Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.278

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2.278  Das Bekenntnis einer Frau, genannt Claesken, die um des Zeugnisses Jesu Christi willen ihr Leben gelassen hat, 1559.

Fragen und Antworten zwischen dem Commissarius und Claesken.

Der Commissarius hat mich zuerst nach meinem Namen, wo ich geboren wäre, nach meinem Alter und nach mehreren anderen dergleichen Dinge gefragt; dann fragte er mich: Bist du getauft? Claesken: Ja. Commissarius: Wer hat dich getauft? Claesken: Jelis von Aachen. Commissarius: Der Verführer; er ist selbst von seinem Glauben abgefallen. Wie machte er es, als er dich taufte? Claesken: Er taufte mich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Commissarius: Wo hast du die Taufe empfangen? Claesken: Zu Workum im Felde. Commissarius: War mehr Volk dabei? Claesken: Ja. Commissarius: Was für Volk war es? Claesken: Ich habe es vergessen. Commissarius: Durch welche Gelegenheit bist du dahin gekommen? Claesken: Ich habe es vergessen; beides konnte ich mit Wahrheit wohl sagen. Commissarius: Sind deine Kinder nicht getauft: Claesken: Meine beiden jüngsten Kinder nicht. Commissarius: Warum hast du deine Kinder nicht taufen lassen? Claesken: Weil ich so viel Wohlgefallen daran hatte, daß der Herr sie mir gegeben. Commissarius: Warum hattest du so viel Liebe für Abraham und Sicke, und nicht auch für Douwe; du hast ja Douwe taufen lassen? Claesken: Damals wusste ich es nicht. Commissarius: Was wusstest du damals nicht? Claesken: Was ich jetzt weiß. Commissarius: Was weißt du jetzt? Claesken: Was mir der Herr zu erkennen gegeben hat. Commissarius: Was hat dir der Herr zu erkennen gegeben? Claesken: Daß ich es in der Schrift nicht verstehen kann, daß solches geschehen müsse. Commissarius: Wie lange bist du nicht in der Kirche gewesen? Claesken: In neun oder zehn Jahren nicht.

Dieses sind die Fragen, worüber er mich verhört hat; wiewohl er viel mehr Worte machte, und wenn ich ihm nicht sofort antwortete, so sagte er, ich hätte einen stummen Teufel in mir; der Teufel verstelle sich in uns in einen Engel des Lichts, und so wären wir wie die Ketzer alle; dann las er mir die Artikel vor, wie ich bekannt hatte, und sagte mir, sie würden vor die Herren kommen; wenn ich es haben wollte, so wollte er noch etwas anders niederschreiben. Ich erwiderte: es ist nicht nötig, etwas anders niederzuschreiben.

Fragen und Antworten zwischen dem Ketzermeister und Claesken.

