Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.390

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2.390  Christian Langeduls erster Brief an sein Weib.

Christian Langeduls erster Brief an sein Weib, geschrieben den 11. August, worin er die Freude seines Gemütes sowie seine Betrübnis um Weib und Kinder schildert und erzählt, wie die Gefangenen verhört wurden:

Gnade und Friede wünsche ich euch allen euer Leben lang von Gott, unserm himmlischen Vater, durch Christum Jesum, in Kraft seines heiligen Geistes, Amen.

Mein auserkorenes und sehr herzlich geliebtes Weib und Schwester im Herrn, in Ansehung des Glaubens, wie ich hoffe, durch des Herrn Gnade, und wirst es auch bleiben bis in Ewigkeit.

Hätte ich dir eher schreiben können, ich hätte es getan, nämlich von der großen Gnade, von der Freude und dem Troste, die ich in dieser kurzen Zeit im Gefängnisse gehabt habe, weshalb ich den Herrn bitte, daß er sie mir bis an mein Ende zu meiner Seligkeit gönnen wolle. Aber große Betrübnis und Tränen habe ich um dich, um die Kinder, um die Großmutter und alle Freunde gehabt (das weiß der Herr) und werde sie noch haben, ehe es zum Scheiden kommt.

Ich habe mich verwundert, und kann es noch nicht begreifen, welch’ einen Gott wir haben, denn es ist ein Gott allen Trostes, der mich in all’ meiner Anfechtung tröstet, und ich hoffe, daß er dich auch allezeit trösten werde, wenn dir Trost nötig sein wird.

Meine sehr geliebte Frau! Sei doch getröstet in all’ deinem Leiden, welches du mit mir hast, denn dieser Zeit Leiden ist der Herrlichkeit nicht wert, die an uns offenbart werden soll. Indem wir nun unsere Wallfahrt angefangen und allezeit auf diese Unkosten unsere Rechnung gemacht haben, so tröste dich allezeit mit des Herrn Wort, wie ich auch hoffe, daß du tun werdest; auch habe ich ein gutes Vertrauen zu dir, daß du mich nicht mehr betrüben werdest, als ich betrübt bin; ich weiß, daß du hierzu tapfer bist; darum hoffe ich, der Herr werde uns bis ans Ende stärken. Bitte den Herrn allezeit für uns, weil wir dessen benötigt sind, denn das Gebet der Gerechten vermag viel, wie ich dich denn in meinem Herzen auch für eine Gerechte erkenne, und hoffe, dich nach diesem Leben in dem ewigen zu sehen, wo wir nimmer voneinander scheiden werden. Du wollest mir auch, falls ich dich jemals betrübt habe, solches um des Herrn willen vergeben, denn ich vergebe denen alles gern, die an mir übel gehandelt haben, sodass ich auch hoffe, der Herr werde mir alles vergeben, meine Sünden und Schwachheit. Ich kann mich nicht genug verwundern, noch dem Herrn für alles genug danken, was er mir tut; er ist ein wunderbarer guter Gott, solches sehe ich jetzt recht gut ein.

Ich berichte dir auch, daß wir heute alle vor dem Markgrafen verhört worden sind; von uns sechs haben vier ihren Glauben freimütig bekannt; denn es konnte nicht anders sein, Seele oder Leib muss daran; den Herrn verleugnen oder bekennen, solches musste geschehen.

Also haben Hans Symonß, Cornelius Schuhmacher und Matthäus bekannt, gleichwie auch ich Unwürdiger, und hoffe dabei, dem Herrn zum Preise, auszuhalten, doch nicht durch meine eigene Kraft oder mein Verdienst, sondern durch Gottes Kraft und Gnade, denn durch Schwachheit werden wir stark, das muss ich bekennen. Darum sei guten Mutes in dem Herrn, und wende allen Fleiß auf die Kinder, an welche ich auch nicht denken darf, denn sie fallen mir sehr schwer.

Als der Markgraf mich heute wegen meines Glaubens fragte und verhörte, richtete er nur eine einzige Frage wegen der Taufe an mich; ich widersetzte mich ihm so lange als ich konnte damit, daß ich sagte, daß ich nur eine Taufe nach dem Evangelium und dem Befehle und Gebote Christi erkennte; aber es hieß allezeit: Sage mir nein oder ja, ob du mit deiner Kindertaufe zufrieden seiest, oder eine andere empfangen habest?

Ich erwiderte, ich wüsste von der Kindertaufe nichts zu sagen, aber damit war es nicht genug; ich musste bekennen, daß ich eine andere empfangen hatte. Solches habe ich bekannt, dem Herrn sei Lob, es hat mich auch noch nicht gereut, und ich hoffe es wird mich nicht bis ans Ende gereuen, denn es ist die lautere Wahrheit.

Ich muss schließen, weil ich nicht Papier genug habe. Grüße mir bei Gelegenheit alle Freunde in dem Herrn und alle anderen Freunde, dem Fleische nach, sehr herzlich, insbesondere grüße das Großmütterchen und tröste sie so gut als du kannst, denn ich habe um ihretwillen ebenso große Bangigkeit, wie um dich und meine Kinder. Oft denke ich an meinen süßen P., aber ich bin froh, wenn er aus meinem Sinne ist; tue in allem das Beste; ich grüße dich mit einem heiligen Kusse des Friedens. Der Herr will, wie ich hoffe, meine Tage verkürzen, weil er mich liebt. Ich hoffe noch, der L. E. zu schreiben, wenn ich Zeit habe; grüße sie herzlich von mir. Hiermit dem Herrn befohlen. Geschrieben wie oben.

Von mir, deinem sehr schwachen Manne, Christian Langedul, aus dem Gefängnisse, um des Zeugnisses des Herrn willen.