Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.122

Zum Inhaltsverzeichnis

2.122  Elisabeth, im Jahre 1549.

Den 15. Januar des Jahres 1549 wurde Elisabeth gefangen genommen. Als nämlich diejenigen, die sie fangen sollten, ins Haus kamen, wo sie wohnte, fanden sie daselbst ein lateinisches Testament. Als sie nun Elisabeth in Händen hatten, sagten sie: Wir haben den rechten Mann, wir haben nun den Lehrer; dann sagten sie weiter: Wo ist dein Mann, der Lehrer Menno Simon? Und sie brachten sie auf das Rathaus; Tags darauf aber nahmen zwei Büttel sie zwischen sich und brachten sie ins Stockhaus. Nachher ward sie vor den Rat gestellt und auf den Eid gefragt, ob sie auch einen Mann hätte? Elisabeth antwortete jedoch: Es ist uns nicht erlaubt zu schwören, sondern unsere Worten sollen sein: Ja, ja; Nein, nein; ich habe keinen Mann. Die Herren: Wir sagen, dass du eine Lehrerin seiest, welche die Menschen verführt; solches haben wir auch von dir sagen gehört; wir wollen wissen, wer deine Freunde seien.

Elisabeth: Mein Gott hat mir geboten, dass ich meinen Herrn und meinen Gott lieben, daneben aber meine Eltern ehren soll; darum will ich euch nicht sagen, wer meine Eltern seien; denn dass ich um des Namens Christi willen leide, ist meinen Freunden keine Unehre.

Die Herren: Hiermit wollen wir dich verschonen; aber wir wollen wissen, welche Menschen du gelehrt hast. Elisabeth: Ach nein! Meine Herren, lasset mich doch in dieser Sache zufrieden, und fragt mich über meinen Glauben; davon will ich euch gerne Rechenschaft geben. Die Herren: Wir wollen dir schon so bange machen, dass du es uns sagen wirst. Elisabeth: Ich hoffe durch Gottes Gnade, dass Er meine Zunge bewahren wird, dass ich keine Verräterin werde, und meine Brüder nicht dem Tode überantworte. Die Herren: Wer war dabei, als du getauft wurdest? Elisabeth: Christus sprach: Fragt diejenigen darum, die dabei waren, oder die es gehört haben. Die Herren: Nun merken wir, dass du eine Lehrerin seiest, denn du willst es Christo nachmachen. Elisabeth: Nein, meine Herren, das sei ferne von mir, denn ich achte mich nicht höher als der Ausfegsel, welches aus des Herrn Hause gekehrt wird. Die Herren: Was hältst du denn von dem Hause Gottes? Hältst du unsere Kirche nicht für das Haus Gottes? Elisabeth: Nein, meine Herren, denn es steht geschrieben: Ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott spricht: Ich will in ihnen wohnen und wandeln. Die Herren: Was hältst du denn von unserer Messe? Elisabeth: Meine Herren, ich halte nichts von eurer Messe; halte aber viel von allem, was mit Gottes Wort übereinkommt. Die Herren: Was hältst du von dem hochwürdigen, heiligen Sakramente? Elisabeth: Ich habe mein lebelang in der Heiligen Schrift von einem heiligen Sakramente nicht gelesen, wohl aber von dem Abendmahle des Herrn (sie führte auch die Schrift an, die davon handelte). Die Herren: Schweige, denn der Teufel redet durch deinen Mund. Elisabeth: Ja, meine Herren, dies ist eine kleine Sache, denn der Knecht ist nicht besser als sein Herr. Die Herren: Was redete der Herr, als Er Seinen Jüngern das Abendmahl gab? Elisabeth: Was gab Er ihnen, Fleisch oder Brot? Die Herren: Er gab ihnen Brot. Elisabeth: Blieb aber der Herr nicht daselbst sitzen? Wer wollte denn des Herrn Fleisch essen? Die Herren: Was hältst du denn von der Kindertaufe, da du dich hast wiedertaufen lassen? Elisabeth: Nein, meine Herren, ich habe mich nicht wiedertaufen lassen; ich habe mich einmal auf meinen Glauben taufen lassen; denn es steht geschrieben, dass den Gläubigen die Taufe zukomme. Die Herren: Sind denn nun unsere Kinder verdammt, weil sie getauft werden? Elisabeth: Nein, meine Herren, das sei ferne von mir, dass ich die Kinder richten sollte. Die Herren: Suchest du deine Seligkeit nicht in der Taufe? Elisabeth: Nein, meine Herren, alles Wasser im Meere kann mich nicht selig machen, aber die Seligkeit besteht in Christo, und Er hat mir geboten, Gott, meinen Herrn, über alle Dinge, und meinen Nächsten wie mich selbst zu lieben. Die Herren: Haben die Priester auch Macht, die Sünden zu vergeben? Elisabeth: Nein, meine Herren, wie sollte ich das glauben? Ich sage, dass Christus der einzige Priester sei, durch welchen die Sünden vergeben werden. Die Herren: Du sagst, dass du alles glaubst, was mit der Heiligen Schrift übereinkommt, hältst du denn nichts von den Worten Jakobus? Elisabeth: Ja, meine Herren, wie sollte ich nichts davon halten? Die Herren: Hat er nicht gesagt: Gehe zu den Ältesten der Gemeinde, dass sie dich salben und für dich bitten? Elisabeth: Ja, meine Herren; aber wolltet ihr denn sagen, dass ihr von derselben Gemeinde seid? Die Herren: Der Heilige Geist hat euch alle selig gemacht, ihr bedürfet weder der Beichte noch des Sakramentes. Elisabeth: Nein, meine Herren, ich bekenne wohl, dass ich die Satzungen des Papstes, die durch des Kaisers Befehle bestätigt sind, übertreten habe; aber beweiset mir in einem einzigen Artikel, dass ich mich an meinem Herrn und Gott versündigt habe, so will ich Ach und Weh über mich armen und elenden Menschen rufen. Das Vorstehende ist das erste Bekenntnis.

