Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.654

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2.654  Ein Glaubensbekenntnis der Gefangenen in England, der vorhergehenden Bittschrift angehängt.

Was unsern Glauben von Jesu Christo, unserm Seligmacher, betrifft, so glauben wir nicht allein seine Menschwerdung, sondern halten auch dafür, daß es der Antichrist sei, der da leugnet, daß Christus ins Fleisch gekommen sei; darum glauben wir mit dem Herzen und bekennen mit dem Munde, daß das ewige Wort Gottes von Anfang bei Gott gewesen, und daß der Sohn Gottes Mensch geworden sei in der Fülle der Zeit, damit Er die Menschen selig mache und erlöse, daß Er von dem Heiligen Geist empfangen worden sei durch die Kraft des allerhöchsten Gottes, daß Er von der gesegneten Jungfrau Maria geboren und aus dem Samen Davids erschienen und daß Er die Frucht des Leibes Maria sei; nachdem nun die Kinder Fleisch und Blut haben, ist Er es gleicher Maßen teilhaftig geworden; endlich bekennen wir, daß Er der verheißene Weibessamen sei, der den Kopf der Schlange zertreten hat, und glauben alles, was die heilige Schrift noch mehr von Ihm beschreibt, und setzen die einzige Hoffnung unserer Seligkeit in seinen Tod und seine Auferstehung. Aber das müssen wir hierbei erklären, daß wir in unserm Gewissen noch nicht so überzeugt sind, daß wir sagen können, Er habe sein Fleisch aus dem Wesen der Jungfrau Maria genommen, weil wir solchen Ausdruck in der Schrift nicht finden; darum überlassen wir die Untersuchung dem Geheimnisse Gottes.

Was die Kindertaufe betrifft, so glauben wir, daß die unmündigen Kinder in dem Stande der Seligkeit seien und daß ihnen das Reich Gottes zugehöre; weil wir aber in heiliger Schrift weder Gebot noch Exempel finden, dieselben zu taufen, so halten wir, nach der Einsetzung Christi, dafür, daß man mit ihrer Taufe warten soll, bis sie ihren Glauben in der Kirche Gottes bekennen können; daneben aber verurteilen und verdammen wir die Kirchen nicht, die eine andere Lehre haben.

Was die Obrigkeit und deren Amt an sich selbst betrifft, so bekennen wir, daß sie nicht allein gut und nützlich sei zur Erhaltung der gemeinen Wohlfahrt, sondern auch von Gott verordnet sei, um die Guten zu beschützen, die Bösen aber zu strafen, und daß sie das Schwert nicht umsonst empfangen habe, welcher wir auch, nach Gottes Befehl, schuldig und bereit sind, alle Untertänigkeit und Dienst zu erweisen; übrigens aber halten wir dafür, daß es uns nicht zustehe von dieser Sache etwas weiter zu untersuchen und zu urteilen.

Aber durch Fragen in unserm Gewissen gedrungen, ob nämlich die Obrigkeit wohl christlich gesinnt sein könne, sagen wir, daß es vor der Menschen Augen (um der mancherlei Verhinderungen willen) schwer und hart sei, nichtsdestoweniger zweifeln wir nicht daran, weil das, was vor den Menschen unmöglich scheint, vor Gott möglich ist, wie Christus von dem Reichen im Evangelium sagt.

Was das Schwören anbetrifft, so kommen wir mit den deutschen Predigern in diesem Artikel überein, daß man wohl mit gutem Gewissen Gott zum Zeugen nehmen möge in einer Sache, die wir wissen und von der wir versichert sind.

Diese Artikel, wie sie hier abgefasst sind, glauben wir aufrichtig, jedoch abgesehen von solchen Schlüssen, die einige aus ihrem eigenen Verstand dagegen machen.

Darum bitten wir Ihre Majestät demütig um Christi willen, unsere Schwachheit zu ertragen, und zu betrachten, daß wenn wir in unserm Gewissen es anders finden könnten, wir solches sehr gern und von Herzen annehmen und mündlich bekennen wollten.

Deshalb bitten wir Gott demütig für Ihrer Majestät langes Leben, glückliche Regierung und ewige Seligkeit. Wir zweifeln nicht, Sie werde es sich gefallen lassen, an uns armen, gefangenen Fremdlingen, solche Gnade zu erweisen, die schon bereits an unsern Mitgesellen bewiesen worden ist, wofür Gott und Ihrer Majestät gedankt sein müsse.

Es war unterschrieben: Von mir, Hendrik Terwoort, Jan Pieterß, Christian Kemels, Gerrit von Byler, Hans von der Straten.