Im Jahre 1576 hat Paulus Glock, der im Württemberger Lande 19 Jahre nacheinander gefangen gelegen hatte, die Freiheit erlangt, nachdem er in der Zeit seiner Gefangenschaft viel erlitten hatte, und anfänglich sehr gepeinigt und gemartert ist, und während dieser Zeit öfters und auf vielerlei Weise sowohl von der Obrigkeit als auch den Edelleuten und lutherischen Pfaffen versucht worden ist; sie haben ihn mit hartem und mit leichtem Gefängnis auf die Probe gestellt. Im Jahre 1566 versuchten sie ihn ein halbes Jahr lang nicht, ließen ihn auch einige Male ausgehen, wenn er ihnen mit seinem Jaworte zusagte, ohne ihr Wissen nicht fortgehen zu wollen. Als nachher des Fürsten Hofprediger und andere ihn verhörten, und er noch fest bei seinem Glauben blieb, auch ihre Obrigkeit, sowie das Schwert und den Krieg, nicht für christlich halten wollte, sagten sie, er wäre nicht wert, daß er unter die Leute ginge, er müsste sein Leben lang bis an seinen Tod gefangen sitzen, oder so lange, bis er sagen würde, daß sie gute Christen wären. Im Jahre 1567 war er krank vom Tage der drei Könige an bis an den St. Johannistag, und war sehr ärmlich und elend, lahm an seinen Händen, wie auch an seinen Knien, sodass er nicht stehen konnte; ebenso hatte er auch große Schmerzen im Munde, sodass er lange kein Brot essen konnte, und auch keine Hoffnung zu seiner Genesung vorhanden war.
Als nun seine Feinde das vernahmen, dachten sie, dies ist unsere rechte Zeit, und schickten zwei Pfaffen zu ihm, die mit ihm handeln und ihn hinsichtlich der Kindertaufe und dem Sakrament überreden und ihn zu sich bekehren sollten, weil ihn Gott so mit Krankheit plage; aber der Bruder Paulus sprach: Zeigt mir ein christliches Häuflein, das durch eure Predigt, Lehre und Glauben aufgewachsen ist, dann will ich mich dazu schlagen, und wenn noch etwas an mir ist, das wider Gott ist, so will ich es ablegen und verlassen, und das Bessere annehmen. Da sagten die beiden Pfaffen: Man kann die christliche Kirche nicht mit Fingern zeigen. Der Bruder Paulus antwortete: Es ist offenbar, was ihr für falsche Propheten seid; Christus hat seine Gemeinde und Jünger gezeigt, als Er seine Hand über seine Jünger ausstreckte und sagte: Das ist meine Mutter, Schwester und Bruder, die den Willen meines Vaters tun, der im Himmel ist; auch kann eine Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen bleiben; ferner, ihr seid das Licht der Welt. Der Apostel Petrus bezeugt auch davon, indem er sagt: Ihr seid das auserwählte Geschlecht, das heilige Volk. Paulus zeigt sie auch, wenn er sagt: Ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, das Siegel meines Apostelamtes. Weil ihr aber dieselben nicht kennt, so seid ihr Kinder der Nacht und der Finsternis, und keine Glieder an dem Leib Christi, weil ihr mir den Leib Christi nicht zeigen könnt. Wie sollte ich nun ein Vertrauen zu euch haben und mich übergeben, damit ihr aus mir einen Christen macht, während ihr mir doch noch nicht einen Christen in eurer Kirche gezeigt habt? Ihr seid eben wie die 400 falschen Propheten Ahabs, die ihr einen falschen Geist in euren schalkhaften Mund empfangen habt, um die ganze Welt zu verführen; ja, ihr seid die Diebe und Mörder, die jetzt kommen, um zu würgen und zu stehlen. Als er ihnen nun solche Antwort gab, verwunderten sie sich, daß er in seiner Krankheit so antworten konnte, und kamen in langer Zeit nicht mehr zu ihm, um mit ihm zu handeln; sie sagten auch: Wenn deine Sache auch recht und gut wäre, so soll man sie doch nicht dulden, denn man hat sie nie gelitten. Der Bruder Paulus antwortete: Ja, die