und fragte, was ihr Begehren wäre, sagten sie, sie seien von den Herren angewiesen worden, uns zu unterrichten und mit uns von dem Grunde und den Artikeln des Glaubens zu reden. Hierauf gab ich ihnen zur Antwort, dass ich bereit sei, mich mit Gottes Wort unterrichten zu lassen, und nicht abgeneigt wäre, mit ihnen eine Unterredung von dem Grunde und den Artikeln des Glaubens, und zwar öffentlich, in Gegenwart der Richter, die uns richten sollten, und unserer Brüder und Schwestern, die mit uns gefangen sind, zu halten. Antwort: Solches werden sie keineswegs erlauben. Hans von Oberdamm: Wohlan, so können sie tun, was sie wollen; wir aber wollen nicht im Winkel allein mit euch uns in Unterredung einlassen, damit man hinter unserem Rücken unsere Worte verdrehe. Antwort: Wir wollen eure Worte nicht verdrehen. Hans von Oberdamm: Nein, wir kennen euch wohl. Frage: Wofür haltet ihr uns denn? Was haben wir euch denn Böses getan? Sage es uns doch, wenn du etwas Böses von uns weißt! Hans von Oberdamm: Wenn ihr es doch wissen wollt, ich halte euch für falsche Propheten und Verführer.

Dann kamen wir mit ihnen in einen Wortstreit wegen ihres geistlichen Scheines und von des Papstes Gebote wegen der Reinigkeit der Pfaffen und Mönche, und warum sie Geistliche, die andern aber Weltliche genannt werden, während sie doch alle Geistliche sein sollten. Sie meinten aber, solches sei nicht erbaulich, und sie wollten daher lieber eine Unterredung von den Glaubensartikeln halten. Darauf sagte ich: Wohlan, wie ich gesagt habe; worauf sie erwiderten, sie wollten es den Herren sagen. In dieser Weise sind wir voneinander geschieden, nachdem wir wohl zwei Stunden in der Unterredung zugebracht hatten. Zwei Tage darauf wurden Hansken und ich zu den Herren entboten, wobei die vier Mönche abermals zugegen waren und sich mit uns in eine Unterredung einzulassen begehrten. Ich sprach zu den Herren: Meine Herren, ich frage euch, in welchem Hause sind wir, in einem Hause des Rechtes oder der Gewalt? Antwort: In einem Hause des Rechtes. Hans von Oberdamm: Gott gebe, dass es so sein möge; aber, meine Herren, wessen beschuldigt ihr uns, da ihr uns wie Diebe und Mörder gefangen und geschlossen haltet? Haben wir jemanden übervorteilt, oder beschuldigt ihr uns einer Gewalttätigkeit, eines Mordes oder sonstiger Schelmenstücke. Antwort: Nein, wir wissen nichts dergleichen von euch. Hans von Oberdamm: Wohlan, meine Herren, warum habt ihr uns denn gefangen genommen? Das werden euch eure Ankläger wohl sagen. Hans von Oberdamm: Seid ihr denn unsere Ankläger? Antwort: Nein, sondern wir sind Richter.

Darauf sagte ich zu den Mönchen: Seid ihr denn unsere Ankläger? Antwort: Nein. Hans von Oberdamm: Wohlan, ist niemand unser Ankläger, warum sind wir denn gefangen genommen? Hierauf sagte ein Ratsherr: Der Kaiser ist euer Ankläger. Hans von Oberdamm: Wir haben uns an der Kaiserlichen Majestät nicht vergriffen, nach der Gewalt, die er von Gott empfangen hat; wollen ihm auch in allen Verordnungen gehorsamen, so weit es mit der Wahrheit bestehen kann. Der Ratsherr: Ihr habt in Beziehung auf diese neue Lehre Versammlung gehalten; der Kaiser aber hat geboten, dass man solches nicht tun sollte. Hans von Oberdamm: Es ist ihm von Gott nicht erlaubt, solche Gebote zu machen; hierin übertritt er die Gewalt, die ihm von Gott gegeben ist; darin erkennen wir ihn nicht als einen Obersten, denn unserer Seelen Seligkeit liegt uns näher, nämlich, dass wir Gott Gehorsam erweisen. Hierauf sagten die Mönche: Wir sind eure Ankläger darin, dass ihr eine falsche Lehre habt; denn wäre sie gut, ihr würdet nicht in Büsche und Winkeln, sondern öffentlich lehren. Da sagte Hansken: Gebt uns einen freien Platz auf dem Markte oder in euren Klöstern oder Kirchen, und seht, ob wir alsdann in das Gebüsche gehen werden; aber nein, ihr müsstet fürchten, man möchte euch bestrafen, darum habt ihr es dahin gebracht, dass man euch nicht bestrafen darf und habt uns aus Städten und Ländern getrieben. Die Mönche: Ei, Lieber, solches haben wir nicht getan, das tut der Kaiser. Hansken: Dazu habt ihr ihn angereizt. Die Mönche: Wir haben dies nicht getan.

