Der Märtyrerspiegel

Teil II - Kapitel 2.721

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2.721  Erzählung des Untergangs einiger Tyrannen dieser letzten Verfolgung.

Wir wollen dieses Jahrhundert mit demjenigen beschließen, womit sich vormals unser altes Opferbuch auch geendigt hat, und den Untergang einiger Tyrannen erzählen, welche keine geringe Ursache dieser letzten und schwersten Verfolgung gewesen sind.

Gleichwie der alte Mann, der von dem König Antiochus nach Jerusalem gesandt war, um dort viele Gräuel anzurichten und wider das Gesetz Gottes zu tyrannisieren, dennoch das Volk Gottes und das Gesetz nicht hat unterdrücken können, sondern das Wachstum derselben trotz der Verfolgung hat sehen und daneben leiden müssen, daß sich das Land durch Kriege und Aufruhr dem König widersetzt hat, eben also ist es auch dem alten Ferdinand Alvares von Toledo, sonst Herzog von Alba genannt, ergangen, den der König Philipp der Zweite von Spanien in die Niederlande gesandt hatte. Wie sehr er auch darnach getrachtet hat, daß jedermann den Gräuel der Abgötterei annehmen und denselben über Gott und sein Wort verehren möchte, ja, wie sehr er auch gewütet hat, die rechten Liebhaber der göttlichen Wahrheit und eifrigen Nachfolger des heiligen Evangeliums auf einmal auszurotten, so hat er doch seinen frevelhaften Vorsatz nicht vollbringen und sein wütendes und blutdürstiges Gemüt nicht sättigen können, denn unter seiner strengen und blutigen Verfolgung hat die Gemeinde der Gottesfürchtigen, die reine Braut Christi, wie eine schöne Rose unter den stechenden Dornen allezeit geblüht und ist fruchtbar gewesen, zum Lobe des Allerhöchsten.

Aber er selbst, der über alle Herren in den Niederlanden zu herrschen und andere zu unterdrücken suchte, hat von einigen unter denen, die er zu vertilgen suchte, welche doch nicht zu den wehrlosen Schafen Christi gehörten, harten Widerstand erlitten, sodass er, nachdem er in sieben Jahren seine Lust im Blutvergießen, Würgen und Morden um des Glaubens willen gebüßt hatte, als das Land um seinetwillen voll Krieg war, mit Schanden hat abziehen müssen, und mit ihm Jan Vergas, einer seiner Bluträte, was von vielen als eine Strafe Gottes für seine Bosheit angesehen wurde.

Aber noch schärfer lief es ab mit Jakob Hessel, einem der vornehmsten in seinem Mordgericht, und Jan de Vis, Amtmann von Ingelmünster, welche kurze Zeit darauf, ohne daß das Urteil gefällt und ihnen angekündigt worden wäre, aus dem Gefängnis geholt, vor die Stadt Gent hinausgeführt und an einem Baum aufgehängt worden sind.

Und wie sie viele unvermutet zum Tode verurteilt haben, ebenso hat man sie auch unvermutet umgebracht, und es ist ihnen auf solche Weise mit eben demselben Maße gemessen worden, womit sie andern gemessen haben, woran man die gerechte Strafe Gottes über diejenigen, die Christum und seine Glieder verfolgen und töten, wohl erkennen kann.

Ein Beispiel hiervon liefert auch der Oberamtmann von Halewyn, genannt Georg de la Rave, der zur Tyrannei über die Kinder Gottes durch Verfolgen, Verjagen, Fangen und auf andere Weise mitgeholfen hatte, welcher, als er im Jahre 1571 unter andern auch einen Hutmacher, Adrian Janß genannt, der zu Ryssel um seines Glaubens willen verbrannt worden ist, in Verhaft hat nehmen lassen, das Jahr darauf an demselben Ort, wo Adrian gefangen saß, einigen trunkenen Leuten begegnet ist, mit welchen er nebst seinen Dienern in ein Gezänk und in eine Schlägerei geriet, wobei er so stark verwundet wurde, daß er lange Zeit an der Verletzung im Bett gelegen hat, und zuletzt mit unruhigem Gemüt eines schmerzhaften Todes gestorben ist. Er ließ vor seinem Ende mehrere Beichtväter kommen, die ihm gleichwohl den nagenden Wurm des anklagenden Gewissens nicht benehmen konnten, sondern er musste als ein Tyrann sein Leben in Unruhe endigen.