Ketzermeister: Warum hast du dich taufen lassen? Claesken: Die Schrift zeugt von einem neuen Leben. Johannes ruft zuerst von der Buße, desgleichen auch Christus selbst, und nach ihm die Apostel; sie lehrten das Volk Buße tun, sich bekehren, und dann sich taufen lassen; in gleicher Weise habe ich auch Buße getan und mich bekehrt, und habe mich taufen lassen; hierauf erwiderte er nicht viel. Ketzermeister: Warum hast du deine Kinder nicht taufen lassen? Claesken: Ich kann es in der Heiligen Schrift nicht finden, daß solches nötig sei. Ketzermeister: David sagt ja: Ich bin in Sünden geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen; da nun die Kinder in der Erbsünde geboren sind, so müssen sie auch getauft werden, sollen sie anders selig werden. Claesken: Kann ein Mensch durch ein auswendiges Zeichen selig werden, so ist Christus umsonst gestorben. Ketzermeister: Es steht Joh 3,5: Man muss wiedergeboren werden aus Wasser und Geist; darum müssen die Kinder auch getauft werden. Claesken: Das hat Christus nicht zu den Kindern, sondern zu Verständigen geredet; darum habe ich mich zur Wiedergeburt begeben; wir wissen es, daß die Kindlein in des Herrn Hand sind, denn er sagt: Lasset die Kindlein zu mir kommen, solcher ist das Reich der Himmel. Ketzermeister: Stephanus’ Hausgesinde wurde getauft, dabei sind auch zufälligerweise Kinder gewesen. Claesken: Wir verlassen uns nicht auf den Zufall, denn wir haben eine große Gewissheit; dagegen sagte er auch nicht viel. Ketzermeister: Was hältst du von der heiligen Kirche. Claesken: Davon halte ich sehr viel. Ketzermeister: Warum gehst du denn nicht in die Kirche? Claesken: Von euren Kirchenbesuchen halte ich nichts. Ketzermeister: Glaubst du wohl, daß Gott allmächtig sei? Claesken: Ja, das glaube ich. Ketzermeister: Glaubst du denn auch wohl, daß Christus sich geheiligt habe und in dem Brote komme? Paulus sagt: Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi, und der Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Claesken: Ich weiß wohl, wie Paulus sagt, und so glaube ich auch. Ketzermeister: Christus sagte: Nehmt, esst, das ist mein Leib, desgleichen auch Paulus. Claesken: Ich weiß wohl, wie Christus und Paulus sagen, und dasselbe glaube ich auch. Ketzermeister: Glaubst du denn auch, daß Christus sich heilige und im Brote komme? Claesken: Christus ist zur Rechten seines Vaters; er kommt nicht unter der Menschen Zähne. Ketzermeister: Bleibst du bei diesem Glauben, so musst du ewig in den Abgrund der Hölle fahren; in gleicher Weise reden alle Ketzer; es hat sie Jelis von Aachen verführt, welcher doch selber von seinem Glauben abgefallen ist, weil er erkannte, daß er geirrt habe. Claesken: Ich beruhe weder auf Jelis, noch auf einem andern Menschen, sondern allein auf Christo; derselben ist unser Grund, darauf haben wir uns erbaut, wie uns Christus in seinem Evangelium lehrt: Wer meine Worte hört und tut sie, den will ich einem weisen Manne vergleichen, der sein Haus auf den Felsen baute, und wenn schon Stürme entstehen und auf das Haus stoßen, so fällt es doch nicht ein. Dies sind nun die Stürme, die auf unser Haus zustürmen; aber Christus ist unsere Feste, er wird uns wohl bewahren. Ketzermeister: Du verstehst es nicht, und es sind viele andere Schriften, von denen du nicht weißt. Claesken: Wir bedürfen keiner anderen Schriften als des heiligen Evangeliums, welches Christus selbst mit seinem gesegneten Munde zu uns geredet, und mit seinem Blute versiegelt hat; können wir dieses halten, so werden wir die Seligkeit erlangen. Ketzermeister: Du solltest dich unterrichten lassen; die heiligen Väter haben vor 1500 Jahren den Gebrauch, in die Kirche zu gehen, eingeführt. Claesken: Die heiligen Vater hatten solche Heiligkeit nicht; das sind Menschengebote und Satzungen; auch haben die Apostel solche Heiligkeit nicht gebraucht; ich habe nichts davon gelesen. Ketzermeister: Willst du weiser sein als die heilige Kirche? Claesken: Ich begehre nichts wider die heilige Kirche zu tun; ich habe mich unter den Gehorsam der heiligen Kirche begeben. Ketzermeister: Du solltest denken: Sollte ich es besser wissen, als die heiligen Väter vor 1500 Jahren; du solltest denken, du seiest einfältig. Claesken: Bin ich auch schlicht und einfältig vor den Menschen, so bin ich doch nicht schlicht in der Erkenntnis des Herrn. Weißt du nicht, daß der Herr seinem Vater dankte, daß er solches vor den Weisen und Verständigen verborgen und es den Einfältigen und Unschuldigen offenbart hätte?

