Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.218

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2.218  Claes de Praet wird um des Zeugnisses Jesu Christi willen im Jahre 1556 zu Gent verbrannt.

Das Bekenntnis des Claes von Praet, als er zu Gent im Gefängnisse lag, wo er um des Wortes des Herrn willen sein Leben ließ, zum Brandopfer vor dem Herrn, 1556.

Gnade und Friede von Gott, unserm Vater, und dem Herrn Jesu Christo sei mit euch allen, meine lieben Brüdern und Schwestern in dem Herrn.

Gesegnet sei Gott und der Vater Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistigem Segen im himmlischen Wesen durch Christum, gleichwie er uns durch denselben auserwählt hat, ehe der Welt Grund gelegt war, damit wir vor ihm heilig und unsträflich in der Liebe sein sollten. Ein jeder unter euch nehme seines Berufes wahr, damit er berufen ist, daß euch der Satan damit in eurer Prüfung nicht plage, und ermahne einer den andern ernstlich in der Liebe. Ich wollte euch wohl eine Ermahnung schreiben, aber ich habe dazu keine passende Zeit, denn der Stockmeister, welcher sich sehr vor dem Diakon fürchtet, hält scharfe Wache bei mir; gleichwohl bin ich sehr geneigt, euch etwas von meinem Verhör und von den Bosheiten und erdichteten Lügen der Pfaffen zu schreiben, wodurch sie mich zu verdammen beabsichtigten; aber Gott sei Lob, daß er mir das Feld erhalten hilft. Dieses schreibe ich euch zu dem Ende, ob etwa dadurch jemand von denen, die noch jung sind, aufgemuntert werden möchte.

Als ich gefangen war, saß ich am fünften Tage sehr betrübt, bekümmert und schwermütig in meinem Heizen; das Fleisch war in großer Furcht; nun musste ich an einen ganz andern Streit wegen Weib und Kinder; auch mit dem Satan hatte ich zu kämpfen, welcher mich umkreiste, um mich unter wunderlichen Anfechtungen zu verschlingen, was ich der Kürze wegen übergehen will. Den sechsten Tag vormittags aber kam der Stockmeister, befahl mir aus dem Gefängnisse zu kommen und sagte: Claes, komm herunter und folg mir, und er ging voran. Mein Herz aber war mit Freude zu dem Herrn, meinem Gott erfüllt, sodass all mein Druck und Drangsal von mir getrieben wurde, gleichwie der Staub mit Macht von der Straße getrieben wird. Da dachte ich: O gnädigster Gott! Nun merke ich, daß du treu bist in deinen Verheißungen; Herr, regiere meinen Mund nach deinen Verheißungen. Darauf führte er mich in eine Kammer, wo der Richter und zwei Gerichtsverwandte, nebst dem Amtmann und einem Mann mit einem großen Bart saßen, welcher ein großes Buch, um zu schreiben, hatte; sie sahen mich verwundert an, als ich in die Kammer kam; ich erwies ihnen große Ehrerbietigkeit und grüßte sie sämtlich mit dem Frieden. Der Stockmeister stellte nur einen Stuhl hin und sagte: Claes, setze dich, so ist’s gebräuchlich. Ich setzte mich also mit einem fröhlichen Gemüte und Herzen zu dem Herrn, meinem Gott, und dachte nicht an mich selbst, noch an etwas, das auf dieser Welt ist; da sagten sie: Bedecke dein Haupt. Ich entgegnete: Solches ziemt sich nicht wohl. Der Amtmann fragte mich: Wie heißt du? Ich sagte: Claes de Praet. Da sagte er: Schreib dieses, und in dieser Stadt geboren. Darauf fragte mich der Schreiber: Bist du hier geboren? Ich erwiderte: Ich weiß es nicht anders. Amtmann: Wo hast du dich so lange aufgehalten, Claes, das letzte Mal, als du so lange von zu Hause warst? Claes: In Emderland. Amtmann: Was war deine Verrichtung daselbst? Claes: Ich erkundigte mich daselbst im Lande, ob ich nicht einige Waren kaufen oder verkaufen, oder sonst etwas tun könnte, womit ich mein täglich Brot hätte verdienen können. Amtmann: Ja, die Brüder zu besehen, das höre ich wohl. Claes: Ja, Herr. Amtmann: Ja, Claes, hast du eine andere Taufe empfangen, als die du in deiner Kindheit empfingst, da du zum Christen gemacht wurdest? Claes: Ich erinnere mich dessen nicht, was in meiner Kindheit geschehen. Amtmann: Hast du keine Taufe empfangen, deren du dich erinnern kannst, Claes? Claes: Ja, Herr Amtmann. Amtmann: Wie lange ist es, daß solches geschehen? Claes: Ungefähr vier Jahre.

