Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.103

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2.103  Ein Testament an sein Weib.

Einen freundlichen Gruß in dem Herrn an mein liebes Weib, welche ich nun nicht länger nach dem Fleische, sondern nach der Seele liebe. Höre meine Ermahnung; du weißt, dass, solange es uns nach dem Fleische mit Israel wohl ging, wir nicht wussten, was wir waren; nun aber, da uns der gute Vater antastet, fühlen wir, dass wir krank, schwach, elend, arm und nackend sind. Darum, mein liebes Weib, nimm dir Jesum Christum als Beispiel, auf welche Weise er uns vorangegangen ist, nämlich, dass wir durch viele Trübsal ins Reich der Himmel eingehen müssen. Vergiss dein Fleisch mit aller deiner Sinnlichkeit, bitte den Herrn um Glauben, damit du überwinden mögest. Ich will mich auch freiwillig dem Herrn übergeben, weil Er mein Herz mit seiner Gnade tröstet. Du hast noch Zeit zur Besserung, ich aber bin an seine Gnade gebunden, worauf ich mich verlasse. Darum gedenke dessen nicht, was vergangen ist, sondern dringe mit festem Vertrauen in den Herrn, er wird dir zu allem verhilflich sein, was gut ist; dazu übergibst du dich und halte dich immer zu denen, die den Herrn fürchten; denn das wird das Beste für dich sein; denn wohl dem, der nicht im Rate der Gottlosen wandelt, noch auf den Weg der Sünder tritt, noch da sitzt, wo die Spötter sitzen, sondern der Lust zum Gesetze des Herrn hat, und von seinem Gesetze Tag und Nacht redet.

Mein geliebtes Weib! Bei den Gottesfürchtigen redet man davon und dadurch weicht man vom Bösen; denn durch des Herrn Furcht scheut man das Böse, und durch die Liebe vollbringt man alles Gute. Wache doch einmal auf, denn es ist bei uns beiden nachlässig zugegangen; laß dich des Herrn Wort zu allem Guten anreizen; bitte Ihn um seinen Heiligen Geist; Er kann dich trösten, denn die Leiden dieser Zeit sind der Herrlichkeit nicht wert, die an uns offenbart werden sollen, denn das ist die Bewährung, die an unserm Glauben erfunden werden muss, welcher viel köstlicher ist, als das vergängliche Gold, welches durch Feuer bewährt wird. Mein liebes Weib, hätten wir also ins Reich Gottes eingehen können, wie wir angefangen und zuvor lange getan haben, so wäre der Weg nicht zu enge gewesen; aber unser Heiland musste durch Angst und Leiden zu seiner eigenen Herrlichkeit eingehen; wie wollen wir auf dem breiten Wege dort eingehen? Denn der Weg ist (wie der Herr sagt) schmal, der zum Leben führt, und wenig sind derer, die ihn finden; noch weniger aber, die richtig darauf wandeln; denn der gute Vater hat mir zwar diesen Weg gezeigt, aber mein böses Fleisch hat mich allzu schwer beschwert. Gleichwohl habe ich das Vertrauen, durch des Herrn Gnade selig zu werden; denn Paulus sagt: Wenn ich all mein Gut den Armen gäbe, und ließ meinen Leib brennen, und hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze.

Überlege, was diese Liebe sei, so wirst du alles aufnehmen können, was auch der Herr über dich verhängt. Wie könnte ich es ausdrücken, die Liebe ist Gottes Natur, dieselbe sei mit dir und uns allen; ich gebe sie dir zum freundlichen Gruß. Der gute und barmherzige Vater gieße sie in unser aller Herzen durch seinen geliebten Sohn, Amen.

Grüße alle lieben Freunde in dem Herrn; bitte den Herrn für mich; wie mir der Herr mitteilen wird, so will ich wieder tun.