Einstmals waren zwei Mönche bei ihm, die mich auch unterrichten sollten. Sie wussten aber nicht viel zu sagen, und meinten, daß wir Menschen von zerrütteten Sinnen und untüchtig zum Glauben wären. Wir lernten allezeit und könnten doch nie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Ich erwiderte: Wenn der Tag des Herrn kommt, werdet ihr es wohl anders erfahren; seht euch vor, damit ihr nicht solche sein werdet, die da sagen werden: Diese sind es, die wir für einen Spott hielten; siehe, wie sind sie nun unter die Kinder Gottes gerechnet, und ihr Teil ist unter den Heiligen. Darauf sagten sie: Siehe, sie richtet uns. Ich sagte: Ich richte euch nicht, sondern ich sage, ihr sollt euch vorsehen; jetzt wird unser Leben für unsinnig gehalten und unser Ende für eine Schande; wenn aber des Herrn Tag kommen wird, so wird man es wohl anders finden. Der Anfang und das Ende war, daß ich den Teufel hätte und verführt wäre. Ich sagte: Ist denn Christus ein Verführer? Er sagte: Nein, Christus ist kein Verführer. Ich sagte: So bin ich auch nicht verführt; ich suche und begehre nichts anderes, als den Herrn von ganzem Herzen zu fürchten, und meines Wissens nicht ein Pünktlein von seinen Geboten zu übertreten; als er mir nun länger vorgeredet hatte, so sagte er endlich: Ich kann dir nichts anderes sagen; du kannst dich bedenken. Ich erwiderte: Ich darf mich nicht anders bedenken; ich weiß wohl, daß die Wahrheit auf meiner Seite ist.

Als ich nun abermals vor ihn kam, so sagte er: Nun, Claesken, wie hast du dich bedacht? Claesken: Ich habe mich bedacht, daß ich dabei bleiben will, wozu mich der Herr berufen hat. Ketzermeister: Der Teufel hat dich berufen; derselbe verstellt sich in euch in einen Engel des Lichtes. Als er mich das sechste Mal verhörte, fragte er mich: Als Christus sein Abendmahl mit seinen Aposteln hielt, gab er ihnen nicht sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trinken? Claesken: Er gab ihnen Brot und Wein; seinen Leib aber gab er dahin zu ihrer Erlösung. Ketzermeister: Christus sagt ja klar: Nehmt, esst, das ist mein Fleisch; dem kannst du ja nicht widersprechen. Claesken: Paulus sagt: Ich habe es von dem Herrn empfangen, was ich euch gegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm das Brot, dankte und brach es, gab es seinen Aposteln und sprach: Nehmt, esst, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wird; solches tut zu meinem Gedächtnis; desgleichen auch nach dein Abendmahle nahm er den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist ein neues Testament in meinem Blute; so oft ihr solches trinkt, so tut es zu meinem Gedächtnis, und so oft ihr von diesem Brot esst und von diesem Kelch trinkt, sollt ihr des Herrn Tod verkündigen, bis daß er kommt. Darum hat uns Christus sein Abendmahl hinterlassen, daß wir uns seines Todes dabei erinnern sollen, daß er seinen Leib für uns dahingegeben und sein Blut für uns vergossen habe. Solches Abendmahl wollte ich wohl mit Gottes Volke halten, aber kein anderes. Er blieb bei seiner Redeweise, man müsste das Fleisch Christi essen und sein Blut trinken; die Worte Christi und Pauli brächten solches klar mit sich. Claesken: Weil die Worte so deutlich sind, kann ich sie so wohl verstehen, doch pflegt es zu gehen, wie Paulus sagt, daß diejenigen, die sich nicht zum Herrn bekehren, eine Decke vor ihrem Herzen haben; diejenigen aber, die sich zum Herrn bekehren, denen ist die Decke von ihrem Herzen hinweggetan. Wir haben uns zum Herrn begeben; es ist vor uns nichts verborgen. Ketzermeister: Bei Joh 6 sagt Christus auch deutlich, daß man sein Fleisch essen und sein Blut trinken müsse. Claesken: Daselbst steht auch, als die Juden murrend sagten: Wie kann uns dieser sein Fleisch zu essen geben, sagte Christus: Es sei denn, daß ihr das Fleisch des Menschensohnes esst, so habt ihr kein Leben in euch. Auch sagt er: Wer mein Fleisch isst, und mein Blut trinkt, der hat das ewige Leben. Er sagte auch: Fleisch und Blut ist nichts nütz, die Worte, die ich rede, sind Geist und Leben; wer an Gott glaubt und in aller Gerechtigkeit wandelt, der ist ein Tempel Gottes, worin Gott wohnen und wandeln will, wie Paulus bezeugt.

