Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.39

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2.39  Vier Brüder und vier Schwestern.

Es sind im Jahre 1529 vier Brüder namens Wolfgang von Mos, Thomas von Imwald von Aldyn, Georg Frick von Würzburg und Mankager von Füssen, desgleichen auch vier Schwestern, Christina Tolingerin von Penon, eine Witwe, Barbara von Thiers, Agatha Kampmain von Bredenberg und Elisabetha, ihre Schwester, in der Ful in Etschland gefangen genommen und auf das Schloß geführt worden, wo sie den 16. Tag des Monats November getötet worden sind, von welchen jeder derselben seines Glaubens wegen über nachfolgende Artikel durchgeforscht worden ist.

Bruder Wolfgang von Mos hat bekannt, dass es den vergangenen Sonntag nach der hohen Zeit von unserer lieben Frauen Tag ein Jahr gewesen sei, dass einer namens Michael (welcher die Wahrheit bezeugt hat und dieserhalb nachher zu Gusodaum verbrannt worden ist) ihm, Wolfgang selbst, und Martin von Neck, nebst noch einem andern, das Evangelium und das Wort Gottes vorgelegt und gepredigt, worauf er sie alle drei nach dem Befehle Gottes von neuem getauft hat; ferner hat er gesagt, dass er von der Kindertaufe nichts hielte, dass Gott der Herr nichts davon gesagt, auch Christus dieserhalb nichts befohlen habe; ferner hat er bekannt, dass er nicht glaube, dass Christus leiblich in der Hostie sei, wenn sie durch die Pfaffen geheiligt wird; endlich hat er auch gesagt, dass er nichts anderes von Fast-, Sonn- und anderen Feiertagen hielte, als im Neuen Testamente geschrieben stehe.

Thomas Imwald von Aldyn hat bekannt, dass er vor St. Ulrichstag von einem Lehrer aus der Schweiz, namens Georg Blaurock, der zuvor ein Priester gewesen und sein priesterliches Amt niedergelegt hatte, zu Bredenberg getauft worden sei; ferner, dass er nichts von der Messe halte, sondern dass sie eine erfundene Menschensatzung, nicht aber ein göttlicher Befehl sei. Von dem Sakramente glaube er nicht, dass durch dasselbe die Pfaffen konsekrieren oder segnen, oder unsern Herrn Gott in die Hostie bringen oder dieselbe verändern könnten; ferner habe er sie unterrichtet, dass man Christus im Worte empfangen müsse und dass das Brot nur ein Zeichen und Andenken sei. Von der Beichte, wie sie von den Pfaffen eingeführt worden sei, halte er auch nichts; sie werde auch nicht nach Gottes Befehle verrichtet. Unserer lieben Frau räume er die Stelle ein, wozu Gott sie erwählt; er glaube, dass sie eine Jungfrau und Mutter unseres Erlösers gewesen sei. Weiter wurde er gefragt, ob sie sich sehr vermehrt, ob sie sich nicht unterstanden hätten, Land oder Leute mit Gewalt zu ihrem Glauben zu bringen? Er antwortete: Nein, sie hätten nicht solche Absichten, nämlich jemand zu ihrem Glauben zu zwingen, denn Gott wolle ein freiwilliges und ungezwungenes Herz haben; es habe auch ihn hierzu niemand gezwungen, sondern der Herr habe es ihm in den Sinn gegeben.

Georg Fryk von Würzburg, ein Schneider, hat bekannt, dass er am Tage des vergangenen St. Gallen Marktes zu Phillipps-Kohler in der Ful von einem namens Benedictus, welcher ihr Glaubensgenosse gewesen, aufs neue getauft worden sei. Er glaube auch nicht, dass die Pfaffen unsern Herrn Gott in der Hostie betasten, oder in Brot verwandeln könnten, denn Gott habe die Messe nicht befohlen oder eingesetzt, sondern das Sakrament sei nur ein Brot zum Gedächtnisse. Von der Beichte halte er auch nichts, denn wie könne derjenige Sünden vergeben, der selbst ein Hurer oder Götzendiener sei. Von unserer lieben Frau halte er, dass sie von Gott dazu gewürdigt worden, und dass sie vor und nach der Geburt eine Jungfrau gewesen sei, denn Gott vermöge noch mehr zu tun als dieses. Desgleichen wolle er auch bei seinem Gott bleiben und von diesem Glauben nicht abfallen, sondern es solle der Wille Gottes geschehen.

Mankager von Füssen, ein Schusterknecht, hat bekannt: Wie er im Sommer um Jakobi bei Georg Karniter aus Kunen von einem, welcher Priester gewesen, dieses Amt aber niedergelegt habe, namens Georg von Chur aus der Schweiz (welcher den Sommer zu Claußen verbrannt worden sei) die Taufe empfangen habe. Er halte nichts von der Kindertaufe, von der Messe halte er auch nichts, auch glaube er nicht an das Sakrament, dass unser Herr Gott darin sei; von der Ohrenbeichte der Pfaffen halte er gar nichts. Auch sagte er über den Sonntag: Der allmächtige Gott habe im Anfang die Welt in sechs Tagen erschaffen, den siebten aber habe er geruht; daher habe der Sonntag seinen Ursprung; dabei wolle er es auch lassen, die Arbeit sei nicht verboten, sondern man müsse feiern und seine Sünden ablegen; ferner hat er bekannt, dass die Pfaffen den Vormittag Abgötterei, den Nachmittag aber Hurerei trieben, und was er mit dem Munde bekenne, das wolle er mit seinem Blute bezeugen, und von seinem Glauben nicht abfallen, sondern bis an seine Ende dabei beharren.

