Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.167

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2.167  Ein Brief von Hieronymus Segerß an sein Weib geschrieben.

Die Gnade, die Freude, der Friede von Gott dem Vater, die Barmherzigkeit und Liebe des Sohnes, unseres Herrn Jesu Christi, und die Gemeinschaft und der Trost des Heiligen Geistes wolle uns trösten, stärken und kräftig machen, und wolle uns beide in aller Gerechtigkeit und Heiligkeit bis ans Ende erhalten. Demselben sei Preis von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

Ich wünsche meinem auserwählten Weibe in dem Herrn und mir die ewige Freude und das unvergängliche, unverderbliche Leben, und gönne uns beiden, dass wir bei seinem göttlichen Worte und seiner ewigen Wahrheit bis ans Ende unveränderlich bleiben möchten, welches Er auch tun wird, denn Er hat es uns verheißen, wenn wir anders in demjenigen treu bleiben, was Er uns gegeben hat, und auch Ihm zum Preise, dafür streiten wollen, gleichwie Er auch um unser Heil gestritten hat, und seinem Vater bis zum Tode gehorsam gewesen ist. Wenn wir nun auch bis zum Tode getreu bleiben, so werden wir die Krone des Lebens empfangen und mit ihm das ewige Leben besitzen. Dann wird Er uns in Ewigkeit nicht verlassen, indem der Herr nicht wider sein Wort handeln kann oder mag, weil sein Wort in Ewigkeit nicht vergehen wird. Daneben hat Er uns auch so treulich verheißen, dass er uns bewahren wolle, wenn wir Ihn nicht verlassen, dass uns niemand aus seiner Hand reißen wird. Er wird uns wie seinen Augapfel, ja wie seine Söhne und Töchter bewahren. Denn siehe, meine Geliebte, wie treulich Er diejenigen bewahrt, die Ihm getreulich gedient haben, gleichwie Noah in der Arche bewahrt worden und Lot aus Sodom geführt wurde, und Jakob vor seinem Bruder Esau erhalten ward, wiewohl er ihn zu töten suchte, auch Joseph vor seinen Brüdern, den Söhnen Jakobs, und Josua und Kaleb, welche in das Land der Verheißung eingegangen sind vor allen Heiden, und David vor dem Goliath, und die Susanna vor den falschen Zeugen, und Daniel vor den Löwen, und noch mehrere andere, welche zu beschreiben zu viel Zeiten kosten würde.

Aber hieran können wir merken, wie treulich Er diejenigen bewahrt, welche Ihn von Herzen lieben und fürchten, ja wie schändlich auch diejenigen fallen, die ihn verlassen; wie wir von Anfang der Welt her sehen mögen, dass dieselben um ihrer Bosheit willen zu Grunde gegangen sind, wie Lots Weib gestraft worden sei und Esau seine Erstgeburt nicht wieder habe erlangen können, und wie das ganze Israel in der Wüste vergangen sei. Siehe, mein geliebtes Weib, solches hat der Herr zugelassen, nicht allein um derer willen, die gesündigt haben, sondern auch um unseretwillen, damit wir sehen möchten, wie Christus mit den Gerechten sei und sie bewahre, und dass wir erkennen möchten, wie Er die Gottlosen verlässt und zu Grunde richtet; denn Paulus sagt: Alles, was geschrieben ist, ist zu unserer Lehre geschrieben. Darum laß uns Fleiß anlegen, dass wir den Herrn von unseres Herzens Grunde suchen, fürchten und lieben, Ihm treulich dienen, und Ihn nicht verlassen, denn Christus sagt: Wer nicht mit mir ist, der ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreuet; gleichwie wir täglich vor unsern Augen sehen, wie kräftig Er denen beistehe, die sich auf Ihn verlassen, und wie bald die zu Falle gekommen seien, die Christum verlassen und ihr Vertrauen auf Menschen gesetzt haben. Darum, mein geliebtes Weib in dem Herrn, laß uns dem allmächtigen Herrn vertrauen, und allezeit auf den Herzog des Glaubens und Vollender, Jesum, sehen; laß uns allezeit den gekreuzigten Christum vor Augen haben und Ihm treulich nachfolgen, gleichwie Er uns vorgegangen ist; auch unser Kreuz mit Geduld auf uns nehmen und allezeit an die Worte Christi denken, wo Er spricht, dass sie uns töten werden und dabei meinen, sie tun Ihm einen Dienst damit; gedenke, dass solches uns vorhergesagt ist, damit, wenn es geschieht, wir uns daran nicht ärgern sollen, denn der Knecht ist nicht mehr als sein Herr. Und dieses werden sie euch tun, weil sie weder mich, noch meinen Vater erkannt haben.