Da verwunderten sie sich alle sehr. Der Amtmann fragte mich noch einmal: Wie lange, sagst du? Der andere Ratsherr sagte: Ungefähr vier Jahre. Da sah mich der Amtmann sehr an und fragte, woher sie gewesen seien, die mit mir Umgang gehabt, und welche von meinen Brüdern auch getauft worden seien; ich erwiderte: Es ist nicht unsere Weise, einander zu fragen, woher bist du?, oder wo wohnst du?, oder wie heißt du?, oder was tust du? Amtmann: Ihr wollt es nicht wissen. Claes: Nein, Herr Amtmann. Amtmann: Das tut ihr, damit ihr niemanden in Ungelegenheiten bringt. Claes: Es ist wahr, Herr Amtmann; denn wir wissen wohl, daß man unserm Blute sehr nachstellt; deshalb hat uns der Herr erlaubt, vorsichtig zu sein wie die Schlangen. Da murrte der Amtmann über mich; sie redeten auch viel Latein untereinander. Darnach fragte der Amtmann: Wo war es, wo du deine Taufe empfangen hast? Claes: Zu Antwerpen. Amtmann: Wo daselbst? Claes: Zwischen St. Joris-Pforte und der Koeper-Pforte. Amtmann: In welchem Hause? Claes: In einem kleinen neuen Häuslein. Amtmann: Welche Hantierung trieb man darin? Claes: Ich sah, daß man darin ein Handwerk trieb. Amtmann: Ja, Claes, wer war dabei? Es mussten Zeugen dabei sein, die Zeugnis gaben, daß du ein Bruder geworden seiest. Claes: Es waren drei oder vier Personen dabei, die im Hause wohnten, und einer, der mich hineinführte. Amtmann: Wer war es, der dich hineinführte? Claes: Es war ein junger Mensch. Amtmann: Woher war er? Claes: Ich fragte ihn nicht. Amtmann: Wie viel sind ihrer daselbst mit dir getauft worden? Claes: Unserer drei. Amtmann: Woher waren sie? Claes: Ich fragte sie nicht. Amtmann: Welch Handwerk trieben sie? Claes: Wie es mir vorkam, so war der eine ein Maurergesell. Amtmann: Wo wusste er dich zu finden, der dich dahin führte. Claes: Er hatte mir einen Tag bestimmt in der Koeper-Pforte. Amtmann: Wie wusstest du, ob der Täufer in der Stadt wäre? Claes: Ich habe, als ich meiner Kaufmannschaft nachging, zu verschiedenen Zeiten nach ihm gefragt, und da vernahm ich, daß er da wäre. Amtmann: Wo hast du gehört, daß er da wäre? Da sagte der Oberrichter: Sie kennen sich alle untereinander. Amtmann: Wohnen sie noch in dem Häuslein, wo du getauft worden bist, oder weißt du es nicht? Claes: Bald darauf hat man sie alle verjagt. Amtmann: So weißt du nichts davon zu sagen, ist’s nicht so? Claes: Der eine zog nach England, der andere wurde verbrannt; wo die andern hingekommen sind, weiß ich nicht. Amtmann: Wie war der Mann beschaffen, der dich taufte? Claes: Er schien mir ein unsträflicher Mann zu sein. Amtmann: Ja, Claes, wie weißt du von dem Manne, der dich taufte, ob er unsträflich gewesen sei? Darauf sagte einer von den Rats-Herren: Er hat gesagt, er sei ihm wie ein unsträflicher Mann vorgekommen. Da sagte der Oberrichter: Diese Leute predigen auch, ist es nicht so? Der Amtmann sagte zu ihm: Wir pflegten solches alles zu fragen, aber wir tun es nicht mehr. Darauf mutete die Glocke, daß der Stockmeister kommen und mich abholen sollte. Das Obige schrieben sie auf. Der Schreiber fragte, welche Menschen von Gent ich zu Emden gelassen hätte. Darauf wollte ich ihm nicht antworten, weil es ihm nicht gebührte zu fragen. Da sagten die Ratsherren zu mir: Claes, wir wollen dir Männer senden, die dir den rechten Glauben lehren sollen. Claes: Ich hoffe den rechten Glauben zu haben; wollen sie mich nun darin stärken, so sollen sie mir angenehm sein; wollen sie mich aber davon abziehen, so begehre ich ihrer nicht. Sie sagten darauf im Ernste: Claes, höre sie, höre sie allezeit; ich dankte darauf den Ratsherren und dem Amtmanne herzlich, weil sie Mühe mit mir hatten. Des Stockmeisters Diener sagten mir dann, ich sollte hinaufgehen, was ich auch tat; ich war aber nicht wenig bekümmert, weil sie mich nicht nach meinem Glauben gefragt hatten. Zwei Diener standen an der Tür und hörten mir zu; sie kamen hinauf und quälten mich mit mancherlei Dingen und sagten: So ein armes Blut, wie du bist, der du dein Leben dafür lassen willst; dein Weib und Kinder aber lassest du in der Not; es ist nicht wohlgetan, daß du den Stand der Ehe zerbrichst; denn Gott hat ihn selbst eingesetzt. Ich erwiderte: Ich breche meinen Ehestand nicht, beleidige auch nicht meine Frau, aber diejenigen sind schuld daran, welche mich von meinem Weibe nehmen; diese sollten zusehen, was sie tun. Sie sagten: Ich sollte reden, sie wollten zuhören. Ich sagte: Solches hat mich Gott nicht gelehrt; ich ermahnte sie, sie sollten sich hüten, und solches Blut nicht antasten oder sich daran beteiligen; ich redete auch scharf mit ihnen, worauf sie weggingen, und Gott baten, daß er mir verleihen wolle, was mir am seligsten wäre.

Da saß ich nun allein im Gefängnisse und der Satan kam, mich zu versuchen und setzte mir inwendig zu: Du armer Mensch! Bist du hier um deines Glaubens willen? Die Herren fragen dich nicht nach dem Glauben, sondern nach der Taufe, die du von einem solchen Manne empfangen hast, wie du wohl weißt; er quälte mich mit allem, was er vorbringen konnte, und sparte keine Mühe, um mich niederzuwerfen. Da dachte ich: O du böser Versucher! Du Mörder! Ich fühle wohl, daß du derselbe bist, der auch Petrus quälte, vor dem er auch uns gewarnt hat. Darum flüchtete ich zu Gott, fing ein geistliches Liedlein an, sang mit Freuden und wurde fröhlich und guten Muts, weil ich mich durch diesen Sturm hindurch geschlagen hatte. In diesem Gefängnisse brachte ich ungefähr zehn Wochen zu.