Hinterher stellten sie dieselbe abermals vor den Rat und führten sie in den Folterturm, wobei auch der Scharfrichter Hans gegenwärtig gewesen ist. Hiernächst sagten die Herren: Wir sind nun schon lange in der Güte mit dir zu Werke gegangen, wenn du aber nicht bekennen willst, so wollen wir dich mit der Strenge angreifen. Der Anwalt sprach: Meister Hans, greife sie an. Meister Hans antwortete: Ach nein, meine Herren, sie wird wohl freiwillig bekennen. Als sie aber nicht freiwillig bekennen wollte, setzte er ihr Daumeisen an ihre beiden Daumen und an die beiden vordersten Finger, dass das Blut zu ihren Nageln herausspritzte. Elisabeth sprach: Ach, ich kann es nicht länger ertragen! Die Herren sagten: Bekenne, so wollen wir deine Pein erleichtern. Aber sie rief den Herrn ihren Gott an: Hilf mir, o Herr! Deiner armen Dienstmagd, denn Du bist ein Nothelfer. Die Herren riefen alle: Bekenne, so wollen wir deine Pein erleichtern, denn wir haben dir gesagt, dass du bekennen, nicht aber Gott, den Herrn, anrufen sollst; sie aber sprach beständig zu Gott, ihrem Herrn, wie oben berichtet worden ist; und der Herr erleichterte ihre Pein, so dass sie zu den Herren sagte: Fraget mich, ich will euch antworten, denn ich fühle keine Pein mehr in meinem Fleische, wie zuvor. Die Herren: Willst du noch nicht bekennen? Elisabeth: Nein, meine Herren! Da setzten sie ihre zwei Schraubeisen an, an jedes Schienbein eins. Sie sagte hierauf: Ach, meine Herren, beschämt mich nicht, denn es hat noch kein Mann meinen bloßen Leib angetastet. Der Anwalt sagte: Nein, Jungfrau Elisabeth, wir wollen dich nicht unehrlich antasten; dann fiel sie in Ohnmacht, und einer sagte zum andern: Vielleicht ist sie tot. Als sie aber wieder erwachte, sprach sie: Ich lebe und bin nicht tot. Da schlugen sie alle Schraubeisen los und setzten ihr mit schmeichelnden Worten zu. Elisabeth: Warum versucht ihr mich mit solchen schmeichelnden Worten? So pflegt man mit den Kindern umzugehen. Sie konnten von ihr weder zum Nachteile ihrer Brüder in dem Herrn, noch sonst eines Menschen, auch nicht das Mindeste herausbringen. Die Herren: Willst du alle Worte, die du vorher bekannt hast, widerrufen? Elisabeth: Nein, meine Herren, sondern ich will sie mit meinem Tode versiegeln. Die Herren: Wir wollen dich weiter nicht mehr peinigen. Willst du uns nun gutwillig sagen, wer derjenige ist, der dich getauft hat? Elisabeth: Nein, meine Herren, ich habe euch ja gesagt, dass ich solches nicht bekennen will.

Hierauf ist im Jahre 1549, den 27. März, das Urteil über Elisabeth gefällt, wodurch sie zum Tode verurteilt worden ist, nämlich in einem Sacke ertränkt zu werden; sie hat also ihren Leib Gott aufgeopfert.