Dann fingen die Herren auch an, wider uns zu reden, warum wir mit unserer Eltern Glauben und mit unserer Taufe nicht zufrieden wären. Wir sagten: Wir wissen von keiner Kindertaufe, sondern nur von einer Taufe des Glaubens, welche uns Gottes Wort lehrt. Hierauf hatten wir noch verschiedene Gespräche und bestraften sie, weil sie über Glaubenssachen Richter sein wollten, wahrend sie doch die Schrift nicht verstünden. Wollt ihr aber Richter sein, so seid unparteiisch und sorget, dass es ordentlich zugeht, und lasset beide Parteien zugleich beisammen sein; lasset auch unsere Brüder und Schwestern, die mit uns hierher gefänglich gebracht worden sind, bei uns sein; alsdann soll einer unter uns reden, welchem der Herr den Mund öffnen wird, solange dieser redet und auf gleiche Weise sollen unsere Widersacher auch verfahren. Die Herren: Wir wollen euch nicht zusammenkommen lassen; wir wollen, dass ihr hier allein den Wortstreit haltet.

Da sagten wir: Meine Herren, solches wäre euch am bequemsten und könnte auch mit einem Wortstreite ans Ende gebracht werden; sonst müsst ihr den Wortstreit mit einem oder zweien immer wieder aufs Neue anfangen. Die Herren: Was ist daran gelegen, wir wollen es nicht so haben. Da sagte ein Ratsherr: Sie wollen sie beisammen haben, damit sie einander noch mehr verführen können, darum muss man sie nicht dazukommen lassen. Hans von Oberdamm: Meine Herren, ihr sagt, dass ihr Richter seid; wir aber halten euch für unsere Widersacher, denn ihr sucht uns auf allerlei Weise zu beleidigen und uns, sowie unsere Mitgenossen, mit Gewalt und List von unserm Glauben abzubringen. Antwort: Warum sollten wir das nicht tun und nicht versuchen, euch wieder auf den rechten Weg zu bringen? Wohlan meine Herren, so höret dies, weil wir sehen, dass ihr keine Richter, sondern unsere Widersacher seid, und Gewalt und List gebraucht, wo ihr nur Gelegenheit dazu findet, euch zum Vorteil und uns zum Nachteile. Erstens habt ihr uns unsere Testamente, worin wir unsern Trost finden, mit Gewalt genommen und geraubt; zweitens habt ihr uns an verschiedene Orte gefangen gelegt, den einen in ein tiefes und dunkles Gewölbe, den andern in eine hohe Kammer; und drittens sucht ihr uns durch Wortstreite auf mannigfache Weise zu überlisten und zu betrügen, wobei ihr dann hinter unserem Rücken zu unseren Brüdern sagt, ihr habt uns überwunden; ebenso sprecht ihr auch zu uns von unsern Brüdern und Schwestern. Um deswillen, meine Herren, wollen wir uns hier nicht in einen Wortstreit mit euch einlassen, es sei denn, dass unsere Brüder und Schwestern dabei seien.