Darauf kam der Stockmeister und sagte: Claes, komm hierher, hier sind zwei bunte Krähen, und befahl mir nachdrücklichst, ich sollte mein Weib und meine Kinder bedenken; ich erwiderte: Darauf bin ich genug bedacht; aber Christus hat gesagt: Wer Vater und Mutter, Bruder und Schwester, Weib und Kinder, ja, sein eigenes Leben um meines Namens willen nicht verlässt, der ist meiner nicht wert; er sagte: Es ist wahr, wer es tun kann. Darauf führte er mich in eine Kammer, wo zwei Jakobiner waren; diese zogen ihre Kappe ab, und ich entblößte auch mein Haupt. Sie boten mir einen guten Abend, und ich ihnen auch. Der eine fragte mich: Wie heißt du, mein Freund? Ich sagte: Claes, und fügte hinzu: Wie heißt du? Er erwiderte: Bruder Peter de Bäcker, und sagte mir, er sei beim Richter gewesen; derselbe habe begehrt, daß er kommen und mich im rechten Glauben unterweisen sollte; ich sagte: Solchen habe ich von Gott empfangen. Frage: Was ist dein Glaube? Claes: Ich glaube allein an Jesum Christum, daß er der lebendige wahrhaftige Sohn Gottes sei, und daß weder im Himmel, noch auf Erden eine andere Seligkeit sei. Soll man sonst nicht glauben; wo bleibt denn die Mutter, die heilige Kirche, an welche wir glauben müssen? Claes: Weißt du wohl, welches die heilige Kirche sei? Frage: Weißt du solches, so laß es mich hören? Claes: Ich frage dich, denn du redest davon. Antwort: Dieselbe, die von Christo und der Apostel Zeiten an da gewesen ist, und welche die Apostel unterhalten haben und noch erhalten. Claes: Welche ist es? Antwort: Die Mutter, die heilige römische Kirche. Claes: Ist das die apostolische Kirche? Antwort: Ja. Claes: Haben sie die Apostel so unterhalten? Antwort: Ja. Claes: Haben die Apostel Messe gehalten? Antwort: Ja. Claes: Wo steht das geschrieben? Antwort: Ich will es dir zeigen, und er zeigte mir die Korinther, wo Paulus vom Abendmahl redet; ich sagte: Daselbst redet er vom Brotbrechen, hat er daselbst Messe gehalten, wie ihr tut? Antwort: Ja, er hat nicht weniger oder mehr getan, als wir tun. Claes: Haben die Apostel verfolgt, und ihre Kirche mit Feuer und Schwert erhalten, wie ihr tut? Antwort: Ja, sie haben Blut vergossen, verraten und totgeschlagen: Claes: Petrus hat des Malchus Blut vergossen, Judas hat verraten; wo aber haben sie jemanden totgeschlagen? Antwort: Petrus schlug Ananias und Saphira mit dem Schwerte seines Mundes, daß sie tot niederfielen; dabei lachte er und streckte seine Finger aus. Da sagte ich: Es kommt mir vor, daß ihr von denen seid, von welchen Paulus spricht, 2Tim 3,3, vor welchen wir fliehen sollen, denn eure Torheit bleibt nicht verborgen, sondern wird vor den Menschen offenbar, denn ihr sitzt und spottet und zaudert und erweist wohl, daß ihr Menschen von zerrütteten Sinnen seid, die allezeit lernen und nimmermehr zur Erkenntnis der Wahrheit kommen; ich bestrafte ihn sehr; sie wollten auch noch viel reden und mich von der Taufe, der Menschwerdung Christi und andern Glaubensartikeln ausfragen, aber ich hatte mir vorgenommen, mich mit ihnen ohne der Ratsherren Gegenwart in keinen weiteren Wortstreit einzulassen, sondern nur Bekenntnis zu tun, wie ich droben ein Bekenntnis vor ihnen abgelegt hatte.

Als sie hörten, daß ich nicht mehr hören wollte, und aufstanden, um fortzugehen, sagte einer derselben: Ach Claes, wie jämmerlich bist du verirrt, und gleichwohl habe ich dich so lieb, ich wollte, daß du meines Sinnes wärest und daß ich meinen Leib verbrennen lassen möchte. Ach, armer Mensch, ich will für dich bitten und bitten lassen, wenn ich predige. Claes: Ich begehre nicht, daß ihr für mich bittet oder bitten lasst, denn euer Gebet ist nichtig und wird von Gott nicht erhört, solange als ihr in eurer Bosheit bleibt. Antwort: Vielleicht ist doch unter dem ganzen Haufen einer oder zwei, die gut sind. Claes: Geht eures Wegs, denn ihr sucht nur zu plaudern. Da ging er lachend hinweg und sagte: Ich will für dich bitten lassen, du magst wollen oder nicht, denn ich habe an dir einen Wohlgefallen, und ich will wiederkommen.

Ungefähr zwei Wochen später kamen zwei von demselben Orden; der eine war ein dicker, fetter Mann, der viel plauderte, der andere war sehr grimmig und zänkisch in Worten; er wollte mir hart zusetzen, um mit mir zu disputieren, aber ich wollte nicht daran und beschränkte mich auf manche Fragen, die ich ihnen aufwarf, gleichwie ich den andern getan hatte, und ließ sie auf diese Weise selbst ihre Bosheit entdecken, denn es waren viele Gefangene da, die, um zu horchen, unter dem Kammerfenster und unter der Kammertür standen; solches wusste ich wohl; darum tat ich um desto mehr Fragen, denn der eine machte so viel Geschwätz, und das kam vom vielen Trinken her.

