Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.313

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2.313  Joris und Joachim.

Im Jahre 1560 wurden zu Antwerpen zwei fromme Christen, genannt Joris und Joachim, vor Gericht gebracht. Als nun dieselben als Schlachtschafe vor den Herren standen, fragte der Schultheiß den Joris, ob er wiedergetauft wäre. Er antwortete: Ich bin nach der Lehre Christi getauft, gleichwie er seinen Aposteln befohlen und gesagt hat: Geht hin und predigt allen Völkern; wer da glaubt und getauft wird, soll selig werden; darum müssen sie zuvor unterrichtet werden und glauben, und nachher im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft werden.

Der Schultheiß fragte Joachim auch, ob er getauft wäre. Er antwortete: Ich halte mich an eine Taufe, an einen Glauben, an einen Herrn und an einen Gott.

Darauf haben sie die Herren nach des Königs Befehle verurteilt. Joachim sagte (als er sein Urteil anhörte): Meine Herren, wir danken euch, daß ihr euch mit uns so viel Mühe gebt; Gott wolle euch die Blindheit eures Herzens vergeben und euch zur Erleuchtung kommen lassen.

Als sie vom Gerichte gingen, sagten sie: Wir schämen uns des Evangeliums nicht, und als sie über die Straße gingen, fingen sie an zu singen:

Ich hab’ dich stets, o Herr! in meinem Sinn,
Mein’ Seel’ verlanget immer zu dir hin.

Darauf sprach Joachim: Fürchtet nicht diejenigen, die den Leib töten, denn einst, wenn sie trauern, werden wir uns erfreuen.

Also sind sie als Riesen im Glauben durch die enge Pforte zu dem neuen Jerusalem eingedrungen, und als sie an den Ort kamen, wo ihr Brandopfer geschehen sollte, gaben sie einander den Kuss des Friedens. Als sie am Pfahle standen, sagte Joachim: O Vater! Du wollest es ihnen vergeben, die uns dieses Leiden antun; aber wir danken dir, daß du uns gewürdigt hast, um deines Namens willen zu leiden, und darum, o Herr, stehe uns bei und nahe dich uns mit deiner Hilfe in dieser letzten Not. Joris sagte: Herr! Du weißt, wie ich dich und mein Heil gesucht habe, und darum muss ich nun sterben; darum, o Herr, nimm mich auf in Gnaden. Ferner sagte er: Ihr Bürger von Antwerpen, fürchtet euch nicht, wenn wir um der Wahrheit willen sterben; Christus, unser Herr, ist uns vorangegangen, und wir müssen ihm folgen. Darauf haben sie angefangen, das Abschiedslied zu singen:

»Gut’ Nacht, ihr Brüder und Schwestern,« und haben so, als sie ihren Geist in Gottes Hände befohlen, beide ihr Leben im Feuer geendigt; nun liegen sie unter dem Altare und warten, bis sie mit dem weißen Seidenkleide angetan werden, wo sie wie die Sonne in des Vaters Reiche leuchten werden, wo ihnen der neue Wein und das Himmelsbrot zugeteilt werden wird.