Als sie hörten, dass ihr Anschlag wider uns nach ihrem Willen nicht gelang, so wurden sowohl sie, als auch die Mönche, sehr zornig; wir sahen wohl, um was es ihnen zu tun war, und dass es lauter Schalkheit war, womit sie umgingen; denn obgleich man sie mit der Heiligen Schrift überwiesen, dass sie in einigen Stücken unrecht hatten, so wollten sie doch nicht bekennen, sondern entschuldigten sich mit dem Kaiser und seinem Befehle, die Mönche mit der langen Gewohnheit der römischen Kirche und mit dem großen Haufen unserer Vorfahren, und obgleich man ihnen aus der Heiligen Schrift das Gegenteil erwiesen hatte, so war doch nichts ausgerichtet, ja nicht mehr, als ob man den Ofen angegafft hätte.

Da sagten wir: Wohlan, meine Herren, wollt ihr uns denn nicht erlauben, in guter Ordnung den Wortstreit zu führen, wie wir solches begehrt haben? Antwort: Nein. Wohlan denn, sagten wir, ihr wisst unseren Glaubensgrund, welchen wir euch offenherzig bekannt haben; nun könnt ihr mit uns tun, was ihr wollt, und so viel euch Gott zulässt, doch nehmt euch wohl in Acht, was ihr tut und handelt, denn es ist noch ein Richter über euch. Der Herr wolle euch die Augen des Verstandes öffnen, damit ihr sehen möget, wie erbärmlich ihr von den falschen Propheten verführt und betrogen seid, die ihr wider Gott und das Lamm streitet, welches euch, wenn ihr euch nicht bekehrt, schwer fallen wird. Als wir uns nun nicht wieder in den Wortstreit einlassen wollten, sind wir wieder abgeführt worden, denn diesen Entschluss hatten wir miteinander gefasst, als wir noch beieinander auf dem Schlosse außerhalb der Stadt waren, damit sie nicht die Einfältigen mit dem Wortstreite überfallen möchten und hinterher sagen könnten, sie hätten sie durch den Wortstreit überwunden, indem es uns allen bekannt war, dass niemand von uns sich in einen Wortstreit einlassen würde, außer in unserer aller Gegenwart, und so der Wortstreit zum Troste und zur Ermahnung unserer Brüder und Schwestern, die solches hören, gereichen würde; denn weil wir sahen, dass sie ihr Bestes taten, wollten wir auf unserer Seite auch nichts mangeln lassen, indem wir wohl sahen, dass es die Not so forderte. Als sie sahen, dass es ihnen hierin nicht glücken wollte, haben sie einen andern Plan erdacht und einen Ratsherrn und zwei Mönche, einen grauen und einen schwarzen, in eine Kammer beordert; diese ließen jedes Mal einen Bruder oder eine Schwester vorführen, dass sie mit ihnen sich in einen Wortstreit einlassen und wider die Mönche ihren Glaubensgrund behaupten sollten: sie, die Gefangenen, sagten aber, dass sie nicht allein in einer Kammer, sondern öffentlich den Wartstreit führen wollten, wenn wir alle vor dem Herrn versammelt wären. Da sagten sie: Wir beschwören euch bei eurem Glauben und bei eurer Taufe, dass ihr den Wortstreit hier führt. Hierauf sagte der Bruder: Meinen Glauben und meine Taufe kenne ich, aber mit eurem Beschwören habe ich nichts zu schaffen, sondern es ist unser ernstliches Begehren, dass wir zusammenkommen und den Wortstreit öffentlich mit euch führen mögen, nicht aber in einer Kammer allein. Also ließen sie einen nach dem andern vorführen, bis sie dieselben alle vorgenommen hatten; es wollte sich aber niemand auf solche Weise in einen Wortstreit einlassen. Hierauf musste ich allein in einer Kammer vor einem Ratsherrn und zwei Mönchen erscheinen; dieselben fingen auch an, mich zu beschwören; ich antwortete ihnen aber darauf: Was wollt ihr mich noch beschwören, dass ich die Rosen vor die Hunde und Perlen