Wie schwer es aber fällt, wider den Stachel zu lecken, ist insbesondere an Peter Titelman, Diakon von Ronse, zu ersehen, welcher der bedeutendste Ketzermeister in Flandern war; derselbe wurde um diese Zeit zu Kortryck mit einer schweren Krankheit von Gott heimgesucht, denn die Läuse brachen so häufig aus seinem bösen Leibe, daß man ihn davon nicht hat reinigen können, obgleich man ihn wohl zwei- oder dreimal des Tages mit schöner Leinewand und dergleichen erfrischt und gereinigt hatte, es war jedoch kein Hilfsmittel ausreichend, bis er endlich auf solche Weise sehr elend und jämmerlich gestorben ist.

Von diesem Diakon von Ronse wird noch erzählt, daß er einst mit einer geringen Anzahl Menschen ausgezogen sei, um die Zeugen Gottes in Verhaft zu nehmen und sie den Peinigern und Mördern in die Hände zu geben. Als er nun an einem Abend in eine Herberge kam, zu einem Schulzen, der mit vielen von seinen Dienern ausgezogen war, um die Landstreicher und bösen Menschen zu fangen, sagte der Schulze zu Ronse mit Verwunderung, wie er mit so wenigen Dienern sein Leben wagen möchte, andere Leute zu fangen, denn wenn ich das täte (sagte er) ich würde das Leben nicht lange behalten. Darauf antwortete der Diakon Ronse, er wäre hierin ohne Furcht, weil er nur ausgezogen wäre um gute Menschen zu fangen, von welchen er keine Gefahr zu erwarten hätte. Darauf antwortete der Schulze (über Ronses Reden, die ihm sehr bedenklich geworden), fängst du die guten Leute, und ich die Bösen, wer kann dann ungefangen bleiben? Hiermit hat dieser Diakon von Ronse über sich selbst Zeugnis gegeben, daß er seine Hände an die Gerechten gelegt, die ihm keinen Widerstand geleistet hätten. Ebenso ist auch aus dieses Schulzen Reden zu ersehen, daß er selbst wohl gewusst hat, daß die Macht der Obrigkeit nur zur Bestrafung der Bösen, und zum Schutz der Guten angewandt werden müsse, und daß deshalb dieser Ronse mit seinen Anhängern seine Macht an diesen Leuten schändlich missbraucht habe.

Ferner hat es sich zu Dixmuyden in Flandern im Jahre 1553 zugetragen, als der fromme Wouter Capelle, dessen in diesem Buch gedacht wurde, um der Wahrheit willen verbrannt worden ist, daß dort ein einfältiger, alberner Mensch lebte, der von den Herren von Dixmuyden unterhalten wurde; dieser ging von einem Haus zum andern, und wurde so von den guten Leuten gespeist. Weil nun der vorgenannte Wouter Capelle (seines Handwerks ein Zeugmacher) ein sehr mildtätiger Mann gegen die Armen war, der von seiner Hände Werk mitteilte, so ist dieser alberne Mensch zwei oder drei Tage vor Wouters Verhaftung, spät Abends, in dessen Haus gekommen. Wouter fragte ihn, ob er zu essen begehre; er bejahte diese Frage, worauf ihm Wouter zweimal ein Stück geholt hat, bis er nichts mehr begehrte. Als nun Wouter Capelle zum Feuer verurteilt war, hat dieser alberne Mensch gerufen: Ihr Diebe und Mörder, ihr vergießt unschuldiges Blut; dieser Mann hat nichts Böses getan, sondern hat mir reichlich zu essen gegeben. Solches rief er beständig, und als Wouter zum Feuer geführt wurde, ist er auch mit hinzugetreten, um mit dem Verurteilten ins Feuer zu laufen, sodass sie ihn mit Gewalt haben fortschaffen müssen. Als Wouter tot war, ist der verbrannte Leib außerhalb der Stadt auf das Galgenfeld gebracht worden; dahin ist dieser alberne Mensch täglich gelaufen und hat weder Schnee noch Regen gescheut, hat mit seinen Händen über den verbrannten Leib gestrichen und gesagt: Ach, armes Blut, du hast ja nichts Böses getan, und gleichwohl haben sie dein Blut vergossen, und du hast mir so reichlich zu essen gegeben. Endlich, als der Leib von den Vögeln fast verzehrt war, hat dieser Mensch das ganze Gerippe herangenommen, hat solches auf seine Schultern gelegt, und ist damit zur Stadt hinein gelaufen; da sind ihm viele Menschen nachgegangen, um zu sehen, wohin er es bringen würde; er ist aber damit nach dem Herrn Stadtbürgermeister gelaufen, und als er dessen Türe geöffnet, hat er das ganze Gerippe in den Saal geworfen und gesagt (wo mehrere Herren beisammen waren): Ihr Diebe und Mörder, habt ihr das Fleisch von diesem gegessen, so esst nun die Beine auch. Es haben auch die Herren von Dixmuyden auf des vorgemeldeten Wouter Capelle Richtplatze einen eisernen Pfahl gesetzt, zum Zeichen und immerwährendem Andenken, daß dort (nach ihrer Meinung) ein Ketzer verbrannt worden sei; darauf ist es geschehen, daß der Bürgermeister dieser Stadt (dem er das Gerippe ins Haus geworfen hat) todkrank geworden ist. Es hat ihn aber die Krankheit so ergriffen, daß er wie wahnsinnig gerufen hat, er hätte den Engel Gottes mit des verbrannten Wouter Capelles Seele über den Pfahl fliegen sehen. Solches hat er beständig gerufen, bis die Herren diesen eisernen Pfahl wieder wegnehmen ließen; hierauf hat er zwar nachgelassen zu rufen, er ist aber bald darauf sehr elend gestorben. Hierdurch sind (wie es scheint) die Herren zu Dixmuyden dergestalt erschreckt worden, daß sie nachher kein unschuldiges Blut mehr vergossen haben. Auch könnt ihr von der strafenden Hand Gottes, die Er sehr merkwürdig an den blutdürstigen Tyrannen und Verfolgern seines Volkes bewiesen hat, in einem Sendbrief Menno Simons sel. Ged. lesen, den er damals an Mertynus Mikron geschrieben hat, welches vorgemeldetem Menno zum Teil selbst begegnet ist, und der wie folgt lautet:

