Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.309

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2.309  Leonhard Plovier, Janneken und Maeyken von Aachen, im Jahre 1560.

Es war auch ein frommer Mann, genannt Leonhard Plovier, welcher ein Alter von 36 Jahren hatte, zu Meenen, in Flandern, geboren und daselbst wohnhaft war; er war ein Wolltuchhändler und weil er ein Mann war, welcher einen guten Namen hatte, und bei allen Menschen in einem guten Rufe stand, so ist er dazu erwählt worden, um den Wert der Wollentuche zu schätzen.

Die vorgenannte Leonhard Plovier ist, durch Gottes Gnade, um das Jahr 1555 zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen. Als er aber wegen seiner Tüchtigkeit wieder dazu erwählt wurde, dieses Amt der Schätzung fortzuführen, so hat er sich geweigert, den Eid zu leisten, und trotz seiner Weigerung waren doch seine Mitgesellen mit ihm zufrieden und sagten: Komm nur mit uns auf das Stadthaus und laß dich sehen, denn sie dachten, der Amtmann würde nicht darauf achten; aber derselbe konnte seine Meinung nicht ertragen; weshalb er von der Zeit an große Verfolgung hat erleiden und seinen Aufenthaltsort verheimlichen müssen; er ist sodann mit Weib und Kindern um das Jahr 1558 nach Antwerpen geflüchtet, wo sie sich mit der Seidenarbeit ernährten; da aber auch dort eine große Verfolgung entstand, so entschloss er sich, seine Wohnung nach Friesland zu verlegen und hat, als sie zu Antwerpen ein volles Jahr gewohnt hatten, sein Weib mit seinen vier Kindern vorausgeschickt, in der Absicht, ihnen nachzufolgen, sobald er seine Geschäfte verrichtet haben würde. Darauf ist er mit seiner Kaufmannsware nach dem kalten Ipermarkte gereist, und als er von da nach Antwerpen wieder zurückkehrte und sich dort etwas verweilte, hat er gehört, daß der Markgraf ausziehen würde, um diejenigen zu fangen, die nicht nach ihren Satzungen leben wollten. Der vorgenannte Leonhard nun ist zur Stadt hinausgegangen, um einige seiner Glaubensgenossen in der Nacht zu warnen; bei dieser Gelegenheit ist ihm der Markgraf mit seiner Begleitung begegnet, und auf geschehene Anrede merkte er aus seiner Sprache, daß er kein Mann ihres Schlages wäre, worauf er ihn gefragt, ob er ein Testament bei sich hätte, und als er mit ja antwortete, haben sie ihn gefangen genommen und nach Antwerpen auf den Stein gebracht. Als seine Eltern, seines Weibes Vater, der zu Meenen wohnte und ein angesehener Mann war, dieses in Erfahrung brachten, sind sie in Eile mit des Leonhards Mutter nach Antwerpen gekommen; der Vater glaubte, ihn durch seine Klugheit oder durch Geschenke an den Markgrafen aus dem Gefängnisse zu erretten, und berichtete, daß sein Tochtermann Leonhard zu Antwerpen nicht wohne, sondern nur dahin gekommen sei, um seine Geschäfte zu verrichten. Der Markgraf hat ihnen gute Worte gegeben, und zu der Mutter, welche einige Nächte bei ihrem Sohne auf dem Steine gewesen war, gesagt: Gehe nur nach Hause, euer Sohn wird bald aus dem Gefängnisse kommen. Deshalb sind sie abgereist, in der Meinung, man würde ihnen ihr Versprechen halten. Als aber seine Eltern fort waren, haben sie den Leonhard verhört und nach seinem Glauben, insbesondere nach seiner Taufe gefragt, welche er ihnen freimütig bekannt und bei der rechten angenommenen Wahrheit zu bleiben begehrt hat, wobei er weder sein Weib noch ihre vier Kinder berücksichtigte, wiewohl er dieselben sehr lieb hatte, wie solches aus sechs Briefen zu ersehen, welche er aus dem Gefängnisse an sie geschrieben hat, von denen hier zwei beigedruckt sind.

Nach einer kurzen Gefangenschaft ist dieser fromme Bruder Leonhard mit zwei jungen Töchtern, genannt Janneken und Maeyken von Aachen, verurteilt worden, ertränkt zu werden, welches Urteil auch vollzogen worden ist. Man hat sie in Säcke gesteckt, in Weinfässer getan und so auf dem Steine ertränkt. Dies ist in der Nacht, ungefähr 14 Tage vor Ostern des Jahres 1560 geschehen (den Anfang des Jahres von Neujahrstag an gerechnet). Als einige von seinen Glaubensgenossen vernommen, daß der fromme Mann Leonhard Plovier mit Janneken und Maeyken von Aachen ihr Opfer in jener Nacht tun würden, sind sie gekommen und haben vor der Türe des Steins (das ist, des Gefängnisses) gehorcht; der eine derselben hieß Joost Rose, ein anderer Kestine von Damme; beide haben davon ein gutes Zeugnis abgelegt und sind zu Franeker in Friesland gestorben. Also sind diese drei vorgemeldeten frommen Zeugen Jesu Christi, wie Gold im Feuer, geläutert worden, und weil sie treu erfunden worden sind, so werden sie die ewige Krone der Ehren und der Freuden, wie alle Heiligen Gottes, empfangen, Amen.

Das Obige ist von dem Sohne des vorgemeldeten Leonhard beschrieben und als wahr bestätigt worden.