Ich, Adrian Janß, gefangen zu Ryssel, um des Namens unsers Herrn und des Zeugnisses meines Gewissens willen, wünsche meinem werten und in Gott geliebten Weibe viel Gnade, Barmherzigkeit und Frieden von Gott, dem himmlischen Vater, welcher der rechte Vater ist im Himmel und auf Erden, daß er dir geben wolle, mit Kraft stark zu werden durch seinen Geist, und Christum in deinem Herzen zu wohnen, damit du durch die Liebe gewurzelt werdest. Dieses wünsche ich dir, samt dem Trost des Heiligen Geistes, zum christlichen Gruße und freundlichen Abschiede.
Ferner, nebst gebührlichem und christlichem Gruße, lasse ich dich, mein liebes Weib in dem Herrn, hiermit wissen, daß ich wohl zufrieden bin und ein gutes Gewissen habe; der Herr sei ewig für seine Gnade gelobt, der mich bis auf diese Stunde in seiner Gnade bewahrt hat, und ich hoffe auch, daß er mich bis ans Ende durch seine Gnade bewahren werde nach seiner Verheißung, denn er sagt: Wenn auch eine Mutter ihr Kindlein verließe, so will ich dich doch nicht verlassen; ja der Herr sagt: Ich will euch nicht als Waisen lassen. Hiermit, mein liebes Weib, tröste ich mich, wenn ich angefochten bin. Ferner kann ich dir, mein liebes Weib, mit vielen Tränen nicht verbergen, die ich vergieße, wenn ich deiner Traurigkeit eingedenk bin, die du, wie ich denke, um meinetwillen hast, weil wir nun von unserer christlichen Gemeinschaft, die wir durch den Glauben miteinander gehabt haben, scheiden müssen. Ja, mein wertes und liebes Weib in dem Herrn, alle Dinge (sagt Salomo) haben ihre Zeit. Darum, mein liebes Weib in dem Herrn, wie mag man gottseliger voneinander scheiden, als um des Namens des Herrn willen, und wiewohl wir voneinander scheiden müssen, so hoffe ich doch dir voranzugehen, und du wirst auch, wie ich hoffe, nachfolgen dahin, wo wir uns nimmermehr voneinander scheiden werden, denn da werden wir allezeit bei dem Herrn sein. Hiermit kannst du dich trösten, wie der Apostel Paulus die Gemeinde zu Thessalonica getröstet hat. Ferner bitte und ermahne ich dich durch die Barmherzigkeit Gottes, daß du deines Berufes wahrnehmen wollest, wozu dich der Herr berufen hat, und daß du wandelst, wie du den Herrn angenommen hast, mit aller Demut und Sanftmut, und wandle in der Liebe Gottes und deines Nächsten. Gedenke allezeit der armen Heiligen, wo du wohnest; teile mit, je nachdem dir der Herr gegeben hat, und bleibe im Gebete Tag und Nacht; bleibe auch fest in der Lehre Christi, und was du gehört und angenommen hast, das laß bei dir bleiben, dann wird der Gott der Liebe und des Friedens mit dir sein; sei meiner eingedenk, solange ich hier bin; ich hoffe, deiner auch nicht zu vergessen in meinem Gebete zu Gott, solange ich in dieser Hütte bin, denn obgleich ich dem Leibe nach von dir entfernt bin, so bin ich doch mit dem Geiste bei dir und gedenke deiner mit Tränen.
Hiermit gute Nacht, mein liebes Weib in dem Herrn, gute Nacht, bis wir in das Reich Gottes zu unserm himmlischen Vater kommen. Geschrieben mit Tränen von mir, Adrian Janß. Grüße mir sehr die Freunde, insbesondere meinen S. I.; ich wollte wohl mehr schreiben, aber es ist hier nicht wohl gelegene Zeit zum Schreiben.
Geschrieben an mein liebes Weib.