Gottlosen und die Welt haben weder Jesum Christum noch seine Apostel oder irgendeinen Frommen leiden können, ebenso wenig als ihr, denn ihr seid gottlose, unfromme, böse Leute und Bauchdiener. Im 72. Jahre sind des Fürsten Predigerherren zum dritten Mal zu ihm auf das Schloss zu Hohenwittlung gekommen, haben mit ihm viel geredet und ihn wegen vieler Stücke untersucht. Im Jahre 73 ließen sie ihn in die Stadt Aurach bringen, wo einige von den Predigerherren waren, sowie auch der Hofkanzler (der dem Fürsten am nächsten ist); sie handelten mit ihm von der Kindertaufe und sagten: Die Kinder haben einen Glauben, darum bringt man sie mit Recht zur Taufe; denn der Apostel sagte: Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen; aber Paulus sagte: Der Apostel spricht da nicht von den Kindern, auch redet er nicht mit Kindern, sondern mit Alten, und sagte ferner zu ihnen: Wer zu Gott kommen will, der muss glauben, daß Er sei und daß Er denen ein Vergelter sei, die Ihm dienen und Ihn suchen; setzt mir nun ein Kind hierher, wenn es so viel Bekenntnis und Glauben an den Tag legt, so tauft es ohne Scheu. Sie sagten: Das Kind bedarf keines Bekenntnisses; so bedarf es auch, erwiderte er, keiner Taufe. Da schwiegen sie hierüber und fingen an von der Obrigkeit zu reden und sagten, sie wären ja doch Christen, weil sie der Apostel Diener Gottes nannte. Der Bruder antwortete: Der Apostel nennt sie Diener des Rates wegen; dieser Rat aber gehört nicht in das Haus Gottes oder Christi. Sie sagten: Der Rat gehört ja in das Haus Gottes. Der Bruder antwortete: So zeigt mir denn eine gesetzliche Obrigkeit in dem Hause Gottes oder der Gemeinde Christi, denn der Apostel hat alle Ämter im Hause Gottes verordnet; so zeigt mir denn, wo Er die Fürsten oder weltlichen Könige mit ihren Ämtern in der Gemeinde verordnet habe. Da sagten die Pfaffen: Cornelius ist ein Hauptmann unter dem Kriegsvolk gewesen und ist ein Christ geworden. Sie bezogen sich auch auf Sergius Paulus und sagten, derselbe sei Landvogt gewesen. Darauf fragte sie der Bruder, ob sie auch glaubten, daß der Apostel ihnen das Evangelium gepredigt habe, wodurch sie gläubig werden mussten, und ob der Apostel auch ein rechter Nachfolger und Lehrer Christi gewesen sei; sie antworteten: Ja. Er fragte weiter: Hat Er denn auch nach der Welt Weise gerichtet und ein Schwert getragen? Sie sagten: Nein, sondern Er hat ein geistiges Schwert und Gericht geführt. Wenn ihr denn (das) auch bekennt (sagte der Bruder), so wisst ihr auch wohl, daß die Apostel dem Cornelius und Sergius Paulus auch das Evangelium verkündigt haben, auch daß das Volk Christum zum König machen wollte, und daß Er geflohen sei; ferner, die weltlichen Fürsten herrschen über die Ihren, aber unter euch soll es nicht so sein, ihr sollt dem Bösen nicht widerstehen; aus diesem allem konnten sie wohl lernen, daß sie kein weltliches obrigkeitliches Amt oder Vogtei (in der Nachfolge Christi) bedienen könnten, wenn sie Paulus gleich sein wollten, der da sagt: Seid meine Nachfolger, wie ich Christo nachfolge. Darauf schwiegen sie und sagten nach einer kurzen Weile: Gott vergibt allen Menschen oder Sündern, wenn auch ihre Sünden sehr groß sind. Der Bruder antwortete: Das glaube ich auch, wenn sie rechte Buße tun und über ihre sündhaften Werke Reue tragen; aber er fragte sie, ob sie auch ihren Mitgliedern und Brüdern vergäben, wenn sie gesündigt hätten. Die Pfaffen sagten: Ja. Er fragte: Warum hängt ihr denn die Übeltäter? Ihr helft ihnen an den Galgen und auf die Räder, denen ihr die Sünden vergeben habt und die eure Brüder sind. Da