Es ist ungefähr vor achtzehn Jahren geschehen, daß ein trefflicher und hochgeachteter Mann, bei der Welt hoch angesehen, dessen Namen und Vaterland ich verschweige, einen bösen und giftigen Rat gab, daß man mich und alle Frommen ausrotten sollte; er hatte aber seine gottlosen Gedanken kaum ausgesprochen, so hat ihn die strafende Hand des Allerhöchsten erreicht, denn er ist bei der Tafel niedergestürzt, und hat so sein unbußfertiges, blutdürstiges und gottloses Leben in einem Augenblick erschrecklich geendigt. O erschreckliches Urteil! Geschehen um das Jahr 1539.

Solches ist auch um dieselbe Zeit einem andern begegnet, der sich dahin aussprach, er wollte das Netz dergestalt über mich werfen, daß ich ihm nicht leicht würde entgehen können. Derselbe ist ebenfalls während der Mahlzeit, bei welcher er diese Worte redete, von des Herrn Bogen mit einem Pfeil schnell durchschossen, das heißt, mit einer schweren Krankheit heimgesucht, und von dem allmächtigen, strafenden Gott zur Rechenschaft gefordert, sodass er innerhalb acht Tagen begraben worden ist.

Noch ein anderer, der ein Kriegsbedienter des Kaisers an einem bestimmten Ort werden sollte, hat sich verlauten lassen, er wollte dieses Volk ausrotten, oder es müsste dem Kaiser an Macht mangeln. Nachdem er aber an dem Ort seiner Bestimmung angelangt war, um seine Stelle anzutreten und das ihm anvertraute Amt zu bedienen, haben sie vier oder fünf Tage nachher die Glocken über ihn geläutet, und das Requiem (Ruhe) ihm gesungen.

Seht, so vernichtet Gott der Herr die Anschlage der Gottlosen, die seinen heiligen Berg bestürmen, und vernichtet alle diejenigen, die seine Wahrheit hassen, und ihr feind sind.

Auch ist es im Jahre 1554 zu Wisbuy in Godland geschehen, daß drei von unsern Brüdern sich dort aufhielten, um ihr Brot zu verdienen. Es war aber ein Prediger in dieser Stadt, Lorentius genannt, welcher von seines Vaters Geiste getrieben wurde; dieser rief ihnen auf der Straße nach und lästerte sie so viel er konnte, sie sollten ihr Gewerbe (sagt er) dort nicht treiben, und sollte es ihn auch kosten, was er mit seinem Kleide umgürtet hätte (das war Leib und Seele). Nach wenigen Tagen ist er mit einem von jenen Brüdern ins Gespräch gekommen, wobei noch ein anderer Prediger zugegen war (der etwas aufrichtiger von Natur war); er lästerte sehr, und stellte sich abscheulich an. Der starke Herr aber hat ihn in ihrer beider Gegenwart dergestalt erschreckt, daß ihm die Sprache auf einmal genommen wurde, und daß er innerhalb einundzwanzig Stunden (leider!) unter die Toten versetzt wurde. O erschreckliche Strafe und gerechtes Urteil Gottes!