Denn das Wort vom Kreuz Christi dünkt denjenigen, die verloren gehen, eine Torheit und Narrheit zu sein, uns aber ist es eine Kraft Gottes. Darum lasst uns stets an das Wort des Herrn halten, wovon Christus spricht: Wer mich vor den Menschen bekennt, den will ich auch vor meinem himmlischen Vater bekennen; wer mich vor den Menschen verleugnet, den will ich auch vor meinem himmlischen Vater und vor seinen heiligen Engeln verleugnen. Laß uns doch unser ganzes Vertrauen ans Ihn setzen, so wird Er uns nicht verlassen, denn Er verlässt die Seinen nicht, sondern hat seinen himmlischen Vater gebeten, dass Er wolle, dass, wo Er sei, auch wir mit Ihm sein sollten. Darum laß die Welt nur verketzern, wiedertäufern, verdammen, denn Paulus sagt: Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht, wer will uns verdammen? Christus ist hier, der für uns gestorben ist, der auch auferstanden ist und zur rechten Hand des Vaters sitzt und für uns bittet; wie sollte Er uns nicht alles geben? Denn Er hat seinen eingebornen Sohn nicht verschont, sondern hat Ihn für uns alle dahingegeben; hat uns nun Gott so geliebt, als wir noch Feinde waren, wie viel mehr werden wir vor dem Zorne erhalten werden, nachdem wir durch sein Blut gerecht geworden sind. Denn nachdem wir durch den Glauben gerecht geworden sind, haben wir Friede mit Gott, durch unsern Herrn Jesum Christum, durch welchen wir zu dieser Gnade, worin wir stehen, einen Zugang haben und uns der zukünftigen Herrlichkeit rühmen, die uns Gott geben wird; nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch der Trübsal, weil wir wissen, das Trübsal Erfahrung, Erfahrung Geduld, Geduld aber Hoffnung wirkt, die Hoffnung aber wird uns nicht zu Schanden werden lassen; und das darum, weil die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, in unsere Herzen ausgegossen ist.

Meine Geliebteste, darum laß uns unser Vertrauen auf den Herrn setzen, und in Geduld auf seine Verheißungen warten, gleichwie der Ackermann auf seine Früchte wartet, und laß uns ihn nicht verlassen, dann wird Er uns auch nicht verlassen. Ich habe uns beide und unser Kind seinen Händen anbefohlen, dass er uns nach seinem göttlichen Willen tue, wodurch sein Name verherrlicht werden möge, und dass es zu unserer Seelen Seligkeit und zum Troste und zur Freude aller derer, die den Herrn fürchten, gereichen möge; ich habe das feste und unbedingte Vertrauen zu ihm, dass er uns als seine Söhne und Töchter, ja wie seinen Augapfel bewahren werde. Und ich berichte dir, dass ich mich sehr gefreut, als ich deinen Brief gelesen habe, weil du schreibst, du bätest den Herrn mit weinenden Augen, dass er dich auch tüchtig machen wolle, um seines Namens willen zu leiden. Meine Geliebte, sorge nicht, sondern bitte den Herrn mit demütigem Herzen, dass Er uns geben wolle, was unserer Seele am ersprießlichsten ist; solches wird Er ohne Zweifel tun, und wird uns nicht über unser Vermögen versucht werden lassen. Derselbe wolle uns in aller Gerechtigkeit, Heiligkeit und Wahrheit bis ans Ende bewahren.

Ferner berichte ich dir, meine Geliebte, dass sie mich sehr peinigten, um die Hebammen zu entdecken, die unsere Schwestern entbunden haben; der Herr aber war kräftiger (der meinen Mund bewahrt hat) als alle Pein. Dem Herrn sei ewig Preis und Lob, der die Seinen nicht verlässt; sie erlangten von mir keine Namen als einen oder zwei, die sie mir aus einem Briefe vorgelesen hatten; solche wollte ich ihnen sagen, um zu vernehmen, was sie sagen würden. Sie aber fragten mich, ob ich mit ihnen spottete, und setzten mir noch heftiger zu, ich sollte die Frauen und mehrere andere verraten, oder sie wollten mich peinigen bis am andern Morgen und wollten mich einen Fuß länger auseinander spannen, als ich lang wäre; sie sagten auch zu Gileyn, er sollte ausspannen, und sein Knecht zog nach Kräften aus, Gileyn aber goss mir den Leib voll Wasser; sie hatten mich mutternackend auf der Bank liegen und mir weiter nichts als mein Hemd gelassen, um meine Blöße zu bedecken; in dieser Beschaffenheit hatten sie mich mit vier Stricken auf die Bank gebunden, dass es mir vorkam, ich hätte bereits meinen Hals und meine Füße verloren; aber sie erlangten sonst nichts, dem Herrn sei Lob und Preis. Als sie mich nun wieder von den Stricken befreiten, mussten mich ihrer zwei oder drei von der Bank heben und mich ankleiden; es wäre nicht möglich gewesen, ohne des Herrn Hilfe die Pein zu ertragen; auch sagten sie, ich sollte mich bedenken und ein gutes Kind der römischen Kirche werden; auch sollte ich alle, die ich wusste, verraten, oder sie wollten es mir noch besser machen; aber ich sagte hierauf, ich hätte nicht geirrt und wollte lieber sterben, als meinen Glauben verleugnen. Sie entgegneten darauf, sie wollten bald wiederkommen, aber sie konnten nicht mehr tun, als ihnen der Herr zuließ. Dem Herrn sei ewig Lob, der uns hierzu tüchtig gemacht hat. Er wolle uns ferner zubereiten, damit wir Kinder seines Reiches werden, Amen. Mein geliebtes Weib, ich befehle dich dem Herrn und dem Worte seiner Gnade.