vor die Schweine werfen soll, damit ihr sie zertretet? Nein, das hat mir der Herr verboten; nein, ich achte das Wort Gottes würdiger, als dass ich hier das Licht umsonst scheinen lassen wolle, wodurch doch niemand erleuchtet, sondern nur gelästert und verspottet wird, wie ihr tut, wenn man euch die Wahrheit sagt; sie haben mich aber darauf nur noch mehr beschworen. Hierauf antwortete ich ihnen: Was wollt ihr mich viel beschwören, ich achte eure Beschwörung nicht, denn dergleichen tun die Zauberer, welche mit ihren Beschwörungen sich der Wahrheit widersetzen; aber nun sehe ich wohl, dass unserer beiden Brüder und der Schwester Seelen ermordet und durch eure zauberische Beschwörung verführt worden seien, weil sie sich vor dem Betruge des Teufels nicht gehütet haben, auch die Gaben nicht hatten, sich in einen Wortstreit einzulassen. Hierauf sagte der Vorsteher: Du hast dich in deinem Briefe gerühmt, dass du dich öffentlich in einen Wortstreit einlassen wollest, warum willst du dich aber jetzt nicht einlassen? Hans von Oberdam: Du Mönch, ich begehre noch von ganzem Herzen meinen Glauben mit Gottes Wort öffentlich vor allen Menschen zu verteidigen; aber gewiss, deine Kappe würde beben, wenn du dich auf die Gefahr des Feuers mit mir in einen Wortstreit einlassen würdest, und wenn dich die Obrigkeit nicht beschützen würde. Der Ratsherr: Nein, es gefällt uns nicht, dass du dich in einen öffentlichen Wortstreit einlässt, du bist nun in unseren Händen. Hans von Oberdam: Ich habe solches begehrt, ehe ich wusste, dass ich in eure Hände fallen würde, aber ich sehe wohl, dass wir dem Adler in die Klauen gekommen sind, und wer in diese gerät, wird ohne Verlust des Leibes oder der Seele nicht wieder frei. Der Ratsherr: Wer ist der Adler, der Kaiser? Hans von Oberdam: Nein, es ist das römische Reich oder die Gewalt, leset den Brief, den ich euch geschrieben habe, der kann euch den Unterschied zeigen. Hierauf wechselten wir noch viele Worte miteinander; die Mönche aber wurden mir feind, und stießen aufgeblasene Worte gegen mich. Da sagte ich, dass Paulus von ihnen recht geweissagt hätte, dass sie Lästerer, stolz und aufgeblasen wären. Hierauf wurde der Bruder Jan de Crook so zornig, dass er zu rufen anfing: Narren, Narren, Ketzer, Ketzer seid ihr. Hans von Oberdam: Seht, ist das nicht ein feiner Lehrer? Sagt nicht Paulus: Ein Lehrer soll nicht zänkisch oder zornig sein. Der Ratsherr schämte sich selbst, dass sich der Mönch so unbesonnen aufführte und ermahnte ihn still zu schweigen.

Dann auf eine andere Zeit kamen zwei weltliche Pfaffen (Secular-Priester), Meister Willem von dem neuen Lande, und der Pfarrherr von St. Michael; ich fragte sie, was sie begehrten. Sie sagten, wir sind gekommen, deine Seele zu suchen. Damals hielt ich mit meinen Reden so viel an mich, als ich konnte, indem mir hofften, dass wir öffentlich vor den Herren einen Wortstreit halten würden, denn sie sagten, sie wollten allen Fleiß darauf verwenden; als ich aber hörte, dass es nicht anders sein könnte, dachte ich, als sie mit dem Schreiber wieder zu mir kamen, wir müssen nun mit diesen anders zu Werke gehen, als wir neulich getan hatten. Hierauf fragte ich: Was verlangt ihr denn? Antwort: Unser Begehren ist, dass du dich unterrichten lassen wollest, denn siehe, wir suchen doch deine Seele. Hans von Oberdam: Wendet ihr denn so viel Fleiß an, Seelen zu suchen? Antwort: Ja. Hans von Oberdam: Wohlan, so gehet in die Stadt an alle Plätze zu den