Als ich ungefähr sieben Wochen gesessen hatte, wurde ich hinabgerufen und in eine Kammer geführt, wo ich den Diakon von Ronse mit seinem Schreiber und noch einer Person antraf.

Der Diakon hieß mich sitzen und ich setzte mich vorn an die Tafel zu ihm; er hielt mir eine lange Rede, welche ich anhörte; er erzählte, daß es unmöglich wäre, ohne Glauben Gott zu gefallen, und sagte, daß der, welcher nicht glaubt, verdammt sei. Zuletzt fragte er mich: Warum hast du dich so verführen und in Irrtum bringen lassen und bist von der heiligen Kirche abgefallen? Hierauf erwiderte ich: Weil es geschrieben steht, daß es unmöglich ist, ohne Glauben Gott zu gefallen, so habe ich Fleiß angewandt, um diesen Glauben zu untersuchen, und habe zu Gott gebetet, daß er mich durch seine Gnade und Barmherzigkeit darin stärken wolle; solches hat er in überfließendem Maße getan, was ich auch zu seinem Preise treulich bewahren, und ihn um keines Leidens oder sonst etwas willen, das in der Welt ist, verleugnen will. Diakon: Du meinst, du habest den Glauben, aber du bist davon abgewichen; und daß du so wohlgemut und getrost zum Tode bist, das ist der Teufel, der sich in einen Engel des Lichts verstellen kann, denn, als du die Schrift lasest, hast du dich von einem andern geringen Handwerksmanne unterrichten lassen, der dich nach seiner Vernunft sie gelehrt hat; darum bist du nun betrogen; du hättest dich von denen unterrichten lassen sollen, welche die rechte Lehre empfangen haben, von den Dienern der heiligen Kirche, nämlich den Pastoren oder Hirten. Claes: Sind sie es, welche die rechte Lehre empfangen haben? Diakon: Ja, sie sind es. Claes: Warum führen sie denn ein teuflisches Leben, wie man sieht? Diakon: Was geht dich das an? Es steht Mt 23: Tut nach ihren Geboten, aber nicht nach ihren Werken. Claes: Seid ihr denn die Schriftgelehrten und Pharisäer, von welchen Matthäus geschrieben hat? Diakon: Ja, wir sind. Claes: So kommen denn auch alle Wehen auf euch, die nachher in demselben Kapitel folgen. Diakon: Mitnichten. Hierüber wurde noch manches gesprochen. Er hätte gern gehabt, daß ich mich mit ihm in einen Wortstreit über die Glaubensartikel eingelassen hätte; aber ich wollte nicht daran. Der Mann war gütig im Reden und sehr sanft, und begehrte, daß man seinen Reden Gehör geben sollte, wie er auch wohl zuhörte; ich dachte: Ich habe schon lange von diesem Manne gehört, daß er die Gemeinde so sehr verfolgt, und geängstigt habe. Ich muss wissen, wie er es mit der Schrift beweisen will, wenn ich mit ihm rede, denn ich weiß nicht, daß ich ihn jemals gesehen hatte.