lachten sie über ihre eigene Torheit und sagten endlich: Die Obrigkeit ist darum eingesetzt, daß sie das Böse strafen soll. Der Bruder sagte: Ist Buße tun denn auch eine Missetat? Die Pfaffen sagten: Nein, sondern es ist wohl getan. Der Bruder fragte: Hat denn die Obrigkeit Macht oder Befehl aus dem Alten oder Neuen Testamente, die Frommen und Bußfertigen (wie ihr denn sagt, daß sie euer Sakrament gegessen hätten und auch Christen geworden seien) zu töten? Sie sagten: Gleichwohl müssen sie gestraft werden, andern zur Warnung. Weiter fragte der Bruder, ob sie auch glaubten, wenn sie solchen Übeltäter durch ihr Predigen von der Kindertaufe und dem Sakrament im Gefängnis fromm machten und wenn er diese beiden Stücke annehmen wollte, daß er alsdann ein Christ sei und für einen Christen gehalten werden könne. Die Pfaffen bejahten diese Frage. Der Bruder fragte weiter: Wenn er dann auf solche Weise gläubig geworden ist, wie ihr vorgebt, so ist er auch mit dem Geist Gottes versiegelt worden nach den Worten Paulus; glaubt ihr das nicht auch für gewiss? Sie sagten: Ja. Der Bruder sagte: So muss sein Leib auch ein Tempel Gottes sein, weil der Heilige Geist in ihm wohnt? Sie sagten: Ja. Seht nun einmal, sagte der Bruder, wie ihr handelt, wie ihr den Tempel Gottes schändet und an einen Galgen hängt; wisst ihr nicht, was der Apostel sagt: Wer den Tempel Gottes schändet, den wird Gott schänden und verderben. Seht auch eure Obrigkeiten an, welche schönen Christen sie sind, indem sie so den Bußfertigen erwürgen und den Tempel Gottes schänden, wenn es anders so ist, wie ihr sagt und bekennt.
Als er nun solche Worte zu ihnen redete, sahen sie einander an, als ob sie hätten sagen wollen: Wir tun übel mit solchem Bekenntnis vom Christentum. Da fingen sie an von dem Abendmahl zu reden, und fragten ihn, was er davon hielte. Er antwortete: Ich halte viel davon, wenn man es so hält, wie es Christus verordnet hat; aber wie ihr es haltet, davon halte ich nichts, es ist auch vergeblich, viel davon mit euch zu reden. Da schwiegen sie.
Endlich fing der Hofkanzler an mit dem Hofprediger in Latein zu reden, und als sie ausgeredet hatten, fragte der Pfaffe den Bruder, ob er aus dem Lande ziehen und dasselbe nicht wieder betreten wollte, wenn sie ihn aus dem Gefängnis entlassen? Der Bruder antwortete: Wollt ihr mir einen Brief geben, daß, wohin ich komme, man mich frei aufnehme, so will ich euer Land verlassen. Sie erwiderten, das könnten sie nicht tun. Er antwortete darauf: So kann ich auch euer Land nicht verlassen; aber ich will wohl in ein anderes Land ziehen, und wenn ich dann wieder hineinkomme und tue etwas, womit ich das Schwert verdiene, so gebraucht es. Das gefiel ihnen wohl. Da redete der Hofkanzler abermals viel mit dem Pfaffen in Latein, worauf sie zu dem Bruder sagten: Willst du für dich fromm sein oder bei deiner Meinung bleiben und niemanden mehr verführen, so wollen wir dich frei lassen. Der Bruder antwortete: Habe ich Unrecht, so gebraucht das Schwert, weil ihr doch zu des Schwertes Gebrauch gesetzt seid; habe ich aber Recht, so ist es auch Recht für den, der von mir etwas Gutes hört und lernt, und dazu will ich mich auch halten. Da sagte der Pfaffe: Zu dem Glauben wollen wir dich nicht zwingen, aber wir wollen dich immer gefangen halten, damit du nicht mehr Leute verführst. Da ließen sie ihn abermals nach dem Gefängnis bringen. Auf solche Weise musste er ganz unschuldig die Gefangenschaft leiden und dulden, nur um seines Glaubens und der göttlichen Wahrheit willen. Er hat ungefähr 19 Jahre in der Gefangenschaft zugebracht.