Fast auf gleiche Weise trug es sich auch zu Wismar zu, wo sie einen Schreiber angenommen hatten, den Doktor Smedesteed; derselbe ließ sich hören, daß er lieber einen Hut voll Blut von uns hätte, als einen Hut voll Gold, und überredete die Obrigkeit (die außerdem solche Ohrenbläser gern hat und hört), daß man den armen Kindern gegen den grimmig kalten Winter ansagte, sie sollten sich noch vor Martini von dort fortbegeben, oder man wollte sie dahin bringen, wo sie nicht gern sein würden. Smedesteed war sehr erfreut, weil sein Wunsch erfüllt worden war, doch zu seinem schweren Gericht, denn an eben demselben Tage hat der allmächtige, große Herr seine grimmige Hand an ihn gelegt, und hat ihn innerhalb sechs oder sieben Tagen durch eine grausame und schwere Krankheit hinweggenommen. Und gleichwohl merkt die verstockte, blinde und dumme Welt nicht auf!

Im Jahre 1555 hat es sich noch einmal in derselben Stadt zugetragen, daß ein Prediger war, Vincentius genannt (der es auch noch ist), welcher niemals des gottlosen Lästerns und heftigen Scheltens müde wurde. Er sagte an einem Tage (den sie des Herrn Himmelfahrt nennen, und wo sie das Evangelium verhandeln: Wer da glaubt und getauft wird, soll selig werden, Mk 16.), er wollte auf uns schelten und lästern, solange ihm sein Mund aufstände. Sofort aber hat ihm die starke Kraft Gottes den Mund geschlossen und seine Zunge gebunden, indem er auf der Kanzel niederfiel, sodass ihn einige van der Kanzel tragen mussten, und als einen von Gott Gestraften stumm in sein Haus trugen. Seht, so kann er diejenigen strafen, die seinen Augapfel anrühren und kränken wollen.

Wenn ich alle Geschichten erzählen sollte, die sich zu meiner Zeit an den Feinden der Heiligen zugetragen haben, sie würden eine besondere Chronik und ein ganzes Buch ausmachen. So weit Menno Simon.

Hierher gehört dasjenige, was dem gemeldeten (gottesfürchtigen) Menno Simon selbst begegnet ist, welcher von einem Verräter um eine Summe Geldes verkauft worden ist, der ihn entweder den Tyrannen in die Hände liefern oder selbst seinen eigenen Kopf dafür lassen wollte, was ihm jedoch (zu seinem eigenen Schaden) nicht gelungen ist, wiewohl er seinen äußersten Fleiß daran gewandt hat, denn er hat sich auch zur Versammlung begeben, und den Ort ihrer Zusammenkunft genau ausgekundschaftet; dessen ungeachtet aber ist der gemeldete Menno seinen Händen auf eine wunderbare Weise entgangen.

Gleichwohl aber hat es sich getroffen, daß der Verräter mit dem Offizier oder Edelmann (die ausgezogen waren, den Menno zu suchen und zu fangen) unvermutet demselben in einem kleinen Rachen auf dem Kanal begegnet sind. Der Verräter aber schwieg still, bis Menno eine Strecke von ihnen ab war, welcher auf das Land sprang, um mit weniger Gefahr zu entlaufen. Hinterher sprach jener: Seht da, der Vogel ist uns entwischt. Der Offizier strafte ihn darum, schalt ihn einen Schelm und sagte, warum er es nicht früh genug gesagt hätte. Aber der Verräter antwortete: Ich konnte nicht reden, denn meine Zunge wurde mir gehalten. Solches haben die Herren so übel aufgenommen, daß sie den Verräter hart gestraft haben, allen blutdürstigen Verrätern zur Warnung und Lehre.