Ich fragte ihn, wo er es geschrieben fände, daß er so blutgierig nach unschuldigem Blute laufen sollte, welche doch niemand irgendeiner Missetat beschuldigen könne. Diakon: Mein Freund, ich laufe und stelle niemandes Blut nach. Claes: Du sendest deshalb deine Diener aus. Diakon: Ich tue es nicht, mein Freund. Claes: Verfolgst du denn niemanden? Diakon: Nein, mein Freund. Claes: Hast du auch keine Befehle, womit du es tun lassest? Diakon: Nein, mein Freund. Claes: Du hast aber doch meine Mitbrüder, die in deine Hände geraten und im Glauben standhaft geblieben sind, der Obrigkeit überantwortet. Solches hat man ja öffentlich vor aller Welt gesehen. Diakon: Ich tue solches nicht, mein Freund. Warum sitzest du denn bei den Herren des Gerichtes und redest so viel, wenn du dich darum nicht bemühst? Wer dich hört, sollte denken, du hättest keine Schuld daran. Diakon: Nein, mein Freund, und schlug die Hände ineinander. Claes: Wer tut es denn? Diakon: Die Weltlichen, oder der Herr, der das Schwert empfangen hat. Wir hatten noch viele Reden davon, sodass er keinen Ausweg wusste. Er fragte aus der Schrift, 5Mo 17,17, damit wollte er beweisen, daß die Priester die Macht hätten; ich sagte: Das war unter dem Gesetze des Zornes, aber nun sind wir unter dem Gesetze der Gnade. Ich fragte ihn, wie er sich unterstehen dürfte, das beizubringen, was der Herr verboten hätte, nämlich vom Unkraut, Mt 13,30, daß man sowohl das gute Kraut und das böse Kraut miteinander aufwachsen lassen sollte; ich fragte ihn ferner, welches von beiden ich wäre, ich muß ja ein böses oder ein gutes Kraut sein. Diakon: Du bist ein böses Kraut. Claes: Warum lässt man mich nicht aufwachsen bis zur Ernte? Diakon: Daß der Herr des Ackers solches seinen Dienern befohlen, ist darum geschehen, damit wenn sie das Böse ausrotten, sie das Gute nicht verderben möchten. Ich aber kann wohl an den Enden herumgehen und hie und da ein oder zwei Unkräuter, ja, zu Zeiten sechs oder acht, zehn oder zwölf, ja, zu Zeiten ein- oder zweihundert ausrupfen, ohne dem Guten Schaden zu tun. Claes: So bist du denn weiser als des Herrn Diener. Diakon: Das kann ich ja wohl tun. Claes: Als ich es mit den Pfaffen hielt und nach eurem Willen wandelte, war ich denn damals ein gutes Kraut. Diakon: Ja. Claes: Bin ich denn nun ein böses. Diakon: Ja. Claes: Wohlan denn, bin ich ein böses Kraut, wie du selbst sagst, so hast du mich und mehrere andere mit mir, die vor mir hingefahren sind, selbst mit deinen Predigten verdorben, und du sagst doch, daß du es so wohl verständest, ei du armer Diener; als du vor fünf Jahren auf dem Verleplatze die vier Kräutchen von Liere ausrupftest, während du auf der Schaubühne standest und predigtest, und die Leute sagten: Der Antichrist predigt, der Antichrist predigt, da fing ich an zu untersuchen, was das für ein Glauben wäre, für welchen die Leute so getrost dahinstürben, und ich untersuchte die Schrift, die du damals aus 2Tim 2 und 3 angeführt hast, da fand ich, daß ich mich von solchem Volke absondern müsste; wie daselbst deutlich genug steht, daß es auf euch zu beziehen ist; deshalb wandte ich mich von solchem Haufen und tue es noch. Wo willst du nun hinaus mit deinem Predigen, du armer Diener, je mehr du predigst, desto mehr verdirbst du, nach deinem eigenen Bekenntnis; besser wäre es, du hieltest dich stille; ich sagte ihm sehr viel aus der Schrift, sodass er beschämt wurde und nichts zu antworten wusste; zuletzt sagte er: Das waren nicht meine Leute, mein Freund; ich glaube, daß du die Schrift wohl durchsucht hast; wo habt ihr eure Versammlungen gehalten? Claes: Wo sie Christus und seine Apostel gehalten haben, hinter den Zäunen, in den Büschen, in dem Felde, auf den Bergen, an den Wasserufern, bisweilen in den Häusern, oder wo sie Gelegenheit fanden. Diakon: Christus predigte öffentlich, aber man kann nicht ausfinden, wo ihr seid, oder wer ihr seid. Claes: Das wird euch gewiss sehr verdrießen, daß ihr sie nicht finden könnt, auch sie nicht kennt, und daß man euch so wohl kennt; ich hoffe, Gott werde es nicht zulassen, daß ihr sie findet, und obgleich ihr zuweilen die Reben beschneidet, so hoffe ich doch, ihr werdet den Weinstock nicht abschneiden. Christus Jesus, der lebendige Sohn Gottes, wird seine Reben wohl bewahren und erhalten, daß sie Frucht bringen, obgleich ihr allen Fleiß anwendet und euer Bestes tut, sie zu zerreißen und zu Grunde zu richten. Wir redeten auch noch vieles von unserer Kirche und von der Seinigen. Er spricht die seine sehr heraus; ich fragte ihn viel davon, ob die jungen Kinder, die ohne Taufe sterben, verdammt seien. Er erwiderte: Ja. Ob die Apostel Messe gehalten und verfolgt hätten, und er sagte immer: Ja. Es kam mir vor, daß, je mehr ich ihn fragte, desto mehr löge er; ich bestrafte ihn wegen seiner Lügen, auf welchen ich ihn ertappte; er sagte, es sind keine Lügen, sondern es ist die Wahrheit, aber ihr glaubt dem nicht, was man euch sagt; ihr bleibt immer verstockt und ungläubig. Es scheint, daß die Apostel ebenso wie die Pfaffen gelebt haben, nicht besser oder schlechter, sagte er, und fuhr fort, was euer Leben betrifft, so führt ihr wohl einen guten Wandel oder Umgang mit allen Menschen und tut eurem Nächsten, was ihr wollt, das euch selbst geschieht; lebt auch miteinander in Frieden, Liebe und Eintracht, was sehr gut ist, gleichwie ihr auch einander in eurer Not und Trübsal beisteht, und (wollt) daß man das Leben für einander lassen soll, was auch sehr gut ist; dagegen kann ich nichts sagen; und daß ihr die, welche unordentlich wandeln, aus der Gemeinde ausbannt, wie ihr an Gelis von Aachen getan habt, der ein böses Leben geführt hat, wie mir wohl bekannt ist, dagegen kann ich nichts einwenden; es ist wohlgetan; aber, was hilft es, daß ihr den Wandel habt, wenn ihr den Glauben nicht habt? Solches kann euch nicht selig machen. Ich sagte: Wir haben den Glauben auch, aber ihr versteht es nicht, oder wollt es nicht verstehen; doch wird es euch endlich noch am jüngsten Tage des Herrn offenbart werden, wem ihr gedient habt; ich redete noch scharf mit ihm.