Als er mich das siebte Mal verhörte, sagte er: Glaubst du nicht, daß die Apostel Christi Fleisch gegessen haben? Claesken: Christus nahm das Brot und dankte, brach es und gab es seinen Jüngern; seinen Leib aber hat er für sie hingegeben zur Erlösung. Ketzermeister: Glaubst du nichts anderes? Claesken: Ich glaube nichts anderes, als was Christus geredet hat. Ketzermeister: So bezeuge ich über dir, daß ich rein sei von deinem Blute. Dein Blut komme auf deinen eigenen Kopf. Claesken: Damit bin ich wohl zufrieden. Ketzermeister: Hiermit übergebe ich dich dem Herrn.

Darauf hat er mich noch einmal verhört und mich gefragt: Glaubst du noch nicht, daß die Apostel Christi Fleisch gegessen haben? Claesken: Ich habe es dir gesagt. Ketzermeister: Sage es jetzt. Claesken: Ich sage es nun nicht mehr. Ketzermeister: Glaubst du noch ebenso bei der Taufe? Claesken: Du weißt es ja wohl, daß man die Bußfertigen taufen müsse. Ketzermeister: Das ist freilich wahr. Wenn ein Jude kommt, der noch nicht getauft ist. Bist du auch noch ebenso in der Kindertaufe gesinnt? Claesken: Ja. Ketzermeister: Glaubst du denn nichts anderes? Claesken: Ich glaube nichts anderes, als was Christus befohlen hat. Ketzermeister: So bezeuge ich über dir, daß du ewiglich in dem Abgrunde der Hölle gequält werden müssest. Claesken: Wie darfst du mich so abscheulich richten, da doch dem Herrn allein das Gericht zukommt? Ich bin deswegen nicht erschrocken; ich weiß es besser, nämlich, daß man es anders finden wird, wenn des Herrn Tag kommt. Dann fragte ich ihn: Was sagt mein Mann? Ketzermeister: Dein Mann ist eben auch so gesinnt; der Herr muss euch erleuchten. Claesken: Wir sind schon erleuchtet; der Herr sei gelobt. Von meiner Taufe redete er nicht viel, auch nicht von der Kindertaufe, sondern alle seine Reden gingen dahin, daß man Christi Fleisch essen und sein Blut trinken müsse; auch redete er von der vor 1500 Jahren geschehenen Einsetzung, meinte, daß ich einfältig sei und das Testament kaum einmal durchgelesen hätte. Ich erwiderte: Was? Meinst du, daß wir aufs Ungewisse laufen? Es ist uns nicht unbekannt, was im Neuen Testamente steht; wir verlassen unsere lieben Kinder, die ich um die ganze Welt nicht verlassen wollte; auch wagen wir alles daran, was wir haben; sollten wir denn auf das Ungewisse hinlaufen? Wir suchen sonst nichts, als unsere Seligkeit; du kannst es uns in mit der Heiligen Schrift nicht beweisen, daß wir auch ein Pünktlein gegen des Herrn Wort brauchen oder glauben. Es war bei ihm ausgemacht, daß wir alles vom Teufel hätten, und daß wir mit dem Hoffartsteufel besessen wären. Ich sagte: Wir wissen, daß die Hoffärtigen vom Stuhle gestoßen sind. Er redete so viel, weil er dachte, daß er mich vielleicht überreden könnte, darum musste ich bisweilen auch reden, weil ich nicht haben wollte, daß er solches mutmaßen sollte.