Trunkenbolden, Hurenjägern, Fluchern, Lästerern, Geizigen, Hoffärtigen, Götzendienern, Schlemmern, Prassern und Mördern, welche unschuldiges Blut vergießen; diese sind alle eure Brüder; gehet hin und suchet ihre Seelen, die meinige hat Christus gefunden. Antwort: Wir ermahnen sie, dann haben wir ihre Seele errettet. Hans von Oberdam: Damit ist es nicht genug, ihr müsst auch zu ihnen gehen und sie bestrafen, und wenn sie euch nicht hören wollen, so müsst ihr sie vor die Gemeinde bringen und sie öffentlich strafen; hören sie alsdann nicht, so sondert sie von der Gemeinde ab und haltet sie als Heiden und offenbare Sünder, gleichwie Christus lehrt und Paulus an die Korinther; und bestraft auch eure Richter, welche Gewalt und Unrecht tun, ja, welche unschuldiges Blut vergießen. Hierauf sagte ein Pfaff: Sollten wir die Obrigkeit bestrafen? Ich fragte, ob bei Gott ein Ansehen der Person wäre? Antwort: Nein. Hans von Oberdam: Wollt ihr Gottes Diener sein und sehet die Person an? Antwort: Solches würde einen Aufruhr in der Stadt erregen, und den Betreffenden das Leben kosten. Hans von Oberdam: So leidet ihr um der Gerechtigkeit willen? Aber es kam mir vor, als hätten sie keine große Lust, darum zu leiden. Summa, wir handelten so viel vom Banne, dass, wenn man demselben nach den Worten Christi und Paulus nachfolgen wollte, ihr Papst, ihre vornehmen Geistlichen, ihre Kaiser und ihre Könige, ja sie auch, mit ihrem ganzen Haufen, ausgeschlossen werden müssten, und ihr Haufen sicherlich sehr klein geworden sein würde. Hierauf sagte ich ihnen, dass ihr Haus ganz in Brand stände und durch das höllische Feuer entzündet sei; sie sollten zuerst dasselbe auslöschen und dann kommen und sehen, ob in unserem Hause Feuersnot wäre. Hiermit gingen sie weg, und der eine Pfaffe kam nicht wieder. Also handelte ich auch mit Meister Antonis von Hille; derselbe quälte die andern sehr, mich aber ließ er in Ruhe.

Hiermit befehle ich meine lieben Brüder und Schwestern in dem Herrn in die Hände des allmächtigen Gottes und Vaters, durch Jesum Christum, unsern Herrn, Amen. Geschrieben in meiner Gefangenschaft um des Zeugnisses Christi willen. In dem dunklen Gefängnisse habe ich einen Monat gelegen; nun liege ich in einem tiefen runden Loche, in welchem sich etwas mehr Licht befindet, hier habe ich diesen Brief geschrieben. Ich hoffe, diese Woche mein Opfer zu vollenden, wenn es dem Herrn gefällt und denen, welche der Herr dazu hat ausersehen; denn wenn es diese Woche nicht geschieht, so wird es sich wohl noch zwei Monate verziehen, weil sie nachher in sechs Wochen kein Gericht mehr halten. Wisset, dass, Gott sei Dank, unsere Brüder und Schwestern, durch die Gnade des Herrn, getrost und wohlgemut sind; ich bitte euch um der brüderlichen Liebe willen, die ihr zu mir tragt, dass ihr diesen Brief nach Friesland bestellt, insbesondere nach Emderland, ich meine, den eigentlichen Brief, sobald als ihr könnt; ihr könnt ihn wohl abschreiben, aber tut es ohne Verzug; übrigens begehre ich freundlich, dass man ihn verwahre, damit er nicht zerrissen oder beschmutzt werde. Die Brüder, welche bei mir im Gefängnisse liegen, lassen euch sämtlich grüßen mit dem Frieden des Herrn. Wir bitten täglich den Herrn für euch, tut auch dasselbe für uns. Wandelt im Frieden des Herrn, so wird es euch wohlergehen. Wenn dieser Brief gelesen ist, so schickt ihn nach Antwerpen, dass er zur Gemeinde nach Embden geschickt werde, damit er einem jeden vorgelesen werde; dies begehre ich von meinen lieben Brüdern, um der brüderlichen Liebe willen, die ihr zu mir tragt.