Hierauf zog er das Glöcklein, damit der Stockmeister ihn hinauslassen möchte. Als nun der Stockmeister in die Kammer kam und er aufstand, um zu gehen, dankte ich ihm sehr, daß er um meinetwillen hierher gekommen wäre. Er wandte sich aber um und sagte: Ich sähe es gerne, wenn du dich auf den rechten Weg bringen ließest, aber du bist in deinem Unglauben verhärtet und bist deinem Herrn gleich; wer ist denn mein Herr? Er erwiderte: Der Teufel. Darauf setzte ich ihm zu mit viel Schriftstellen, daß er nicht mehr kommen sollte, und er ging beschämt fort, weil der Stockmeister da war, und auch die anderen Gefangenen an die Türe liefen; ich begehrte auch Nachricht von ihm wegen Gelis, da sagte er mir solche Dinge, worüber ich mich sehr verwunderte. Den dritten Tag darauf wurde ich noch einmal von dem Stockmeister abgeholt, und ich ging gutwillig hinunter; er sagte mir, ich sollte in eine Kammer gehen; als ich hineinging, saß daselbst der Präsident, mit einem Ratsherrn und einem Pastor oder Pfaffen; dieser war sehr abgerichtet, unsere Freunde zu durchsuchen, auch sehr beißend in seinen Worten und konnte keine Rede anhören, ohne sie zu unterbrechen; aber der eine Ratsherr, welcher zuvor noch niemals Ratsherr gewesen war, verbot es ihm beständig, denn er merkte wohl auf und hörte scharf zu. Als ich in die Kammer kam, erwies ich ihnen große Ehrerbietung und sie taten dasselbe. Darauf setzte ich mich zur Tafel und der Pfaffe machte ein langes Geschwätz, wie auch der Diakon getan hatte; ich aber schwieg, bis man mich fragte. Als er seine Rede geendigt hatte, fragte er mich: Warum hast du dich so jämmerlich von dem Glauben in die Irrtümer verführen lassen. Claes: Ich bin in keinem Irrtum, sondern ich bin aus dem Irrtum in den rechten christlichen Glauben geführt worden. Pfaffe: Was ist denn dein Glaube? Laß es uns hören. Claes: Ich glaube, daß Jesus Christus der wahrhaftige, lebendige Sohn Gottes sei, und daß keine andere Seligkeit sei, weder im Himmel noch auf Erden, noch unter oder über derselben. Präsident: Das glauben wir auch alle in unserer Kirche. Der Pfaffe lachte und sagte: Solches predige ich ja auch, sage uns etwas anderes und rede frei heraus, denn Christus sagte: Wenn ihr vor Könige, Fürsten und Obrigkeiten gebracht werdet, so sorgt nicht, was ihr reden sollt, denn in derselben Stunde soll es euch gegeben werden von meinem himmlischen Vater, ja, mein Geist soll durch euren Mund reden. Hast du nun den heiligen Geist empfangen, so rede frei heraus durch den Heiligen Geist. Der Präsident aber saß beständig, nickte mit dem Haupt, lächelte und sagte: Ja, ja, Claes, ja, sodass ich ja kein Wort davon reden konnte. Der Pfaffe sagte darauf: Christus hat seiner Kirche verheißen, daß er bis an der Welt Ende bei ihr sein wolle, aber ich finde niemanden unter euch, der mehr zu sagen weiß, als vor ungefähr 30 Jahren, denn zuvor ist nichts davon dagewesen, oder weißt du einige von den Büchern deines Volks, die älter sind, so zeige sie uns. Claes: Weil Christus seiner Kirche verheißen hat, daß er die an der Welt Ende bei ihr sein wolle, so bin ich versichert, daß er der Erhalter seines Leibes gewesen und noch sei, und nach seinen Verheißungen sein wird, solange als die Welt steht, Mt 28,21; Eph 5,23. Und obgleich sie bisweilen in einigen Ländern durch das Blutvergießen und die Trübsal der Verfolgung, und durch die falsche Lehre des römischen Reichs, oder auf andere Weise ausgerottet worden ist, so ist sie doch um deswillen nicht in der ganzen Welt zu Grunde gegangen, denn die Welt ist groß; sie hat sich wohl in einigen Winkeln der Welt kümmerlich erhalten können, bald hier bald da, ohne daß sie ausgerottet worden wäre, und weil du mich nach einigen Büchern unserer Kirche fragst, so antworte ich dir, daß die Bibel unser Buch ist, das in der Kirche von alten Zeiten her regiert hat. Pfaffe: Ist das Buch euch groß genug und habt ihr genug an einem? Claes: Ja, es ist uns noch zu groß. Der Pfaffe lachte und sagte: Wo bleiben denn alle Bücher, welche, von der Apostel Zeit an, die gelehrten Männer geschrieben, welche ja den Geist Gottes auch eben so gut als die Apostel empfangen haben; haben sie etwa umsonst geschrieben, als Hieronymus, Gregorius, Augustinus und Ambrosius; das waren ja gute, tugendhafte Männer; ist dem nicht so? Claes: Waren das die vier Pfeiler, worauf eure Kirche gegründet steht? Pfaffe: Ja. Claes: Ich habe sie nur vom Hörensagen gekannt; wenn sie eure Kirche gestiftet haben, so wie sie jetzt ist, wie man sieht, so waren sie fromme Küchenjungen. Der Pfaffe fuhr zurück und sagte: Ei, ei! Ich sagte: Christus hat seine Kirche nicht so gegründet, auch nicht Petrus, Paulus, Stephanus und Johannes, sie bekamen vielmehr Ruten auf den Rücken, Steine aufs Haupt und das Schwert an den Nacken. Der Pfaffe ward sehr unruhig und sagte: Gib uns doch rechten Bescheid von eurer Kirche, denn man weiß sie nirgends