An diesen und dergleichen Exempeln, wovon in diesem Buch an verschiedenen Stellen gehandelt worden ist, wie auch in beiden Testamenten an dem mörderischen Kain, Pharao, Isabel, Antiochus, Herodes und vielen andern kann die strafende Hand des allmächtigen Gottes offenbar gesehen und bemerkt werden, und wie schwer diejenigen sich an dem Gott des Himmels und der Erde versündigen, die hier sein Volk beleidigen, verfolgen und töten, wie auch, welche unerträgliche Strafe dieselben in der Wiederkunft Christi vom Himmel zu erwarten haben, wovon diese zeitliche Strafe nur ein Anfang und Vorgeschmack ist, indem der Sohn Gottes (an dem Tage, an welchem er sich aufmachen wird, Zion zu rächen) alles Leid, welches den Seinen angetan worden ist, aufnehmen wird, als ob Ihm selbst in seinen Augapfel gegriffen worden wäre; alsdann werden alle Verfolger mit allzu später Reue Leid tragen und vor Angst des Geistes seufzen, indem sie die Gerechten, die ihnen doch keinen Widerstand geleistet, verurteilt und getötet haben.

Darum sagt die weise Frau Judith in ihrem Lobgesang: Wehe den Heiden, die mein Volk verfolgen, denn der allmächtige Herr rächt sie und sucht sie heim am Tag der Rache; Er wird ihren Leib plagen mit Feuer und Würmern, und sie werden brennen und heulen in Ewigkeit.

Ach, wie gut wäre es allen tyrannischen Menschen, daß sie diese und dergleichen Sprüche der heiligen Schrift bedachten und zu Herzen nähmen, und nicht mehr wider den hohen Gott stritten, denn an jenem Tag (vor dem Richterstuhl Christi) müssen sie schwere Rechenschaft davon geben; denn der Glaube wird allein von Gott gegeben, und kann von keinem Menschen (wie hoch geachtet er auch ist) gegeben oder genommen werden. So sollten auch alle Fürsten und Herren die Glaubenssachen dem Schöpfer aller Dinge anbefehlen, welcher allein aller Menschen Herzen und Nieren kennt und die verborgenen Gedanken und Sinne des Herzens, als klar entdeckt vor seinen Augen, weiß und sieht, vor dessen hoher Majestät endlich der Richter und Verurteilte miteinander werden erscheinen müssen. Dieser wird den Erdkreis mit Gerechtigkeit richten und jedem den Glauben vorhalten; dieser wird dem das Recht nach der Wahrheit sprechen, der entweder aufrichtig oder falsch geglaubt und gehandelt haben wird. Hierzu wollen wir allen Herren und Fürsten, als zu ihrem eigenen Glück, aus dem Innersten unserer Seele geraten und sie darum gebeten haben. Ach, der allmächtige Gott wolle allen Fürsten und Herren (die das Schwert des Gerichtes empfangen haben) die Gnade geben, daß sie ihr Schwert und ihre Macht nicht weiter gebrauchen möchten, als nur gegen die Leiber und Güter der Menschen in bürgerlichen Sachen zur Strafe der Übeltäter und zum Schutz der Frommen, wozu dasselbe ihnen von Gott gegeben ist, und daß sie den allmächtigen Gott einen Herrn und Richter über den Glauben, die Seele und das Gewissen der Menschen bleiben ließen, was Ihm, dem Gebenedeiten, doch allein zukommt, und daß sie dabei bedächten, wie kurz und unsicher das Leben des Menschen ist, auch wie bald diese irdischen Reiche von einem Volk auf das andere fallen. Und wenn die Herren, die ihre Regierung antreten, einer andern Religion sind, als diejenigen, welche von derselben abgetreten, so steht Stadt und Land in großer Gefahr, durch Meuterei und Aufruhr zu Grunde zu gehen, wenn sie anders alle ihre Untertanen zu ihrer angenommenen Religion bringen wollen, oder der Pöbel muss sich zur Heuchelei bequemen, um dadurch der angedrohten Strafe zu entgehen; denn es fehlt doch solchen Herren selten an dergleichen Predigern, welche um der großen Besoldung willen den Herren nach ihrem Gefallen predigen.