Christina Tolingerin von Penon hat bekannt, dass der Bruder Georg Blaurock mit der rechten christlichen Taufe in ihrem Hause getauft habe. Von dem Sakramente, wie es die Pfaffen gebrauchen, glaube sie, dass sie nicht unsern Herrn Gott in die Hostie oder Oblate bringen könnten; es sei solches nur Brot und die Anstellung der Pfaffen sei nichts als Verführung. Was die jungen Kinder betreffe, ob sie nämlich ohne Taufe selig werden könnten, so sagt der Herr: Lasset die Kindlein zu mir kommen, denn solcher ist das Himmelreich. Die Pfaffen tauften zwar so die Kinder, und Waschen sie von den Sünden ab, nichtsdestoweniger unterstanden sie sich aber nicht, sie von Sünden abzuziehen. Von unserer Frau glaube sie, dass sie die Mutter Christi und eine reine Jungfrau gewesen sei. Von der Beichte, wie sie die Pfaffen gebrauchen, halte sie nichts; wer seine Sünden bekennt und davon ablässt, der tut eine wahrhaftige Beichte. Von den Feier- und Sonntagen sagte sie: In sechs Tagen hat Gott der Herr die Welt erschaffen, den siebten aber hat er geruht; die anderen Feiertage sind von den Päpsten, Kardinälen und Erzbischöfen eingesetzt; von denselben halte sie nichts. Sie hatte, als sie in der Welt gewohnt, um der Ärgernis willen, dieselben gehalten wie andere Leute, gleichwohl werde um der Arbeit willen niemand verdammt; endlich, dass die Pfaffen Vormittags Abgötterei, nachmittags aber Hurerei trieben; auch wolle sie mit Gottes Hilfe und Gnade in diesem ihrem Vornehmen sterben.

Barbara von Thiers, des Hans Bortzen eheliche Hausfrau, hat bekannt, dass sie am letztverflossenen St. Michaelstag von einem Lehrer des Wortes Gottes, Benedictus genannt, zu Craum auf der Motz bei Eintemvichel mit der rechten christlichen Taufe getauft worden sei. Sie halte nichts von den abgöttischen Sakramenten der Pfaffen, auch nichts von der Messe, denn die Pfaffen trieben vormittags Abgötterei, nachher aber Hurerei. Von der Beichte, wie sie die Pfaffen gebrauchen, halte sie nichts. Was unsere Frau betreffe, darüber wüsste sie nichts antworten. Von den Sonn- und Feiertagen sagte sie: Gott der Herr habe befohlen, den siebten Tag zu ruhen, dabei lasse sie es bewenden, mit Gottes Hilfe und Gnade wolle sie dabei bleiben und dabei sterben, denn es sei der rechte Glaube und der rechte Weg in Christo.

Agatha Campnerin von Bredenberg hat bekannt, dass es den zukünftigen Christtag ein Jahr sei, als sie in der Schweiz an einem Orte, genannt in der Tiefe bei St. Gallen, von dem Bruder Topig, einem Lehrer des Wortes Gottes, getauft worden sei; sie halte nichts von der Kindertaufe, wenn man sie auch alle getauft hätte; sie glaube, dass die Kinder in der Unschuld stürben und des Herrn seien, sie möchten nun vor oder nach der Taufe sterben. Von der Messe halte sie nichts, denn Christus habe nicht zu seinen Jüngern gesagt: Gehet hin und haltet Messe, sondern: Gehet hin und predigt das Evangelium. Von dem Sakramente sagte sie: Da man in dem Glauben bekennt, dass er zur Rechten seines himmlischen Vaters sitze, von wo er kommen wird, die Lebendigen und die Toten zu richten, so glaube sie nicht, dass er sich von den Pfaffen in die Hostie oder in Brot verwandeln und begreifen lasse. Von unserer Frau sagte sie: Sie glaube, dass sie Christum den Herrn, welcher allein uns erlöst, geboren habe und dass in ihr das Wort Gottes lebendig oder Mensch geworden sei, welcher am Stamme des Kreuzes für uns gelitten hat. Von den Feiertagen sagte sie: Es sei ein Tag nicht heiliger als der andere; der Sonntag sei deshalb verordnet, dass man zusammenkomme, das Evangelium zu predigen und davon zu reden, aber man missbrauche denselben durch Taufen und andere Büberei. Mit Gottes Hilfe und Gnade wolle sie in diesem ihrem Glauben standhaft bleiben.

Elisabeth, der erwähnten Agatha Schwester, hat bekannt: Sie sei im vorigen Sommer in Bredenberg von dem Bruder Blaurock nach dem Befehle des Herrn Christi im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft worden. Von dem Sakramente und der Messe der Pfaffen halte sie nichts, denn man finde nicht, dass sie Gott geboten habe. Von unserer Frau glaube sie, dass dieselbe Christum unsern Erlöser geboren habe und eine Jungfrau sei. Sie glaubt ferner, dass die Heiligen zwar durch Trübsal hatten eingehen müssen, gleichwie wir und andere, dass sie aber Fürbitter sein sollten, glaube sie nicht, weil Christus alle Macht im Himmel und auf Erden für sich behalten habe. Was die Feiertage betreffen, so halte sie einen Tag nicht höher als den andern, sondern man solle stets auf den großen Tag des Herrn warten und von Sünden feiern, dabei wollte sie auch standhaft bleiben. Hierauf sind sie als wahre Liebhaber Gottes und unschuldige Schäflein des Herrn gerichtet worden, ihre Namen aber sind im Himmel angeschrieben.