zu finden; wäre sie gut, so würde sie ja zum Vorschein kommen; ihr habt weder Haupt noch Obrigkeit, auch kennt ihr einander nicht, das ist nicht wohl zu begreifen. Claes: Paulus gibt Nachricht an die Epheser, welches die rechte Kirche sei, welche sich Christus gepflanzt, die da herrlich, heilig und unsträflich, ohne Flecken und Runzel ist; die insgesamt getauft sind in einem Geiste, zu einem Leibe, deren Haupt Christus ist, und sie sind zusammengefügt als Glieder eines Leibes. Diese haben einen Herrn, einen Glauben, eine Taufe, einen Gott, einen Vater unser aller, und durch uns alle, und in uns allen. Dieser ist der rechte Tempel Gottes, worin Gottes Geist wohnt. Diese Kirche hat Christus erkauft und mit seinem Blute erlöst. Pfaffe: Hat Christus nicht alle Menschen erlöst, sondern nur diese? Claes: Es steht an verschiedenen Stellen geschrieben, daß die Ungläubigen verdammt sein sollen; was kann ihnen denn der Tod Christi nützen? oder was wird es ihnen helfen, daß Christus gestorben ist? Es ist zu fürchten, sie werden es beklagen, daß Christus gestorben sei; aber diejenigen, die an des Herrn Wort geglaubt haben und demselben nachgefolgt sind, die sind es, die das Himmelreich ererben und mit dem Herrn auf dem Berge Zion triumphieren werden. Diese sind es, die den Tod, den Teufel, die Hölle und die Welt unter den Füßen haben, obschon die Welt in ihrer Unsinnigkeit mit Blutvergießen läuft, um sie zu zerreißen, zu verschlingen und zu vernichten. Wären sie von der Welt, so würde die Welt sie lieben; nun sie aber nicht von der Welt sind, so hasst sie die Welt, wie Christus gesagt hat. Pfaffe: Ihr glaubt nicht, daß Christus Gott und Mensch sei. Claes: Ich glaube, daß Christus wahrhaftig Gott und Mensch sei. Pfaffe: Glaubst du nicht, daß Christus von dem Fleische Maria Mensch geworden sei? Claes: Nein, denn wenn er von Maria natürlichem Fleisch und Blut ein Mensch geworden wäre, so müsste er von Maria seinen Anfang genommen haben; nun aber steht, daß er ohne Anfang der Tage und ohne Ende des Lebens sei; und hätte er Fleisch von Maria angenommen, so wäre das Wort nicht Fleisch geworden; er wäre auch, nach dem Zeugnisse Johannes, nicht ins Fleisch gekommen, sondern er wäre vom Fleisch gekommen, wenn er es von der Maria angenommen hatte. Es steht geschrieben: Wer nicht bekennt, daß Christus ist ins Fleisch gekommen, das ist der Geist des Antichristen, und wenn er ein solcher fleischlicher Mensch wäre, so hätte er nicht gen Himmel fahren können, denn es steht 1Kor 15,50, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben werde. Pfaffe: Sagt aber gleichwohl der Engel Gabriel nicht zu Maria: Du wirst empfangen und einen Sohn gebären? Claes: Wohlan, verstehe das Wörtlein recht, denn er sagt: Du wirst empfangen und gebären; was nun Maria empfing, konnte nicht von ihr wachsen. Pfaffe: Welches Wort ist Fleisch geworden? Claes: Dasselbe Wort, wovon uns Johannes im Ersten zeugt, wenn er sagt: Das da von Anfang war, das wir gehört und mit unseren Augen gesehen haben, das wir beschauet und mit unseren Händen getastet haben, vom Worte des Lebens, und das Leben ist offenbart. Willst du nun noch mehr Nachricht haben? Pfaffe: Wo hat Christus sein Fleisch angenommen, im Himmel oder auf Erden? Claes: Was ich dir nicht mit Schriftstellen beweisen kann, will ich dir nicht sagen. Pfaffe: Glaubst du sonst nichts, als was geschrieben ist? Claes: Nein. Pfaffe: Du glaubst ja doch, daß du eine Seele habest; was weißt du aber, was deine Seele sei, wie groß, wie lang, wie breit und von welcher Farbe sie sei? Claes: Was geht das mich an, meine Seligkeit ist nicht darauf gegründet. Pfaffe: Du glaubst, daß die Toten auferstehen werden; wie aber kann es jemand begreifen, daß das auferstehen und wieder lebendig werden soll, was vernichtet worden ist. Claes: Ich lasse mir mit der Nachricht genügen, die uns Paulus 1Kor 15 gegeben hat. Pfaffe: Glaubst du nicht, daß Maria eine Mutter und Jungfrau sei? Claes: Ja. Der Pfaffe schlug mit seiner Hand auf die Tafel, entrüstete sich sehr und sagte: Das kannst du mir nicht beweisen, man findet nirgends etwas davon in der Heiligen Schrift geschrieben. Claes: Der Prophet Jesaja hat davon geweissagt, daß er von einer Jungfrau geboren werben sollte; und abermals, als Gabriel zu Maria sagte: Du wirst empfangen und einen Sohn gebären. Maria antwortete: Ich erkenne keinen Mann, wie soll das zugehen? Pfaffe: Ja, also kannst du es hie und da schließen; aber daß sie eine Jungfrau bis an ihren Tod geblieben sei? Claes: Das sage ich nicht. Pfaffe: Das ist meine Meinung. Was hältst du denn von dem Abendmahle, da Christus das Brot nahm, dankte und brach es und sagte: Nehmt, esst, das ist mein Leib – glaubst du nicht, daß er ihnen sein natürliches Fleisch und Blut gegeben habe? Claes: Nein. Pfaffe: Sagt er nicht: Wenn ihr nicht esst das Fleisch des Menschensohnes und trinkt sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch, und sagte: Das war das rechte Himmelsbrot, das vom Himmel gekommen ist. Claes: Das Brot, wovon Christus spricht, Joh 6, ist es; das Brot, das ihr dem Volke zu essen gebt, nämlich, welches ihr das Sakrament nennt? Pfaffe: Ja, dasselbe ist es, das er uns hinterlassen hat. Claes: So wird denn niemand von allen denen verdammt, die davon essen, denn Christus sagt: Wer von diesem Brote isst, wird leben in Ewigkeit; nun aber erlangen es alle, Huren und Buben, Diebe und Mörder, von welchen geschrieben steht, daß sie das Himmelreich nicht ererben werden. Pfaffe: Sie haben Reue über ihre Sünde, ehe sie es empfangen; so sagt auch der Herr: Wenn ein Sünder wegen seiner Missetat bittet, will ich derselben in Ewigkeit nicht gedenken. Davon redeten wir viel, aber es ist zu weitläufig, es niederzuschreiben. Zuletzt fragte ich den Pfaffen, ob er glaubte, wenn er seine Hostie in den Mund nimmt, daß er Christi Leib empfange in Fleisch und Blut, so groß, als er am Holze des Kreuzes hing. Pfaffe: Ja. Claes: Wenn du ihn einschluckst, wohin fährt er denn dann? Der Pfaffe war sehr entrüstet. Der Präsident fragte mich: Ja, warum kannst du nicht sowohl mit deiner ersten Taufe zufrieden sein, sondern musst dich noch einmal taufen lassen? Claes: Ich weiß nur von einer Taufe. Deine Taufzeugen wissen wohl, daß du einmal getauft worden bist, du kannst sie darum fragen. Claes: Obgleich ich es wohl wusste, daß ich getauft worden bin, so weiß ich doch nun, daß es ohne Glauben geschehen ist; nun aber steht Röm 14,24: Alles, was nicht aus Glauben geschieht, das ist Sünde. Präsident: Deine Taufzeugen waren gläubig. Claes: Ich weiß nicht, daß die Apostel jemand getauft haben, es sei denn, daß er selbst geglaubt und seinen Glauben bekannt hat; was habe ich aber bekannt, wie ich in meiner Kindheit getauft worden bin? Pfaffe: Frage solches deine Taufzeugen. Was hältst du aber von unserem Vater, dem Papste und seinem Reiche? Claes: Der Papst taugt nichts samt seinem ganzen Krame, der Messe und allem, was darin ist; weder der Sack noch Samen. Ihr verkauft und gebt dem Volke die Messen dutzendweise, ja bei zwanzig und dreißig auf einmal; sie aber haben weder Schneide noch Spitze, und taugen nichts, weder zum Schneiden noch Stechen, und dennoch preist ihr sie dem Volke als gut und wahrhaftig an; ist das nicht Betrug? Ihr predigt dem Volke, man soll sich nicht betrinken, und dennoch geht ihr so betrunken auf den Gassen umher, wie Schweine. Ihr lehrt, man soll nicht geizig sein, wer aber ist geiziger, als die Pfaffen und Mönche? Ihr lehrt, man soll nicht müßig sein, wo aber findet man mehr Müßiggang als unter euch? Ihr wollt lieber mit dem Sacke oder Korbe von Tür zu Tür umhergehen und betteln, als arbeiten, wie man sieht. Der Pfaffe ward zornig, stand auf und sagte: Das ist das Erste, was ihr einander lehrt, eures Nächsten Mängel zu offenbaren. Claes: Warum sollten wir das Bekenntnis nicht beobachten, das uns Christus gegeben hat, wenn er sagt, daß man die Bäume an ihren Fruchten erkennen soll. Pfaffe: Solches ist geistig zu verstehen. Darauf ging er zur Kammer hinaus. Der Präsident fragte mich, ob ich meine zweite Taufe und alles, was ich geredet hätte, widerrufen wollte. Ich entgegnete: Nein, meine Herren; keineswegs will ich verleugnen, was in dem Namen des Herrn über mir geschehen ist. Als der Präsident das hörte, stand er auf. Als sie nun sämtlich aufstanden und sich entfernen wollten, bedankte ich mich gegen sie, daß ich ihnen Mühe gemacht hätte. Der Präsident kehrte sich um und fragte mich noch einmal, ob ich widerrufen, oder zusehen wollte, was mir begegnen würde. Da entbrannte ich in meinem Herzen, um ihnen und den anderen Gerichtsverwandten zu sagen, sie sollten zusehen, was sie täten, und sagte: Meine Herren, widerrufen will ich keineswegs; ich weiß auch wohl, was mir nach des Kaisers Befehle begegnen wird; aber es sind zwei Befehle, der eine von dem obersten Könige, der andere aber von dem sterblichen Kaiser, und diese beiden Befehle streiten gegeneinander; der eine sagt, daß man beides aufwachsen lassen soll, das Gute mit dem Bösen; der andere aber, daß man es ausrotten soll. Darum, meine Herren, bitte ich euch, ihr wollt die andern Ratsherren warnen, daß sie überlegen, was das Beste sei; denn ihr habt das Schwert nicht empfangen, die Unschuldigen zu strafen. Ich sagte noch sehr vieles, das mir der Herr zu reden eingab; er stand mit seinem Hute in der Hand, desgleichen auch die andern und der Stockmeister, und schwiegen still; zuletzt baten sie Gott, daß er mir geben wolle, was mir am seligsten wäre, worauf sie sich entfernten.

Ich grüße die ganze Gemeinde, welche in allen Landen zerstreut ist, mit dem Frieden des Herrn, denn ich warte nun von Tag zu Tag darauf, daß ich mein Opfer tun soll. Bittet Gott, daß er mich bis ans Ende erhalten wolle; ich bitte täglich für euch. Geschrieben in Banden.