Daß man doch einmal bedächte, wie viele tausend Menschen seit vielen Jahrhunderten durch den Religionsstreit ihres Lebens und ihrer Güter beraubt worden sind, weil die Obrigkeit, auf den Antrieb ihrer Prediger, das ganze Land zu ihrer Religion zwingen will, wodurch doch nichts gebessert worden, sondern alles in einem beständigen Streit geblieben ist. Man kann aber leicht merken, wie blind und ohne Verstand in dieser Sache gehandelt wird, denn man findet ja klar und in reichlichem Maße, daß auch selbst des Herrn Gesandte und hocherleuchtete Apostel nur einen geringen Teil der Menschen zu einer Religion haben bringen können, und daß zu ihrer Zeit (außer der unzähligen Menge der Ungläubigen und Wahrheitsverfolger) noch diele falsche Apostel und betrügliche Arbeiter gewesen seien, die Christum aus Haß und Zank und nicht rein gepredigt haben, daß also Christus zu rechter Zeit und zur Unzeit auf vielerlei Weise verkündigt worden ist. Wer wollte nun glauben, daß jetzt in dieser neuesten und bösen Zeit (in welcher die Ungerechtigkeit die Oberhand gewonnen hat) ganze Länder und Königreiche durch das Schwert und durch den Zwang der Obrigkeit in den Gehorsam der apostolischen Lehre sollten gebracht weiden können, umso weniger, weil Christus selbst sagt, daß es in seiner Zukunft gehen werde, wie in den Zeiten Noahs und Lots. Daher scheint auch der Herr Jesus gleichsam im Zweifel zu fragen, ob in der Zukunft des Menschen Sohnes auch Glaube auf Erden gefunden werden würde.

Von Anfang der Welt her ist die Zahl der Gläubigen sehr klein unter den Menschenkindern gewesen; ebenso ist auch der Glaube (wie Paulus sagt) nicht jedermanns Ding, und es liegt, nach des Apostels Lehre, die ganze Welt im Argen. Alles, was in der Welt ist, Fleischeslust, Augenlust und hoffärtiges Leben ist nicht vom Vater, sondern von der Welt; die Welt aber mit ihren Lüsten wird vergehen. Darum scheint auch Salomo diese Welt mit allem ihrem gottlosen Wesen mit einem herrlich aufgeputzten Weib im Hurenschmuck zu vergleichen, die listig, wild und ungebunden ist, sodass ihre Füße in ihrem Haus nicht bleiben können; wodurch sie den törichten Jüngling verführt und betrogen hat, daß er ihr in der Bosheit nachgefolgt ist.

Vergleiche man nun einmal hiermit diese gegenwärtige, arge Welt, wie man denn sieht, daß alle Städte und Länder mit Pracht, Prahlen, Fluchen und Schwören, Sauf- und Ballhäusern, Tanzstuben und schändlichen, unzüchtigen Hurenhäusern verunreinigt sind, sodass man mit offenen Augen sehen kann, wie schön aufgeputzt und geschmückt die Welt den Teufel ehrt, und welch eine unzählige Menschenmenge, insbesondere die Jugend, sich einander dahin locken und verführen lässt, während man gewiss weiß, und es von allen gegen einander streitenden Sekten auch einstimmig bekannt wird (laut der ausgedrückten Worte Gottes), daß das Ende solchen Lebens und Wandels (ohne wahre Früchte der Buße) der ewige Tod ist. Dessen ungeachtet findet man nicht, daß die Prediger (diese Bosheit zu verhindern) an der Obrigkeit arbeiten, um dieses ausgemachte Übel und diesen Seelenbetrug durch strenge Befehle und leibliche Strafen nach allen Teilen auszurotten; aber in Betreff der Religion, worin doch durch die Schalkheit und Scharfsinnigkeit der Menschen so manche Streitpunkte, wie auch zweifelhafte und streitige Verhältnisse entstanden sind, sieht man sie nach ihrem Vermögen beschäftigt zu strafen, auszurotten und eines andern Glauben und Gewissen zu zwingen, obgleich man dieselben keineswegs der gemeldeten Übel beschuldigen kann. Dabei lehrt es die Erfahrung, daß viele dieser Prediger in ihrem Glauben selbst so unsicher und wankelmütig sind, daß sie auch, auf Begehren der Obrigkeit, ihren Glauben wohl so oft verändern würden, als das Chamäleon seine Farbe, ehe sie um den Glauben ihre großen Einkünfte aufgeben würden. Darum ist unsers Herzens Wunsch und unsere ernstliche Bitte an alle Oberherren, sie wollen doch solchen verräterischen Predigern (die anderer Leute Schaden und Verderben suchen) kein Gehör geben, sondern ihre Macht gebrauchen zur Strafe der Übeltäter und zum Schutz der Frommen, damit wir unter ihnen ein stilles und ruhiges Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit, und daß wir also sämtlich am jüngsten Tage vor dem Richterstuhl Christi Trost und Gnade finden mögen, wenn uns Gnade und Trost höchst nötig sein wird. Hierin wolle uns der Herr durch seinen Geist stärken und bewahren, Amen.